Samstag, 13. April 2013

Perfect World - Kapitel 2

2. Kapitel: Perfect World

„…jeel… Gajeel…“, flüstert eine Stimme zu ihm und er zuckt kurz zusammen. Etwas kitzelt ihm im Gesicht und so schlägt er langsam die Augen auf. „Mh…?“, raunt er verschlafen und schaut in ein hübsches Gesicht, das ihn sanft anlächelt. „So sieht es also aus wenn du einen Zaun baust?“, hat sie geschmunzelt und sich auf seine Brust gelümmelt. „Glaubst du ernsthaft ich würde sonst so lange brauchen?“, hat er gegrinst und mit einer ihrer blauen Haarsträhnen gespielt, die ihm ins Gesicht hängen.
Ein gespielt übertriebenes Seufzen entweicht ihrer Kehle, ehe sie mit den Augen rollt und einen kleinen Korb hoch hält. „Und da dachte ich, ich bringe meinem geliebten Ehemann eine kleine Stärkung weil er vom vielen Arbeiten bestimmt hungrig sein muss… doch wie finde ich ihn vor?“, hat sie ihn gespielt streng angesehen aber gleich gelächelt. „Er liegt in der Wiese, schläft seelenruhig und lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen…“, hat sie erklärt während zwei ihrer Finger, langsam über seine Brust nach unten zu seinen Bauch „gehen“.
Gajeel entkommt ein gepresstes Lachen, während er kurz zusammen zuckt und ihr Handgelenk packt um ihr Tun zu beenden. Sie weiß wo er kitzlig ist und nutzt es jedes Mal schamlos aus, wenn er nicht darauf vorbereitet ist.
„Wozu die Eile… deine Schafe kommen doch erst übermorgen…“, hat er sie zu sich gezogen und sich mit ihr herumgedreht, sie unter sich gebracht. „Hast du wenigstens gut geschlafen?“, hackt sie kichernd nach und streicht ihm über die Wange. Bei ihrer Frage stutz er kurz und erinnert sich wieder daran. Ehe er ihr antwortet küsst er sie allerdings zärtlich und verschränkt seine Finger mit ihren.
„Ich… hab geträumt…“, antwortet er ihr knapp, nachdem sie sich voneinander lösen und er sich neben sie setzt. „War es ein schöner Traum?“, hackt Levy nach und zieht den Korb heran um ihn auszuräumen. „Weiß nicht, hab’s vergessen…“, kommt es von Gajeel kurz, dessen Hand sich unbewusst auf seine Brust legt. „Typisch…“, murrt Levy, denn es interessiert sie immer was er träumt, besonders wenn er sie vorher auch noch neugierig macht. „Aber du warst es bestimmt wert daraus aufzuwachen…“, lächelt er und zieht seine Frau, die ein wenig überrascht wirkt, zu einem kurzen Kuss heran, ehe er eines der Brote entgegen nimmt die sie ihm hinhält.
Ein kurzer Schauder läuft ihm den Rücken hinunter, ehe er sich kurz über die Stelle an seiner Brust reibt. So wie immer bei windigem Wetter, juckt diese Stelle an der eine große Narbe prangt.

Nachdem Gajeel sich genüsslich über Levys Stärkung hergemacht hat, verabschiedet sie sich auch schon wieder. Zudem würden die Kinder bald von der Schule nach Hause kommen und sie würde anfangen das Abendessen vorzubereiten.
Nachdenklich, schaut er seiner Ehefrau nach, die den Hügel hinab geht und dabei ein paar Blumen pflückt. Er hat fast ein schlechtes Gewissen weil er sie vorhin ein wenig angeschwindelt hat. Er erinnert sich nur zu gut an seinen Traum, den er zuvor hatte. Er hat ihn ihr verschwiegen aus dem Grund, weshalb er ihr so etwas immer verschweigt. Sie würde sich Sorgen machen und sich aufs Neue Schuldig fühlen. Dabei ist es zu lange her um überhaupt noch daran zu denken. Es wundert ihn ohnehin, warum er nach all den Jahren davon geträumt hat.
Seine Hand legt sich an die Stelle seiner Narbe und verkrampft sich leicht daran. Mit einem Mal entbrennt ein Schmerz an dieser Stelle, genau wie damals. Er weiß, es ist nur Einbildung, denn bis auf dieses nervige Jucken an windigen Tagen, macht sich die Narbe nie bemerkbar. Mit diesem Traum, kommt auch die Erinnerung an diese Mission damals, in der er schwer verletzt wurde, wieder zurück. Er hatte sie schon fast vergessen, doch sie ist lebendiger in ihm als er gedacht hat. Der Traum, war so realistisch als ob es erst Gestern gewesen wäre. Dabei ist es Jahre her.
Er war mehr tot als lebendig, als er damals im Krankenhaus ankam. Viele Tage und Nächte wusste man nicht, ob er überhaupt durchkommen würde. Dieser Holzpfahl, hatte nur knapp sein Herz verfehlt und er hat viel Blut verloren. Viele Wochen lang, lag er im Koma und die Ärzte hatten die Hoffnung bereits aufgegeben, dass er jemals wieder aufwachen würde. Er selbst, weiß nichts von alldem. Es war eine Zeit des Nichts, in der er dahin trieb und nichts um sich herum wahrgenommen hat.
Im Nachhinein hat er gemeint, in seinem Schlaf, immer wieder eine Stimme gehört zu haben. Eine Berührung gespürt zu haben. Ein Geruch, eine Präsenz, war immer an seiner Seite, hat ihn nie verlassen. All die Wochen lang.
Wie durch ein Wunder, hatte er sich nach Wochen entschieden, zurück in die Welt der Lebenden zu kehren und den ersten Menschen den er sah, als er seine Augen aufschlug, war ihm der Wertvollste.
Nach seiner Genesung hat er getan, was er vor seinem Unfall versäumt hatte. Er hat Levy seine Gefühle gestanden und ihr gleich einen Antrag gemacht. Zu seinem erstaunen hat die zierliche Scriptmagierin sofort „Ja“ gesagt und ist ihm um den Hals gefallen.
Nach der Hochzeit, haben sie ihren Beruf an den Nagel gehängt und haben die Stadt verlassen. Sie zogen raus aufs Land, wo es um so vieles Ruhiger ist als in der Stadt. Ihr erspartes reichte für das kleine Haus, in dem sie jetzt wohnen und das Stück Land das dazu gehört. Sie genossen ihre traute Zweisamkeit. Es gab nur sie Beide, den Boden unter ihnen und den Himmel über ihnen. Sie waren so Glücklich, wie es sich für frisch vermählte eben gehört.
Mit einem seufzen, reißt Gajeel sich von seinen melancholischen Erinnerungen los, erhebt sich auf die Beine und sammelt sein Werkzeug ein um den Zaun endlich fertig zu stellen. Levy wollte damals, als sie hier raus gezogen sind, schon Schafe halten. Nun, nach Jahren, soll sie ihre Schafe also endlich bekommen. Er fragt sich allerdings, wer wohl das Vergnügen haben wird diese Viecher zu scheren. Doch dazu müsste zuerst der Zaun fertig werden.
Es ginge vermutlich schneller, wenn er seine Magie anwenden würde. Doch dieser hat er entsagt und mit seinem Beruf begraben. Manchmal ertappt er sich bei dem Gedanken, ob er es überhaupt noch kann. Doch ehe er in Versuchung kommt es auszuprobieren, rüttelt die Vernunft ihn wach und er lenkt sich anderwärtig ab. Seine Magie hat ihm damals schon immer zu viel Ärger eingebrockt und nun ist es gut wie es ist.

Der Abend dämmert bereits als er sein Werkzeug zusammenpackt und nach Hause aufbricht. Wie immer lässt er sich dabei Zeit und es gleicht fast einem Spaziergang, wie er so durch die Felder geht und durch ein kleines Waldstück abkürzt. Als er auf den Weg kommt, sieht er weiter vorne einen Fremden in seine Richtung kommen.
Gajeels Sinne sind augenblicklich geschärft. Es kommt selten vor, dass Fremde sich bis hierher verirren. Außer sie wären zu dem weit entfernten Nachbarn, der hinter dem Hügel lebt, unterwegs. Seine roten Augen überfliegen die Statur des Mannes, der ungefähr seine Größe haben muss. Von der Entfernung kann er sein Gesicht nicht erkennen. Der schwarze Umhang und die Kapuze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hat, verhindern weitere Blicke auf seine Kleidung oder sein Gesicht. Er macht einen düsteren Eindruck und seine Aura ist aus irgendeinem Grund seltsam und undefinierbar.
Wortlos passieren sie einander. Gajeels Versuch, mehr von seinem Gesicht zu erkennen wurde vereitelt als der Fremde sich die Kapuze gerade in diesem Moment etwas tiefer ins Gesicht zog. Er wird das Gefühl nicht los, dass diese Person etwas zu verbergen hat. Das seltsame Gefühl, welches er empfand, als er mit ihm auf selber Höhe war, glich einem Fausthieb. Irgendwie kommt er ihm bekannt oder vertraut vor, doch er kann nicht sagen in welcher Form. Er wüsste nicht wo er so jemanden schon mal getroffen hätte. Er fasst gerade den Entschluss ihn anzusprechen, um zu erfahren was er hier sucht, ehe der Andere ihm zuvor kommt.
„Hey du… warte mal“, hat der Fremde ihn aufgehalten und Gajeel ist ohne ein Wort stehen geblieben. Selbst seine Stimme meint Gajeel schon mal wo gehört zu haben, und doch ist sie viel zu sanft, um nicht zu sagen müde, um sie irgendjemandem zuzuordnen den er kennt. „Sag… ist es hier immer… so schön ruhig?“, fragt der Fremde und Gajeel schaut ihn über seine Schulter hinweg an. „Natürlich, wir sind ja auch auf dem Land…“, antwortet er ihm neutral und will ihn eine Frage stellen als der Fremde ihm ins Wort fällt. „Dann… ist auch der Himmel immer so schön blau? Sind… die Wiesen… immer so von Blumen übersäht?“, eine gewisse Sehnsucht schwingt in seiner Stimme mit, ehe er den Blick hebt und in die Ferne sieht. Da er mit dem Rücken zu Gajeel steht, kann dieser sein Gesicht noch immer nicht sehen.
„Du stellst vielleicht beknackte Fragen… woher soll ich das denn wissen?“, antwortet er nun leicht genervt. „Wo willst du hin?“, fragt er ihn nun rasch ehe der Fremde wieder dazwischen reden kann.
„Ich…?“, horcht der Fremde auf und scheint zu überlegen. Gajeel ist bereits der Annahme das es sich um einen Irren, einen geistig Verwirrten handelt, den er hier getroffen hat. Vielleicht sollte er im nahen Dorf nachfragen ob aus der Irrenanstalt jemand ausgebüchst ist. „Ich glaube… ich will in die Stadt…“, hat er dann nach einer Weile geantwortet und nicht gerade überzeugend geklungen.
„Du glaubst? Aha…“, tut Gajeel interessiert und seufzt. Es muss einfach so sein wie er vermutet. „Dann gehst du aber in die falsche Richtung. Die Stadt liegt in der hier!“, hat er ihm den anderen Weg an der Abzweigung angezeigt und der Fremde wendet sich danach um. „Oh…“, kommt es lediglich von dem dunkel gekleideten und er scheint zu lächeln. „Hab vielen Dank… mögest auch du immer deinen Weg finden…“, hat er noch von sich gegeben und ist ohne ein weiteres Wort gegangen.
Gajeel schaut ihm noch eine Weile kritisch nach, ob er wohl die richtige Abzweigung nimmt. Als der Fremde das tut, wendet er sich seufzend von ihm ab und setzt sich wieder in Bewegung. „Komischer Typ… ist der Himmel immer so blau?“, kommt er zum Schluss und äfft ihn nach. Im nächsten Moment schaut er in den Himmel, der wie den ganzen Tag über, strahlend blau ist. Jetzt wo er darüber nachdenkt, hat er das noch gar nie so richtig beachtet. Er weiß zwar, dass immer schönes Wetter ist, aber ob der Himmel immer so kitschig blau ist wie heute weiß er nicht genau zu sagen. „Wirklich komischer Typ…“, linst er über seine Schulter zurück auf den Weg und stutzt.
Der Fremde ist weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Dabei kann er doch gar nicht so schnell, den Weg entlang und hinter dem entfernten Hügel, verschwunden sein. Gajeel blinzelt leicht und hackt es einfach als „seltsame Begegnung“ ab, ehe er weiter geht. Er würde Levy aber zur Sicherheit warnen, dass ein Fremder in der Gegend ist und man nicht weiß wie man ihn einschätzen kann.
Zuhause angekommen verfrachtet er sein Werkzeug im Schuppen und holt das kleine Körbchen aus dem Vorzimmer um Levy den Gefallen zu tun, die Eier einzusammeln. Zu der Zeit müssten eigentlich alle Hühner mit dem legen fertig sein. So verschwindet er in der kleinen Scheune hinter dem Haus und sucht die Nester der sieben Hühner ab, die sie mit einem Hahn halten. „Hau bloß ab“, hat er den Hahn angefunkelt. Als Levy ihn das letzte Mal Eier suchen geschickt hat, ist dieses Mistvieh auf ihn losgegangen und hat ihm ziemlich in den Arm gehackt. Sollte er das noch mal machen, hat Gajeel ihm angedroht, dass er an einem Spieß über einem Feuer landen wird, doch er glaubt nicht dass der Hahn ihn verstanden hat.
Plötzlich wird er auf ein leises Geräusch aufmerksam, tut aber so als hätte er es nicht gehört. Es war eindeutig ein Kichern, das irgendwo aus einem Versteck im Heuhaufen, hervordrang. Er stellt das Körbchen an einem sicheren Platz ab und greift zum Besen, der an der Wand lehnt. Zuerst hatte seine Hand die Gabel angesteuert, doch das wäre in dem Fall übertrieben und auch noch gefährlich. „Mh… ich fürchte wir haben schon wieder Ratten…“, meint er halblaut ehe ein fast schon teuflisches Grinsen in seinem Gesicht erscheint.
„Kiaaah!!“, ein lautes Kreischen zerschneidet die Ruhe und scheucht ein paar Hühner davon, ehe ein Mädchen mit schwarzen Haaren aus dem Heuhaufen gehechtet kommt und sich auf ein paar gestapelte Heuballen rettet. „Wo ist die Ratte?!“, ruft sie weinerlich und in voller Panik. „Da oben…“, hat Gajeel auf seine älteste Tochter gedeutet und ihr wird so einiges klar. „Papaaa…“, plustert sie ihren Wangen auf und funkelt ihn mit ihren braunen Augen an. So wie sie da oben auf dem Heuhaufen steht und ihn anschmollt hat sie trotz, der schwarzen Haare, große Ähnlichkeit mit Levy.
„Oh Mann du bist so blöd!“, taucht nun ein weiterer schwarzer Haarschopf, aus dem Heu auf und schimpft mit seiner älteren Schwester. „Du fällst aber auch immer wieder auf denselben Trick rein! Jetzt ist der ganze Überraschungseffekt im A-… Eimer…“, der Junge mit den roten Augen ist ziemlich sauer auf seine Schwester. Immerhin ist es nicht das erste Mal dass sie so eine Aktion vermasselt.
Gajeel kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieses Spiel treiben sie nun schon einige Zeit lang. Mindestens einmal am Tag versuchen sie ihren Vater irgendwie, mit irgendeiner Gemeinheit zu überrumpeln und amüsieren sich dabei jedes Mal köstlich. Gestern war es der Wasserschlauch und heute wollten sie ihn scheinbar hier in der Scheune erschrecken. Zu dumm für die Kinder, dass seine Ohren immer noch die eines Dragon Slayers sind.
„Hey, macht euch nichts draus… beim nächsten Mal habt ihr wieder mehr Glück… vielleicht…“, hat Gajeel losgeprustet und sich köstlich über seine beiden ältesten Kinder amüsiert. Sie schauen ihn jedenfalls angesäuert und aus schmalen Augen an. Irgendetwas an ihrem Blick lässt ihn aber stutzen. Da liegt doch tatsächlich so etwas wie ein Grinsen auf ihren Lippen und so etwas wie Zuversicht in ihren Augen.
Zu spät erkennt Gajeel die Falle, in die er getappt ist. Erst als die beiden Jüngsten ihn, jeweils mit einem Büschel Heu in den Händen, von oben anspringen und mit ihm im Heuhaufen landen, weiß er dass er ihnen auch dieses mal total auf den Leim gegangen ist. „Ha! Jetzt hast du fertig gelacht, alter Mann!“, hat sein Sohn, der Gajeels Temperament geerbt hat, gerufen und hat sich gleich mit dem Ausruf: „Auf ihn!“, auf das Knäuel im Heu geworfen. „Werd bloß nicht frech du Drei-Käse-Hoch!“, hat Gajeel seinen Sohn angefunkelt ehe er ihm eine saftige Abreibung mit einer Ladung Heu verpasst.
Levy die auf der Veranda erscheint, hat den Radau aus der Scheune längst gehört und steuert amüsiert schmunzelnd auf dieselbe zu. „Hach… es ist doch immer wieder das Selbe…“, hat sie gelächelt und das Bild vor ihren Augen genossen. Die fünf Menschen, die ihr am liebsten auf dieser Welt sind, balgen sich im Heu und liefern sich eine regelrechte Heuschlacht. Als dann auch noch der Hahn dazu kommt ist das Chaos wieder mal perfekt.
„Wenn ihr fertig seid, wascht euch die Hände und kommt essen“, hat sie gelächelt und sich abgewandt um zurück ins Haus zu gehen. „Oh nein… warum soll nur immer ich der Leidtragende sein?!“, keucht ihr Gajeels Stimme ins Ohr. „Bitte?“, linst sie ihn fragend, aber mit einer bösen Vorahnung an. Sein Grinsen gefällt ihr gar nicht, als er sie an den Schultern packt. „Wage es ja nicht…“, hat sie ihn noch kurz angefunkelt, doch es war vergebens. Mit einem Aufschrei landet Levy bei ihrer Familie im Heuhaufen und muss sich ganz schön zur wehr setzen um gegen diese Bande anzukommen.
„Jetzt“ ist das Chaos perfekt.

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Am nächsten Morgen steht Gajeel, mit seinem Kaffeebecher in der Hand, in der Tür zur Veranda und lehnt sich in dessen Rahmen. Dunkle Ringe zeichnen sich unter seinen Augen ab und sein Blick schweift in die Ferne. Er hatte eine etwas unruhige Nacht und nach einem kurzen Albtraum, konnte er nur schwer wieder einschlafen.
In seinem Traum, war er wieder in der Vergangenheit zurück gereist, in eine Zeitspanne in der er im Koma lag. Er hat Levy an seinem Bett sitzen sehen. Sie hat seine Hand fest umklammert und immer wieder leise geschluchzt, wobei ihr die Tränen ohne Unterbrechung die Wangen hinunter rollten. Der Traum ist ihm so real erschienen und er hat versucht sich aufzurichten, sich bemerkbar zu machen. Er wollte sie ansprechen, doch er konnte nicht. Es ging nicht. Er konnte sich weder bewegen, noch konnte er sprechen. Es hatte auch nicht den Anschein als wäre er wach, jedenfalls hatte Levy ein paar Mal zu ihm aufgesehen, aber nicht reagiert.
Als er nach diesen Szenen schweißgebadet im Bett hochgefahren war, ist sofort Levy an seiner Seite gewesen, die ihn angesprochen hat und ihm erklärt hat dass er nur geträumt haben muss. Es fiel ihm nicht leicht sich zu beruhigen, es war so real gewesen. So real…dass er sich sogar Schmerzen an Brust und Seite eingebildet hat.
Nachdenklich starrt er in die Ferne. Der sachte Wind, biegt und schaukelt die bunten Blumen auf der Wiese vor ihrem Haus, raschelt in den Blättern der Obstbäume und fährt ihm erfrischend übers Gesicht. Wie konnte es sein dass ihn jetzt, nach all den Jahren, die Erinnerungen an damals in seinen Träumen heimsuchen? Bis zu diesem Traum letzte Nacht, hat er sich all die Jahre nicht mal an eine winzige Kleinigkeit seines komatösen Zustandes erinnert. So hat er auch Levy nie an seinem Bett sitzen sehen oder sich an etwas Ähnliches erinnert. Warum gerade jetzt? Waren es überhaupt Erinnerungen, oder spielt ihm sein Gedächtnis nur einen Streich weil er gestern diesen Traum hatte?
„Tschüss Papa!“, wird er nun von seiner ältesten Tochter aus seinen Überlegungen gerissen, die an ihm vorbei und die paar Stufen der Veranda hinab geht. Ihre drei Geschwister tun es ihr gleich und verlassen alle mit ihren Schultaschen das Haus. Das jüngste Mädchen lässt sich auf den Rücken des älteren Bruders heben und von ihm tragen, während der andere kleine Junge die Hand seiner großen Schwester ergreift.
„Viel Spaß in der Schule…“, antwortet Gajeel nur darauf. „Und ärgert eure Lehrer nicht zu sehr…“, hat er seinen Worten noch angehängt, ehe er die kleine Truppe bei ihrem Abmarsch beobachtet und ihnen noch eine Weile nach sieht.
Als sich ein paar Arme von hinten um ihn schlingen, zuckt er erschrocken zusammen und verschüttet fast seinen Kaffee. „Levy…“, atmet er einmal tief durch, während sich seine Hand auf ihre verkreuzten Hände legt. „Ist alles in Ordnung?“, fragt sie ihn besorgt und drückt sich leicht an ihn. „Dieser Traum… geht dir nicht aus dem Kopf oder?“, schlussfolgert sie sein Verhalten und sie liegt auch noch verdammt Richtig damit.
„Nein… aber es geht schon… es ist immerhin nur ein Traum…“, antwortet er ihr und versucht es sich selbst einzureden. „Das stimmt…“, bestätigt Levy ihm und ihr Gesicht wird um eines Nachdenklicher. „Ich frage mich…warum? Nach all den Jahren?“, fängt Gajeel an und wirft einen Blick über seine Schulter zu ihr nach hinten. „Vielleicht, sind das diese Spätfolgen von denen die Ärzte damals gesprochen haben?“, meint Levy, während sie sich von ihm löst und sich vor ihn stellt. „Jetzt? Nach all den Jahren?“ hackt Gajeel kritisch nach und lächelt sacht als sie ihre Hände an seine Wangen legt.
„Ich denke du solltest das nicht überbewerten… es sind nur Träume… mach dir also keine Gedanken“, hat sie ihn warm angelächelt. „Vergiss es einfach…“, flüstert sie leise und versucht ihn zu beruhigen. „Mhm… du hast vermutlich Recht“, hat er seicht gelächelt und ihrem Zug nach unten nachgegeben. „Ich liebe dich…“, haucht Levy leise und stellt sich auf ihre Zehenspitzen. „Nein… ich liebe dich…“, hat Gajeel gelächelt und sich noch ein Stück zu ihr runter gebückt um ihre Lippen auf seinen Willkommen zu heißen.
Und da ist mit einem mal ein Gefühl. Es ist anders und es fällt ihm schwer es zuzuordnen. Er fragt sich, wann er eigentlich angefangen hat, so offen über seine Gedanken zu reden? Wann hat er angefangen, ihr so offen seine Liebe zu gestehen? Er kann sich nicht erinnern und doch, es fühlt sich nicht falsch an… aber dennoch seltsam.

Es ist bereits später Nachmittag, als er sich seufzend auf einem Hügel im Gras nieder lässt. Levy hatte ihn gebeten noch einmal die Zäune zu kontrollieren weil morgen doch ihre Schafe gebracht werden würden. Er hat den halben Nachmittag damit zugebracht und hofft, dass er das nicht jeden Tag machen muss.
Er stütz sich mit den Armen nach hinten ab und genießt das Bild vor seinen Augen. Von diesem Hügel aus hat man einen wunderbaren Blick über die gesamte Gegend. Sogar einen Teil des Sees, der hinter dem Wald liegt und den Fluss der daraus abführt, kann man von hier oben sehen. Die Wiesen sind saftig grün und übersäht mit Blumen aller Form und Farbe. Etwas weiter hinten glühen die goldenen Raps- und Sonnenblumenfelder.
Tief atmet er die frische, klare Luft ein als ein sachter Windzug durch sein Haar fährt. Dieser Wind wandelt sich binnen von Sekunden zu einem Sturm und als sich ein großer Schatten über ihn legt ist es Windstill. Als Gajeel aufschaut sieht er in das Gesicht eines mächtigen und großen Drachen. Er ist schwarz und seine Schuppen sind aus glänzendem Eisen. Sein runder Kopf senkt sich tief zu ihm nach unten.
„Sei gegrüßt mein Sohn…“, die Stimme des Drachen ist wie ein Donnergrollen und man hat das Gefühl, als würde sie tief im Herzen noch weiter vibrieren. „Metalicana… du hast dich ja lange nicht hier blicken lassen“, schaut Gajeel lächelnd zu seinem Ziehvater auf. „Ich bin auch sehr beschäftigt… anders als du wie ich sehe…“, hat der Eisendrachen gelacht, sich auf seine Knie begeben und sich gemütlich auf die Erde gelegt ehe er seine Vorderbeine überschlägt.
Vor Jahren, waren die Drachen wieder in dieser Welt aufgetaucht. Metalicana lebt seitdem in einer der Höhlen in den Bergen im Norden. Nur ab und zu verschlägt es ihn hier her und stattet seinem Sohn einen Besuch ab.
„Was ist das hier? Ein Zaun?“, fragt Metalicana interessiert. „Was sollte es sonst sein? Sieht es etwa nicht so aus?!“, kommt es von Gajeel zerknirscht und erntet ein Grinsen von seinem Vater, der keine geringere Reaktion erwartet hat. „Levy hat endlich ihren Willen durchgesetzt und ab morgen werden hier ein paar Schafe rumlaufen…“, hat Gajeel geseufzt und den Drachen eindringlich angesehen. „Denk nicht mal dran auch nur ein halbes davon zu fressen… klar?“, funkelt er ihn an und erntet von Metalicana wieder nur ein Grinsen. „Was kümmert es dich? Sind ja nicht deine…“, hat der Drache ihn provoziert und Gajeel hat mit einem schlichten aber lauten „Aber Levys!“, darauf geantwortet.
„Schon gut… an denen ist vermutlich ohnehin nichts dran… außer Wolle… ich mag keine Haare zwischen meinen Zähnen…“, Metalicanas Lachen rollt wie Donner die Hügel hinauf und hinunter. Er liebt es nach wie vor seinen Sohn zu ärgern, er ist so vorhersehbar was das angeht. Eine Weile sitzen sie so schweigend nebeneinander und genießen die Aussicht. Immer wieder ruht der ernste Blick des Eisernen Drachen auf seinem Sohn.
„Sag… bist du Glücklich?“, fragt der Drache aus dem Nichts und schaut in die Ferne. Gajeel schaut ihn überrascht an, wendet seinen Blick aber auch sogleich wieder zurück. „Ja…“, antwortet er nach einem kurzen zögern. Metalicana wartet ab. Er hat das Gefühl, als würde sein Sohn noch etwas sagen wollen. Er hat das Gefühl als würde ihn irgendetwas belasten. „Aber…?“, hackt er deshalb mit ruhiger und fast schon einfühlsamer Stimme nach.
Gajeel seufzt leise, er ist unschlüssig ob er es ihm überhaupt erzählen soll. Aber wem sonst, wenn nicht ihm? „Irgendwie… ist es seltsam…“, fängt er an und sein Blick gleitet kurz rüber zu dem kleinen Haus, das er mit seiner Familie bewohnt. „Eigentlich… habe ich gar nicht so viel Glück verdient…“, seine Stimme ist leise und fast brüchig. „Nicht nachdem… was ich alles getan habe…“, erinnert er sich an seine Schattenseiten. An die Zeit wo er Leid und Schrecken über seine jetzigen Freunde gebracht hat.
„Da hast du Recht…“, antwortet Metalicana nach einer Weile als er erkennt dass von seitens Gajeels nichts mehr kommt. „Das Glück… fällt einem nicht einfach so in den Schoß. Man muss etwas dafür tun…“, erklärt er weiter und linst seinen Sohn an, dessen Körperhaltung sich aus irgendeinem Grund versteift. „Hast du… etwas dafür getan?“, vertieft der Drache seine Frage und starrt seinen Sohn an, der seinen Blick nun fragend zu ihm hebt und wie von seinen Augen gebannt scheint.
„Ich weiß nicht…“, antwortet Gajeel nach einer Weile, ehe er sich von den Augen seines Vaters löst und wieder in die Ferne starrt. „Ich denke schon…“, endet er und seufzt leise. Er kann es nicht mit Sicherheit sagen. Er fragt sich im Moment ernsthaft ob er denn überhaupt etwas für sein jetziges Glück getan hat? Warum kann er sich nicht genau daran erinnern?
Metalicana mustert seinen Sohn währenddessen genau. Er weiß dass ihn irgendetwas zu denken gibt, ihn in Unruhe stürzt.
„Dich beschäftigt etwas“, stellt er mit ruhiger und sanfter Stimme fest. Gajeel lächelt seicht. Es hätte ihn gewundert wenn er es nicht bemerkt hätte, kennt er ihn doch in und auswendig. Nach einer Weile setzt er zu ein paar Worten an, tut es dann aber mit einem: „Schon… aber das ist belanglos“, ab, ehe er seinen Blick wieder senkst.
„Mann… du bis ja richtig Handzahm…“, hat der Drache von sich gegeben und leise gelacht. Früher hätte er ihm sogar so ein Eingeständnis aus der Nase ziehen müssen so verschwiegen war er in Bezug auf seine Gefühle. „Wo ist bloß der Wildfang den ich damals Groß gezogen habe?“, kommt es von dem Drachen amüsiert ehe er einen leicht zerknirschten Blick seines Sohnes erntet. Ein leises Seufzen entsteigt der Kehle des mächtigen Drachen als er sich auf die Beine erhebt. Der Boden bebt bei jedem seiner Schritte und der Luftzug, der entsteht als er seine Schwingen streckt, wirbelt Blütenblätter auf.
„Sag… wann hat es hier eigentlich das letzte Mal geregnet?“, erkundigt sich der Drache nun und seine Stimme wirkt mit einem mal besorgt. „Keine Ahnung… diese Region ist für seine Trockenheit bekannt“, hat Gajeel lediglich geantwortet. Doch wenn er genauer darüber nachdenkt, kann er wirklich nicht mehr sagen wann der letzte Regen gefallen ist. Er kann nicht genau sagen, ob es Wochen oder Monate her ist. In diesem Jahr gab es jedenfalls noch keinen. „Verstehe…“, meint Metalicana dessen Blick sich auf seinen Sohn verengt.
„So, es ist an der Zeit. Ich muss gehen…“, beginnt der schwarze Drache nach einer Weile. „Schon?“, kommt es von Gajeel nur. Er hat geahnt dass er ohnehin nicht lange Zeit hat. „Ja… und ich fürchte, wir werden uns wohl eine Zeitlang nicht sehen können…“, erklärt er ihm und verabschiedet sich indem er ihm zunickt. „Warum? Wo gehst du hin?!“, fährt der Schwarzhaarige nun zu seinem Vater herum und ist mit einem mal auf den Beinen. Er hat keine Lust seinen Vater wieder Jahrelang nicht zu sehen und sich zu fragen wo er ist oder wie es ihm geht. „Das kann ich dir nicht sagen mein Junge…“, hat der mächtige Drache geantwortet, während er seine Schwingen ausbreitet und sich mit einem mächtigen Flügelstoß vom Boden abfedert.
„Aber merke dir eines, man ist seines eigenen Glückes Schmied… man kann sein Schicksal verändern wenn man es will“, beginnt der Drache zu reden und schaut zum Horizont. „Du scheinst unsicher zu sein… bedenke dass man sich aussuchen kann wo man sich aufhält“, spricht Metalicana und schlägt ein paar mal mit seinen Flügeln, wirbelt dabei Grashalme und Blütenblätter auf. Jeder Windstoß fühlt sich für Gajeel an, als wäre es ein leichter Schlag. „Der Himmel ist immer derselbe… die Erde ist es, die sich dreht…“, der Blick des Drachen verengt sich abermals auf seinen Sohn. Gajeel hat das Gefühl als würde er ihm auf den Grund seiner Seele blicken, so wie damals immer. „Ich wünsche dir… dass deine Gedanken sich bald klären und du den richtigen Weg wählen wirst…“ endet der Drache und bringt sich mit den nächsten Flügelstößen höher in den Himmel.
„Mein Weg…“, wiederholt Gajeel leise und schaut Metalicana nach, während er sich an die Worte des Fremden, dem er gestern begegnet war, erinnert, „Mögest auch du immer deinen Weg finden…“, hatte dieser gesagt. Aber der Typ war aus Gajeels Sicht nicht ganz klar im Kopf. Und doch findet er es seltsam, gleich zweimal hintereinander auf „seinen Weg“ hingewiesen zu werden. Allerdings konnte das auch nichts zu bedeuten haben.
Gajeel wird das Gefühl nicht los, das Metalicana ihm irgendetwas mitteilen wollte. Früher hat er auch oft in Rätseln gesprochen, um ihn zum nachdenken anzuregen. Ein seltsames Gefühl beginnt in ihm empor zu klettern und Fragen beginnen hinter seiner Stirn zu toben. Was hat Metalicana gemeint, als er ihm wünschte dass seine Gedanken sich bald klären sollten? Hätte er Grund, unzufrieden mit seinem Leben zu sein? Aus seiner Sicht hat sich Metalicana doch ein wenig seltsam verhalten. Aber zumindest war er scheinbar daran interessiert ob er Glücklich ist und es wundert ihn, dass er nie seine Magie, die er von ihm gelernt hat, erwähnt hat. Die Tatsache, dass er sein Erbe abgelegt hat und nicht wie erwartet in Ehren hält. Gajeel hat schon immer mit einer Standpauke diesbezüglich gerechnet, doch Metalicana hat nie ein Wort darüber verloren. Nie, in all den Jahren.
Wind kommt auf und bringt ein Flüstern mit sich, worauf Gajeel sich umsieht. Er hatte Levy vermutet, die ihn von ihrem Haus am Fuße des Hügels aus ruft. Doch als er seinen Blick dort hin richtet, kann er sie nirgends entdecken. Er tut es ab und wendet sich wieder der Stelle zu, wo Metalicana am Himmel nur noch als kleiner Punkt in der Ferne auszumachen ist. Ein kleiner, schwarzer Punkt inmitten dieses blauen, kitschigen und wolkenlosen Himmels.
Ein Bild erscheint vor seinem geistigen Auge und lässt ihn kurz zusammenfahren. Es ist der Fremde von Gestern, dessen Lippen eine Frage formen: „Dann… ist auch der Himmel immer so schön blau?“
Seine Worte hallen in Gajeels Kopf wieder und jagen ihm einen seltsamen Schauer über den Rücken. „Der Himmel… er trägt immer das selbe Blau…“, flüstert er bekennend und starrt mit geweiteten Augen in den Himmel. In diesen klaren, blauen Himmel, der ihm mit einem mal bedrohlich, unter der Hitze der Sonne, vorkommt.

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Levy liegt auf seiner Brust und streichelt immer wieder beruhigend darüber, während ein seliges Lächeln ihre Lippen ziert. Ihrer beider Atem geht noch keuchend, ehe er seinen Arm um sie legt und ihr einen Kuss auf die Stirn haucht. Daraufhin schaut sie ihn mit diesen glänzenden Augen an und küsst ihn zärtlich, ehe sie ihren Kopf wieder auf seine Brust bettet und seinem aufgeregten Herzschlag lauscht. Nach all den Jahren die sie nun zusammen sind, verheiratet sind, hat sie nichts von ihrer Lieblichkeit und ihrer Unschuldigen Ausstrahlung verloren. Ihre beschämt roten Wangen, haben es ihm damals schon immer angetan. Diese Nacht hatte sie ihn verführt und ihn eine Weile von seinen Gedanken abgelenkt.
Doch nun, wo sie dicht aneinander gekuschelt unter dieser kühlen Decke liegen und ihre erhitzten Körper beruhigen, beginnen seine Gedanken erneut umher zu schweifen.
Obwohl die Nacht mit ihr, so wie jedes Mal, berauschend und äußerst befriedigend war, hat er das Gefühl irgendetwas zu vermissen. Etwas war an diesem Mal anders, doch er weiß nicht was. Er hat das Gefühl, nur ihren halben Duft einzuatmen, als er seine Nase tief in ihrem feilchenblauen Haar vergräbt. Ihre Haut unter seinen Fingern ist heiß, ihr Körper, den er bis zum letzten Millimeter zu kennen glaubte, wirkte heute seltsam befremdlich und neu. Er meint das Gefühl, das sie sonst immer in ihm hinterlässt, nur zur Hälfte wahr zu nehmen. Er fühlt sich seltsam taub unter ihren Berührungen, unter ihrem Körper, an. Ein wenig stumpf und beinahe unwirklich, erscheint ihm ihre gemeinsame Nacht.
„Was ist?“, dringt Levys leise und immer noch leicht keuchende, Stimme zu ihm durch. Mit diesen großen aber verklärten Augen schaut sie zu ihm auf und sucht seinen Blick, den er bis gerade eben noch an die Decke gerichtet hatte. „Hat es dir nicht gefallen?“, fragt sie mit ansteigender Röte im Gesicht, während sie kleine Küsse auf seine Brust haucht.
„Wie kannst du das fragen?“, antwortet er mit einer Gegenfrage und streicht ihr zärtlich über den Rücken, versucht seine Gedanken zu verscheuchen. „Am liebsten würde ich gleich die nächste Runde nachlegen…“, hat er geraunt, sich mit ihr aufgerichtet und ihren Hals geküsst. „Oh…da ist wohl jemand nicht richtig ausgelastet?“, hat Levy gekichert, sich fest an ihn geschmiegt und seine Küsse genossen. Ihr Blick ruht allerdings nachdenklich auf der Wand ihr Gegenüber. Sie spürt dass etwas nicht stimmt, dass ihn etwas bedrückt. Als er dann inne hält und einfach nur seine Arme um sie schlingt, ist das wie ein Zeichen für sie.
„Jetzt mal im ernst…“, flüstert sie sanft und drückt sich etwas von ihm weg um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Was ist los?“, fragt sie ihn und streichelt ihm kurz über die Wange. „Du bist seit Tagen so unruhig… so rastlos und ständig in Gedanken…“, zählt sie auf und ihre Sorge ist ihr deutlich anzumerken, was Gajeel seufzen lässt. Er hätte es ohnehin besser wissen müssen. Früher oder später würde sie ihn fragen, bemerkt hatte sie es immerhin schon längst. Ihr kann er einfach nichts vormachen.
„Hat es immer noch… mit diesem Traum zu tun?“, macht Levy ihre Vermutung laut und schlingt ihre Arme um ihn, als er sein Gesicht an ihrer Halsbeuge vergräbt. „Ja… nein… ach was weiß ich?! Es ist seltsam“, kommt es von ihm nur leise grummelnd. Er hat keine große Lust darüber zu reden. Schon gar nicht, wenn er nicht mal selbst weiß, warum er seit Tagen immer von diesen Gedanken und seltsamen Gefühlen heimgesucht wird.
„Weißt du was?“, klingt Levys Stimme mit einem mal fröhlich und begeistert. Gajeel schaut irritiert auf und in ihr strahlendes Gesicht. „Morgen ist Sonntag, was hältst du davon wenn wir alle gemeinsam einen Ausflug machen? Wir alle sechs“, schlägt sie vor. „Es ist lange her dass wir gemeinsam etwas unternommen haben“, hängt sie dem an und er beginnt zu überlegen wann sie das letzte Mal einen Ausflug gemacht haben. „Stimmt… ich kann mich gar nicht mehr dran erinnern…“, meint er und das schockierende daran ist, dass er sich wirklich nicht mehr daran erinnert. „Gut! Dann schlage ich vor, wir machen einfach ein Picknick am See! Das wird bestimmt toll!“, die Vorfreude sprüht geradezu aus Levy heraus und scheint auf ihn über zu greifen. „Meinetwegen…“, hat er nur zugestimmt und sich mit ihr wieder in die Kissen sinken lassen. Er weiß, dass sie ihn damit nur von seinen trüben Gedanken ablenken will und er hofft dass es funktioniert.

Am nächsten Morgen sitzt die gesamte Familie Redfox, beim ersten Sonnenstrahl, gemeinsam beim Frühstück und bereitet das Picknick vor. Wenig später bricht die Bande, mit Sack und Pack, zum See auf. Während die zwei Kleinsten sich hin und wieder von ihren Eltern tragen lassen, spielen die zwei Größeren bereits Fangen und ärgern sich gegenseitig. Der Tag beginnt also fast, wie jeder andere auch.
Am See angekommen, werden erst mal die Decken aufgelegt und Obst und Getränke bereitgestellt. Der Erste im Wasser ist natürlich der ältere Sohn, der nur wenig später von seiner großen Schwester ein paar Mal ganz schön untergetaucht wird ehe er den Spieß umdreht. Im Versuch den Streit, der daraus entstanden ist, zu schlichten hat Gajeel sich eingemischt und wurde gleich von den Beiden reingelegt in dem sie sich zu zweit auf ihn gestürzt haben. Levy, die mit den beiden Jüngeren am Rand und im seichten Wasser geblieben ist, beobachtet die drei amüsiert. Sie ist froh dass sie diesmal nicht in deren Spiel integriert wird, sie mag es nämlich überhaupt nicht halb ertränkt zu werden.
Nur wenig später steht Gajeel klitschnass vor ihr und schaut sie keuchend, aber deutlich aufgekratzt an. Etwas extrem Kampflustiges funkelt in seinen Augen und sie lächelt ihn unschuldig an. „Passt auf eure Geschwister auf…“, hat er den beiden Größeren zugegrinst und diese haben nur darauf genickt. Allerdings ebenfalls mit diesem typischen Grinsen, dass sie wohl von ihrem Vater haben.
„Was hast du vor…?“, tastet sich Levy vorsichtig vor und steht Sicherheitshalber schon mal auf. Sie ahnt was jetzt kommt. Allein sein Blick verrät sein vorhaben und es gefällt ihr, ihn so zu sehen. „Was meinst du wohl…?“, grinst Gajeel sie an und macht einen Schritt auf sie zu, wobei sie wieder einen zurück tritt. „Ich weiß nicht… dein Grinsen gefällt mir irgendwie nicht…“, hat sie abwehrend die Arme gehoben und ist dabei noch ein paar Schritte zurückgegangen, bis sie Sand unter ihren Füßen spürt. Gajeels Blick liegt lauernd, wie das eines Raubtieres, auf ihr. „Ich fürchte… wir werden es nie erfahren…“, beginnt sich ein freches Grinsen um Levys Lippen zu bilden. „Du wirst mich nämlich nicht erwischen!“, hat sie gerufen und ist noch im selben Moment losgelaufen.
„Fang schon mal an dich zu fürchten…“, hat er gegrinst und ihr noch ein paar Meter Vorsprung gelassen, ehe er die Verfolgung aufnimmt. Er hat schon fast vergessen wie belebend so eine ausgelassene Jagt sein kann. Besonders wenn die Beute auch noch so unglaublich hübsch und sexy ist.
Immer wieder lässt er sie entkommen, immer wieder steht irgendein umgefallener Baumstamm oder Felsen zwischen ihnen und sie täuschen sich gegenseitig andere Richtungen vor. Mindestens zweimal ist Levy gestolpert und ist gerade noch seinen Händen entwischt, doch mit dem nächsten Hacken den Levy schlägt ist das Spiel vorbei. Levys Aufschrei hallt über den ganzen See, als sich Gajeels Arme fest um sie schlingen und er sie einfach vom Boden weg hebt.
„Kiaaah! Du bist klitschnass!“, versucht sie sich aus seinem Griff zu winden und zappelt wie verrückt. „Oh…das tut mir aber leid…“, kommt es von ihm überdramatisch, ehe er sie mit ins Wasser drängt. „Ich werde Abhilfe schaffen wenn du erlaubst?“, hat er sie teuflisch angegrinst, bevor er sich mit ihr einfach fallen lässt. „Ich erlaube es niiiicht!“, schreit Levy auf, ehe sie schon mit ihm im kalten Wasser landet und sich die Nase zuhält um kein Wasser hinein zu bekommen.
„Und ich dachte so was spielen nur Kinder?“, hat der Junge zu seiner Schwester aufgesehen, nachdem sie diese für sie durchaus witzige Szene beobachtet haben. „Du kennst die Zwei doch… Papa muss es immer gleich übertreiben“, hat sie gekichert und sich wieder der Sandburg zugewandt, die sie mit den Kleinen begonnen hat zu bauen. „Mama hats aber auch ganz schön drauf…“, erwidert ihr Bruder ehe er laut auflacht.
Nach einem halben Niagara-Fall, den Levy ihrem Ehemann ins Gesicht gespritzt hat, hat sie sich einfach auf ihn gestürzt, sich auf seinen Rücken gehockt und ihn so gut es geht unter Wasser gedrückt. Ihre Rache wäre perfekt, wenn er nicht einfach abtauchen würde und ihrem Griff somit entschwindet. Mit einem Ruck zieht er sie am Bein ein Stück mit sich, ins tiefere Wasser wo das Spiel von vorne losgeht.
Der ganze Vormittag sollte mit solchen Spielen, in das sich später auch die Kinder wieder eingemischt haben, vergehen. Auch der mitgebrachte Ball kam zum Einsatz und die Sandburg hat bis zum Mittag ganz schöne Ausmaße angenommen, weil jeder irgendwas dazu gebaut hat, auch wenn es noch so komisch aussah.
Nach dem Mittagessen, ist Entspannen angesagt. Die zwei Kleinen und der ältere Sohn sind im Schatten, auf einer Decke vor Verausgabung eingeschlafen. Die Tochter liest in einem Buch, doch es ist auch bei ihr nur eine Frage der Zeit bis sie darauf einschläft. Auch Levy liest in einem Buch und Gajeel hat sich dazu entschieden auch ein kleines Nickerchen zu halten.
Als er wieder aufwacht, sind die Kinder bereits wieder am spielen. Ihre Rufe und Schreie hallen laut über den See, während sie im Wasser herumtoben. Ein wenig benommen richtet er sich auf und wischt sich übers Gesicht. Von Levy und den Kleinen fehlt jede Spur und Unruhe steigt in ihm auf. Doch da macht er die Drei ein ganzes Stück weiter unten am See aus, wo sie in einem kleinen Eimerchen, Steine und Muscheln einsammeln.
Müde erhebt er sich und streckt sich ausgiebig, ehe er in die andere Richtung am Ufer entlang geht. Zum ersten Mal seit Tagen, war sein Schlaf Traumlos. Die letzten Nächte hat er immer wieder von dieser Mission damals, oder von Metalicana geträumt. Nun kommt es ihm fast seltsam vor einmal nichts zu träumen. Immer wieder schweift sein Blick über die Gegend, über die Seeufer und wieder zurück zu Levy und seinen Kindern. Auf einem umgefallenen Baumstamm, an dem sie zuvor schon vorbei gerannt waren, nimmt er Platz und genießt es seiner Familie zuzusehen.
Sie sind voller Energie und Kraft. Sie scheinen einfach nicht Müde zu werden und es fallen ihnen immer wieder neue Spiele und Streiche ein. Dieses sonnige Gemüt, mussten sie von ihrer Mutter haben. Diese nimmt ihre jüngste Tochter gerade auf den Arm und tröstet sie, weil sie gerade vorhin gestolpert ist und bitterlichst weint. Levy ist eine liebevolle und fürsorgliche Mutter und eine noch bessere Ehefrau. Eigentlich hätte er sie gar nicht verdient. Wenn er sich seine Familie so ansieht, bekräftigt sich seine Meinung in ihm. Ja… er ist Glücklich. Jetzt, hier und so wie es ist. Das ist der glücklichste und schönste Ort auf Erden.
Gajeel lässt seinen Blick auf den See hinaus gleiten. „Warum… fühlt es sich dann… so seltsam an?“, fragt er sich selbst. Aus irgendeinem Grund kommt es ihm vor, als wäre etwas nicht in Ordnung. Etwas nicht normal, nicht so, wie es sein sollte. Dieses dumpfe, taube Gefühl kriecht wieder in ihm hoch und lähmt seine Gedanken. „Warum… scheint das alles so… unwirklich?“, denkt er sich niedergeschlagen und die Unsicherheit ist ihm anzusehen. Wieder meint er Stimmen zu hören. Sie sind leise und sie kommen mit dem Wind. Er fasst sich an die Stirn. Dieses Flüstern, immer wieder ist da dieses Flüstern das er nicht versteht. Oder sind es nur die Blätter, die je nach Windrichtung in den Ästen rascheln und sich nur wie ein Flüstern anhören? Ein kalter Schauer durchfährt seinen Körper, versetzt ihm Gänsehaut. Er hat das Gefühl das irgendetwas nicht mit ihm stimmt und dabei fühlt er sich noch nicht mal krank. Wind kommt wieder auf und die Narbe auf seiner Brust beginnt zu jucken.
Levy steht in einigen Metern Entfernung und beobachtet ihn schon eine Zeit lang. Ihre Sorge um ihren Ehemann wächst mit jedem Tag. Er ist so verschlossen wie schon lange nicht mehr. Er ist schreckhaft, nervös und in seinen Gedanken scheint er in weiter ferne zu sein. Nur am Vormittag hat sie ihn wieder so erlebt wie sie ihn gerne sieht. Ausgelassen, draufgängerisch und provokant. Seine Augen haben gefunkelt, gesprüht vor Leben. Doch jetzt sind sie stumpf und leer.
„Gajeel…“, spricht sie ihn an, nachdem sie näher gekommen ist und er schreckt zusammen. Selbst das ist untypisch für ihn. Normalerweise hätte er sie schon längst gehört, sie schon längst gespürt oder anders wahrgenommen. „Ist dir nicht wohl? Du bist ganz blass…“, tritt sie neben ihn und er erhebt sich vom Baumstamm. „Alles bestens, ist nur die Sonne…“, hat er es abgetan und hat sich in Bewegung gesetzt um mit ihr ein Stück zu gehen.
Levy weiß dass er lügt. Die Sonne, hat ihm noch nie etwas ausgemacht. Aber sie schweigt und geht stillschweigend neben ihm her. Nur ein paar Mal linst sie ihn heimlich an, mustert sein Profil. Er lässt sich nichts von seiner Niedergeschlagenheit, wie sie sie vorhin beobachtet hat, anmerken. Sie weiß, er will nicht dass sie sich Sorgen macht, doch mit seinem Schweigen ist das unmöglich.
Gajeel spürt ihre Blicke nur zu genau. Wie sie ihn mustert, ihn besorgt ansieht. Dieses weiße Kleid, das sie sich über ihren Bikini gezogen hat, lässt ihren ohnehin schon hellen Teint noch heller wirken. Sie hat die Erscheinung eines Geistes oder einer Fee. Er meint dass sie völlig geräuschlos und federleicht neben ihm hergeht. Er kann gar nicht in Worte fassen wie sehr er sie liebt.
„Gajeel… bereust du es…“, spricht sie ihn nun an und er bleibt schlagartig stehen. „Bitte?“, hackt er nach. Er weiß absolut nicht worauf sie hinaus will. „Du… bist so niedergeschlagen… und obwohl wir heute schon so viel Spaß hatten… und ich gehofft hatte, dass es dir ein wenig besser gehen würde… bist du wieder in Gedanken…“, ihre Finger krallen sich in sein Hemd als sie vor ihn tritt. „Du… bist so weit weg…“, haucht sie und ihre Stimme zittert ein wenig. „Daher habe ich mich gefragt… ob du lieber… wieder in der Stadt wärst… vielleicht… hast du es ja satt hier auf dem Land und…. bereust es dass wir hier raus gezogen sind“, erklärt sie und schaut zu ihm auf. Ihr Blick ist traurig und fragend.
„Nein… ich bin Glücklich hier…“, hat er ihre Schultern ergriffen und ihren Blick gesucht. „Außerdem… ist es vollkommen egal wo ich bin… Hauptsache ihr seid bei mir“, kommt es von ihm zögernd und ein wenig verlegen, während er ihr fest in die Augen schaut. Levy ist von seinen Worten so gerührt dass sie keine Worte findet. „Ach Gajeel…“, seufzt sie aus und schmiegt sich an seine Brust, während er seine Arme um sie schließt.
Seine Narbe juckt heftig, es grenzt schon fast an Schmerz, doch er lässt sich nichts anmerken. „Was ist das?!“, fragt er sich im Geheimen und drückt Levy ein wenig fester an sich. So hat sich seine Narbe noch nie bemerkbar gemacht. Da ist wieder dieses Flüstern in seinen Ohren, daher kneift er kurz die Augen zu und versucht es auszublenden.
„Mach dir keine Sorgen…“, hat er dann leise zu ihr gesprochen. „Es ist im Moment nur… eine etwas… komische Phase… denke ich“, versucht er sich zu erklären und findet ihren Blick der ihn fragend ansieht. „Sagst du mir… was dich bedrückt?“, fragt sie ihn nun und sie hofft dass er ihrer Bitte nachgibt. „Sobald ich es selbst weiß, werde ich es dir erzählen“, hat er ihr versprochen und ihr durchs Haar gestrichen.
„Ich liebe dich…“, flüstert er ihr zu und im nächsten Moment tobt es wieder hinter seiner Stirn. Wann hat er angefangen ihr so offen seine Gefühle zu gestehen? Vor kurzem, hatte er sich diese Frage schon einmal gestellt. Es ist seltsam, es fühlt sich so… verfälscht an. „Ich dich auch…“, hat sie geantwortet und sich zu einem Kuss auf ihre Zehenspitzen gestellt.
Nach diesem kurzen, aber sehr zärtlichen, fast schon scheuen Kuss, schmiegt sie sich wieder in seine Umarmung.
Er fühlt sich ein wenig erleichtert und so seufzt er leise gegen ihr Haar. Ihr Haar, das wieder nur die Hälfte dieses sonst so Intensiven Duftes an sich trägt, wie normal. Er erinnert sich an die letzte Nacht, wo er etwas Ähnliches wahrgenommen hat. Ihr zierlicher Körper in seinen Armen, fühlt sich so… fremd… so unwirklich an. Da trifft ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Sie kommt ihm fremd vor. Dieses Gefühl „fremd“ ist es, was ihn seit ein paar Tagen heimsucht. Es fühlt sich, nicht Richtig an, sie so im Arm zu halten. Er weiß, er liebt sie über alles und sie liebt ihn. Und doch hat er das Gefühl etwas Ungerechtes zu tun wenn er sie umarmt.
Als er seine Wange gegen ihren Kopf sinken lässt, fällt sein Blick auf ihr gemeinsames Spiegelbild im Wasser. Sein Blick weitet sich erschrocken und er blinzelt kurz weil er seinen Augen nicht traut.
Er hat einen beunruhigenden Schatten hinter ihrem gemeinsamen Spiegelbild gesehen. Levy konnte er klar in der Wasserspiegelung erkennen, er selbst war nichts weiter als eine dunkle Silhouette, die Levy im Arm hält. Als er die Augen wieder öffnet und das Spiegelbild betrachtet, ist alles wieder normal.
Es muss sich nur um ein Lichtspiel von Wind und Schatten, gehandelt haben. Das ist seine einzige Erklärung dazu. Und doch nimmt diese Unruhe in ihm, immer mehr zu. Desto mehr er darüber nachdenkt, desto mehr verwirrt es ihn. Er hat sich doch früher nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen. Warum bringen ihn ein paar komische Träume, ein paar seltsame Ereignisse, nur so durcheinander und beschlagnahmen seine Gedanken?!
Er muss das abstellen. Sofort! Es ist doch alles in Ordnung. Es hat alles seine Richtigkeit!
Ein wenig mehr, drückt er Levy an sich ehe er sacht ihre Stirn küsst. Tief atmet er dabei den Duft ihres Haares ein und er muss feststellen, dass er nun genauso intensiv, betörend und wundervoll ist wie sonst immer.

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„Und du lässt dich wirklich nicht dazu überreden uns zu begleiten?“, seufzt Levy mit einem Lächeln auf den Lippen, als sie sich vor ihn gestellt hat. „Keine Chance. Außerdem muss hier ja jemand auf dein Viehzeug aufpassen…“, hat er mild und versöhnlich gelächelt und ihr kurz den Kopf getätschelt. „Dabei könnte es dir gar nicht schaden hier raus zu kommen…“, hat sie es ein weiteres Mal versucht, während sie ihre Tasche aufnimmt, die neben ihr am Boden gestanden hat. „Vielleicht das nächste Mal“, hat Gajeel angedeutet und ist hart geblieben.
Levy fährt für ein paar Tage mit den Kindern in die Stadt. Sie will der Gilde und ihren Freunden dort, endlich wieder einen Besuch abstatten, so wie sie es jedes Jahr des Öfteren macht. Manchmal hat er sie auch begleitet, aber nicht immer und es war immer viel Überredungskunst von Levy notwendig gewesen. Wenn er so darüber nachdenkt, weiß er gar nicht mehr, wann er sie das letzte Mal begleitet hat. Es kommt ihm vor, als wäre es eine Ewigkeit her.
„Versprochen?“, hackt Levy nach und Gajeel antwortet ihr darauf mit einem: „Ich sagte ~vielleicht~“, und schaut sie etwas zerknirscht an. Auf diese Antwort setzt Levy ihren berühmten, treuherzigen Blick auf, zu dem niemand einfach „Nein“ sagen kann. Gajeel versucht sie ernst anzusehen und eisern zu bleiben, doch dann lässt er seufzend seine Schultern fallen und rollt genervt mit den Augen. „Na gut… meinetwegen… versprochen!“, gibt er sich geschlagen und hängt ein halblautes: „Muss ja nicht mehr dieses Jahr sein…“, an, das Levy ein kleines Schmunzeln entlockt. Sie versteht einfach nicht warum er sich so ziert den Ort zu besuchen wo sie damals zusammengekommen sind.
„In ein paar Tagen bin ich wieder da… also stell mir nichts an ok?“, hat sie mit dem Finger vor ihm gewedelt und ihm ein Lächeln entlockt. „Willst du deine Schafe und Hühner vorher durchzählen?“, hat er gescherzt und die Augen seiner Ehefrau haben sich zu schmalen Schlitzen geformt. „Der Hahn wird nicht gegrillt…“, kommt es von ihr düster. „Das kommt auf ihn an…“, grinst er darauf.
Levy tritt einen Schritt auf ihn zu und richtet ihm den Kragen seines Hemdes ehe sich ihre Hände auf seine Wangen legen. „Und… grübel’ nicht zu viel…“, hat sie sanft gesprochen und ihm in die Augen gesehen. „Vielleicht komme ich in der Zwischenzeit ja wieder runter…“, hat er geseufzt, aber zuversichtlich geklungen. In den letzten Tagen hat er weder geträumt, noch war sonst irgendetwas passiert, dass in ihm diese Unruhe ausgelöst hatte. Außer dass er sich immer wieder eingebildet hat, von jemandem gerufen zu werden. Doch das hat er auf den Wind und die Bäume geschoben.
„Ist es wirklich in Ordnung wenn ich dich allein lasse?“, hat sie gefragt und ihre Sorge geäußert. „Sicher, mach dir ein paar schöne Tage…“, lächelt er sie zärtlich an und küsst sie zum Abschied ausgiebig.
Als die Kinder, jeweils mit einem Rucksack oder einer Tasche bestückt, in der Tür auftauchen, lösen sie sich voneinander und wenden sich ihnen zu. „Und ihr seid mir schön brav verstanden?! Macht eurer Mutter keinen Ärger…“, hat Gajeel sie ermahnt und ein Einstimmiges „Aye Sir!“, von ihnen geerntet. „Oh Mann… Salamander und seine Katze werden ihnen wieder nur Blödsinn beibringen…“, hat er geseufzt und Levy hat darauf gekichert. „Vielleicht solltest du ja doch mitkommen und das ganze Überwachen?“, hat sie gescherzt, es aber nicht ernst gemeint weil sie weiß dass er sich nicht mehr umstimmen lässt wenn er mal einen Entschluss gefasst hat.
„Du Papa… wie lange wird es dauern bis ich dich wieder sehe?“, erklingt ein leises Stimmchen von ganz unten, während seine kleinste Tochter an seinem Hosenbein zupft. „Nicht lange…“, hat er sich zu ihr runter gehockt und ihr vier Finger vor die Augen gehalten. „Du musst viermal zu Bett gehen und dann sehen wir uns wieder“, hat er ihr erklärt und sie hat darauf schüchtern gelächelt. „Wenn das so ist, gehe ich gerne schlafen“, hat sie gelächelt, ihre dünnen Ärmchen um seinen Hals geschlungen und ihm zum Abschied ein Küsschen gegeben.
Gajeel lächelt bei ihren Worten nur, immerhin haben sie mit ihr, die meisten Probleme wenn es darum geht, dass sie schlafen gehen soll. Da ist sie erst Vier und schon so Schlagfertig. Ein zucken geht durch seinen Körper als sie sich von ihm löst und er sich von den anderen dreien auf ähnliche Weise verabschiedet. Ein seltsames Gefühl kriecht in ihm hoch, es ist als würden sie seine Empfindungen vernebeln.
„Wir sehen uns bald wieder… Gajeel…“, hat Levy ihn angesehen, sich ihm aber nicht mehr genähert. Sie haben sich schon zuvor zu genüge Verabschiedet und nun mussten sie auch endlich los, wenn sie den Bus im Dorf noch erwischen wollten. Ihre Augen sind mit einemmal traurig, und etwas Undefinierbares liegt in ihnen. Sie setzt noch einmal an etwas zu sagen, schweigt aber schlussendlich.
„Grüsst Lily von mir wenn ihr ihn seht“, hat Gajeel zum Abschluss erwähnt und ihnen kurz hinterher gewunken. Eine ganze Weile sieht er den Fünfen nach, wie sie das Grundstück verlassen und den Weg Richtung Dorf entlang gehen. Levys Blick, ihr Gesichtsausdruck geht ihm nicht aus dem Kopf. Da ist wieder dieses sonderbare und taube Gefühl der ihn an Ort und Stelle wie festgewachsen verweilen lässt. Kurz fragt er sich, ob er ihnen nicht doch noch folgen soll? Sie in die Stadt begleiten soll? Er könnte sie bestimmt noch einholen wenn er sich beeilt. Doch er verwirft den Gedanken gleich wieder.
Nur kurz hat er seinen Blick abgewandt weil im Stall ein kleiner Tumult ausgebrochen war. Als er sich wieder dem Weg zu wendet sind die Fünf bereits hinter dem Hügel verschwunden. Seine Narbe juckt und dabei ist es Windstill. Nur langsam löst er sich von seinem Standplatz und wendet sich dem Haus zu. Er vermisst seine Familie jetzt schon und er hat das Gefühl, dass er sie nie wieder sehen würde.
Mit diesen Gedanken und diesem tauben Gefühl, das immer mehr von ihm besitz ergreift, verschwindet er im Haus um das Geschirr wegzuräumen. Sie hatten ausgerechnet heute alle verschlafen und so bleibt die gesamte Hausarbeit an ihm hängen. Irgendwie ist er dankbar dafür. So hat er etwas zu tun und würde vielleicht von seinen Gedanken abgelenkt werden.

Nach getaner Arbeit sitzt er mit einer Tasse Kaffe am Esstisch und seufzt gelangweilt. Das Haus ist eher klein, doch jetzt wo es leer ist, kommt es ihm so groß vor. Es ist still, nur die Vögel vor dem Fenster und das Ticken der Uhr sind zu hören. Vom Heulen des, mittlerweile stärkeren, Windes abgesehen. Genervt wischt er sich über seine Narbe auf der Brust. Heute juckt sie wieder dermaßen, dass er am liebsten mit einer Drahtbürste rangehen würde.
„Gajeel…“, hört er Levys Stimme seinen Namen nennen und er zuckt leicht zusammen. „Levy? Habt ihr was vergessen?“, schlussfolgert er überrascht und wendet seinen Blick zur Tür. Doch da ist niemand. Sein Blick verengt sich irritiert. Er muss es sich eingebildet haben.
Dann ist da ein Miauen in der Tür. Es ist die schwarze Katze die nun schon das zweite Mal auf sich aufmerksam macht. „Ah… Lily…“, zieht Gajeel die Augenbrauen, die aus jeweils einer Piercings-Reihe bestehen, nach oben und ist auf den Beinen. „Ich hab dein Futter vergessen…“, erinnert er sich und antwortet auf das Gejammer der Katze, die sich um seine Beine schmiegt.
Die Katze hat dieselbe Fellzeichnung wie sein Partner Lily. Die Kinder haben deshalb darauf bestanden diese Katze, auch Lily zu nennen. Gajeel war zwar nicht so begeistert davon, aber die Kinder waren nicht von ihrer Idee abzubringen und so heißt diese anhängliche Katze also Lily.
Den Vormittag schlägt er tot, indem er das ganze Zuhause nach irgendeiner Arbeit absucht, die er erledigen kann. So hat er den Fußboden gekehrt, das Haus durchgelüftet, endlich die eine klemmende Schrankseite repariert und den Schuppen aufgeräumt.
Die Mittagszeit war ziemlich einsam. Unter der Woche sind die Kinder zwar in der Schule, aber zumindest Levy war immer da, mit der er gemeinsam am Tisch saß. Jetzt ist da nur diese schwarze Katze, die wieder neben dem Tisch hockt und bettelt. Wieder wird er sich der Stille in diesem Haus bewusst und so entschließt er sich, nach dem Mittagessen einfach die Weidezäune zu kontrollieren. So würde er hier raus kommen und nicht ständig darauf aufmerksam gemacht werden, dass er allein zu Hause ist.
Er versteht ohnehin nicht was los ist. Früher war er gern allein, hat es sogar bevorzugt. Doch jetzt, wo er die Nähe seiner Familie gewöhnt ist, fehlt sie ihm unglaublich. Er hätte sie wohl doch besser nach Magnolia begleiten sollen. Im nächsten Moment tut er es wieder ab und denkt daran dass es nur vier Tage sind.

Am Abend sitzt er wieder allein in der Küche am Esstisch. Sein Blick ist auf die Wand, ihm gegenüber gerichtet, wo einige Fotos und Bilder hängen. Seine Familie und Freunde sind darauf abgebildet.
Zögernd, erhebt er sich von seinem Stuhl und stellt sich vor die Wand um die Bilder besser sehen zu können. Ein leichtes Lächeln spielt um seine Lippen als er sich an so manche Geschichte hinter so manchem Schnappschuss erinnert. Fast schon zärtlich streichen seine Finger über das Hochzeitsfoto, das von ihnen Beiden damals gemacht wurde. Es war wohl das Beste dass ihm je passiert ist.
Ein Bild von den vier Kindern, wo sie der Reihe und Größe nach sortiert, stehen, betrachtet er genauso liebevoll wie das Bild von Levy, die eine Katze auf dem Arm hat. Die Katze ist kein geringere als der Exceed Lily, und dass er damals ganz rote Wangen hatte, bemerkt Gajeel erst hier auf diesem Bild. Gleich daneben hängt ein altes Foto von ihm und seinem Partner, als sie noch ein Team und um einiges Jünger waren.
Sein Lächeln verschwindet Augenblicklich als er sich an die Zeit damals erinnert. Dann fallen ihm Levys Worte wieder ein, die sie am See an ihn gerichtet hat. „Gajeel… bereust du es…?“, hatte sie ihn gefragt und er hatte verneint. Denn er bereut nichts. Er ist Glücklich hier, er selbst wollte damals aus der Stadt und hier neu anfangen. Er selbst hat entschieden als Magier aufzuhören. Weil es so besser ist.
Und doch, hat er mit einem mal das Gefühl dass etwas fehlt. Etwas fehlt und da ist auch wieder diese Leere in ihm. Es hat den Anschein als wäre es nicht Richtig, als wäre er am falschen Platz.
Ein altes Gruppenbild, dass Reedus damals noch von den Gildenmitgliedern gemalt hat, zieht seine Aufmerksamkeit auf sich. Seine Finger gleiten über den Rahmen, während er es lange ansieht. Zögernd, nimmt er es von der Wand und dreht es um, um das Datum zu sehen. Doch da ist keines drauf. Sie haben damals tatsächlich versäumt ein Datum hinten drauf zu schreiben. Dabei war es damals ein Bedeutsamer Tag gewesen.
Es war der Tag, an dem sie ihre Verlobung bekannt gaben und dass sie die Stadt nach der Hochzeit verlassen würden. Zuerst waren alle ein wenig überrascht, im nächsten Moment traurig und ein wenig verständnislos weil sie nicht nur die Gilde, sondern auch die Stadt verlassen wollten. Im nächsten Moment allerdings haben sich alle für sie gefreut und es kam, was kommen musste. Eine Party, eine Massenschlägerei und ein riesen Besäufnis, nach dem keiner mehr nach Hause ging und gleich in der Gilde liegen blieb. Eine Party á la Fairy Tail also. Zum Glück hat Reedus das Bild noch vor der Party gezeichnet. Danach hätte man wohl kaum noch jemanden erkennen können.
Er muss zugeben… er vermisst sie. Jeden Einzelnen von ihnen, auch wenn er sich nicht immer mit allen gut verstanden hat, schon gar nicht am Anfang. Mit einem melancholischen Lächeln will er das Bild zurück an seinen Platz hängen als er inne hält und gebannt auf das Bild starrt. Ihm fällt auf, dass er so manches Gesicht nicht mehr seinem Namen zuordnen kann. Er kennt die Gesichter, doch die Namen hat er vergessen. Dabei merkt er sich solche Dinge normalerweise leicht, wenn er sie sich mal gemerkt hat. Er fragt sich, wie lange es etwa her ist, dass sie die Gilde verlassen haben? Sein Blick wird ernst und angestrengt. Er kann sich nicht erinnern welches Jahr das war. Wie viele Jahre es her ist…
Sein Blick verengt sich abermals auf das Bild. Levy und er, sind auf dem Bild ziemlich in der Mitte und er könnte schwören, dass er damals nicht nur Jünger, sondern auch ansonsten anders war. Seine Aura… ist vollkommen anders als jetzt. Aber das ist kein Wunder, immerhin verändert man sich im laufe seines Lebens viele male. Doch diese Wandlung… ist so extrem wie der Wandel zwischen Tag und Nacht.
„Metalicana hat Recht… was ist nur aus mir geworden?“, flüstert er und sein Griff verfestigt sich um den Rahmen bis er verdächtig knackst. Eilig und ohne es beschädigt zu haben, hängt er es nun zurück und überschaut die Bilder noch einmal. Am Hochzeitsfoto bleibt sein Blick haften und eine seltsame Kälte ergreift von ihm besitz. Angespannt und konzentriert schaut er auf das Bild. Auf dem Foto sehen sie beide so Glücklich aus. Sie lächeln, strahlen förmlich und doch ist da etwas an dem Bild, das ihn irritiert.
Irgendetwas an dem Bild stört ihn. Es kommt ihm… falsch… vor. Seine Augen weiten sich als er erkennt dass er sich nicht mal an das Datum seiner eigenen Hochzeit erinnern kann. Nicht mal daran, wie viele Jahre es her ist. Mit einem Mal weiß er nicht mal mehr wie er Levy überhaupt einen Antrag gemacht hat…
Fahrig wischt er sich über das Gesicht und schaut wieder zu den Bildern auf. Jedes einzelne der Gesichter, scheint ihn anzustarren. Doch keines davon lächelt. In jedem Gesicht meint er Besorgnis oder irgendeinen Schuldanspruch zu sehen. Ein seltsames Flimmern tritt vor seine Augen und lässt ihn ein Stück zurück taumeln. Ein heftiges Schwindelgefühl lässt ihn gegen den Tisch hinter sich prallen ehe er in sich zusammen fährt.
Ein heftiger Schmerz entbrennt an der Stelle seiner Narbe und noch während seine Hand an die Stelle schnellt. Da ist plötzlich wieder dieses Flüstern… dieses Wispern und Klopfen in seinem Kopf. Oder es ist sein eigenes Blut, das ihm in den Ohren pocht, da sein Herz zu rasen scheint? Mit vor schmerz, verzerrtem Gesicht schaut er abermals zu den Bildern auf. Um eines mehr muss er erkennen dass er sich bei fast keinem der Fotos, an deren Hintergründe erinnern kann. Weder der Ort, noch die Zeit, die seit der Aufnahme vergangen ist, ist ihm bekannt.
Da ist plötzlich eine Stimme in seinem Kopf und sie ruft ihn bei seinem Namen. Es dreht sich, die Wände scheinen näher zu kommen und das Gefühl der Panik nimmt ihm fast die Luft zum Atmen. Er muss raus hier!
Ehe er sich versieht, ist er aus der Küche gestürzt, hat im Vorzimmer den Schirmständer umgestoßen und ist durch die Tür nach draußen gestolpert. Die Tür schlägt hart gegen die Wand als er sie mit voller Wucht aufstößt und kurz auf der Veranda stehen bleibt. Im Moment hört er nichts, außer seinen eigenen Herzschlag und seinen keuchenden Atem. Seine Beine bewegen sich fast wie von selbst als er die paar Stufen der Veranda hinunter taumelt und auf den Brunnen zusteuert.
Ein Bild von einer jungen, blauhaarigen Frau, taucht vor Gajeels geistigem Auge auf und er ist wie erstarrt. Sie hat die Hände vor ihrer Brust, wie zu einem Gebet gefaltet, während ihr Tränen die Wangen hinab rollen. Sie öffnet ihren Mund zu einem Schluchzen, doch kein Ton kommt heraus. Dicke Tränen benetzen ihre Wangen ehe sie sich die Hände vors Gesicht schlägt und ihr Mund einen verzweifelten Schrei vermuten lässt.
Es ist Levy.
So schnell wie dieses Bild vor ihm aufgetaucht ist, so schnell ist es auch wieder verschwunden und tauscht mit deutlichem Flüstern und Wispern den Platz. Gajeel meint Worte zu verstehen und dann wieder nicht. Seinen Namen zu hören, gerufen in allen Variationen, von sanft, über freudig bis hin zu verzweifelt und unter Tränen. Das Flüstern wird immer lauter und seine Finger krallen sich an seinen Kopf. Er hat den Verdacht verrückt zu werden wenn diese Stimmen nicht bald aufhören.
Ein einziger Herzschlag durchschneidet dieses Chaos und erinnert ihn an die Schmerzen in seiner Brust, an seiner Seite. „Der Himmel… ist immer gleich… immer trägt er das gleiche Blau… die Blumen… blühen immer und an jedem Tag… es Regnet nie… außer in deiner Seele…“, Metalicanas tiefe und grollende Stimme, frisst sich in sein Gedächtnis und lässt ihn zum Himmel aufschauen der bereits vom Abendrot violett gefärbt ist.
„Der Himmel… die… Blumen…?“, bringt er stammelnd hervor und irgendetwas in ihm scheint klick zu machen, ehe ein verwirrtes Lächeln in seinen Zügen erscheint. Er fühlt sich dem Wahnsinn nahe. Als sich ein weiteres Bild vor sein geistiges Auge schiebt, setzt sein Herzschlag aus, steht sein Atem still. Mit weit aufgerissenen Augen, starrt er den Mann mit den langen Haaren an. Er steht seitlich zu ihm und wendet ihm seinen Blick zu. Sein Blick scheint müde und gebrochen, fast traurig… aber er ist voller Sehnsucht.  

Als Gajeel wieder zu sich kommt, ist der nächste Tag angebrochen. So hoch wie die Sonne steht, muss es bereits kurz vor Mittag sein. „Ein… Traum?“, fasst er sich an die Stirn und versucht sich aufzurichten. Das Schwindelgefühl lässt ihn allerdings taumeln und zurück auf den feuchten Boden sinken. Minuten später, startet er einen zweiten Versuch und kommt in eine sitzende Position. Erst jetzt, bemerkt er, wo er ist. Er sitzt am Seeufer, in einer Wiese deren Blumen ihren Duft über ihn zerstäuben und ihn zusätzlich benebeln.
„V…Verdammt…“, ächzt er auf und wischt sich mit einer Hand über das Gesicht. Er schwitzt und ein seltsamer Druck ist in seinem Kopf. Er hat ein Black-out. Er weiß nicht, wie er hier her gekommen ist. Dass er letzten Abend in Panik das Haus verlassen hat, weiß er noch, aber das ist auch schon alles. Er muss die halbe Nacht irgendwo umhergeirrt sein.
Nur langsam fällt ihm der Grund wieder ein, weshalb er so in Panik war. „Was… war das bloß?“, fragt er sich und kriecht auf allen Vieren zum Seeufer, verliert an der Böschung das Gleichgewicht und fällt ins seichte Wasser. Er zuckt nur mit den Schultern, weil seine Lage ohnehin nicht mehr schlimmer werden kann. Er bückt sich runter um ein paar Schlucke zu trinken und sich etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen.
„Werde ich langsam verrückt?“, fragt er sich ernsthaft und Sorge steigt in ihm auf. Seit er diesen Traum von dieser Mission hatte, geht es ihm mies. Er ist ständig im Strudel seiner Gedanken und Gefühle hin und her gerissen. Mit beiden Händen, spritzt er sich nun Wasser ins Gesicht, bis sogar sein Hemd davon durchnässt ist.
Allerdings kommt ihm das Wasser nicht mal annähernd erfrischend oder nass vor. Es wirkt unecht, so wie alles im Moment. Er vermutet dass seine Sinne noch taub sind, von dieser verrückten Nacht. Als sein Blick in die Umgebung schweift, kommt ein Unwohles Gefühl in ihm auf. Er ist all die Jahre, immer Glücklich hier gewesen. Doch noch nie hat er sich so gefühlt wie jetzt. Er fühlt sich, als wäre er hier nicht erwünscht. Als würde er nicht hierher gehören.
Nach einem weiteren großen Schluck, dieses klaren Wasser, das nicht nach Wasser schmeckt, setzt er sich aufrecht hin, überstreckt sein Genick und schaut in den Himmel. „Blau… dieser verdammte Himmel… ist schon wieder so kitschig blau…“, murmelt er und seufzt tief. Unweigerlich fallen ihm die Worte des Fremden ein, dem er vor ein paar Tagen begegnet war. „Sag… ist es hier immer so schön ruhig…“, hallt seine Stimme in seinen Gedanken wieder und es läuft ihm eiskalt den Rücken runter. Mit einem Mal ist da eine seltsame Unruhe in ihm, beschleunigt seinen Herzschlag. Gajeel lässt seinen Blick schweifen, versucht seine Sinne zu konzentrieren. Es ist still, vollkommen. Kein Wind raschelt in den Blättern der Bäume oder den Gräsern am Boden. Kein Vogel singt sein Lied.
„Dann ist auch der Himmel immer so schön blau. Sind die Wiesen immer so von Blumen übersäht…“, spricht die Stimme in seinem Kopf wieder und er bemerkt dass deren Tonfall sich verändert hat. In der Stimme liegt keine Unsicherheit, keine Frage. Es klingt als würde er einfach nur Fakten aufzählen.
Dann durchfährt es ihn wie ein Schlag, als ihn die Erkenntnis trifft. Der Himmel, ist immer blau, immer so kitschig blau. Er kann sich nicht erinnern, wann die Blumen auf den Wiesen nicht geblüht hätten. Oder dass es einmal einen Tag ohne Sonne gegeben hat. Es hat nie geregnet und einen Winter, hat er hier draußen nie erlebt.
„Fängst du endlich an…es zu bemerken?“, durchschneidet eine Stimme die Stille und Gajeel erstarrt. Er kennt die Stimme. Sie gehört der Stimme in seinem Kopf… dem Fremden mit dem Umhang und der Kapuze, die jeden Blick auf sein Gesicht verhindert. Mit Schreckgeweiteten Augen, fällt sein Blick ins Wasser, auf sein Spiegelbild und er erschaudert bei dem Anblick. Er ist ein Wrack… ein Bild des Jammers. Er fühlt sich dem Wahnsinn näher als jemals zuvor.
Doch da ist noch etwas anderes. Er hat sich die Stimme zuvor, nicht eingebildet.
Das Spiegelbild des Fremden, steht genau neben ihm und schaut auf ihn hernieder. Gajeel erstarrt, er ist kaum fähig sich zu rühren. Ein ungutes Gefühl keimt in ihm auf.
„W…Wolltest du nicht in die Stadt?“, bringt Gajeel mit bebender Stimme hervor. Es behagt ihm gar nicht dass dieser Typ immer noch hier herumschleicht. „Ja… doch man lässt mich nicht ein…“, hat der Fremde geantwortet und unter seinem Umhang, die Arme vor der Brust verschränkt. Gajeel meint so etwas wie „Sehnsucht“ in seiner Stimme gehört zu haben. „Warum nicht?“, hackt er nach und seine Stimme wird etwas fester. Er hat sofort erkannt, dass an diesem Mann etwas anders ist, als vor Tagen. Er scheint wie ausgewechselt, seine Stimme ist fester und seine Aura ist düster. Nichts ist mehr von diesem verwirrten, verträumen und ziellos umherirrenden Mann zu erkennen. Kurz zweifelt Gajeel sogar daran, ob es sich um dieselbe Person handelt.
Die Person antwortet nicht darauf. Als Gajeel sich zu ihm umwendet, dreht der Fremde sich zur Seite und schaut über den ruhig daliegenden See. Seine Augen kann er nicht sehen, aber seine Lippen ziert ein unheimliches Lächeln. Es wirkt beinahe kalt, doch auch auf gewisse Weise Sehnsüchtig.
„Kommt dir hier nichts seltsam vor…?“, fragt der Fremde aus dem Nichts heraus und breitet seine Arme aus, als würde er die Umgebung einfangen wollen. „Meinst du… es hat alles seine Richtigkeit? Ist es nicht… zu perfekt?“, redet er weiter und seine Stimme klingt fast monoton dabei. Gajeel jedoch, gehen sie tief ins Herz. Sie berühren etwas in ihm und er meint etwas zu hören, das sich wie zersplitterndes Glas anhört.
Mit dem nächsten Atemzug ist wieder ein Bild vor seinem geistigen Auge. Es ist Levy, sie ist verzweifelt, sie weint und schreit vor Angst und Verzweiflung. Tränen benetzen ihr Gesicht, nur diesmal hat sie sich über ihn gebeugt und ruft immer wieder seinen Namen. Er solle durchhalten, sie nicht verlassen.
Ein heftiger Schmerz zuckt durch seinen Körper und lässt ihn sich, verkrampft nach vorne bücken bis seine Stirn fast den Wasserspiegel berührt. Gajeel wird kurz schwarz vor Augen, während er seine Arme um sich schlingt und keuchend nach Luft ringt. Er hat höllische Schmerzen in seiner Brust und an der Seite. An den Stellen, wo er damals so schwer verletzt wurde und heute noch ihre Narben trägt. Er weiß, er bildet sich das nur ein, er kann keine Schmerzen haben, es ist zu viele Jahre her. „W…was geht hier vor…?“, bringt er gepresst hervor, während ein neuer Schwall von Schmerzen ihn zusammenfahren lässt. „Ist das… ein Magiefeld… oder…“, versucht er schwer keuchend, Vermutungen aufzustellen, doch der Fremde springt mit einem Satz zu ihm ins Wasser und bleibt auf seiner Höhe stehen. „Weder noch…“, spricht er und seine Stimme ist kalt wie Eis.
„Das ist dein zuhause… schon vergessen?“, beginnt er ruhig zu sprechen und Gajeels Augen weiten sich. Diese Stimme, kommt ihm auf einmal so bekannt vor. „Du hast es dir selbst erschaffen… dieses kleine Häuschen unter jenem Baum… Deine Familie ist hier… du bist Glücklich hier…“, beginnt der Fremde langsam aufzuzählen und Gajeel wird zusehends blasser im Gesicht. „Halt nein… Moment… irgendwas… stimmt da nicht…“, schießt es ihm durch den Kopf, er bringt aber kein Wort heraus, so wütet der Schmerz in ihm.
„Das hier… ist deine Welt… die du dir erschaffen hast… sie ist Perfekt…“, spricht der Fremde weiter und nun spürt Gajeel seinen stechenden Blick auf ihm. „W…was willst du mir sagen?“, keucht Gajeel während er sich unter großer Anstrengung ein wenig aufrichtet und zu dem Mann aufsieht. Gajeels Augen weiten sich als der Schock ihn erfasst. Rote Augen, funkeln ihn unter der Kapuze heraus an. Die, immer scheinende, Sonne, spiegelt sich auf ein paar Metallpunkten in seinem Gesicht.
„Meinst du…es ist Richtig so? Glaubst du, du gehörst hier her?“, hat der Fremde lediglich gefragt und hat sich von ihm entfernt. Er geht tiefer ins Wasser, welches ihm bereits bis zum Oberschenkel reicht. Sein dunkler Umhang saugt sich voll mit Wasser und wird schwer nach unten gezogen. „Hast du nicht das Gefühl… das etwas fehlt?“, stellt sein Gegenüber seine letzte Frage ehe er sich abwendet und im aufkommenden Nebel, der über dem See hängt, verschwindet.
„W…Warte! Was meinst du?! Was hat das alles zu bedeuten?!“, fährt Gajeel auf, bricht jedoch gleich wieder unter Schmerzen in die Knie. Der Fremde, der ihm so vertraut vorkommt, der ihm so ähnlich ist, entfernt sich immer weiter von ihm. An den Geräuschen des Wassers, kann Gajeel erkennen dass er sich bereits in viel tieferem Wasser befindet. „Will der sich umbringen?!“, schießt es ihm durch den Kopf ehe er auf die Beine kommt und ihm folgt. „Warte, was willst du mir sagen?!“, ruft er ihm hinterher und folgt ihm, immer tiefer in den See hinein.
„Denk genau nach… fang an zu sehen... versuch zu finden was du suchst… hier wirst du es nicht finden…“, erklingt die Stimme seines anderen Ichs und es klingt so weit entfernt, hallt einige male von den Ufern wieder. Panik steigt in Gajeel auf und er versucht immer schneller gegen den Wasserdruck der ihm entgegenschlägt, anzukämpfen. Mit den nächsten Schritten verliert er den Boden unter seinen Füßen und ist gezwungen zu schwimmen.
„Sieh zu dass du es findest… schnell… finde das Licht, das dich leitet… “, erkling die Stimme abermals und sie scheint von überall zu kommen. „Was meinst du?!“, bringt er noch hervor ehe sein Herz ein paar Schläge aussetzt und dieses Flüstern beginnt. Ein seltsamer Piepton mischt sich unter das Wispern. Es ist langsam aber gleichmäßig und sehr, sehr leise. „Sieh dich nicht um… und finde sie…“, mit einem mal ist die Stimme des Rotäugigen, mit den langen schwarzen Haaren, ganz nah. Gajeel fährt herum und ihm stockt der Atem als er meint in einen Spiegel zu sehen. Den ersten Schrecken überwunden, ist er mit einem mal seltsam ruhig.
„Sie? Wen meinst du?“, fragt er sich, doch im nächsten Moment schiebt sich wieder ein Bild in sein Blickfeld. Es ist Levy, die ihn mit ihren großen, braunen Augen undefinierbar ansieht. Sie scheint traurig und niedergeschlagen. Ihr Mund formt einen Namen… seinen Namen, während wieder anfangen Tränen ihre Wangen hinab zu rollen.
„Los… sie wartet auf uns…“, hat sein Gegenüber gehaucht, sich gegen ihn gelehnt und ihn mit sich unter Wasser gedrückt. Gajeel ist nicht fähig sich zu rühren, der Körper über ihm, löst sich mit dem eintauchen unter Wasser ins Nichts auf und doch hat er das Gefühl von etwas nach unten gezogen zu werden. Immer tiefer sinkt er in die Dunkelheit des Sees und seine Lungen beginnen zu brennen als würde er pures Feuer einatmen.
Bilder der Erinnerung, ziehen in seinem Kopf, an ihm vorbei. Bilder dieser Explosion, er meint sogar das Pulver zu riechen, die Hitze der Feuerherde zu spüren. Dieser Holzpfahl, der seine Brust durchstoßen hat, ist blutverschmiert und dieser Geruch überdeckt alles andere.
Panik lässt sein Herz rasen, es hart gegen seinen Brustkorb schlagen. Er kann nicht atmen, seine Brust ist wie zugeschnürt und er hat das Gefühl zu ersticken.
Aus der Vogelperspektive meint er eine Stadt zu erkennen. Sie ist groß und voller Leben. Am hinteren Rand fokussiert sich sein Blick auf ein großes Gebäude. Es sieht aus wie eine Gilde, eine ihm bekannte, Gilde. Gesichter, verschiedener Personen kommen ihm in den Sinn und mit einem Mal hört er auf, sich dagegen zu wehren. Hört auf, wieder an die Oberfläche kommen zu wollen. Er fühlt sich, vom Wasser getragen. Das Licht der Sonne, die sich auf dem Wasserspiegel bricht, entfernt sich langsam, während er immer weiter in die Dunkelheit hinab sinkt. Voller Akzeptanz, schließt er seine Augen und es wird Still.
Plötzlich bricht gleißend helles Licht, die Dunkelheit auf und ein Beben ergreift sein Herz.
Das Flüstern in seinem Kopf, wird immer lauter und wächst allmählich zu einer stetigen Lärmquelle an. Die Lautstärke, sowie die Geschwindigkeit dieses Piepstones erhöhen sich. Das seltsame ist, der Piepston scheint mit seinem Herzschlag fast synchron zu sein.

„Einen… Arzt! H… holt einen Arzt, schnell!“, die Stimme in seinem Kopf ist leise und klingt monoton. Er fühlt sich, als würde er im Wasser treiben. Sogar die Schmerzen sind mit einem mal weg. Das Piepsen ist andauernd und aufgeregt. Er fühlt sich schlapp, nicht im Stande sich zu bewegen. Es dauert eine Ewigkeit ehe er langsam und mit größter Anstrengung seine Augenlieder einen spalt aufschlagen kann.
„Gajeel… Gajeel… kannst du mich hören?“, ihre Stimme ist leise und zittrig. Der salzige Geruch von Tränen steigt ihm in die Nase, ehe sich ein Gesicht in sein Blickfeld schiebt. Er sieht nur verschwommen und das grelle Licht schmerzt in seinen Augen. Er kennt sie… sie hat blaues Haar und ihre Stimme ist ihm vertraut.
„Ich… hab… gefunden…“, es ist nicht mehr als ein Hauch auf seinen Lippen und er ist nicht länger fähig seine Augen offen zu halten. Eine Berührung an seiner Hand lässt ihn wissen, dass er noch am Leben ist. Der salzige Geruch von Tränen, wird stärker und ein leises Schluchzen erfüllt die Stille.
Plötzlich herrscht eine gewisse Hektik im Raum. Mit einem Mal sind viele Menschen im Zimmer und reden wild durcheinander. Verschiedene Geräte piepen und messen seine Herzfrequenz. Nur schwach, kann er diese zierliche Hand mit der seinen umschließen und fest halten.

Fortsetzung folgt...

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