2. Kapitel: Träume
Es ist alles dunkel um ihn herum. Er sieht kaum die Hand vor Augen, doch mit den nächsten Schritten die er vorsichtig wagt, werden langsam Umrisse deutlich. Er befindet sich scheinbar in einem Wald, ringsherum ragen hohe Bäume auf und das Dickicht zu ihren Wurzeln ist dicht und verwuchert. Der Fauna zu Urteilen, handelt es sich um einen dichten Wald hoch im Gebirge. Die Luft ist frisch und klar, und dennoch hat es etwas Bedrückendes und er meint kaum Atmen zu können.
Ein Stück vor sich, zwischen den Büschen sieht er eine kleine Gestalt davon laufen. Allein ihr Feilchenblaues Haar hat sie verraten. „Was macht Levy hier?“, schießt es ihm durch den Kopf, ehe er ihr einfach folgt. Zu seinem erstaunen ist sie schnell, immer wieder verliert er sie aus den Augen. Er muss des Öfteren inne halten um nach ihrem Geruch zu suchen. Doch da ist nichts und das lässt ihn irritiert, auf den Weg den er gekommen ist, zurück blicken. Kein Geruch, kein Geräusch… kein einziger Vogel, oder sonstige Laute des Waldes, sind zu hören.
Mit einem mal ist es Windstill und sein Blick fängt eine hellere Stelle, einige Meter vor ihm, ein. Nach kurzem zögern setzt er sich langsam in Bewegung. Er bleibt hinter einem Baum stehen, versucht etwas in dieser seltsamen Dunkelheit auf der Lichtung zu erkennen. Ein Geräusch lässt ihn herumfahren.
Er sieht sich selbst, wie er einige Meter entfernt, aus den Büschen hervorbricht und wie erstarrt stehen bleibt. Nun wird er auf eine Bewegung auf der Lichtung aufmerksam. Es sind keine geringeren als Yomazu und Kawazu, von Grimoire Heart. Sie haben Levy abermals in ihrer Gewalt und Yomazu erhebt sein Schwert zum finalen Schlag.
Gajeel weiß, er wird wieder zu spät kommen. Wieder wird er sie blutüberströmt in seinen Armen halten und ihren Namen rufen. Ihn herausschreien und bereuen dass er vorher so gemein zu ihr war. Bereuen… dass er ihr nie gesagt hat was er über sie denkt, wie er fühlt. Aus Reflex hält er sich die Ohren zu, doch sein Schrei hallt trotzdem in seinen Ohren wieder. Dieser verzweifelte Ruf nach Levy. Nach der Frau, die er geschworen hat zu beschützen, selbst wenn es sein Leben kosten würde.
„Warum?! Warum nur immer wieder dieser Traum?!“, fragt er sich selbst und kneift die Augen zu, um die folgenden Szenen nicht noch mal mit ansehen zu müssen. Er weiß doch, dass er nicht zu spät gekommen ist! Es ist alles gut! Warum will sein Unterbewusstsein das nur nicht kapieren?!
Als er die Augen wieder öffnet, sind die vier Personen vor ihm verschwunden. Er stutzt und wendet sich um. Sogar der Wald ist weg, stattdessen sieht er hinter sich den Rand des Parks und Schweiß steht ihm in Perlen auf der Stirn. Er weiß nur zu gut, was er sehen wird wenn er sich wieder umdreht.
Nämlich genau das, was er immer sieht, wenn er Levy ansieht. Wenn er ihr begegnet… das Bild das ihn seit damals, noch bevor er der Gilde beigetreten ist, nicht mehr los gelassen hat. Er versucht sich zu weigern, hin zu sehen. Doch aus irgendeinem Grund hat er keine Gewalt über seinen Körper „Nein…“, es ist fast ein flehen, das er in sich hinein knirscht, während er sich umwendet. Krampfhaft versucht er seine Augen zuzukneifen, aber es gelingt ihm nicht. Seine Augen brennen als er nach vorne sieht, den Stamm des mächtigen Baumes nach oben folgt. Da hängen sie wie gekreuzigt. Drei Magier von Fairy Tail.
„L… Levy…“, ihr Name hat sich in seinen Kopf gebrannt und jedes Mal wenn er im Traum vor diesem Baum steht, meint er zu taumeln, kann sich kaum auf den Füßen halten. Tatsache ist, dieses Ereignis, ist nicht nur ein Traum, es war Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit die er nicht einfach so vergessen kann. Sein Leben lang, würde er in ihrer Schuld stehen, in der Sünde die er damals begangen hat.
Mit einem Mal schlagen rote Flammen zu seinen Seiten auf und wuchern über den gesamten Park. Sie verschlingen den Baum woraufhin er verzweifelt Levys Namen ruft. Er kann sich nicht von der Stelle rühren. Er könnte sie noch erreichen und vom Baum holen, aus den Flammen retten. Aber er kommt nicht von der Stelle, er ist wie versteinert. Die drei Körper auf dem Baum sind bereits kohlrabenschwarz und der Gestank von verbranntem Fleisch brennt in seiner Nase. Ihm wird übel und ihm ist heiß, als würde er selbst schon in Flammen stehen.
Gajeel weiß dass es nur ein Traum ist, immerhin ist es nicht das erste Mal dass ihn seine Erinnerung auf diese Weise heimsucht. So schrecklich und realistisch wie dieses Mal, war es allerdings noch nie.
Dann beginnt es auf einmal verrückt zu werden.
Etwas Eiskaltes berührt seine Stirn, lässt ihn zusammenzucken. „Eine Abkühlung gefällig?!“, ruft Gray hinter ihm aus und schleudert eine Attacke auf ihn die ihn in Eis einschließt. Allerdings zerspringt das Eis unmittelbar danach wieder in tausende von Splittern und gibt ihn frei, sodass das Feuer ihn wieder erreichen kann. Gray ist bis jetzt noch nie in seinen Träumen aufgetaucht und dass er nur eine enge Lederhose und eine Fliege trägt, macht das Ganze nicht gerade besser. „Was zum Teufel macht der in meinem Traum?!“, entfährt es Gajeel, der einen Schritt zurück taumelt und gegen etwas anderes, größeres prallt. Als er nach oben blickt sieht er in Lilys Gesicht und hat schon Grund zur Annahme, aufgewacht zu sein.
Als sich Lilys Hand aber auf seine Schulter legt und er ihm ein: „Schön im Bettchen bleiben… Gajeel-chan… sonst muss ich dich dazu zwingen…“, zuraunt, macht Gajeel einen Satz von ihm weg. Dass Lily dabei auch nur einen Lendenschurz trägt, beruhigt ihn nicht wirklich.
„Was machst du denn schon wieder hier?“, erklingt nun Levys zarte Stimme besorgt hinter ihm. Gajeel atmet erleichtert auf. Levy ist am Leben, sie steht direkt hinter ihm und sie schimpft scheinbar mit ihm, weil er das Bett verlassen hat. Er kann sich erinnern dass Lily sie angeschleppt hat um ihn gesund zu pflegen. Von all den verrückten hier, wäre Levy bestimmt die Einzige auf die er sich nun verlassen kann.
„Habe ich nicht gesagt du sollst im Bett bleiben du Bastard?!“, ihre Stimme überschlägt sich hinter ihm und er reißt verwundert und erschrocken zugleich die Augen auf. Seit wann redet sie nur so mit ihm? Mit einem lauten schnalzen, zieht etwas ziemlich schmerzhafte Striemen über sein Hinterteil. „Was zum Teufel…?!“, ruft Gajeel entrüstet aus, reibt sich den Hintern und fährt zu Levy herum. Er erstarrt in der Bewegung und sein Gesicht entgleist ihm vollkommen. „Du willst wohl noch eine Tracht Prügel, du böser… böser Junge?!“, keucht Levy, während sie ihn mit den Augen auszuziehen scheint. Sie zieht ihre Peitsche stramm und holt erneut zum Schlag aus. „Tue Büsse, du böser Junge! Ab ins Bett mir dir!!“, fordert Levy ihn in einem Befehlston, der keinen Widerspruch duldet, auf und lässt die Peitsche in seine Richtung niederfahren.
„Levy…?! Sei vernünftig… nimm… die Peitsche weg!!“, ruft er aus und macht einen Satz nach hinten. Die Hitze steigt wieder in ihm auf und er fasst sich ins Gesicht. Da ist etwas warmes, Klebriges an seinen Fingern. „Hab ich etwa Nasenbluten?!“, starrt er geschockt auf seine Hand und dann wieder auf Levy, die in ihrem Lack- und Leder Outfit, erneut die Peitsche durchzieht. „Warum zum Geier ist sie wie eine Domina angezogen?!“, schießt es ihm durch den Kopf und prallt bei seinem Ausweichmanöver nach hinten wieder gegen etwas. Dieses Mal ist es Natsu, der ihn mit undeutbarem Blick ansieht. „Was zum Teufel macht ihr alle in meinem Traum?!“, fährt Gajeel von ihm weg, als er erkennt dass auch Natsu nur eine Lederhose und eine Fliege trägt.
„Oh Gajeel-chan… das ist doch kein Traum…“, erklingt nun wieder Lilys Stimme hinter ihm, der ihn einfach bei den Armen packt und zu Boden drückt. „L… lass mich los!“, begehrt Gajeel auf und wirft sich herum, landet auf dem Bauch, was nur noch unvorteilhafter ist. „Na dann wollen wir mal…“, raunt eine männliche Stimme hinter ihm. Er kann sie mit einem mal nicht mehr zuordnen, er weiß nur, dass sie sich anhört als würde sie schadenfroh grinsen. „Levy!“, erkennt er aber nun deutlich Lilys Stimme und mit einem Mal fällt etwas in seine Kniekehlen und drückt ihn nieder.
Gajeel kann sich nicht rühren und Panik steigt ihn ihm auf. Er versucht sich zu wehren, schafft es sogar kurz, sich ein Stück vom Boden hoch zu stemmen. „Nicht bewegen… dann tut es nicht so weh!“, hat die männliche Stimme ermahnt, während er an seiner Short zu Gange war. „Pfoten… weg…“, kommt es von Gajeel und er hat das Gefühl nicht mal mehr Kraft zum Sprechen zu haben. „L… lass mich… “, presst er hervor. „HILFE! Vergewaltigung!“, macht er sein letztes Aufbegehren laut und verliert die Kontrolle über seine Stimme. Des Weiteren kann er sich nicht daran erinnern wann man ihn bis auf die Unterwäsche ausgezogen hat?!
Ein kleiner Piecks lässt ihn erschrocken und wehleidig aufschreien. Ihm dreht sich mit einem mal alles und die Umrisse, die Schatten der Personen um ihn herum verschwimmen vor seinen halboffenen Augen. Eine seltsame Dunkelheit legt sich um ihn, führt ihn in eine Stille und lässt ihn tiefe Ruhe empfinden. Sachte von dieser wohltuenden Stille umfangen, driftet er ab in einen traumlosen Schlaf.
„Das wäre geschafft!“, tätschelt der Arzt noch die Einstichstelle an Gajeels Pobacke und lässt den Gummizug der Short mit einem Schnalzen an seinen Platz zurückfahren. „Oh Mann… ich will gar nicht wissen was er so alles fantasiert…“, kommt es stöhnend von Levy die sich nun ächzend von Gajeels Beinen erhebt.
Der Arzt hatte kaum mit der Untersuchung angefangen, da hatte Gajeel begonnen sich wild im Bett herum zu werfen. Lily musste ihn an den Armen festhalten und stabilisieren während der Arzt die Spritze gezückt hat. Lily konnte dem Fiebernden alleine aber nicht beikommen, worauf er Levy gerufen hat, die sich sofort über Gajeels Beine geworfen hat.
Es ist allen ein Rätsel wie er in seinem Zustand überhaupt solch eine Kraft aufbringen konnte, um sich dermaßen zu wehren. Nachdem er allerdings alles Mögliche, angefangen von der „Peitsche“ bis hin zur „Vergewaltigung!!“, wobei er letzteres so laut in seiner Panik ausgerufen hatte, dass wohl die Nachbarn es auch noch gehört haben und nun von einem Gewaltverbrechen ausgehen, wollten sie gar nicht mehr wissen was er in seinem Fieberwahn alles erlebt hat um solch eine Kraft herauf zu beschwören. Sie konnten alle von Glück reden dass er seine Magie nicht angewandt hat, das Haus würde jetzt wohl in Schutt und Asche liegen.
„Was war eigentlich in der Spritze?“, erkundigt sich Levy nun beim Arzt, während Lily, Gajeel wieder einigermaßen anständig im Bett zurrecht legt und ihn zudeckt. „Ein Mittel gegen den Virus, ein paar Vitamine und ein starkes Beruhigungsmittel…“, hat der Arzt nüchtern erklärt und seine Tasche wieder eingeräumt. „Er dürfte die restliche Nacht ohne Probleme durch schlafen“, erklärt er und tritt abermals ans Bett und überprüft Gajeels Pupillen. „Und… was hat er nun?“, wendet sich Lily an den Arzt. „Um ehrlich zu sein… keine Ahnung. Für eine normale Grippe ist es zu aggressiv. Andererseits sind ansonsten keine Symptome vorhanden“, beginnt er zu überlegen. „Ihr wart auf Mission hast du mir erzählt?“, hackt er nun nach und Lily nickt. „Ja, zuletzt waren wir im Hakobe Gebirge…“, erklärt er kurz und erhebt sich von der Bettkante. „Ich kann ihnen gerne aufschreiben, wo wir überall waren“, führt Lily den Arzt nun nach nebenan und überlässt Gajeel, Levys Obhut. „Danke das wäre sehr hilfreich. Sollte es sich um eine neue Krankheit handeln können wir ihr so besser entgegen wirken…“, hat der Arzt noch geplaudert und ist Lily gefolgt.
Levy sinkt erschöpft und erleichtert zugleich neben dem Bett auf die Knie und schaut Gajeel besorgt an. Wäre er gleich zum Arzt gegangen hätte er es noch im Frühstadium abfangen können, aber so bekommt er nun die volle Breitseite, hat der Arzt jedenfalls erklärt. Die nächsten paar Nächte mussten sie noch mit Fieberanfällen dieser Art rechnen, dann sollte es allmählich besser werden. Der Arzt vermutet, dass bis zur vollständigen Heilung wohl an die zwei oder drei Wochen vergehen könnten, aber er konnte es ihnen nicht genau sagen. Er hat versprochen in drei Tagen wieder vorbei zu schauen. Sie sollten sich auf jeden Fall melden wenn etwas sein sollte.
„Sturer Blödmann…“, flüstert sie und streicht ihm eine wilde Strähne aus dem Gesicht. Sie war knapp dran gewesen in Panik zu verfallen während sie auf Lily und den Arzt gewartet hatte. In dieser Zeit hatte sie so gut es ging versucht das Fieber in Schach zu halten, damit es nicht noch weiter steigen würde. Kritisch linst sie auf das Thermometer, welches die letzte Temperatur noch immer anzeigt. 43,2 hat doch kein normaler Mensch und wehrt sich noch dermaßen!
Mit einem seufzen greift sie zum Lappen und taucht ihn in die Schüssel mit kaltem Wasser. Sie wringt ihn aus und legt ihn Gajeel auf die Stirn. „Idiot…“, flüstert sie und schluckt eine Träne hinunter. Sogar er könnte an so hohem Fieber sterben. Mit verschränkten Armen lümmelt sie sich auf die Bettkante und verbirgt ihr Gesicht darin. Sie würde den Rest der Nacht nicht von seiner Seite weichen.
Von Zeit zu Zeit, erneuert sie den Lappen auf seiner Stirn und tupft ihm den Schweiß vom Gesicht. Er scheint jetzt ruhig und traumlos zu schlafen, denn er rührt sich kaum. Das Fieber ist weder gestiegen noch gesunken. So kann Levy jedenfalls kein Auge zu tun und sie denkt nicht mal daran zurück ins Wohnzimmer zu gehen und ihn allein zu lassen. Sie will zur Stelle sein, sollte sich auch nur das Geringste ändern. Lily hat sich, auf ihre Bitte hin, schlafen gelegt. Er würde morgen die Stellung halten.
Immer wieder ruht ihr Blick auf seinem schlafenden Gesicht. Keine noch so minimale Regung dieses sonst so ernsten und kantigen Gesichtes entgeht ihr. Zaghaft streichelt sie ihm kurz über seine heiße Wange, worauf er sein Gesicht leicht gegen ihre Hand lehnt und ein kaum hörbares Seufzen seiner Kehle entrinnt. Kurz zuckt sie mit der Hand weg, doch schon bald sucht sie seine Wange wieder auf und streichelt ihn eine Weile. „Werd bloß schnell gesund… ja?“, flüstert sie kaum hörbar und lächelt während sie ihn mit verklärtem Blick genau mustert.
Als sie aufwacht, bemerkt sie, dass sie auf der Couch liegt. Sie musste eingeschlafen sein und jemand hatte sie anschließend ins Wohnzimmer gebracht und sorgfältig zugedeckt. Sie tippt auf Lily, den sie in der Küche rumhantieren hört. Müde von der Nacht, zwingt sie sich aufzustehen und zieht sich an. Nur kurz wirft sie einen Blick in Gajeels Zimmer und stellt fest dass er schläft. Erst dann geht sie mit leisen Schritten in die Küche und wünscht Lily einen guten Morgen.
„Morgen? Es ist beinahe Mittag…“, hat dieser erklärt und sie verständnisvoll angelächelt. Lily befindet sich momentan in seiner Kampfform und stellt soeben einen großen Topf auf den Herd. „Mittag? Du meine Güte! Wie lange hab ich nur geschlafen?!“, kommt es von Levy entsetzt die sich gleich eine Schürze nimmt um ihm zu helfen. „Kein Problem, du hattest eine anstrengende Nacht hinter dir“, tut Lily es ab und beginnt Gemüse zu schälen. „Wie… geht es ihm?“, fragt die Scriptmagieren nun deutlich besorgt nach und wendet wieder ihren Blick aus der Küche auf die Schlafzimmertür die nur angelehnt ist.
„Unverändert, aber wenigstens scheint das Fieber ein wenig gesunken zu sein…“, erklärt Lily und erwähnt dabei auch dass Gajeel seit Gestern noch gar nicht aufgewacht ist. Der Arzt hatte also nicht zu viel versprochen. „Der Schlaf wird ihm sicher gut tun“, meint Levy und hilft Lily beim Gemüse.
„Tut mir leid dass ich dir das zumuten muss“, entschuldigt sich Lily nun und schaut auf Levy hinab. Diese muss ihr Genick ziemlich überstrecken um ihm ins Gesicht sehen zu können. Gajeel hat sie schon als Groß empfunden, Lily ist aber wohl noch größer. „Ach was! Mach ich gerne, irgendjemand muss sich um diesen Sturkopf doch kümmern oder?“, hat Levy gelächelt und sich wieder ihrer Arbeit zugewandt. „Wo du Recht hast…“, hat er zustimmend gelächelt und sie aus dem Augenwinkel kurz gemustert. Er kann nicht leugnen dass er sie bewundert.
„Levy, darf ich dir eine Frage stellen?“, beginnt Lily nach kurzem zögern. „Sicher…“, hat Levy ohne bedenken und ohne von ihrem Tun aufzusehen geantwortet. „Du kennst Gajeel scheinbar etwas besser… was ist an all den Gerüchten dran die man über ihn hört?“, kommt der Exceed gleich auf den Punkt. Er ist erst kurz vor dieser S-Klasse-Auswahlprüfung zur Gilde gekommen und bei ihm eingezogen. Gajeel ist nicht gerade gesprächig und Lily würde zu gerne mehr über ihn und seine Vergangenheit erfahren. Er hat zwar viele Gerüchte über ihn gehört, aber ob das alles Glaubwürdig ist, wagt er zu bezweifeln.
Levy hat in ihrem Tun inne gehalten und starrt auf die halb geschälte Kartoffel. Sie scheint gut zu überlegen was sie sagt, immerhin will sie Gajeel nicht bei Lily anschwärzen.
„Die Leute reden viel wenn der Tag lang ist. Vieles davon ist Übertrieben…“, beginnt sie mit leiser Stimme. „Stimmt es dass er zuerst euer Feind war und sogar die Gilde zerstört hat?“, hackt Lily vorsichtig nach. Levy macht den Eindruck als würde sie sich unwohl bei diesem Thema fühlen. „Ja das stimmt…“, hat Levy kurz geantwortet und Lily ist doch ein wenig schockiert über die Tatsache. „Ich frage mich warum man ihn dann in der Gilde aufgenommen hat?“, fragt er ein paar Atemzüge später doch interessiert nach. „Weißt du… jeder in unserer Gilde hat sein eigenes Päckchen zu tragen… ich weiß auch nicht, aber der Meister meint wohl dass er eine zweite Chance verdient hat“, erklärt sie während sie ihre Arbeit wieder aufgenommen hat. „Natürlich sieht das nicht jeder so und daher kursieren ziemliche Gerüchte über ihn und die meisten trauen ihm nicht…“, erzählt sie und lächelt dabei wehmütig. „Aber nach der Sache auf Tenrou Jima, dürften viele anderer Meinung sein…“, hängt sie dem noch an. „Und wie siehst du das Ganze?“, fragt Lily sie nun direkt. Er hat nun fast ein schlechtes Gewissen dass er sie um Hilfe gebeten hat. Immerhin hatte sie mit Gajeel ein Team gebildet als sie auf der Insel waren, daher ist er überhaupt erst auf sie gekommen.
„Was mich angeht… mir ist die Vergangenheit egal. Was er damals getan hat, ist nicht mehr wichtig“, kommt es von ihr erst leise, dann aber mit überzeugter Stimme. „Ich kann nur vermuten dass es nicht leicht ist, in einer Dunklen Gilde zu leben… er hatte seine Aufträge die er einfach erfüllt hat“, nimmt sie Gajeel in Schutz und Lily rechnet ihr das hoch an. „Niemand ist von Grund auf Böse… in jedem steckt irgendwo ein guter Kern… so auch in ihm…“, hängt sie dem nachdenklich an und ihr ist die Hoffnung darauf deutlich anzumerken. „Außerdem glaube ich… dass er, nachdem er von Metalicana verlassen wurde, nur noch auf der Suche nach etwas war… und dabei vom Weg abgekommen ist…“, spricht sie ihre Gedanken laut aus und eine gewisse Traurigkeit ist ihr deutlich anzumerken.
„Er war bestimmt sehr verletzt und wütend als sein Ziehvater ihn allein gelassen hat?“, hackt Lily nun nach. Er hatte zwar von dieser Geschichte gehört, aber noch nie mit Gajeel darüber gesprochen. „Er gibt es zwar nicht zu, aber ich glaube dass er Metalicana doch gerne wieder sehen würde… egal wie sehr er über ihn schimpft“, macht sie ihre Vermutung laut und schmunzelt. „Jedenfalls bin ich froh das er jetzt einen Partner hat der sich so um ihn sorgt“, endet Levy und lächelt Lily freundlich an. „Ach was… das ist meine Pflicht als Kamerad!“, antwortet Lily darauf, ist aber deutlich verlegen dabei.
So gehen beide wieder ihrer Arbeit, das Mittagessen zuzubereiten, nach. Immer wieder linst Lily verstohlen zu Levy hinüber. Aus irgendeinem Grund hat er das Gefühl, dass sie ihm irgendetwas Gravierendes verheimlicht.
Nach dem Mittagessen und nachdem sie Gajeel auch ein wenig von der Suppe einflößen konnten, verabschiedet sich Levy und überlässt Lily für eine Weile das Feld.
Levys erster Weg, führte sie in die Gilde. Schnell hat sie Mirajane und Kinana erklärt dass sie eine Zeitlang nicht in der Bibliothek weiter machen konnte. Jemand hatte sie gebeten einen alten Text zu übersetzen und sie hat den Auftrag angenommen da sie selbst noch einen großen Mietrückstand hat.
Ihr ist nicht wohl dabei und es behagt ihr gar nicht, ihre Freunde so anzulügen. Aber sie hat keine andere Wahl. Lily hatte sie doch gebeten es für sich zu behalten und sie hatte keine Lust darauf, dass Gajeel im Endeffekt auf sie sauer wäre.
Nach ihrem Besuch in der Gilde, ist sie nach Hause gegangen um sich für ein paar Stunden hin zu legen. Das hatte sie jedenfalls vor. Stattdessen packt sie ein paar Sachen in eine kleine Tasche und macht sich wieder auf den Weg zu Gajeels Wohnung. Auf dem Weg dort hin, holt sie sogleich die verschriebene Medizin aus der Apotheke und besorgt noch ein paar Lebensmittel auf dem Markt.
Mit ihrer Tasche und zwei vollen Tüten steht sie am frühen Abend also wieder vor der Tür und Lily macht ihr auf. „Du bist schon da?“, begrüßt dieser sie verwundert da sie ausgemacht hatten, dass sie erst etwas später wieder kommen würde. „Ja, ich habe mich ein wenig beeilt“, lächelt sie verlegen und überreicht ihm die Tüten. „Ich hab mir ein paar Sachen mitgebracht, ich denke das Beste ist, ich ziehe hier für ein paar Tage ein“, quartiert sie sich einfach ein, weil es so praktischer ist. „Meinetwegen, also mich stört es nicht“, kommt es von Lily der doch ein wenig überrascht über diese Wendung ist. „A…also wenn du willst, kannst du gern mein Zimmer haben!“, bietet Lily ihr freundlicherweise an, doch Levy lehnt sofort ab. „Nein danke, die Couch reicht mir vollkommen“, lächelt sie und stellt ihre Tasche einfach im Wohnzimmer ab ehe sie zur Tür schleicht.
„Wie geht es unserem Patienten?“, fragt sie flüsternd. „Grade vorhin war er noch wach…“, antwortet Lily, ehe er in der Kochnische verschwindet und die Lebensmittel weg räumt. „Gut, ich hab nämlich seine Medizin dabei“, hat sie gesagt und das kleine Tütchen hoch gehalten. „Das…wird ihm gar nicht gefallen…“, kommentiert Lily und gesellt sich dann gleich zu ihr in Gajeels Zimmer um ihr zu helfen, sollte Gajeel sich weigern.
Gajeel sitzt ans Kopfende des Bettes gelehnt und versucht die Augen offen zu halten. Er hat sich der Illusion hingegeben, sich nicht einfach von dem bisschen Fieber flach legen zulassen, und kämpft mit Gewalt dagegen kann. Leider gelingt ihm das nicht gerade gut. Als Levy und anschließend Lily in seinem Blickfeld auftauchen und ihre verzerrten Stimmen fragen wie es ihm geht, hebt er abwehrend aber deutlich schwach seine Arme. „Bitte… keine Peitsche…“, hat er gefleht und den Beiden ist klar, dass er bereits wieder fantasiert.
„Meine Güte… du glühst ja…“, ist Levy ihm näher gekommen und hat seine Stirn befühlt. Gajeel hatte darauf nur genickt und sein Gesicht wurde um einen tick röter. Vor seinem Geistigen Auge ist Levy doch tatsächlich wieder in ihrem Lack-Leder-Outfit mit einem Fieberthermometer und einem Löffel zu Gange. „Was will sie nur damit…?“, hat er sich noch gefragt, doch im nächsten Moment hat er den Löffel mit dem scheußlichen Zeug im Mund.
„Bäh… willst du mich umbringen? Auspeitschen allein reicht wohl nicht…?“, hat Gajeel darauf kraftlos protestiert und ist im Bett runter gerutscht.
„Ich frage mich was der immer mit der Peitsche hat?“, wirft Lily ein, den es brennend interessieren würde. „Ganz ehrlich… ich will gar nicht wissen was er sich grade vorstellt…“, antwortet Levy mit deutlichem Rotschimmer um die Nase. Als so verdorben hätte sie ihn gar nicht eingeschätzt. „Schön aufmachen… Ah…“, hat sie Gajeel noch mal angesprochen und ihm noch einen Löffel einer anderen Medizin eingeflösst. „Braver Junge…“, lobt sie ihn nachdem er so brav gehorcht hat und Gajeels Gesicht nimmt einen leicht zerknirschten Ausdruck an.
„Wenn sie nicht bald weggeht, glüh ich noch wo anders…“, denkt er sich im Geheimen und ist von seinen eigenen Gedanken schockiert als ihn einer seiner kurzen klaren Momente heimsucht. Vor ihm sitzt Levy auf der Bettkante und schiebt ihm ein Thermometer in den Mund. Allein schon ihre Nähe macht ihn ganz schwindlig und bringt ihn durcheinander. Warum musste Lily sie auch hier anschleppen? Warum konnte sie nicht einfach nach Hause gehen? Es geht ihm doch schon besser, also konnte sie ruhig verschwinden und seine Gedanken in Frieden lassen. Seitdem sie hier ist muss er jeden Moment, in dem er einigermaßen klar ist, an sie denken. Dass sie ihn so sehen muss, behagt ihm gar nicht. Er fragt sich, warum sie sich überhaupt dazu durchgerungen hat ihm zu helfen. Ausgerechnet ihm, wo er doch immer so fies zu ihr ist. Ihm, der ihr so schreckliches angetan hat? Warum kann er sie nicht aus seinen Gedanken verbannen?! Warum… wird er nur so verdammt unsicher in ihrer Nähe?
Fortsetzung folgt....
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