6.Kapitel: 6. Tag – Nur eine Mission!
Noch bevor die ersten, schwachen Sonnenstrahlen über den Horizont gleiten, machen sich die wenigen Vögel, die über den Winter hier bleiben, bemerkbar. Erst leise, dann mit deutlich mehr Überzeugung, erheben sie ihr Gezwitscher und stimmen gemeinsam den neuen Morgen an. In der Nacht hat es wieder ein wenig geschneit und die Luft ist noch kalt. Genauso kalt, wie das Mauerwerk des Südlichen Stadttores in Gajeels Rücken.
Er hat die letzte Nacht, mehr wach als schlafend verbracht. Zu allem Überfluss hat ihm seine Schlafposition auch noch einen steifen Nacken beschert. Aber es ist ja nicht so, dass Lily ihn nicht gewarnt hätte. Lily… er hat oft Recht mit dem was er sagt und doch will sich Gajeel nicht immer alles sofort eingestehen, oder seinem Gerede glauben schenken.
Auch mit jener einen Aussage, gestern Nacht, hatte er nämlich Recht. Er mag sie. Mehr als er sollte. Mehr als er „darf“. Niemals hätte er gedacht, dass ihm jemals, jemand so übel mitspielen würde.
Diese Unruhe in ihm. Diese Rastlosigkeit und dieses schreckliche Gefühl, nicht mehr Herr der Dinge zu sein. Das Herzklopfen, das so von seinem normalen Takt abweicht, immer wenn sie in seiner Nähe ist. Wenn sie etwas sagt oder tut, das ihn überrascht. Allein schon wenn sie vor sich hinmurmelnd in ihren Büchern blättert, oder wenn sie wegen irgendetwas aufgebracht ist. Sogar wenn sie mit ihm zetert, durchlebt er diese seltsamen neuen Gefühle.
Gefühle, zu denen er früher niemals im Stande gewesen wäre. Von denen er nicht mal wusste, dass es sie gab, oder sie eben so gut es ging verdrängt hat. Gefühle… haben ihn nie interessiert weil sie aus seiner Sicht nicht von Nutzen waren um gute Arbeit zu leisten. Gefühle machen alles nur kompliziert und schlimmer noch… sie machen Schwach.
Lange hat Gajeel gestern Nacht noch über sich, Levy und diese vermaledeiten Gefühle nachgedacht. Diese verfluchten Gefühle die ihn verwirren, ihn aus der Ruhe bringen und ihn in ihrer Gegenwart Dinge tun lassen, die er sonst nie tun, geschweige denn daran denken, würde. Erst gestern hat sie ihn mit dieser völlig unnötigen Umarmung überrumpelt und er fühlte sich innerlich wie gelähmt. Er hatte das Gefühl, als würde irgendetwas in dem Moment zersplittern, etwas frei legen, das er schon längst begraben und vergessen hatte.
Er hat noch nie jemanden gemocht, außer Metalicana damals. Und selbst dieser, hat ihn im Stich und einfach ohne in Wort zurück gelassen. Nie wieder wollte er so verletzt werden wie damals. Nie wieder „wollte“ er jemanden mögen, nur um ihn dann irgendwann doch wieder zu verlieren. Und bei Levy ist es dasselbe. Er mag sie… und doch darf er sich nicht auf diese wirren, neuen Gefühle einlassen.
Er war noch nie verliebt. Im Grunde weiß er nicht mal was das ist, denn solche Gefühle hat er gar nicht erst aufkommen lassen. Er hat immer nur unter „mögen“ und „nicht mögen“ seine Bekanntschaften eingeteilt, niemals unter etwas anderem. Bei Levy spürt er, dass es auf mehr als nur „mögen“ hinausläuft. Diese Tatsache ist wie eine Schlinge um seinen Hals, die sich immer mehr zu zieht. Es wird ihm früher oder später, zum Verhängnis werden, wenn er nicht bald die Notbremse zieht.
Sie ist nett und aufrichtig und das auch noch ausgerechnet zu ihm. Jeder andere normal vernünftige Mensch, macht um den Menschen der einen so verletzt hat wie er sie, einen weiten Bogen. Aber sie hat gesagt, sie hätte ihm verziehen. Das Verrückte daran ist, er glaubt ihr das sogar. So ist Levy wohl nun mal. An seiner Schuld, ändert das allerdings nicht das Geringste…
Es ist wie er zu Lily in der Nacht zuvor gesagt hat. Als er sagte: „Sie würde sich nie mit einem Typen wie mir einlassen!“ meinte er eigentlich: „Sie DARF sich nicht mit einem Typen wie mir einlassen!“. Gajeel weiß, dass er sie eines Tages wieder verletzen würde. Davon abgesehen, passt er nicht in ihre heile, bunte Welt und er würde sich nie so weit anpassen oder verändern können, um da rein zu passen. Das Schlimme daran ist nur, dass sie vermutlich bereits ähnliche Gefühle für ihn entwickelt hat und das zeigt ihm den Fehler den er begangen hat, erneut auf.
Zu Anfang, hielt er es noch für eine gute Idee. Immerhin wollte er mit dieser Aktion beweisen dass er Teamfähig ist. Wenn er Levy dadurch dann sogar einen Gefallen tun konnte, hätte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, immerhin hätte sie es verdient. Leider entpuppt sich sein Vorhaben als einer der größten Fehler, die er je begangen hat. Wie konnte er auch vorher ahnen, dass es ihn so erwischen könnte?
Als interessant, hat er sie schon lange empfunden. Doch in den letzten Tagen, in denen sie sich die ganze Zeit so nahe waren und er sie noch besser kennen lernen konnte… noch mehr über sie erfahren hat und sie sich irgendwie Zugang zu seinen Gedanken und seinen Gefühlen verschaffen hat… irgendwie hat sie es geschafft, dass sein Interesse an ihr nur noch weiter geschürt wurde.
Ein wehmütiges Gefühl von Bitterkeit, breitet sich ihn ihm aus. Denn er darf sich diesen Gefühlen, nein nicht mal diesen Gedanken, hingeben. Zwischen ihnen liegen Welten. Und es existieren keine Brücken zwischen diesen Welten, damit der eine, den jeweils anderen erreichen könnte und es ist gut so... Es „muss“ so sein. Ein kalter Schauder geht durch Gajeels Körper und er weiß, dass es nicht die Schuld der kalten Mauer in seinem Rücken ist.
Er weiß was er zu tun hat, um dem geschehen Einhalt zu gebieten. Vor Beginn dieser Trainingswoche, war noch alles in Ordnung. Er muss nur dafür sorgen, dass es nach der Prüfung wieder so wird wie zuvor. Er nimmt sich vor, diese Partnerschaft in Levys Prüfung als „Mission“ anzusehen. So würde er nüchterner damit umgehen und so würde er automatisch seine Gefühle unter Kontrolle bringen können. In der Prüfung würde er natürlich alles für sie tun und ihr beistehen wo und wie er nur kann. Nach der Prüfung würde er sich allerdings wieder von ihr distanzieren.
Die „Mission“ wäre dann immerhin erledigt, also gäbe es keinen Grund mehr länger mit ihr so einen vertraulichen Kontakt zu hegen wie in den letzten Tagen. Sollte sie auf ihn zugehen, würde er einfach keine Zeit haben und vielleicht würde er nach der Rückkehr, von dieser Insel, ohnehin ein paar längere Missionen annehmen, um selbst wieder Abstand zu gewinnen und zur Ruhe zu kommen. Es ist also alles kein Problem. Sie ist nur eine Mission.
„Sie ist spät…“, denkt er sich und will seinen Blick Richtung Stadt umwenden, als ihm gerade noch das Geräusch von zwei gehopsten Schritten ans Gehör dringt. Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, kommt Levy knapp neben ihm zu stehen, ehe sie sich auf die Zehenspitzen stellt, sich mit einer Hand an seinem Arm festhält und ihm einen kurzen Kuss auf die Wange drückt.
„Danke, Gajeel! Danke, für das tolle Notizbuch!“, fährt ihre aufgekratzte Stimme über ihn hinweg, während für ihn abermals die Zeit still steht. „Das ist so lieb von dir… ich war so überrascht!“, Levys Stimme überschlägt sich beinahe, während Gajeels Gesicht, von der Stelle ausgehend, an der Levys Lippen zuvor gelandet waren, einen deutlichen Rot-Ton bekommt.
Sie hat es schon wieder gemacht! Sie hat ihn schon wieder überrumpelt, ihn zur Salzsäule erstarren lassen und ihm kalten Schweiß auf die Stirn getrieben. Schlimm genug dass sie seine Gedanken so in Beschlag genommen hat, dass er nicht mal ihr näher kommen bemerkt hat, nun muss sie ihn auch noch diese zarten Lippen spüren lassen! „Lieb?!“, tobt es ihn ihm und wären seine Haare nicht so lang und schwer, würden sie ihm dabei zu Berge stehen.
„Jetzt mach nicht so einen Aufstand!“, kommt es knirschend von Gajeel, um ihren Freudenausbruch zu unterbinden ehe er sich ruckartig von ihr abwendet. „I… Ich konnte bloß dein Rumgeheule nicht ertragen, d… das ist alles…“, redet er sich raus und hängt ein rasches: „Sieh es als kleine Gegenleistung für das Buchs das du mir gegeben hast“, an, während er sich einfach in Bewegung setzt und hofft dass sie ihm ohne Aufforderung folgt.
„Mh…“, macht die Blauhaarige leise und holt, mit ein paar weiten Schritten, zu ihm auf. „Trotzdem find ich es toll! Vielen, vielen Dank!“, strahlt sie in seine Richtung und hält das Notizbuch, wie schon seitdem sie ihr Zimmer in Fairy Hills verlassen hat, fest an ihre Brust gedrückt.
Gajeel kommt nicht drumherum, verstohlen zu ihr hinüber zu linsen. „Es… gefällt dir also?“, fragt er leise und mit heiserer Stimme nach. „Ja! Ich liebe es!“, kommt es von Levy, wie aus der Pistole geschossen und mit einem strahlenden Lächeln an ihn gewandt. Ihr Anblick allein schon, treibt Gajeel noch mehr die Röte ins Gesicht, während ihn eine weitere Erkenntnis trifft. Diese „Mission“… wird nicht so einfach durchzuführen sein wie er gedacht hat.
Eine ganze Weile später sind sie südlich an ihrem ersten Trainingsplatz angekommen und haben ohne sich lange aufzuhalten angefangen. Zu allererst standen wieder Aufwärmübungen und eine Runde im Laufschritt um den See an. Erst nach ein paar Bahnen im eiskalten Wasser des Sees, hat Gajeel sich wieder bis zur Gänze beruhigen können.
Er hat sich gefragt, ob sie überhaupt weiß was sie mit ihrem Verhalten bei ihm anrichtet? Im verlauf seiner Gedankengänge darüber, ist er zu dem Schluss gekommen, dass für Levy so ein Verhalten einem Mann gegenüber wohl „normal“ zu sein scheint. Immerhin bildet sie mit zwei Männern ein Team und sie kennen sich schon von Kindesbeinen an. Gajeel hat sich gefragt, wie oft sie Jet und Droy wohl schon umarmt hat? Oder ihnen einen Kuss auf die Wange gedrückt hat, wie ihm heute? Anlässe für so ein Verhalten gibt es genug.
Bei den Gedanken kommt wieder dieses seltsame bedrückende und lodernde Gefühl in ihm auf und er kann es einfach nicht abstellen. Es macht ihn rasend, dass er von Gefühlen heimgesucht wird, die er früher nicht kannte und noch weniger brauchte. Und er kann sie auch jetzt nicht brauchen, weil er nicht weiß, wie er jetzt weiter mit ihr umgehen soll.
Eines ist jedoch aus seiner Sicht sicher. Dieses Verhalten ist für Levy normal und so sollte er es auch deuten. Gajeel ist fast ein wenig erleichtert, dass sie scheinbar doch keine Gefühle für ihn hat. Das Wissen allein, löst sein Problem aber trotzdem nicht. Er mag sie schließlich… mehr als er sollte. Zumindest das hat er sich eingestanden.
Aber er würde einen Weg finden, seinen Plan den er geschmiedet hat, auch auszuführen. Er muss nur eisern und hart bleiben. Das dürfte ihm eigentlich nicht schwer fallen… immerhin ist er der Eisen-Gajeel! Er darf sich nicht weiter von ihr beeindrucken und einlullen lassen, nimmt er sich vor. Er muss sich mehr konzentrieren und darauf achten dass sie nicht immer wieder seine Aufmerksamkeit erweckt und seine Gedanken heimsucht.
Das Vorhaben gestaltet sich allerdings mehr als schwierig wenn sie, wie gerade eben, im Bikini und mit all den glitzernden Wassertröpfen auf ihrem zierlichen Körper, an ihm vorbeitänzelt, sich vor Kälte die Oberarme reibt und so hilfsbedürftig aussieht.
Mit einem leisen knirschen, rubbelt er sich mit seinem Handtuch durchs Haar und wendet sich demonstrativ von ihr ab. „Sie ist nur eine Mission!“, redet er sich im Geheimen ein und rubbelt energischer und fast schon verzweifelt durch seine Haare. Es wird schwer werden… aber er würde das schon irgendwie hinkriegen… irgendwie…
Nach den Aufwärmrunden ist es daran, Levys neue Attacken zu testen und auszureifen. Immer wieder gehen sie aufeinander los und Levys Verteidigungstechnik zeigt sogar gegen Gajeels rotierendes Eisenschwert ihre volle Wirkung. Beide können mehr als zufrieden mit ihren Erfolgen, die sie durch das gemeinsame Training der letzten Woche erlangt haben, sein und so legen sie am frühen Vormittag ihre erste Pause ein.
Nach einer kleinen Stärkung machen sie sich zum nahen Dorf auf und steigen dort in den Zug, der sie wieder in den Norden und in die Berge führt. Nach einem anschließenden Fußmarsch von nicht ganz einer halben Stunde, sind sie am Fuße eines kleinen Berges angelangt und steigen diesen ein Stück hinauf.
Auf halben Weg kommen ihnen einige Personen entgegen und für Levy machen sie nicht gerade einen vertrauenswürdigen Eindruck. Das Auftreten der Leute erinnert sie zu sehr an die Räuberbande neulich und so bringt sie sich mit ein paar Schritten etwas näher an Gajeel heran.
„Keine Panik, die sind in Ordnung“, spricht er sie an, da er ihre Unruhe spürt und fixiert den ersten von ihnen mit seinem Blick. Dieser hebt mit einem Mal die Hand, aber nur zum Gruß wie Levy dann feststellt. Vor ihnen bleibt der Dunkelhäutige stehen und sein Gefolge tut es ihm gleich. „Wie sieht es aus, Bozo?“, wendet sich Gajeel an den Glatzköpfigen mit der getönten Brille.
„Die Strecke ist gut erhalten“, antwortet er und nimmt kurz seine Brille ab um sie zu putzen. „Sie ist präpariert und aufgemotzt… wie du verlangt hast“, erklärt Bozo weiter und lächelt bei Sue´s Geste mit dem erhobenen Daumen. „Du wirst deine Freude daran haben“, grinst sie ihrem Ex-Kameraden zu und linst dabei auffällig hinter Gajeel, um Levy besser unter die Lupe zu nehmen. „Für sie… wird es allerdings etwas schwer werden“, hängt die dunkelhäutige Frau ihren vorigen Worten an und Levy zuckt dabei zusammen.
„Unterschätz sie nicht… sie hats faustdick hinter den Ohren“, weist Gajeel darauf hin und tätschelt Levy, ehe er sie nach vorne zieht, dabei leicht auf den Kopf. „Hey…“, murrt sie auf seine Geste hin nur und linst zerknirscht zu ihm auf. „Ich nehme an, dass ist die S-Rang Anwärterin von der du erzählt hast?“, schlussfolgert Bozo und mustert Levy genau. „Stimmt genau“, antwortet der Dragon Slayer darauf und man könnte fast annehmen dass so etwas wie Stolz in seiner Stimme liegt.
„Na, ich weiß ja nicht…“, kommentiert Bozo darauf und kassiert von Sue einen Stoß in die Rippen. „Wenn Gajeel sagt sie hat’s drauf, dann hat sie’s auch drauf…“, weist sie ihn zurrecht und lächelt Levy freundlich zu. „Du hast es erfasst… braves Mädchen…“, grinst Gajeel in Sue´s Richtung. Wenn er so zurück denkt, war sie immer eine von den unkomplizierten Kameraden, mit denen er es zu tun hatte. Levy wird dabei neben Gajeel immer kleiner, während sich ein leichter Rotschimmer auf ihre Nase schleicht.
„Ich weiß zwar nicht, wie sie als Magierin ist…“, tritt Bozo nun vor und bleibt vor Levy stehen. „Aber süß ist sie auf jeden Fall…“, lächelt er und ergreift einfach ihre Hand, ehe er mit einem „Sehr erfreut, junges Fräulein…“, einen Kuss auf ihren Handrücken haucht. „Mal halb lang! Pfoten weg von meiner Partnerin!“, hat Gajeel gegrollt, während er seine Hand auf Bozos Stirn klatscht und ihn einfach weg schiebt. „Also wirklich! Reiß dich mal zusammen!“, funkelt Sue ihn, mit vor der Brust verschränkten Armen, an und zieht eine Schnute.
„Jaja… schon gut… ich zieh euch ja nur ein wenig auf…“, grinst Bozo und reibt sich verlegen den Nacken. „Aber zugegeben… du hast Geschmack, hätte ich dir nicht zugetraut“, wendet er sich daraufhin zu Gajeel und diesem entgleist dabei das Gesicht. „H…hör auf mit dem Scheiß! Sag lieber wie viel du bekommst…“, knurrt der Dragon Slayer zerknirscht und verschränkt die Arme vor der Brust. Levy muss leise kichern, während ihr Blick die anderen Männer und Frauen hinter den vermuteten Anführer mustert. Manche von ihnen tragen Waffen, andere Werkzeugkisten und dergleichen. So wie sie da stehen, sehen sie aus als ob sie gerade von einer Baustelle kommen würden.
„Das was wir ausgemacht haben“, antwortet der dunkelhäutige Ex-Phantom, während er seine Brille zurrecht rückt. „Gut, danke für die Hilfe!“, kommt es von Gajeel grinsend, ehe er einen Beutel voll Geld zu Tage befördert und Bozo zuwirft. „Jederzeit wieder…“, quittiert der Brillenträger lächelnd und übergibt Sue den Beutel, die ihn sofort in ihrer Tasche verstaut. „Viel Spaß noch ihr zwei…“, verabschiedet sich Bozo und geht mit einem Schlag auf Gajeels Schulter an ihnen vorbei. „Auf bald!“, lächelt Sue und folgt ihrem Geschäftspartner, ehe die anderen sich auch in Bewegung setzen und den Berg hinab steigen.
„Wer war das?“, erkundigt sich Levy, als sie außer Sicht sind und sie selbst wieder hinter Gajeel den Trampelpfad durch das Gebüsch tritt. „Sie standen damals bei Phantom Lord unter meinem Kommando… sie sind ganz in Ordnung“, erklärt er ihr, da ihm einfällt, dass Levy die Beiden gar nicht kennen kann. Als die Mitglieder von Fairy Tail gegen Phantom Lord gekämpft haben, lag sie im Krankenhaus. „Was… machen sie jetzt? Gehören sie wieder einer Gilde an?“, fragt Levy interessiert nach. Sie hätte nicht gedacht dass Leute, die früher Phantom Lord angehört haben, einen so netten und freundlichen Eindruck hinterlassen können. Obwohl… Gajeel kann doch auch nett sein, wenn er will.
„Keine Ahnung… ich glaub die verdienen sich mit verschiedenen Aufträgen ihren Lebensunterhalt…“, antwortet Gajeel wahrheitsgetreu. Da fällt ihm ein, dass er Bozo gar nicht genau gefragt hat, was sie grade machen. „Sie… sind doch keine Räuber… oder?“, merkt Levy nun an und bringt auch ihn zum nachdenken. „Ich denke nicht…“, kommt es kurz von ihm und er kommt erneut ins Grübeln. Immerhin ist es ein ziemlich bunter Haufen, in dem die Beiden gelandet sind. Für ausgeschlossen hält er es also nicht.
„Wow…“, entfährt es Levy, als sie auf einem Felsvorsprung zu stehen kommen und auf ein Tal blicken. Sie schauen genau auf eine Schlucht hinab, deren Vegetation teils über die Felsen hinaus ragt. Der zerklüftete Verlauf der Schlucht, teilt sich des Öfteren und nicht selten endet sie in einer Sackgasse oder verläuft ins Nichts hinaus.
„Was ist das hier?“, fragt sie nach und linst zu Gajeel auf. „Das ist das ehemalige Trainingsgelände von Phantom Lord“, erklärt er mit ernster Miene, ehe sich ein Grinsen auf seine Lippen stiehlt. „Das wird ein Spaß…“, hängt er dem halblaut und mehr für sich selbst an. Es ist lange her, dass er hier trainiert hat und er ist gespannt was sich Bozo und seine Leute haben einfallen lassen, um die darin befindlichen Fallen attraktiver und schärfer zu gestalten. „Na das kann ja heiter werden…“, seufzt Levy mit hängenden Schultern und schaut mit großer Ehrfurcht auf die Schlucht hinab.
Das poltern der großen runden Steine, ist wie lautes Donnergrollen in ihrer Beider Ohren. Der Boden zu ihren Füßen bebt und immer mehr dieser Steine lösen sich aus ihren Verankerungen und beginnen hinter ihnen den Hang hinunter zu rollen. Mit weiten Sätzen laufen sie den, von Gesteinsbrocken übersäten, Steilhang hinunter und weichen immer wieder den Hindernissen aus.
„Schneller!“, ruft Gajeel ihr durch den Lärm der Steine hinter ihnen zu, doch Levy vermag nicht zu antworten. Ihre Lungen brennen und sie hat das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. „Warum?!“, tobt es hinter ihrer Stirn, während sie die Zähne zusammen beißt und einfach nur durchhält. Der Staub der bereits die Schlucht einhüllt, brennt in ihren Augen und erschwert ihr das Atmen zusätzlich.
Als sie den Zugang zum Trainingsgelände passierten, hatte sie noch das Gefühl dass es einfacher werden würde als gedacht. Um durch den Eingang der ersten Schlucht zu kommen, musste sie lediglich eine Barriere aus Runen umschreiben und schon waren sie drin. Auch die, über einen Abgrund, quer liegenden Baumstämme haben sie mit etwas Geschick und fast schon gemütlich überwunden. Gajeel hatte sich dann sogar noch beschwert dass ihm die zu bewältigenden Aufgaben zu leicht wären. Levy hatte es sich zu dem Zeitpunkt verkniffen etwas dazu zu sagen.
Als sie die nächste Abzweigung einschlugen, gerieten sie wieder in ein Runenfeld und diesmal war Levy auf sich allein gestellt. Sie musste Gajeel nämlich zu allererst aus der Falle befreien in die er getappt war und in der er Kopfüber in einem Runennetz fest hing. Dass seine Laune dadurch deutlich in den Keller sank, stand für sie schon fest als sie seinen überraschten Aufschrei neben sich vernommen hatte.
Die von Runenfallen gespickte Strecke hinter sich gelassen, kamen sie in einen wahren Hagel aus Pfeilen, die zu ihren Seiten aus den Felswänden schossen und denen sie nur mit Schnelligkeit und Geschick ausweichen konnten. Am Ende des Pfeilehagels angekommen, trat Levy auf einen Mechanismus der eine weitere Falle aktivierte und so waren sie gezwungen über den zerberstenden Untergrund vor ihnen zu balancieren und hechten, ehe sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Sie hatten noch nicht mal Zeit um zu Atem zu kommen, als auch schon die Felsbrocken von den Felswänden gelöst wurden und sie im Eiltempo davonpreschten. Jegliche Attacken die sie nach hinten schleuderten, waren zwar wirksam, aber gegen die deutliche Überzahl der Felskugeln leider hinfällig. So haben sie sich nur aufs Laufen konzentriert und nach der letzten Biegung geht es ihnen ganz schön an die Konsistenz.
Mit einem Aufschrei, verhackt sich Levys Fuß an einem Felsen den sie ausweichen wollte und sie strauchelt nach vorne. „Scheiße!“, entfährt es dem Dragon Slayer, der ihren Sturz nur aus dem Augenwinkel bemerkt, ehe er einen Hacken schlägt und zu ihr hin springt. „Festhalten!“, ruft er ihr überflüssiger Weise zu, während er sie hochhebt und sie sich einfach über die Schulter wirft.
Levy krallt sich mit einem Ächzen lediglich mit ihren Fingern an seinem Shirt fest und versucht ihren Blick auf die Felsen zu heben, die immer noch rasant hinter ihnen her rollen und gefährlich nahe kommen. „Schneller!“, ruft sie Gajeel mit aufkommender Panik zu. Im nächsten Moment, spürt sie einen Ruck durch seinen Körper gehen und jegliche Last scheint damit von ihnen genommen. Ein Gefühl von freiem Fall sucht die Script-Magierin auf, bevor ein weiterer Ruck durch seinen und zwangsläufig somit auch durch ihren Körper geht, ehe sie wieder schwerelos in der Luft sind. Ein letzter, diesmal schwererer Ruck und sie stehen still.
Keuchend lässt Gajeel sie von seiner Schulter auf ihre Füße gleiten, ehe er sich wieder zu seiner vollen Größe erhebt. Ein taumeln geht durch seinen Körper, ehe er sein Gleichgewicht wieder findet, sich mit den Händen an seinen Knien abstützt und erstmal richtig verschnauft. Levys Knie sind dagegen so weich, dass sie sofort auf dieselben zu Boden gegangen ist, kaum dass er sie abgestellt hat.
„Was ist jetzt passiert? Wie… hat er das gemacht?“, fragt sie sich im Geheimen und schwer amtend, während das Geräusch von dahinpolternden Steinen noch immer an ihr Gehör dringt. Als sie ihren Blick etwas zur Seite wendet, erkennt sie dass sie sich nun ein Stück über den Grund der Schlucht befinden und so dem Geröll entkommen sind. Sie schlussfolgert daraus, dass Gajeel scheinbar eine Aufstiegmöglichkeit in diesen blanken und glatten Felswänden gefunden hat und sie Beide somit in Sicherheit gebracht hat.
„Ach du Scheiße…“, kommt es keuchend von Gajeel, der sich langsam sammelt und sich wieder erhebt. „Das war heftig… hab ich nicht erwartet…“, hängt er dem an und schaut in die Schlucht hinab, in der die letzten Felsbrocken gerade um die nächste Kurve verschwinden. „Vorhin… hast du dich noch beschwert… es wäre so… langweilig…“, Levy kann sich diesen Kommentar jetzt einfach nicht verkneifen, ehe sie unterdrückt zu husten beginnt. „Spar dir den Atem…“, murrt Gajeel zerknirscht, ehe er noch einmal tief durch atmet. „Vergiss nicht wer dich da rausgeholt hat“, meint er beiläufig und schaut besorgt zu ihr nach unten. „Geht’s?“, fragt er sie dann doch und sie nickt mit einem leisen „Danke“ darauf.
„Also wenn er was macht, dann richtig“, meint Gajeel mehr für sich selbst und dankt Bozo noch einmal in Gedanken. Er hat wirklich gute Arbeit geleistet, als er ihm hier die Fallen erneuert und verstärkt hat. Genau das hatte Gajeel eigentlich von seinem ehemaligen Kameraden erwartet. Seine einzigen Bedenken liegen nun allerdings darauf, was sie hier wohl noch bewältigen mussten und ob Levy das durchhalten würde.
„Und hier… hast du früher immer trainiert?“, kommt es neugierig und deutlich schockiert von Levy, die langsam wieder zu Atem kommt. „Ja, oft sogar“, antwortet Gajeel, während sein Blick über die Gegend schweift um sich zu orientierten. „Eigentlich kenne ich das Gelände ziemlich genau… nur hab ich keine Ahnung was sich Bozo noch hat einfallen lassen. Gut möglich dass es noch heftiger wird“, erklärt er nüchtern und streicht sich sein wirres Haar zurück. „Noch heftiger?“, entfährt es Levy überfordert und mit hängenden Schultern.
„Im Vergleich zu jetzt waren die Fallen damals ein Kinderspiel“, erwähnt der Ex-Phantom nebenbei und streckt seinen Arm aus, um sich lässig an die Felswand neben sich zu stützen. „Also was sagst du…“, beginnt er während seine Augen, Levys Blick einfangen. „Machen wir weiter oder kehren wir um bevor wir wieder in eine Falleeeee-Uwaahh!!“, endet er lauthals in seinen Erklärungen, während die Felswand neben ihm mit lautem bersten zerbröckelt und Gajeel, mit rudernden Armen um sein Gleichgewicht ringend, in dem entstandenen Loch verschwindet.
Levy starrt mit schreckgeweiteten Augen an die Stelle wo Gajeel gerade verschwunden ist, ehe Leben in ihren Körper kommt. „G…Gajeel!!“, ruft sie besorgt und noch während sie zu der Stelle hinstürzt. „Kiaah!“, entkommt ihrem Hals, als sie vor dem Loch stolpert, es ihrem Partner gleich tut und ebenfalls in das Loch in der Wand fällt.
Hinter dem Loch in der Felswand, wartet eine wahre Rutschpartie auf die beiden Fairy Tail Magier. Wilde Kurven und rasante Richtungswechsel in schneller Folge, lassen sie bald die Orientierung über das Oben und Unten verlieren. Immer wieder rufen sie einander, unterbrochen von Levys Gekreische, zu. Zumindest haben sie bereits Sichtkontakt, auch wenn Levy einen Moment später eine andere Abzweigung auf dieser steinernen Achterbahn nimmt als er. Ihr Gekreische ist allerdings nie weit weg, so ist Gajeel zumindest so weit beruhigt, dass er sie nicht vollständig aus den Augen verliert. Als sie wieder in sein Blickfeld rückt, ist sie aus irgendeinem Grund vor ihm und nach der nächsten Kurve ist der blaue Haarschopf, der in den dunklen Gängen wie ein bunter Hund leuchtet, wieder vollständig verschwunden.
Mit einem lauten Aufschrei, fällt Levy aus dem Kanal aus Fels und wird, nicht ganze drei Meter, in die Tiefe geschleudert. Das dicke und feuchte Moos am Boden, dämpft ihren Aufprall und so kommt sie ächzend und Atemlos zu liegen. Ein weiterer lauter Aufschrei und ein großer Schatten kommt über sie, ehe Gajeels ungebremst auf sie kracht und ihr die Luft aus den Lungen presst. Wenigstens hat sie den dicken Moospolster im Rücken und nicht nur blanken kalten Stein, der so bestimmt für einige Knochenbrüche gesorgt hätte.
Ächzend und schnaufend bleiben die Beiden eine Zeitlang reglos liegen, ehe sie realisieren dass sie jetzt „wirklich“ liegen und nicht im nächsten Moment wieder fallen oder rutschen.
„D…die… ist mir… neu…“, krächzt Gajeel, ehe er sich leicht regt und versucht sich aufzurichten. Von dieser Höllenbahn hat er noch nichts gewusst und er fragt sich allen ernstes ob Bozo dafür verantwortlich ist, oder ob die Natur hier ihre Launen ausgesponnen hat. Für den Fall dass Bozo was damit zu tun hat, schwört er im Geheimen ihn ganz schön dafür büßen zu lassen.
„Scheiße…“, keucht er und kommt in eine kniende Position. Sein Knie ist dabei zwischen Levys Beinen und unter seiner Hand, mit der er sich abstützt, spürt er etwas weiches aber dennoch Festes. Nur langsam gewöhnen sich seine Augen an die Dunkelheit um sich herum und allmählich werden Levys Gesichtskonturen direkt unter ihm erkennbar. „Bist du in Ordnung…“, fragt er sie und erstarrt als seine Augen in die ihren treffen.
Die leuchtenden kleinen Kristalle an den Wänden der kleinen Höhle in der sie gelandet sind, lassen immer mehr erkennen und lassen Levys große Augen verklärt zu ihm aufsehen. Der Moment ist magisch und beide halten den Atem an. Nur langsam und stockend geht Levys Atem, während ihre Augen die seinen fixieren und sie ihr Spiegelbild in diesen roten Augen betrachtet.
In Gajeels Hals sitzt ein großer Klos, der ihm jedes weitere Wort verbietet, wenn er denn in dem Moment so etwas wie Worte im Kopf hätte. Wenn überhaupt etwas in seinem Kopf wäre, doch da ist nichts… nur sie. Levy, deren blaues Haar sich wallend über den dunklen Boden unter ihr ausbreitet. Ihre glänzenden Augen, die die seinen fixieren und sie ihm, so kommt ihm vor, auf den Grund seiner Seele blickt. Diese leicht geöffneten, rosigen Lippen, an deren Zartheit er sich mit einem Mal erinnert, als er sie heute Morgen an seiner Wange gespürt hatte. Dieser liebliche Rotschimmer in Levys Gesicht, der immer mehr überhand nimmt und bald ihr ganzes Gesicht einnimmt.
Mit einem leichten keuchen nach Luft, macht Levy auf ihren Zustand aufmerksam und Gajeel erwacht aus seiner Starre, in die er bei ihrem Anblick gefallen war. Da senkt sich sein Blick auch von ihrem Gesicht und landet auf seiner Hand, unter der er immer noch den feinen Stoff von Levys Shirt ausmacht. Eine weitere Starre sucht ihn heim, als er realisiert dass er seine Hand auf ihrem Busen hat und mit einem weiteren hastigen Blick in ihr Gesicht, wird ihm erst bewusst wie beschämt sie deshalb ist.
„Ah! Äh… äh also… tu…tut mir leid… w… war keine Absicht“, sprudelt er los, ehe er seine Hand hastig wegnimmt, sich ruckartig auf die Knie erhebt und ihm ganze Sturzbäche von kaltem Schweiß das Gesicht fluten. „Sch…schon gut…“, kommt es leise und mit brüchiger Stimme von Levy, die ihre Hände über ihrer Brust schützend gefaltet hat und beschämt zur Seite schaut. „Ka…kannst du… aufstehen?“, fragt Gajeel sie und ringt deutlich mit seiner Fassung. „Ich… denke schon…“, antwortet Levy ebenso leise wie zuvor, ehe sie sich einfach aufrichtet.
Die Folge davon ist, dass sie mit dem Kopf gegen Gajeels Kinn knallt und beide mit einem Schmerzenlaut wieder auseinander fahren. Levy kippt, sich die Stirn haltend, wieder zu Boden, während Gajeel sich den Kiefer hält und von ihr weg und zurück auf sein Steißbein kracht. „Aa…au…“, stöhnen sie synchron, ehe sie noch eine Weile so liegen bleiben und sich neu sammeln. „Ich bring ihn um wenn das auf seinem Mist gewachsen ist!“, macht Gajeel nun seine Drohungen Bozo gegenüber, laut und klingt dabei sichtlich überfordert. Levy seufzt dabei nur und verkneift sich ihre Meinung. Immerhin war es Gajeels Idee gewesen hier zu trainieren.
Ganze fünf Minuten später, haben sie sich von dieser Fahrt erholt und es geschafft sich auf die Beine zu kämpfen. „Wo sind wir hier?“, fragt Levy, um nach dieser Sache vorhin ein Gespräch aufzubauen, während sie den Staub aus ihrer Kleidung klopft und sich ihr Haar zu einem hohen Pferdeschwanz bindet. „Keine Ahnung… unter der Erde jedenfalls…“, murrt Gajeel, der im Moment doch froh über diese Dunkelheit um sie herum ist. Nachdem sich diese Starre von ihm gelöst hatte, haben sich nämlich sofort wieder dieses heftige Herzklopfen und diese Hitze in seinem Gesicht eingestellt. Gajeel hat die Befürchtung, tatsächlich rot im Gesicht zu sein und daher ist er für die Abwesenheit von Licht sehr dankbar.
„Mist verdammter…“, knirscht er halblaut, weil ihm so was früher doch nie passier ist. Sofort ruft er sich sein Vorhaben, sie nur als „Mission“ zu sehen, wieder ins Gedächtnis um runter zu kommen. Zeitgleich erinnert er sich aber an ihre zarten Lippen heute morgen und diesen weichen aber zugleich auch straffen Busen unter seiner Hand. Er widersteht nur mit Mühe dem Drang sich die Haare, wegen seiner wirren Gedanken, zu raufen.
„Und… was jetzt?“, spricht Levy ihn wieder an, die sich in dieser Finsternis einmal um ihre eigene Achse dreht, um vielleicht irgendwo etwas erkennen zu können. Ihre Augen haben sich mittlerweile soweit an diese drückende Dunkelheit gewöhnt, dass sie die Umrisse der Höhle erkennen können. Die spärlichen Leuchtkristalle an den Wänden, helfen ihnen dabei ungemein. „Am besten folgen wir dem Gang da…“, antwortet Gajeel, nachdem er den Luftzug wahrgenommen und seinen Herkunftsort bestimmt hat. „Gut…“, stimmt Levy nickend ein und schließt sofort zu ihm auf.
Schon als Kind hat sie sich vor dunklen Orten gefürchtet und auch heute wird ihr noch ganz mulmig zumute. Mit zitternden Knien geht sie unsicheren Schrittes neben Gajeel her. Ein schaurig klingendes Heulen, lässt Levy aufquicken und einen Satz auf Gajeel zu machen, ehe sie sich einfach an seinen Arm klammert. Gajeel jagen darauf wieder kalte Schauder über den Rücken, während er das Gefühl hat dass seine Haare sich sträuben würden. „Womit hab ich das verdient…“, fragt er sich genervt und linst zu ihr nach unten, wo er allerdings nur ihr gelbes Haarband in der Dunkelheit ausmacht. Warum zum Teufel muss sie ihm immer so nah kommen? „Hey… das ist nur der Wind der durch die Gänge pfeift“, erklärt er ihr das Heulen und Levy zuckt deutlich zusammen. „Oh… äh… da hast du wohl Recht…“, stammelt sie und spürt wieder diese Hitze in ihre Wangen schießen. Sie gibt ihr Bestes, sie versucht sich zusammen zu reißen, aber sie schafft es trotzdem nicht sich von seinem Arm zu lösen.
„Wieso machst du kein Licht? Das kannst du doch oder?“, zeigt sich Gajeel einsichtig, als er das zittern ihrer Hand an seinem nackten Arm spürt und weist sie auf ihre eigene Magie hin. „Stimmt…“, kommt es kleinlaut von Levy, die in all der Aufregung ganz drauf vergessen hat dass sie diese Technik durchaus beherrscht.
Mit einem leisen seufzen, lässt sie von seinem Arm ab und strafft sich. Mit dem Wort „Light“ auf ihren Lippen streckt sie ihren Arm aus und nimmt den zweiten hinzu um das erscheinende Wort mit Magie aufrecht zu erhalten. „Siehst du… ist ja fast gemütlich jetzt“, grinst Gajeel ihr zu und setzt sich wieder in Bewegung. Levy nickt lächelnd und dankbar dafür dass er sich so verständnisvoll zeigt, ehe sie es ihm gleich tut und mit ihm Schritt hält.
Bereits nach kurzer Zeit erblicken sie, zu ihrer Beider Überraschung, ein fahles Licht am Ende des Ganges und Levy atmet erleichtert auf. Bald darauf stehen sie am Ausgang und die Script-Magierin lässt ihre Magie verschwinden. Nach wenigen Schritten befinden sie sich allerdings bereits im Zentrum der erreichten Schlucht und ein genervtes und fast geknurrtes seufzen, bahnt sich aus Gajeels Kehle.
Sie sind in einem „Loch“ gelandet, mit gerade mal vier Metern Durchmesser und Aalglatten Steilhängen an allen Seiten. Kein einziger Weg oder Trampelpfad in irgendeine Richtung, einfach nur ein ovales Loch, mit dem einen Gang aus dem sie gerade gekommen sind. „Und was jetzt?“, kommt es von der Blauhaarigen entmutigt und Gajeel linst kurz zu ihr nach hinten. „Ist ja nicht so als ob wir viele Möglichkeiten hätten…“, weist der Dragon Slayer sie darauf hin, dass sie entweder nur klettern, oder den Weg zurück in den dunklen Gang anschlagen könnten. Der Rückweg über den Gang wäre auch nur eine Option wenn sie wüssten wie sie von ihrem Landepunkt wieder nach oben kommen würden, so scheidet dieser Weg schon aus.
„Wenn Lily hier wäre, könnte der uns einfach rauf fliegen…“, grummelt Gajeel vor sich hin während er seinen Gürtel los schnallt. Ihre Taschen haben sie, als sie die Schlucht betreten haben, zurück gelassen damit sie ihnen bei der Bewältigung der Aufgaben kein Hindernis sein würden. Ein ziemlicher Nachteil, wie sie jetzt feststellen. Besonders das Seil hätte ihnen jetzt von nutzen sein können.
„Ich hoffe du hast so etwas wie Muskeln an den Armen…“, erwähnt Gajeel beiläufig, als er auf Levy zutritt und vor ihr in die Hocke geht. „Warum? W… was hast du vor?!“, schaut sie fragend und dann irritiert zu ihm hinab, als er das eine Ende seines Gürtels um ihren Oberschenkel führt und ihn schließt. „Wir klettern hoch… oder eben… ICH kletter hoch… du hältst dich nur fest“, erklärt er und schnallt den Gürtel ein Loch weiter damit sich der Lederriemen nicht so fest in ihre zarte Haut drückt.
„Wie willst du das anstellen? Die Wände sind wie poliert!“, begehrt Levy auf und kämpft die erneut aufkeimende Hitze in ihren Wangen nieder. Warum fällt es ihr nur so schwer sich in seiner Gegenwart zu konzentrieren? „Das wirst du schon sehen…“, grinst Gajeel sie an, ehe er sich in seiner Hocke umwendet und ihr den Rücken kehrt. „Aufsteigen!“, fordert er sie auf und Levy tut nach einem deutlichen zögern wie ihr geheißen.
Zaghaft legen sich ihre Hände auf seine Schultern, ehe sie ihr Bein anhebt und sich einfach auf seinen Rücken setzt. „Gut so…?“, erkundigt sie sich leise. Noch während Gajeel sich erhebt legen sich seine Hände unter ihre Oberschenkel, um sie noch einmal zurrecht zu rücken, ehe er mit einem knappen „Gut“ antwortet. Als nächstes führt er den Lederriemen unter Levys Gesäß hindurch und wieder nach vorne, wo er ihn mit dem Verschluss der von ihrem Oberschenkel baumelt, schließt. Levy wird bei all den Berührungen und dieser Nähe, immerhin ist sie ihm jetzt ziemlich nahe, ganz anders und die Hitze breitet sich immer mehr in ihr aus.
Tief atmet der Dragon Slayer durch und Levy wird dabei dazu verleitet es ihm gleich zu tun, so deutlich spürt sie wie seine Brust sich aufbläht und wieder senkt als er hörbar ausatmet. Mit einer ruckartigen Bewegung streckt er seine Arme nach unten und im nächsten Moment erscheinen an seinen Händen zwei kleine Magiekreise in diesem geheimnisvollen smaragdenen Licht, das seine Magie darstellt. Als er seine Arme ebenso ruckartig anhebt, schlängelt sich das Licht von seinen Händen ausgehend, seine Arme hinauf bis zu seinen Ellenbogen. Als das Licht verblasst, besieht sich Levy seine veränderten Hände und Unterarme mit geweitetem Blick. Nichts von allem, was sie je an seinen Händen hat entstehen sehen, ist jetzt anstelle seiner Arme.
Kein Eisenrammbock, kein Speer und auch kein Schwert. Nein… eine mächtige Pranke mit langen und harten Krallen ist es, ähnlich die eines wilden Tieres. Die Eisenschuppen, die ansonsten Gajeels gesamten Körper überziehen wenn er sie heraufbeschwört, sind viel wuchtiger und an der Außenseite seiner Arme zackiger und werden zum Ellenbogen hin länger. Im Grunde, erinnern Gajeels Arme sie nun an Elfmanns Beast-Arm, nur nicht so wuchtig, viel feingliedriger aber doch deutlich muskulös und Kraftvoll.
„Du… hast doch keine Angst… oder?“, erklingt nun Gajeels Stimme, während er seine Hand hebt und diese vor sich zur Faust ballt. Seine Stimme ist dabei ruhig und leise, fast nachdenklich. „N…nein… i…ich bin nur etwas überrascht…“, antwortet Levy stammelnd und rettet sich gut über diesen leichten Schrecken hinweg. „Was ist das? Ich… hab das noch nie an dir gesehen…“, fragt sie daraufhin sofort interessiert, worauf Gajeel verstehend lächelt. Er hat dieses zucken, das durch ihren Körper ging, nur zu genau gespürt, aber er weiß auch dass es nicht direkt Angst ist, das ihr Duft nun verströmt. Es ist wohl eher Ehrfurcht und großer Respekt, jedenfalls will sie nicht wirklich direkt mit den Krallen an seinen Händen Bekanntschaft machen.
„Das ist die Klaue des Eisendrachen…“, erklärt er es ihr dennoch und besieht sich dabei seine Faust. „Vielseitig einsetzbar… also ganz praktisch…“, versucht er zuversichtlich zu klingen und grinst sie mit seinem typischen „Gihi“ über seine Schulter hinweg an. „Kann’s los gehen?“, erkundigt er sich nochmals und Levy schlingt ihre Arme etwas mehr um seinen Hals nach vorne. „Ja!“, gibt sie von sich und mit einem Satz befördert Gajeel sich in die Felswand vor ihnen.
Seine Klauen schlagen sich dabei fest in den Fels, während die Klingen an seinen Stiefelspitzen ihm zusätzlichen halt geben. „Wenn du nicht mehr kannst sag es…“, weist er Levy noch darauf hin und beginnt diese senkrechte, glatte Wand nach oben zu steigen. „Du bist es doch der klettert…“, lächelt sie und schlingt ihre Beine fest um seinen Körper, damit sie besseren Halt hat und ihre herunterbaumelnden Beine ihm nicht bei seinen Bewegungen im Weg sind. „Auch wieder wahr… dafür schuldest du mir was“, grinst Gajeel als Antwort, während seine Pranke sich wieder tief ins Gestein vor ihm gräbt und er sie Beide mit seiner alleinigen Kraft nach oben zieht.
„Hey… das ist nicht fair… immerhin sind wir ein Team…“, begehrt Levy schmollend auf ehe sie sich kurz auf ihm erhebt und er in seiner Bewegung inne hält. „Ja ja… schon gut… jetzt hör auf so rum zu zappeln sonst geht’s wieder abwärts!“, macht er ihr klar und nimmt seinen Aufstieg wieder auf, als sie sich mit einem knappen „Tut mir leid“ wieder eng an ihn schmiegt und sich fest hält. Dass ihr handlicher und fester Busen sich dabei nur zu deutlich an seinem Rücken platt drückt, versucht er so gut er kann zu ignorieren. Ihre Hände vor seiner Brust sind schon schlimm genug und von ihrem Duft, der ihn von hinten einnebelt, will er gar nicht erst reden. „Klettern! Nicht denken! Klettern und konzentrieren!“, ermahnt er sich und schlägt seine Klauen um eines energischer in den Fels.
Levy schlingt ihre Arme fest um seinen Hals und klammert ihre Beine noch eine spur fester an, während sie ihre Augen zukneift und ihr Gesicht in seinem Nacken vergräbt. Sein Haar, hat einen ganz eigenen aber nicht unangenehmen Geruch und es ist bei weitem nicht so kratzig wie es aussieht. Sein Rücken unter ihr, ist so breit und warm dass ihr selbst auch wieder ganz heiß wird. In ihrem Bauch kribbelt es heftig und ihr wird ganz schummrig zumute, desto mehr sie das Spiel seiner Muskeln unter ihrem Körper miterlebt. Aus ihrer Sicht, könnte sie ihm auf ewig so nahe sein.
Leider erreichen sie, mit dem Tempo das Gajeel anschlägt, schon sehr schnell die obere Kante und Levy ist schon bald gezwungen von seinem Rücken zu klettern und den Rückweg mit ihren eigenen Beinen anzutreten. Aber trotz der kleinen Schwierigkeiten die sie hatten, war der kleine Ausflug zu diesem Trainingsgelände ein Erfolg für sie Beide. Immerhin haben sie doch ganz gut zusammen gearbeitet und so blickt nun auch Levy frohen Mutes auf die Prüfung die in greifbare Nähe gerückt ist.
Nachdem sie ihre Sachen am Anfang der Schlucht wieder eingesammelt haben, sind sie gleich zum Dorf aufgebrochen und in den nächsten Zug nach Magnolia gestiegen. Es ist früher Nachmittag, als sie dort ankommen und sich kurz trennen um sich zu Hause frisch zu machen und sich neu einzukleiden.
Eine starke Stunde später, finden sie sich wieder in der Gilde zusammen und verschwinden sogleich in der Bibliothek. Levy hat vor, ihre Notizen zu vervollständigen und die ganzen Bücher, die sie in den letzten Tagen hier gehäuft hat, wieder weg zu räumen und für Ordnung zu sorgen.
Auf dem Weg durch den Schankraum hat Levy noch ein paar Worte mit Fried gewechselt, der gerade aus der Bibliothek kam und mit Bixlow in der nächsten Stunde bereits zu seinem letzten Training aufbrechen würde, ehe sie sich direkt in den Zug nach Hargeon setzen würden.
Auch mit Jet und Droy hat sie kurz geredet, aber die Beiden waren in einer schlimmen Verfassung und hatten ziemliche Kopfschmerzen. Sie wirkten ziemlich verkatert und auf Levys Frage hin was sie nur angestellt haben, haben sie lediglich mit einem „Das willst du gar nicht wissen“ geantwortet. Gajeels schadenfrohes Grinsen, da er ja wusste was ihnen zugestoßen war, blieb ihr dabei verborgen. Mir ratloser Miene darüber, denn eigentlich schlagen die Beiden nie so über die Stränge, lässt sie sich gleich nach ihrem Gespräch von Gajeel in die Bibliothek scheuchen.
So hat sie das Bestellen ihres verspäteten Essens, Gajeel überlassen und hat sich nach unten begeben wo sie ihre Tasche auspackt und sich Startklar für ihr Vorhaben macht. Ihr altes, jetzt neu repariertes, Notizbuch legt sie dabei besonders behutsam auf den Tisch und schlägt es gleich auf um die wichtigeren Notizen, von den losen Zetteln, in das Buch zu übertragen. Sie ist verblüfft darüber, dass ihre Aufzeichnungen der letzten Tage nun mit einem mal auf grade mal fünf Seiten passen. Scheinbar hat sie sich durch das viele sortieren und durchlesen mehr auswendig gemerkt als sie gedacht hat. Mit den ergänzten Notizen von heute, würden es nur zwei Seiten mehr werden und sie hat ein wirklich gutes Gefühl bei der Sache.
Ja, sie würde in der Prüfung gut abschneiden, das hat sie im Gefühl! Sie würde vielleicht nicht die Beste sein und alle besiegen können, aber sie würde auch auf keinen Fall die Letzte sein. Nach der heutigen Trainingseinheit mit Gajeel hat sie deutlich erkannt, welche Fortschritte sie beide gemacht haben und dass sie mit seiner Unterstützung durchaus eine Chance hat. Genau so, wie er es von Anfang an gesagt hat. Ein verliebtes Lächeln spielt um ihre Lippen, während sie versucht die Gedanken wieder von ihm, auf ihre Prüfung zu lenken und konzentriert sich wieder auf ihr tun.
Nach dem Essen, das sie wie die letzten Tage gemeinsam eingenommen haben, stürzt sich Levy erneut auf ihre Unterlagen und verpasst ihren Notizen einen Feinschliff. Sorgsam liest sie sich das Geschriebene selbst laut vor und schlägt dann zufrieden ihr Buch zu. Sie ist gut vorbereitet und wenn sie auf Gajeels Worte, dass er jeden zu Klump hauen wird der ihr im Weg steht, glauben schenkt, wird sie morgen bei der Prüfung keine Probleme haben. Und sie ist sich sicher, sie kann sich auf ihn verlassen. Die letzten Tage über, hat er oft genug bewiesen wie verlässlich er ist.
Sorgsam schraubt sie ihren Stift zu und legt ihn neben ihr Notizbuch. Sie greift zu dem Lexikon das sie auch bei ihren Missionen immer dabei hat und legt es dazu. Noch zwei weitere Stifte und ihr Runenschreiber, machen ihre Ausrüstung vollständig. Nein, etwas fehlt noch. „Mh… wo ist meine Brille?“, fragt sie sich und ihr Blick überfliegt den Tisch auf dem alles Mögliche verstreut liegt.
„So ein Schwachsinn!“, ertönt Gajeels aufgebrachte Stimme. „Ah… da ist sie…“, schmunzelt Levy, als sie sich zu ihm umwendet und ihre Schnell-Lese-Brille wieder auf der Nase des Dragon Slayers vorfindet. Gajeel hat sich, während sie so vertieft und beschäftigt war, einfach wieder ihre Brille genommen und in ihren Büchern geblättert. An einem ist er hängen geblieben und hat mit Hilfe der magischen Brille bereits das halbe Buch gelesen.
„Der Quacksalber hat gar keine Ahnung… Vollidiot… wie heißt der Typ?!“, kommt es von ihm verärgert, während er auf den Buchrücken schaut und den Autor des Buches abliest. „Was ist denn los?“, erkundigt sich Levy, die nun zu ihm rüber geht und sich mit beiden Händen auf den Tisch abstützt, auf dem Gajeel im Schneidersitz sitzt und den Namen des Autors anfunkelt. „Wo finde ich den Typen?! Wenn er schon einen Roman schreibt, soll der Heini vorher besser recherchieren bevor er so einen Müll verzapft!“, fährt er energisch zu ihr herum und zeigt mit dem Finger auf den Namen des Autors.
Levy schmunzelt bei seiner Gestik und der Mimik die seinem Gesicht inne wohnt. Sie findet es schon überwältigend, dass er sich überhaupt für einen Roman begeistern kann, aber noch viel niedlicher findet sie, dass er sich so reinsteigert. „Kein Grund sich aufzuregen… das ist doch nur ein Roman…“, versucht Levy ihn zu beruhigen. „Ist doch egal! Woher nimmt der Idiot sich das Recht so einen Scheiß über Drachen zu schreiben?“, kommt seine grollende Antwort, während er wieder auf den Titel und anschließend auf den Namen des Autors deutet und ihr das Buch vor die Nase hält.
„Na ja… es ist eben nur eine Geschichte… er hat sich bestimmt nicht viel dabei gedacht…“, erklärt die Buchliebhaberin schmunzelnd. „Wo finde ich den Schmierfink?! Der braucht Aufklärung! Kein Drache würde sein Herz geben um einem Menschen das Leben zu retten! Und dann ist der Prinz auch noch so ein Vollpfosten!“, wettert er weiter über die Logik in dem Buch und hängt ein zerknirschtes: „Und davon abgesehen ist ein normaler Mensch nicht in der Lage einen Drachen zu töten!“, an.
Levy entkommt dabei ein Kichern, ehe sie ihm mit einem knappen: „Der Autor ist schon vor Jahren gestorben… du wirst ihm also nichts mehr über Drachen erzählen können“, antwortet, sich auf den Tisch hievt und neben ihm Platz nimmt. „Glück für ihn…“, murrt Gajeel in sich hinein und er ist fast ein wenig enttäuscht, dass er ihm nicht mehr die Meinung geigen kann.
„Wo wir grade dabei sind…“, erhebt Levy etwas schüchtern ihre Stimme und nimmt Gajeel das Buch aus den Händen, ehe er noch versucht ist es in der Mitte auseinander zu reißen. Sie mag die Geschichte nämlich ganz gerne. Die Vorstellung über den Charakter eines Drachen der Schlussendlich sein Leben gibt um für Frieden zu sorgen, wo er doch der letzte Drache auf der Welt ist, hat ihr immer gefallen und ist ihr nahe gegangen. „Dragonheart“ ist ein wundervolles Buch findet sie und den Drachen hat sie besonders in ihr Herz geschlossen. Sie war immer der Meinung, wenn es Drachen wirklich gibt, dann wären ihr diese wie „Draco“ am liebsten.
„Wie… sind Drachen eigentlich?“, spricht sie ihre Frage aus und schaut abwartend zu Gajeel auf, der bei ihrer Frage sichtlich zusammen zuckt. „K…keine Ahnung… ich kenne doch nur einen…“, antwortet er knapp und linst immer wieder zu ihr hin und wieder von ihr weg. Es kam bis jetzt nie vor, dass ihn jemand ernsthaft über Drachen gefragt hat. Mit Ausnahme von Salamander und der kleinen Göre. Alle die ihn in seiner Vergangenheit darüber gefragt haben, haben sich stets nur lustig gemacht oder ihn damit aufgezogen. So hat er es irgendwann gelassen, darüber zu reden. Er hat es verschwiegen, da es ohnehin niemand glauben würde oder würdig war, etwas darüber zu erfahren. An Levys Ausdruck und in ihren Augen, erkennt er wahres Interesse. Aber eigentlich hat er nichts anderes von ihr erwartet. Sie würde sich nie über andere belustigen.
„Glaubst du denn an Drachen?“, fragt er sie dann leise und linst wieder zaghaft zu ihr hinüber. Ihre Blicke treffen sich und Levy hält seinem eindringlichen Blick stand. „Nun ja… nachdem es Dragon Slayer gibt und ich bereits drei Leute kenne, die sagen dass sie von einem Drachen aufgezogen wurden, muss es doch welche geben oder?“, erklärt Levy ihre Meinung dazu und es klingt auch noch logisch in Gajeels Ohren. „Ich meine… welchen Grund hättet ihr, so etwas zu erfinden?“, endet sie lächelnd und es ist genau so ein Lächeln, mit dem sie in Gajeel immer wieder etwas berührt. Etwas, von dem er glaubte, es gar nicht zu besitzen. Wärme und Mut. Den Mut, doch jemandem etwas von sich zu erzählen.
„Weißt du… ich hab keine Ahnung ob es auch so freundliche Drachen gibt wie der in dem Buch… vielleicht war ja der von Salamander so und er ist grade deshalb so ein Idiot geworden“, zuckt Gajeel mit den Achseln, während sein markantes Grinsen durch die Bibliothek hallt. Levy schmunzelt bei seinem Vergleich und hört ihm gespannt zu. „Metalicana war… nicht immer nett. Er war streng und selbstsüchtig… ich glaub wenn ich nicht von natur aus schon hart im nehmen gewesen wäre, hätte ich wohl kaum eine Woche bei ihm überlebt, nachdem er mich gefunden hat“, erzählt der Sohn des Eisendrachen und wird wieder ruhig bei seinen Erinnerungen.
„Einmal hat er sich zwei Wochen lang nicht blicken lassen nur weil ich mir selbst einen Ohrring eingezogen habe! So ein blöder Hund!“, knirscht er, als er sich an diese eiskalten Winter erinnerte und er nicht wusste wo er etwas für sich zu Essen auftreiben sollte. Es war meistens Metalicana, der auf die Jagd ging und für ihn mit gejagt hat, während er sich auf das erüben seiner Magie konzentrieren sollte.
„Andererseits… war er eigentlich ganz in Ordnung… er hat es bestimmt nicht immer leicht mit mir gehabt, dafür hab ich schon gesorgt“, erzählt Gajeel weiter und Levy meint so etwas wie Sehnsucht in seiner Stimme zu hören, die er mit dem folgenden schadenfrohen Grinsen zu vertuschen versucht. „Der Kerl hatte wirklich einen eigenartigen Sinn für Humor… bei ihm hat man nie gewusst woran man ist, man konnte ihm nie ganz über den Weg trauen. Er hat meistens nach seiner Laune gehandelt und ich musste viel einstecken. Er war ein launischer Bastard…. Aber das ist wohl das, was er mir mit auf den Weg gegeben hat…“, fährt Gajeel, mit einem fast wehmütig erscheinenden Lächeln in seinem Gesicht, fort.
„Fehlt er dir?“, fragt Levy ihn direkt, nachdem er schon eine Weile lang nichts mehr gesagt hat und kurz in Gedanken war. „Keine Ahnung…“, antwortet Gajeel mit einem seufzen. „Es ist gar nicht lange her, da habe ich ihn dafür verflucht, dass er einfach ohne ein Wort zu sagen verschwunden ist…“, gesteht der Dragon Slayer und senkt seinen Blick. „Nachdem ich erfahren habe dass auch die Drachen von Salamander und Wendy am selben Tag verschwunden sind, wusste ich dass es etwas zu Bedeuten hat… es muss mehr dahinter stecken“, erklärt er mit verbissener Miene. „Suchst du nach ihm?“, fragt Levy interessiert und mit ruhigem Tonfall nach. „Nein… wenn er zurückkommt, werde ich es bemerken…“, antwortet er nach einer kurzen Pause und linst zu Levy hinüber, die ihn nach wie vor ansieht. Für Levy erweckt es fast den Anschein, als wäre er müde. Müde und zerschlagen wenn es um dieses Thema geht. „Was… würdest du ihm als erstes sagen wenn du ihn wieder siehst?“, versucht Levy etwas mehr auf ihn einzugehen und ihm noch ein wenig mehr davon zu entlocken. Vielleicht würde sie ihn dadurch ja etwas besser verstehen können? Besser verstehen wie er tickt? Aber sie ist so schon froh, dass er ihr überhaupt etwas erzählt. Scheinbar, hält er sie für soweit vertrauenswürdig, dass sie es nicht gleich weiter plaudern würde und das ist schon ein großer Schritt für ihn.
„Ich weiß nicht… ich glaub ich würde ihm sagen was für ein verfluchter Bastard er ist und dass er wieder dahin verschwinden soll, wo er hergekommen ist“, seufzt Gajeel während er die Arme vor der Brust verschränkt. „Davon abgesehen… weiß ich nicht ob ich ihn überhaupt schon sehen will…“, endet er mit einem abfälligem Laut. „So wie ich jetzt bin… kann ich ihm nicht unter die Augen kommen…“, denkt er sich im Geheimen und starrt dabei auf das Buch, welches nun vor ihm auf dem Tisch liegt.
Immerhin ist er erst vor wenigen Monaten auf den rechten Pfad zurückgekommen. Er tut zwar Tag ein Tag aus sein Bestes, wieder ein anständiges Leben zu führen, aber es ist nicht so einfach wenn man einmal der Finsternis ins Auge geblickt hat. Wenn man einmal so nahe dran war wie er, einfach abzustürzen und den falschen Weg zu einzuschlagen. Nein… so kann er Metalicana nicht gegenüber treten. Er muss es sich erst verdienen und etwas Großartiges leisten, um ihm zu zeigen dass er mit der Magie die er ihm geschenkt hat, nicht nur Böses tun kann. Er muss ihm beweißen, dass er würdig ist seine Magie anzuwenden und dass er sie bedacht einsetzt. Noch… hat er das nicht erreicht und es wird noch lange dauern.
„Willst du noch etwas wissen oder wars das jetzt mit dem Interview?“, spricht er seine Partnerin mit einer plötzlichen kalten und schneidenden Stimme an. „N…nein… das ist alles… danke dass du es mir erzählt hast…“, kommt es überrumpelt stammelnd von Levy die seinen Launenumschwung nur zu deutlich spürt. „I…ich bin sicher… ihr seht euch eines Tages wieder…“, endet sie und lässt sich vom Tisch rutschen, um ihn in Ruhe zu lassen. Sie spürt nur zu deutlich dass er nicht mehr weiter reden würde und das akzeptiert sie. Nachdenklich bleibt sie noch einen Augenblick stehen und linst mit vor der Brust verkrampfter Hand auf das Buch auf dem Tisch. „Ich wünschte… ich könnte auch eines Tages einem Drachen begegnen… ich würde mir zu gerne selbst ein Bild von ihnen machen…“, erhebt sie ein letztes Mal ihre Stimme und schaut über ihre Schulter zu Gajeel zurück, der sie jetzt verblüfft ansieht.
Ein fast schon spottendes auflachen entkommt seinen Lippen, während er leicht seinen Kopf schüttelt und sie amüsiert ansieht. „Du bist echt seltsam, weißt du das?“, meint er und grinst sie an. „A…ach ja?“, zieht Levy eine Augenbraue hoch und macht einen Schmollmund. „Und wieso das?“, hakt sie nach und will es genau wissen. „Na ganz einfach… jeder normale Mensch hätte nie so einen verrückten Wunsch einem Drachen gegenüber zu stehen“, erklärt er seine Sichtweise und fragt sich, ob sie wirklich meint was sie sagt. Jeder andere erzittert vor Angst, wenn er sich das nur vorstellt. Levy hingegen wünscht es sich. Gajeel weiß nicht ob sie verrückt oder einfach nur verträumt ist.
„Was ist da jetzt so seltsam? Es interessiert mich eben… na und?“, verteidigt sich Levy und verlangt eine bessere Erklärung von ihm. „Ist ja schon gut…“, kommt es von Gajeel abwinkend, immerhin will er keinen Streit mit ihr herauf beschwören. Vielleicht hätte er einfach seine Gedanken nicht aussprechen sollen, wäre besser gewesen. „Wenn ich Metalicana je wieder sehe, verspreche ich dir, dich ihm vorzustellen“, hängt er seinen Worten amüsiert an und zu seiner Verwunderung erscheint ein seltsames funkeln in Levys Augen. Sie dreht sich vollends zu ihm um und ihre ernst dreinschauenden Augen fixieren die seinen. „Gut, dann ist es abgemacht!“, sagt sie ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, während ihre Hand nach vor schnellt und ihr kleiner Finger sich mit seinem verhakt. „Äh…“, macht Gajeel und lässt sie seine Hand schütteln, während er sie perplex ansieht.
Mit einem leichten schnauben löst sie ihren Finger von seinem und zeigt im nächsten Moment direkt auf sein Gesicht und tippt mit einem: „Wehe du vergisst es!“, ein paar mal gegen seine Nase. „Wo denkst du hin…?“, kommt es überfordert von Gajeel, der ansonsten nur ein kritisches Grinsen zustande bringt. „Die meint das tatsächlich ernst?!“, schießt es ihm durch den Kopf und er ist versucht sich weg zu ducken, als Levys Hand sich erneut zu seinem Gesicht erhebt. „Die brauchst du jetzt doch nicht mehr oder?“, spricht sie leise und pflückt einfach ihre Brille von seinem Haaransatz, in den er das magische Objekt während ihrem Gespräch geschoben hat. „N…nein…“, antwortet er nur und schaut ihr nach, als sie sich von ihm abwendet und geht.
Mit einem seichten Lächeln beobachtet er sie, wie sie auf ihren Platz zurück geht und ihre Sachen sorgsam in ihre Tasche packt. „Sie ist echt unglaublich… unglaublich verrückt…“, denkt er für sich und ertappt sich bei einem aufrichtigen Lächeln. „Oh Mann… warum hab ich ihr das überhaupt alles erzählt?“, fragt er sich und schüttelt leicht den Kopf, während er seinen Blick wieder auf die Tischplatte senkt.
Er hat noch nie viel über sich erzählt, nicht mal denen, die ihn direkt etwas Spezielles gefragt haben. Er hat es immer vermieden über sich zu erzählen und auf diese Weise anderen etwa zu nahe zu kommen. Gajeel muss sich eingestehen, dass es gar nicht so übel ist, sich mit anderen zu unterhalten… anderen etwas über sich zu erzählen. Im Grunde, fühlt es sich sogar gut an… besonders wenn sie es ist mit der er spricht. Aus irgendeinem Grund, fällt es ihm bei ihr um so vieles leichter als sonst. Sie ist einfach anders… und eigentlich, würde er zu gerne mehr über sie wissen.
Das ist ihm letztens schon aufgefallen, als er erfuhr dass ihre Eltern früh gestorben waren. Warum waren sie nur gestorben und haben sie allein zurück gelassen? War es eine Krankheit oder ein Unfall? Und warum hat es Levy anschließend in die Gilde verschlagen? Er hätte so viele Fragen… aber er wagt nicht sie direkt zu fragen. Er darf nicht… denn es sollte ihn nicht kümmern. Es „darf“ ihn nicht interessieren… „Sie“ darf ihn nicht interessieren.
Als Levy einen ganzen Stapel Bücher auf ihre Arme hievt und sich scheinbar schwer damit tut, klettert er vom Tisch und geht ihr zur Hand. Wortlos nimmt er ihr den Stapel ab und folgt ihr nach hinten zu einem der Regale. Während sie auf die Leiter klettert und ihm ein paar Buchtitel nacheinander nennt, die er ihr hochreichen soll, appelliert er im Geheimen immer wieder an seine Vernunft.
Er muss sich wieder einkriegen und sich immer wieder von neuem klar machen, dass er nicht gut für sie ist. Nach der Prüfung, würde er deutlich auf Distanz gehen müssen, das hat er sich fest vorgenommen und er würde es auch durchziehen. Er muss unter allen umständen vermeiden, dass sie sich noch näher kommen als ohnehin schon. Er fühlt sich zu wohl und sorglos in ihrer Nähe. Dass er ruhig neben ihr schlafen kann, so wie in der Nacht als sie auf Mission waren, ist ein Zeichen davon dass er sich zu sehr gehen lässt. Er wird zu weich! Und genau das muss er vermeiden. Er darf nicht nachlässig werden.
Wenn sie doch nur nicht so freundlich wäre… so strahlend und hell, wie ein Licht das jede Dunkelheit zu erhellen vermag. Mit Gedankenversunkenem Blick schaut er zu ihr auf, als er ihr das nächste Buch reicht. Im nächsten Moment senkt er seinen Blick wieder ruckartig. Wie oft hat er ihr in dieser Woche eigentlich schon gesagt dass sie nicht so kurze Röcke tragen soll weil es beim Training unpraktisch ist?! Gut, jetzt sind sie in der Bibliothek und da bestünde keine Gefahr dass sie ihn mit ihrem Höschen aus dem Konzept bringen könnte… außer sie steht knappe eineinhalb Meter über ihm auf einer Leiter.
Ein leises knurren entfährt ihm, als er dem Zwang nachgibt und noch einmal kurz nach oben linst. Ihre Gestalt ist wie die einer unschuldigen Elfe und doch sollte man sie nicht unterschätzen. Diese schmale Taille und diese schönen Beine, vermögen es wohl so manchem Mann den Kopf zu verdrehen. Dieses zerbrechliche Wesen… will man einfach nur beschützen.
„Was mach ich da eigentlich?!“, schießt es Gajeel durch den Sinn und er senkt seinen Kopf krampfhaft. Er darf sich nicht weiter so gehen lassen! Er muss die Notbremse ziehen so lange es noch nicht zu spät ist. Er würde einfach nicht mehr so nett zu ihr sein dürfen. Denn das war er, die ganze vergangene Woche lang. Er erkennt sich ja selbst kaum wieder und es behagt ihm gar nicht. Auch wenn es durchaus ein angenehmes Gefühl ist, nicht allein zu sein. Gut, er hat sonst Lily… aber das ist nicht ganz das Selbe. Er ist ein Exceed, kein Mensch… und schon gar keine Frau.
Widerstrebend murrt er in sich hinein und versucht mit Gewalt diese Gedanken zu verscheuchen. Er muss sich endlich am Riemen reißen und diese Gefühl für sie niederkämpfen. Am besten noch bevor er etwas Dummes macht und bevor sie es mitbekommt. „Schluss! Aus!!“, tobt es hinter Gajeel Stirn. Ab sofort würde er nicht mehr so nett zu ihr sein und keinem etwaigen Streit mehr ausweichen. Mit dieser Methode gelingt es ihm vielleicht, sie von sich selbst aus wieder auf Abstand zu halten.
Ein erschrockenes aufkeuchen erklingt von Oben, ehe ein heftiger Ruck durch die Leiter geht. „Oooh nein!“, ruft Levy hektisch aus, während sie sich nach dem Buch fassen will, das ihr soeben aus der Hand springt und in hohem Bogen an ihr vorbei fliegt. Da sie noch ein anderes Buch in der anderen Hand hat, hat sie keine an der Leiter um sich fest zu halten. Mit einem weiteren erschrockenen Ausruf, verliert sie das Gleichgewicht und versucht sich noch zur Leiter hin zu schwingen um den Halt nicht zu verlieren. Gajeels Blick weitet sich als ihr Fuß von der Sprosse rutscht und die Leiter durch den Ruck nach hinten kippt.
Die Bücher, die er soeben noch auf dem Arm hatte, landen mit lautem krachen auf dem Boden. Gajeel hat versucht sie zu fangen, doch das Buch das vom oberen Ende der Leiter kommt und ihm auf den Kopf knallt, vereitelt seinen Plan. So kracht Levy direkt auf ihn und reißt ihn mit zu Boden. Die Leiter kippt vollends um und begräbt die beiden Magier unter sich, während noch ein Stapel Bücher im Regal umkippt und aus dem Fach fällt.
Eine kurze Zeit lang, ist es still und nur ihr Atmen dringt an sein Gehör. Levys Augen sind vor Schreck noch geweitet, während sie so auf Gajeel liegt und erst mal realisiert dass sie von der Leiter gefallen ist. Es ging alles so schnell… und jetzt liegt sie auf Gajeel, mit dem Gesicht fest an seiner Brust und hört seinen aufgeregten Herzschlag. Zum ersten Mal, hört sie dieses kräftige Herz unter dieser breiten und muskulösen Brust schlagen. Es kommt ihr fast vor, als wenn es ihr eigenes wäre, das ihr ebenfalls bis zum Hals schlägt.
Ein leises ächzen entweicht seinen Lippen, während er seinen Arm von ihr nimmt und sich an die Stirn fasst. „Was machst du denn verdammt?! Willst du dir den Hals brechen?!“, fährt er im nächsten Moment auf und funkelt sie aus diesen halb offenen Augen an. Levy richtet sich mühsam etwas auf ihm auf und schaut ihn mit diesen großen und zitternden Augen an, während ein zarter Rotschimmer um ihre Nase spielt.
„T…tut mir leid…“, haucht sie leise und ein zittern ergreift von ihrem Körper besitzt. Ihr Atem ist so nah an seinem Gesicht und ihr Körper ist noch dicht an seinen geschmiegt. Nur zaghaft versucht sie sich etwas mehr aufzurichten, worauf ein Buch von ihrem Rücken rutscht und mit einem klappenden Geräusch auf dem Boden landet. „I…ist dir was passiert?“, fragt er sie leise und bemüht sich um eine kühle Stimme. Dass sie so halb auf ihm liegt, mit ihrem Arm auf seiner Brust, der anderen Hand an der Seite seines Kopfes und ihren Knien zwischen seinen Beinen, bringt ihn in eine ziemlich ungünstige Lage.
Levy schüttelt nur verneinend den Kopf und ohne den Blickkontakt zu lösen. Sie ist von seinen Augen wie gebannt und diesen Rotschimmer in seinem Gesicht bildet sie sich bestimmt nicht ein. „Du… blutest…“, haucht sie tonlos, ehe sie ihre Hand hebt und mit ihren Fingern zaghaft über seine Stirn und den kleinen blutigen Kratzer, den das Buch hinterlassen haben muss, streicht. „Nicht schlimm…“, antwortet er und ist nicht fähig sich zu rühren.
Warum? Warum macht ihn ihre Nähe nur so schwach und zugleich so innerlich unruhig? Ist das normal wenn man jemanden mag? Ist es normal dass einem fast das Herz in der Brust zerspringt, wenn man jener einen Person so nahe ist? Der Person, für die man so ziemlich alles tun würde? Die Person, die man am liebsten in seine Arme ziehen würde und so fest halten würde, dass sie nie wieder entkommen kann?
Schlagartig wird er sich seiner Gedanken bewusst und zuckt leicht, während sie ihm immer noch wie gebannt in die Augen sieht. Er ist versucht ihr diese blaue und seidige Haarsträhne, die sich aus ihrem Haarband gelöst hat und ihm ins Gesicht hängt anzufassen und zurück zu streichen. Der Drang ist groß, ihre zarte Haut an ihrer Wange zu streicheln… diese samtig weichen Lippen zu berühren. Zu gerne würde er ihre Lippen spüren und er ist über sich selbst schockiert, dass er bereits solche Gedanken hegt. Er spürt das Gefühl jetzt deutlich… aber sein Kopf sagt ihm das Gegenteil. Er darf es nicht zulassen!
Keiner von ihnen beiden wagt es, sich zu rühren, oder sie sind unfähig dazu. Gebannt starren sie einander an und die Zeit scheint still zu stehen. „G…Gajeel… ich…“, setzt Levy an und in Gajeel zieht sich so ziemlich alles zusammen. Ihr Tonfall, diese glänzenden Auge, dieser sinnliche Mund und dieser rote Schimmer in ihrem Gesicht, bringen ihn noch um den Verstand. Er weiß genau was sie im Begriff ist zu tun und er fürchtet sich vor dem was sie am Ende sagen könnte, gerade weil er es nicht zulassen kann.
Als sie Tür der Bibliothek mit ihrem typischen Quietschen aufgeht, ist der Bann dieses magischen Momentes gebrochen und Mirajanes fröhliche Stimme hallt durch den Raum. Sie bringt ihr Abendessen und ruft sie gerade dazu auf, nach vorne zu kommen.
Levy stoppt sofort in ihren Worten und senkt beschämt den Blick. Ein kaum merkliches seufzen, das fast ein wenig erleichtert klingt verlässt ihre Kehle, während sie sich vorsichtig von ihm erhebt und auf die Beine kommt. „Danke... fürs auffangen…“, flüstert sie leise und hält ihm ihre Hand hin um ihm aufzuhelfen. „Pass in Zukunft besser auf…“, antwortet er ihr tonlos und nimmt eher der Höflichkeitshalber ihre Hand an, um aufzustehen.
Schweigend sammelt Levy die Bücher, die auf dem Boden verstreut liegen ein, während Gajeel die Leiter wieder aufstellt. Eine seltsame Kälte kriecht in ihm hoch, als ihm bewusst wird, wie weit er bereits in diesem Chaos der Gefühle verstrickt ist. „Mission… sie ist nur… eine Mission…“, redet er sich immer wieder aufs Neue ein, während er ihr noch mit den Büchern hilft und anschließend mit ihr gemeinsam zu Abend isst.
Levy hat seit dem Vorfall kaum mehr ein Wort verloren. Nur das Nötigste und nur noch im Bezug auf die Prüfung. Die Stimmung zwischen ihnen, ist mit einem mal wie eingefroren. Sie hängen ihren Gedanken nach und weichen ihren Blicken aus, wenn diese sich zufällig begegnen. Es ist, als wären sie noch immer wie gelähmt.
Es ist bereits dunkel als Gajeel sie an den Stufen zu Fairy Hills abliefert und ihr ein eingerolltes Bündel in die Hand drückt. „Gib das bitte Juvia wenn du sie siehst…“, hat er tonlos gesagt. „Sie soll mir das nähen wenn sie Zeit hat…“, hängt er dem an als er ihren fragenden Blick bemerkt und wendet sich von ihr ab um zu gehen.
„I… ich fürchte sie ist gar nicht da… sie ist wohl schon am Anfang der Woche mit Lisanna zu einem Traininsgsort aufgebrochen…“, erklärt Levy schüchtern und hängt ein: „Ich glaub nicht dass sie noch vor der Prüfung zurück kommt…“, an. Gajeel hält in der Bewegung inne und scheint zu überlegen, immerhin ist es sein Lieblingsshirt das beim heutigen Training kaputt gegangen ist. „Na auch egal… eilt ja nicht“, meint er dann fast schon desinteressiert darauf und will sich wieder in Bewegung setzen.
„U…und wenn ich es… für dich nähe?“, erhebt Levy erneut ihre Stimme und sie kann nur mit Mühe und Not dieses zittern darin mit einem Lächeln vertuschen. Aus irgendeinem Grund kommt ihr Gajeel seit ihrem Sturz von der Leiter so anders, so seltsam vor. Er ist so kühl und schweigsam und es behagt ihr nicht, wenn sie einen kurzen Blick in diese plötzlichen sorgenvollen Augen werfen kann.
„Kannst du denn nähen?“, fragt Gajeel sie, schaut über seine Schulter zu ihr zurück und begegnet direkt ihren geweiteten Augen. „A…also… ich… das kommt auf einen Versuch an…“, kommt es von ihr kleinlaut, während sie ihren Blick auf sein Shirt senkt. „A… aber ich würds gerne versuchen… immerhin… sind wir Partner… und Juvia… hat im Moment bestimmt keinen Kopf dafür…“, beginnt sie stammelnd zu erklären und hält inne als sie Gajeels grinsen vernimmt.
„Na meinetwegen, versuchs ruhig… schlimmer kanns ja nicht werden“, grinst er sie an und wendet seinen Blick wieder von ihr ab. Er erträgt es nicht, in ihr jetzt wieder aufrichtig lächelndes Gesicht zu sehen. Sie sind Partner… da hat sie Recht. Und sie sind nur jetzt wegen der Prüfung Partner… danach wird das alles ein Ende finden. Er braucht also nicht mehr lange durch zu halten. Er muss sich nur beherrschen, das ist alles.
„Geh früh schlafen und wehe du schlägst noch ein Buch auf!“, ermahnt er sie noch und wendet sich von ihr ab ehe er mit einem „Ich hol dich dann ab…“, den Rückweg antritt. Levy antwortet ihm mit einem knappen „Ja“ ehe sie ihm noch eine Weile nachsieht. Gajeel spürt ihre Blicke wie Dolche in seinem Rücken, doch er widersteht dem Drang sich nach ihr um zu wenden.
„Tz…“, entfährt es ihm und er beschließt noch ein Extra Training in den nahen südlichen Bergen einzulegen. Er muss einen klaren Kopf bekommen! Sich abreagieren und sich wieder auf das eigentliche Ziel bewusst werden. Die Prüfung ist im Moment das Einzig wichtige und ab jetzt wird er nur noch daran denken, nimmt er sich jedenfalls vor. Doch fragt er sich, ob er seit dem Vorfall in der Bibliothek nicht doch etwas zu kalt zu ihr ist. Er spürt ihre Unsicherheit die sie seitdem hat nur zu genau und er sieht dass es ihr nicht behagt. Aber da würde sie durch müssen… genau so wie er.
Als er den Sola Baum am Stadttor passiert, lässt er erneut die Geschehnisse von damals Revue passieren und sein Entschluss, sich wieder von ihr zu Distanzieren verfestigt sich um eines mehr. Egal, wie sehr er ihre Nähe in der letzten Woche zu schätzen und zu suchen gelernt hat, er würde diesen wirren Gefühlen nicht unterliegen. Nie im Leben hätte er gedacht, dass er jemals so etwas wie Zuneigung für jemanden empfinden könnte. Er hat es zuvor nicht gebraucht… und er würde es auch in Zukunft nicht brauchen. Die Nähe einer Person, die ihm mehr bedeutet als ein Freund oder Kamerad.
Levy hat sich bald von ihrem Platz auf der Treppe gelöst und ist im inneren des Mädchenwohnheims verschwunden. Nachdem sie ihre Tasche auf ihrem Schreibtisch abgestellt hat, schnappt sie sich ihren Pyjama und verschwindet im Badezimmer wo sie sich die Badewanne einlässt.
Nur wenig später und frisch gewaschen, lässt sie sich wohlig seufzend in das angenehm warme Wasser gleiten und lehnt sich genießerisch an den Rand der Wanne zurück. Mit überstrecktem Nacken, legt sie ihren Kopf auf den Rand und leert ihre Gedanken. Sämtliche Notizen und Formeln in ihrem Kopf, schiebt sie beiseite und landet fast schon automatisch mit ihren Gedanken wieder bei Gajeel.
Seit der Sache in der Bibliothek, seitdem sie ihm so nahe war, seinen Herzschlag gehört… nein… fast schon gespürt hatte… schleicht er sich immer wieder häufiger in ihre Gedanken. Sofort beginnt ihr Herz wieder heftiger zu schlagen und ihr Gesicht bekomme einen dunkleren Touch. Wenn sie sich die ganze vergangene Woche in Erinnerung ruft… ist viel passiert.
Ihre Leistungen haben stark zugenommen, das Training ist also erfolgreich verlaufen. Jedenfalls erfolgreicher als sie zu hoffen gewagt hat. Und sie ist, wider erwarten, Gajeel näher gekommen als sonst jemand. Heute hat er ihr sogar etwas aus seiner Vergangenheit erzählt und dafür ist sie sehr dankbar. Sie weiß doch dass er sonst nicht viel von sich preis gibt, umso mehr hat sie sich gefreut, dass er ihr etwas von Metalicana erzählt hat.
Allerdings hatte sie kurz nach dem Gespräch auch das Gefühl, ihm mit ihren direkten Fragen etwas zu nahe getreten zu sein. Jedenfalls machte er einen Gedankenversunkenen Eindruck auf sie und sie vermutete, dass es mit seiner Vergangenheit zu tun haben könnte. Sie war wirklich nur neugierig, wollte von ihm selbst hören wie er es erlebt hatte mit einem Drachen zu leben. Sie wollte wirklich nicht dass er sich deswegen schlecht fühlte.
Anders betrachtet, bewies ihr sein Verhalten nur, dass er seinen Ziehvater doch gerne wieder sehen würde. Er vermisst ihn mehr, als er zugibt und grade jetzt muss Levy sich vor Augen führen, was er etwa durchgemacht haben muss, als er auf einmal vollkommen alleine war.
Ohne Vorwarnung zurückgelassen… und man ist unfähig etwas dagegen zu unternehmen. Irgendwie, kann sie dieses Gefühl nachvollziehen. Als ihre Eltern damals verstarben, traf es sie genauso unvorbereitet. Eine Welt ist damals für sie zusammen gebrochen und sie ist der Ansicht, dass es für Gajeel, Natsu und Wendy auch so gewesen sein muss.
Levy weiß nun nach dieser Woche mit ihm, dass unter dieser rauen Schale, die Gajeel immer vorgibt, doch ein weicher Kern schlummert. Nur wagt er nicht ihn zu zeigen. Diese Tatsache bestärkt ihre Gefühle nur und sie hat für sich selbst einen Entschluss gefasst.
Wenn sie die Prüfung wirklich besteht, denkt sie ernsthaft darüber nach es ihm zu sagen. Ihm zu sagen, was sie von ihm denkt und wie sie fühlt. Ob und wie sie jedoch den Mut dazu aufbringen soll, weiß sie noch nicht. Im Moment steht ihre Prüfung aber an erster Stelle. Erst wenn sie die hinter sich gebracht hat, wird sie weiter darüber nachdenken.
Mit diesem Entschluss, versucht sie nun ihre Gedanken wieder zu leeren und sich noch etwas zu entspannen ehe sie ihre Tasche für morgen packen würde und sich, wie Gajeel ihr geraten hat, schlafen zu legen. Der Zug mit dem sie Beide nach Hargeon fahren würde, fährt um drei Uhr früh ab, das ist in wenigen Stunden. Bis dahin will sie noch etwas Schlaf finden und möglichst nicht verschlafen, immerhin holt Gajeel sie ab und er hasst es zu warten, soviel weiß sie mittlerweile.
Wie Levy schon selbst befürchtet hat, gelingt es ihr nicht die Bücher wirklich verschlossen zu lassen. So hat sie nach dem Bad noch ihre Haare getrocknet und ihre Tasche für morgen gepackt. Sie legt sich gerade ein paar Bücher auf ihren Schreibtisch und greift gerade nach einem Band, welcher auf ihrem Fensterbrett liegt.
„Uwaah!!!“, schreit sie zu Tode erschrocken auf, als ihr Blick dabei in das mit düsteren Schatten überzogene Gesicht von Gajeel fällt, ehe sie mit einem Satz vom Tisch wegfährt. Gajeel vor dem Fenster, hält sich das Ohr zu und klammert sich am Fensterrahmen fest um nicht am Ende noch runter zu fallen, während sich Levy heftig keuchen von diesem Schrecken erholt. Mit vor der Brust, in der ihr heftig schlagendes Herz ihr fast aus der Brust zu springen droht, verkrampften Händen geht sie einmal tief durchatmend wieder auf ihr Fenster zu und öffnet es mit zu schlitzen verformten Augen.
„Was machst du da draußen?! Wie lange beobachtest du mich schon?!“, funkelt sie Gajeel an, der das öffnen des Fensters wie ein „Bitte, komm doch rein“, deutet und einfach in ihr Zimmer kommt. „Nicht so lange, aber sag mir lieber was du hier machst?“, erklärt er und deutet anschließend auf ihren Schreibtisch hinter ihm. „Haben wir nicht abgemacht dass du heute kein Buch mehr anrührst?!“, kommt es von ihm, während er seine Arme vor der Brust verschränkt und sie streng mustert. „Also ich hab noch was vergessen zu…!“, will Levy sich verteidigen, als ein lautes Klopfen sie aus dem Konzept bringt und Gajeel zu Stein erstarren lässt.
„Levy, ist alles in Ordnung?“, es ist Erzas sorgenvolle Stimme, die durch die Tür in Levys Zimmer dringt. „Ich habe einen lauten Schrei gehört…“, hängt sie dem an und wartet Levys Antwort ab, die unterdessen kalkweiß geworden ist. „Äh…also… also äh… t… tut mir leid! I… ich hab… mich nur erschreckt… da… da war eine… große Spinne!“, erklärt sie stammelnd und völlig durcheinander, während Gajeel hektisch nach einem geeigneten Versteck Ausschau hält.
Mit einem genervten Stöhnen erhebt er sich von seiner Bauchlage, weil er versucht hat unter das Bett zu kriechen. Doch da hätte er nie im Leben Platz darunter… Levy scheint diesen Platz als Aufbewahrungsort für noch mehr Bücher zu verwenden. Als er aufsteht, schlägt er sich auch noch den Kopf an Levys Stehlampe und wirft diese um. Das laute Scheppern und sein Ächzen bleiben Erza vor der Tür nicht verborgen.
„Ist wirklich alles in Ordnung? Was ist denn das für ein Krach bei dir?“, erkundigt sie sich erneut und sie klingt als wäre sie kurz davor einfach ins Zimmer zu kommen. „Es ist nichts... wirklich! I… ich versuch nur… diese Spinne zu erwischen… i… ich hab sie bestimmt gleich…“, redet Levy weiter und wirft Gajeel, mit einer energischen Bewegung und einem eindringlichen Gesichtsausdruck, einfach ein Buch entgegen das er gerade noch so auffangen kann, allerdings kippt er dabei hintenüber und schlägt mit dem Hinterkopf gegen die Wand, an der er gerade gehockt hat.
„So! Ich hab sie!“, kommt es von Levy anschließend triumphierend. „Tut mir leid dass ich so einen Lärm gemacht habe…“, redet sie an die Tür gewand und Erza lässt sich tatsächlich davon beruhigen. „Also gut… wenn wirklich nichts ist… dann schlaf gut…“, kommt es nach einer Weile von Erza, die nicht wirklich überzeugt klingt und im nächsten Moment verklingen ihre Schritte auf dem Gang. Eine Tür, nicht unweit von Levys Zimmer entfernt, wird geöffnet und wieder geschlossen. Erza ist weg.
„Puh…“, schnauft Levy durch und lässt sich auf die Bettkante sinken, während Gajeel sich den Hinterkopf reibt und sich langsam wieder erhebt. „Mann ist das anstrengend bei euch…“, murrt er in sich hinein und legt das Buch auf den Tisch. „Warum kommst du auch mitten in der Nacht her?“, kommt es von Levy, die ihn aus schmalen Augen ansieht, lauernd. „Ich wollte mich nur vergewissern ob du tust was ich gesagt hab… und was seh ich?“, erklärt er sich und deutet wieder auf ihren Schreibtisch.
Eigentlich, ist er nur durch Zufall noch mal her gekommen. Auf seinem Rückweg von diesem Extra-Training, hat er eine andere Route eingeschlagen und ist nahe des Waldes zu Fairy Hills wieder zurückgekommen. Er hat in ihrem Fenster noch Licht gesehen und da hat er eben vermutet dass sie wieder die Bücher offen hat. Und was muss er sehen als er durch ihr Fenster späht? Offene Bücher.
Davon abgesehen, hat er während er sich abreagiert hat, erkannt dass er nach diesem Vorfall wirklich zu kalt und abweisend zu ihr war. Am Ende würde sie sich nun deswegen Gedanken machen und sich nicht voll und ganz auf die Prüfung konzentrieren können. So hat er spontan entschlossen sie noch mal aufzusuchen. Was er ihr allerdings sagen wollte, hat er zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst und er weiß es auch jetzt noch nicht.
„Du wirst es übertreiben wenn du so weiter machst… du weißt alles was du für die Prüfung wissen musst. Alles Weitere kannst du mir überlassen hab ich gesagt…“, erklärt er grummelnd und beobachtet Levy wie sie von ihrem Bett aufsteht und zum Tisch geht.
„Jaja… schon gut… ich räum sie ja schon weg…“, kommt es von Levy einsichtig, die ihre Bücher wieder zusammen stapelt und ins Regal schiebt. „Du bist ganz schön streng muss ich sagen…“, murrt sie darauf schmollend und schaut zu ihm auf, als sie neben ihm steht. Ihre Augen funkeln wieder so schön und ihr Haar duftet wieder so herrlich frisch nach Pfirsichen, dass es Gajeel den Atem verschlägt.
„Äh… also… was ich sagen wollte…“, druckst Gajeel plötzlich herum und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Mach dir keine Gedanken wegen morgen… wird schon schief gehen…“, linst er zu ihr nach unten und schluckt einmal schwer. Ihr Anblick lässt die Hitze wieder in seine Wangen klettern und er versucht es so gut er kann nieder zu kämpfen. Ihr knapper Schlaf-Pyjama ist dabei allerdings nicht wirklich hilfreich.
„Also dann! Sieh zu dass du schlafen kannst und wehe du verpennst!“, ermahnt er sie ein letztes mal und wendet sich mit der Drohung sie einfach aus dem Bett zu schmeißen, sollte sie noch schlafen wenn er sie abholen kommt, von ihr ab und steigt aus dem Fenster.
„Gajeel…“, spricht die Script-Magierin ihn an und schaut mit strahlenden Augen und einem Lächeln im Gesicht zu ihm auf. Gajeel wendet sich nur mit einem „Mh?“ zu ihr um und erliegt erneut ihrem Anblick. „Danke…“, flüstert sie schüchtern lächelnd, ehe sie ihn mit einem schlichten „Gute Nacht“ verabschiedet.
Gajeel nickt darauf nur und hätte sich beim verlassen ihres Fensterbrettes fast an der Mauerkante verhaspelt und wäre beinahe vollends runter gestürzt. Um Gleichgewicht ringend, schafft er seinen Absprung, landet aber nur halb so präzise und elegant wie sonst und nimmt auf seinem Steißbein platz, das noch vom heutigen Training angeschlagen ist.
Levy ist sofort am Fenster und schaut besorgt zu ihm nach unten. „Ist dir was passier?“, ruft Levy im Flüsterton. „Nein…“, knurrt Gajeel nach oben und rappelt sich auf. „Geh jetzt schlafen!“, hängt er seinen Worten zerknirscht an, ehe er sich abwendet und mit einer Hand an seinem Kreuz und mit deutlichem Hinken von dannen zieht. Levy schmunzelt in sich hinein, während sie ihm mit geröteten Wangen nachschaut. „Ach Gajeel…“, seufzt sie verliebt und lächelt. Er ist scheinbar extra noch mal her gekommen weil er sich Gedanken um sie macht. Er muss ihre Nervosität und ihre Unsicherheit wohl doch bemerkt haben.
Als Levy die Vorhänge zuzieht, ertönt wieder ein klopfen an ihrer Zimmer. „H…herein?“, wendet sie sich irritiert um und geht der Tür entgegen. Es ist Erza die die Tür öffnet, eintritt und hinter sich schließt. „Mh…“, macht sie und schaut Levy mit undefinierbarem Blick an. „Ich dachte immer Spinnen haben acht Beine… diese hier hatte wohl nur zwei…“, lächelt die Rothaarige und Levy zuckt ertappt zusammen.
„D… du h…hast doch nicht etwa gelauscht, Erza?“, kommt es von Levy die an die Höflichkeitsregeln appelliert. Erza kneift dabei nur ein Auge zu und lächelt sie an. „Mh… sagen wir… er war laut genug…“, meint sie und tritt auf Levy zu, die sie immer noch mit einem seltsamen Grinsen im Gesicht ansieht. „Sieh an sieh an… unsere Levy hat also Männerbesuch… wer hätte das gedacht?“, neckt die Ältere sie und Levy wird ganz rot im Gesicht.
„E…es ist bei weitem nicht so wie es scheinen mag!“, sprudelt es aus ihr heraus, während sich ihre Finger um ihren Shirtsaum verkrampfen und sie betreten zu ihr aufschaut. „Wie lang geht das schon so?“, fragt Erza, deren Lächeln einem ernsten Ausdruck platz gemacht hat. „Na ja… eigentlich… war er heute das erste Mal mitten in der Nacht hier…“, erklärt Levy ehrlich und knibbelt an ihrem Shirt herum. „U…und es ging nur um die Prüfung… er… er gibt sich ziemliche Mühe…“, hängt sie ihren Worten an und schaut, immer noch mit deutlich roten Wangen, zu Erza auf.
„Ich weiß… ich hab es von Mira gehört…“, lächelt Erza nun wieder und lässt sich einfach auf Levys Bettkante nieder. „V…von Mira?“, hackt Levy irritiert nach. „Ja… wir sind immerhin das Prüfungskomitee…“, zeigt Erza mit einem Finger auf und klingt dabei ganz stolz. „Es ist unsere Aufgabe euch zu beobachten und glaub mir… wir sehen ALLES…“, erzählt die S-Rang-Magierin und klingt dabei fast ein wenig diabolisch. „W…wirklich alles…?“, stammelt Levy kleinlaut und denkt wieder an die Sache in der Bibliothek. „Na ja… fast…“, schmunzelt Erza nun. Sie hat schon begriffen warum Levy derart durch den Wind ist.
„Du hast Sympathien für ihn?“, fragt sie direkt und Levy läuft dabei noch röter an, wenn das denn überhaupt noch möglich ist. „N…nein… also… nein! So… ist das nicht…“, stammelt die Script-Magierin wieder und setzt sich ebenfalls auf die Bettkante. „Er… ist nur ganz anders… als ich immer gedacht hab… er ist… nett… wenn er sich zusammenreißt…“, erklärt sie unbeholfen und punktet ihre Zeigefinger ohne auch nur zu Erza aufzusehen. Sie kann ihr einfach nicht ins Gesicht sehen.
„Ach herrje… da hat es jemanden aber ganz schön erwischt…“, kichert Erza und linst zu Levy hinab, deren Kopf zu ihr herum ruckt. „Nein… ich sagte doch… so ist das nicht!“, begehrt sie auf, doch Erza weiß was sie sieht.
„Schon gut… belassen wir es dabei…“, lächelt sie mild und tut es damit ab. Sie kann sich denken dass Levy im Moment nicht so wirklich darüber reden will. Laut Miras Erzählungen ist es erst seit ein paar Tagen auffällig und wer weiß wie viel Mira sich selbst dazu reimt. „Ich rate dir, dass du dich als erstes auf die Prüfung morgen konzentrierst… und dann denkst du über deine Gefühle nach…“, kommt es von Erza neutral. Levy bringt kein Wort darauf über ihre Lippen. Genau das hat sie nämlich ohnehin vor. „Und ganz egal ob du nun Gefühle für ihn hast oder nicht… lass dir nichts von ihm gefallen, verstanden?“, lächelt die Rothaarige verständnisvoll und streicht Levy kurz über den Kopf.
Aus irgendeinem Grund, hat sich Erza schon immer für ihre jüngeren Mitbewohnerinnen eingesetzt und ist die große Schwester gewesen. „Danke… Erza…“, flüstert Levy und lehnt sich auf Erzas Zug hin ein wenig an ihre Schulter. „Und wenn er frech wird… ein Wort genügt und ich blase ihm so den Marsch bis er nicht mehr weiß wie er heißt!“, fügt Erza ihren Worten grinsend hinzu. „Das kann ich mir vorstellen…“, kichert Levy dabei, während sie sich dieses Szenario bildlich vorstellt.
„So… nun tu brav was er gesagt hat…“, weist sie Levy noch darauf hin und tätschelt ihr ein letztes mal auf den Kopf, ehe sie sich vom Bett erhebt. „Sieh zu dass du Schlaf findest damit du morgen fit bist“, rät sie ihr noch und geht zur Tür. „Wir sehen uns dann bei der Prüfung… alles Gute…“, lächelt sie zum Abschied und Levy bedankt sich lächelnd bei ihr. „Und über die Strafe weil du einen Mann im Zimmer hattest, reden wir nachher…“, denkt Erza plötzlich auf und Levy fährt in sich zusammen. „Was?!“, braust sie verzweifelt auf und Erza kann sich ein auflachen nicht verkneifen. „War nur Spaß… gute Nacht“, zwinkert sie ihr zu und verlässt ihr Zimmer. Levy bleibt mit einem gerührten Lächeln zurück und nimmt sich ihre Ratschläge zu Herzen.
Erza geht unterdessen in ihr Zimmer und packt ihre Sachen. Es ist genau wie Mira ihr gesagt hat. Die Bardame hatte hinter der Theke den besten Platz um alles genau zu überblicken und da Gajeel und Levy fast jeden Tag in der Bibliothek waren, hat sie sie gut beobachten können. Laut Mira hat sich Gajeel ziemlich in der letzten Woche bemüht und verändert. Sie ist sogar der Meinung dass sich seine Veränderungen sogar noch langhaltig bemerkbar machen würden. Sie hat den Dragon Slayer jedenfalls noch nie so aufgeschlossen und sogar fürsorglich erlebt.
Und wie Erza so eben überprüft hat, behält Mira sogar mit ihrer Vermutung Recht. Levy ist scheinbar in den Dragon Slayer verliebt… und wenn sie Miras Worten auf ihre weiteren Erzählungen auch glauben schenken kann, so scheint Gajeel ebenfalls nicht abgeneigt zu sein. Jedenfalls meint Mira, dass ihr da so manche Dinge an ihm aufgefallen waren die ihn verdächtig machen.
Auch wenn Erza sich deswegen Sorgen macht, sie kann Levys Gefühle durchaus nachvollziehen und verstehen. Der, den sie mag, denn sie weiß nicht ob sie es wirklich Liebe nennen kann,… sitzt im Gefängnis weil er viel Schlimmes getan hat. Gajeel ist auch kein unbeschriebenes Blatt, aber scheinbar hat er noch früh genug die Kurve gekriegt und er scheint sich wirklich zum Besseren verändert zu haben. Sie hofft es zumindest sehr. Sie selbst traut ihm zwar immer noch nicht ganz, aber sie hofft es für Levy.
Er sollte sich gut überlegen ob er Levy verletzen will. Erza spielt ernsthaft mit dem Gedanken ihn darauf anzusprechen, aber eigentlich mischt sie sich ungern bei solchen Dingen ein. Sie würde die Situation einfach weiter beobachten und eingreifen, wenn es von Nöten sein sollte. Im Moment, steht die Prüfung im absoluten Vordergrund und das wissen auch die Prüflinge, hofft sie zumindest.
Mit schweren und fast schon ferngesteuerten Schritte, schleppt Levy sich hinter Gajeel her. Er hat sie wie geplant, an den Stufen zu Fairy Hills abgeholt und sie war pünktlich! Aber die Zeit, die sie mit schlafen verbringen konnte, war leider viel zu kurz.
Nachdem Erza gegangen war, hat sich Levy tatsächlich ins Bett zum schlafen gelegt. Aber schon bald schweiften ihre Gedanken wieder zu diesem Dragon Slayer ab, über den sie mit Erza auch gesprochen hatte. Die Geschehnisse der vergangenen Tage, schoben sich ebenfalls in ihre Erinnerungen und dazu musste sie auch ständig an die Prüfung denken. Die Nervosität, hatte also erneut von ihr besitz ergriffen und alle Codes und Formeln die sie in den letzten Tagen gelernt hatte, waren auf einmal wirr und unvollständig in ihrem Gedächtnis. Eine gute halbe Stunde lang, hatte sie sich also nur hin und her gewälzt und keinen Schlaf gefunden.
Mit einem genervten Schnauben hatte sie dann die Decke zurück geschlagen und war mit ein paar Schritten an ihrem Regal, wo sie ein Buch über Nähhandwerk herauszog. In wenigen Minuten hatte sie sich das Wissen des dicken Bandes, mit Hilfe ihrer Schnell-Lese-Brille, angeeignet und sogleich ihr Nähkästchen, das sie allerdings nur für Notfälle besitzt, hervor geholt. Mit einer eingefädelten Nadel und Gajeels Shirt, hatte sie sich anschließend im Schneidersitz auf ihr Bett gesetzt und ihr Werk begonnen.
Sie hatte alles nötige darüber gelesen, doch die Praxis war eine ganz andere Sache, stellte sie bald fest. Nicht nur einmal, hatte sich der Faden verknoten und war gerissen, sodass sie wieder von vorne anfangen musste. Es dauerte länger als gedacht und als ihr das Ergebnis beim ersten Mal selbst nicht gefiel, hatte sie es wieder aufgetrennt und wieder von vorne begonnen.
Eine geschlagene Stunde später und mit zwei Pflastern an ihren Fingern, da sie sich übel gestochen hatte, besah sie sich ihr Werk und sie war zufrieden. Es sah nicht schlecht aus und da sie das längliche Loch von innen vernäht hatte, konnte man es von außen kaum sehen. Außer man wusste wo es sich befand.
Anschließend hat sie das Shirt in ihren Händen noch lange angestarrt, ehe sie sich dem Drang hingab und das Kleidungsstück fest an sich gedrückt hatte. Es war zwar gewaschen, aber sie meinte seinen Geruch trotzdem noch daran wahr zu nehmen, als sie ihre Nase in den dunklen Stoff vergrub. Oder war es nur die Erinnerung des heutigen Tages? Als sie ihm auch so nahe war, dass sie seinen Geruch eine ganze Zeit lang nicht mehr aus der Nase bekam?
Sie hatte sich dann vorgestellt wie es wohl sein mochte, von diesen starken Armen, die sie heute über die blanke Felswand nach oben gebracht hatten, festgehalten… oder umarmt zu werden? Wie es wohl ist, sich in seine Arme und an seine breite Brust zu schmiegen?
Als sich Levy ihrer unanständigen Gedanken bewusst wurde, war sie knallrot angelaufen und ihr Griff verkrampfte sich nur noch mehr um den Stoff. „Die Prüfung… ich darf mich jetzt nicht ablenken lassen!“, hatte sie sich verbissen vorgenommen und noch im selben Moment gewusst, dass sie gegen ihre Gefühle nichts machen konnte.
Zu beginn der Woche, hat sie es noch für eine bloße Schwärmerei gehalten. Jetzt weiß sie, dass sie sich wirklich verliebt hat. In ihn… den unnahbaren, immer distanzierten und grobschlächtigen Eisen Dragon Slayer, der jetzt vor ihr geht und ihr sogar ihre Tasche trägt.
Mit von der Kälte, geröteten Nase und Dampfwolken ihres heißen Atems vor ihrem Gesicht, folgt sie ihm und versucht ihre Schritte etwas zu beschleunigen. Wie so immer, schlägt er ein etwas schnelleres Tempo an, aber sie merkt auch deutlich dass er durchaus auf sie wartet und nicht so losstürmt, wie er es normalerweise tun würde.
„Was ist los?“, wendet Gajeel sich zu ihr um. „Hast du schlecht geschlafen?“, hängt er seinen Worten an und hält ihr die Tür zum Bahnhof auf. „Nein… nur zu wenig um ehrlich zu sein…“, antwortet sie ihm wahrheitsgetreu und hofft dass er jetzt nicht sauer wird. Immerhin hat er ihr doch aufgetragen, schlafen zu gehen. Wenn er jetzt erfährt dass sie von 7 nur noch 4 Stunden schlaf gefunden hat, wird er bestimmt wieder mit ihr schimpfen.
„Wohl die Aufregung was?“, vermutet er allerdings nur und Levy linst doch etwas überrascht zu ihm auf. „Zugegeben… die Nacht war kurz…“, hängt er dem an und steigt nach ihr in den Wagon des Zuges. Sie hätte nicht gedacht dass er es zugeben würde, wenn er auch zu wenig Schlaf bekommen hätte. Sie hat wirklich mit einer Standpauke von ihm gerechnet, doch dann fällt ihr ein, dass es ihm vielleicht doch ähnlich geht wie ihr. So eine Prüfung ist auch kein Spaziergang und er hat eine Verantwortung übernommen als er ihr Partner wurde. Vermutlich bereitet ihm das jetzt Kopfzerbrechen.
„Mach dir keine Gedanken… gemeinsam werden wir das schon machen!“, hat sie versucht unter ihrem müden Erscheinungsbild, zuversichtlich und ermutigend zu klingen. Gajeel, der gerade in ihr Abteil geht und seine Tasche verstaut, hält in der Bewegung inne und schaut zu ihr nach unten. „Genau das will ich hören“, hat er lediglich darauf gesagt und sie dabei angegrinst.
Levy stellt ihre Tasche ab und wühlt darin. „Hier…“, kommt es von ihr leise und fast ein wenig schüchtern, als sie ihm sein Shirt hinhält. „Was? Schon fertig?“, zieht er überrascht eine Augenbraue hoch und nimmt es entgegen. „Mh… sieht gar nicht übel aus…“, kommentiert er, nachdem er ihre Arbeit begutachtet hat. „Hast du gut hingekriegt…“, lobt er sie und tätschelt sie am Kopf. „Freut mich…“, lächelt Levy und aus irgendeinem Grund, macht ihr diese Geste gar nicht mehr so viel aus wie zu Anfang. Früher kam sie sich immer etwas veräppelt dabei vor, jetzt beginnt es ihr zu gefallen.
„W…was machst du denn?!“, fährt sie von ihm weg und hält sich die Augen zu. Gajeel hat einfach sein Shirt ausgezogen und steht nun mit entblößtem Oberkörper vor ihr. „Na was wohl? Ich zieh es an…“, antwortet er und schlüpft in sein dunkelblaues Lieblingsshirt. Er hätte nicht gedacht dass er es noch zur Prüfung tragen kann. Irgendwie trägt er es gerne weil es bequem ist und er die Farbe mag. Und er hat fast das Gefühl, dass es ihm bis jetzt immer Glück gebracht hat. „K…kannst du dafür nicht in die Toilette gehen?“, tadelt Levy ihn und Gajeels typisches Grinsen erfüllt das Abteil. „Oh Mann… warum stellst du dich so an? Da ist kaum noch was, was du noch nicht gesehen hast…“, weist er auf den See oder den Onsen hin, in dem sie beide gemeinsam waren und da hatte er bis auf seine Badehose oder das Handtuch auch nichts an.
Levy weiß selbst nicht warum sie so einen Aufstand deswegen macht. Vielleicht ist es die Tatsache dass sie ihn jetzt mit anderen Augen sieht? Die Tatsache… dass sie sich in ihn verliebt hat? „N…na, es gehört sich einfach nicht und Punkt!“, rechtfertigt sie sich auf seine Frage und spielt so gekonnt über ihre Verlegenheit hinweg. Die Erinnerung an ihre Vorstellungen, wie es wohl sein möge sich in seine Arme zu schmiegen, sind doch ziemlich frisch und lässt sie knallrot anlaufen. So wendet sie sich von ihm ab und tut als wäre sie mit ihrer Tasche beschäftigt um ihm bloß nicht in die Augen sehen zu müssen.
„Also ich werde die Frau wohl nie verstehen…“, denkt sich Gajeel amüsiert und schnallt seinen Gürtel zufrieden fest. In dieser Aufmachung fühlt er sich doch am wohlsten und wird ihr umso besser beistehen können. Mit einem grinsen im Gesicht nimmt er ihr die Tasche, die sie gerade versucht hat selbst nach oben in das Fach zu befördern und übernimmt das für sie.
Nachdem ihre Taschen verstaut sind, begibt sich Gajeel gleich auf die Suche nach dem Speisewaagen um für sie Beide noch ein verfrühtes Frühstück aufzutreiben. Aber bis auf Tee, Kakao und Kaffee, haben sie ihm noch nichts anbieten können. Als er mit einem Kaffee für sich und einem Kakao zum beruhigen für Levy, zurück in ihr Abteil kommt, fallen ihm fast die Becher aus der Hand.
„Da kehrt man dir einmal den Rücken und da geht das schon wieder los!“, wettert er los und stellt die Becher hastig auf dem kleinen Tischchen am Fenster ab. „Aber ich will mir das noch mal durchsehen!“, protestiert Levy, als Gajeel ihr einfach das Buch, das sie soeben aufgeschlagen hatte wegnimmt. „Nichts da! Du lässt die Bücher zu kapiert!“, funkelt er sie an und schlägt die anderen Bücher ebenfalls zu, stapelt sie übereinander und bringt sie für sie außer Reichweiter. „Aber ich…“, setzt Levy an, darf aber nicht ausreden. „Kein Aber! Ich schmeiß sie aus dem Fenster, ich scherze nicht!“, punktet er seinen Zeigefinger gegen ihre Stirn und Levy ist sofort still. Ihm traut sie einfach alles zu… auch dass er ihre wertvollen Bücher aus dem Zug wirft.
„Leere deinen Kopf!“, kommt es von ihm eindringlich. „Du verwirrst dich nur wenn du jetzt wieder lernst…“, hängt er dem an und hält ihr ihren Becher hin. Mit vorgeschobener Unterlippe und kurzem Blick zu ihm, nimmt sie den Kakao mit einem nicken entgegen und nippt daran. „Trinken! Klappe halten und dann wird geschlafen!“, der Befehlston mit dem er das sagt, lässt keine Widerworte zu und so versucht Levy es erst gar nicht.
Mit einem überforderten Schnauben, lässt sich Gajeel neben ihr auf den Sitz fallen und verbrennt sich fast an seinem Kaffee, woraufhin er in sich hinein flucht. „Vorsicht… heiß…“, warnt Levy ihn zu spät und ihm ist ihr provokanter Unterton nicht entgangen. „Klappe halten hab ich gesagt…“, murrt Gajeel zerknirscht und erntet nur ein freches Kichern von ihr. „Dieses kleine Biest…“, denkt er sich und lehnt sich in seinem Sitz zurück. Vielleicht würde er auch noch etwas Schlaf finden, ein Versuch kann immerhin nicht schaden.
So sitzen sie schweigend nebeneinander, schlürfen an ihren heißen Getränken und versuchen sich zu entspannen. Sie haben noch gute zwei Stunden Fahrt vor sich und die sollten sie möglichst damit verbringen sich noch auszuruhen ehe es wirklich ernst wird. Die Woche ist wie im Flug vergangen und sie haben sich gut vorbereitet. Am Ende dieses Tages, würden sie wissen ob sich ihr gemeinsames Training gelohnt hat. Am Ende der Prüfung, wird auch ihre gemeinsame Zeit ein Ende haben. Es wäre gut so, denkt er sich. Immerhin ist sie nur eine „Mission“ und er muss sich danach ohnehin wieder von ihr distanzieren. Egal wie sehr er ihre Anwesenheit genießt…
Ein fast schon sanfter Ausdruck liegt in seinem Gesicht, als er seinen Blick zu Levy hinab wendet. Sie ist schneller eingeschlafen als erwartet und lehnt nun mit ihrem Kopf gegen seine Schulter. Ihre Atemgeräusche sind leise und vertraut. Der Duft ihres Haares schlägt ihm wieder ins Gesicht und wenn es nach ihm ginge, könnte die Fahrt noch länger als zwei Stunden dauern.
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