5. Kapitel: 5. Tag – Zarte Gefühle
Ein herzhaftes Gähnen, ertönt aus Levys Richtung, ehe sie sich genüsslich streckt. Sie geht ein Stück hinter Gajeel her, der sie immer wieder zur Eile drängt weil sie sonst den Zug nach Magnolia verpassen würden.
„Die halbe Nacht Runen schreiben und dann nicht auf Touren kommen! Das hab ich schon gern!“, funkelt er wieder zurück und trifft auf ihren verschlafenen Blick. „Jetzt schimpf doch nicht gleich! In einem richtigen Bett hätte ich bestimmt besser geschlafen… so war es ziemlich unbequem…“, weist sie darauf hin und reibt sich wieder die Augen.
„Den Eindruck hatte ich auch…“, murrt Gajeel mehr zu sich selbst, aber laut genug damit Levy und Lily es auch hören können. „Tut mir Leid… Ich habe manchmal einen etwas unruhigen Schlaf“, erklärt Levy verlegen, denn dass sie ihm die Decke nicht nur einmal in der Nacht weggezogen hat, hat er ihr ja schon gesagt. „Wär mir gar nicht aufgefallen wenn du mir nicht deinen Ellenbogen ins Gesicht gerammt hättest…“, kommt es von Gajeel zerknirscht und doch provokant grinsend, als er sich an diesen nächtlichen Übergriff erinnert. „Ich hab doch schon gesagt dass es mir leid tut…“, kommt es von Levy, die ihn versöhnlich von unten herauf verlegen anlächelt.
„Der Typ der irgendwann das Bett mit ihr teilt ist arm dran…“, denkt er sich im Geheimen. Denn von dem Tritt, der nur knapp seine Kronjuwelen verfehlt hat, den Schlag gegen seine Rippen und dass sie ihn als Kuscheltier missbraucht hat, erzählt er ihr lieber nichts. Es ist ihm so schon peinlich genug.
Irgendwann mitten in der Nacht, wobei er zuvor noch gut geschlafen hatte, hatte er auf einmal das Gefühl schwer Luft zu bekommen. Ihm war, als würde etwas seine Brust zuschnüren. Er hatte daraufhin versucht, sich zu bewegen, konnte aber nicht. Der Grund dafür war Levy, die ihre Arme um seinen Brustkorb geschlungen hatte und sich fest an seine Seite gedrückt hatte. Ihr Bein klammerte sich dabei über seinen Oberschenkel und lag gefährlich eng zwischen seinen Beinen.
Gajeel gefror das Blut in den Adern und er war einfach stocksteif neben ihr liegen geblieben. Er hatte nicht gewagt sich zu rühren oder gar zu atmen, aus Angst sie könnte aufwachen und die Sache würde in eine noch peinlichere Richtung hin eskalieren. Überflüssiger Weise, hatten sich Levys Atemgeräusche auch noch in ein leises schnauben, einem Stöhnen ähnelnd gewandelt, was so einiges in ihm angesprochen hatte. Er ist auch nur ein Mann und deshalb war ihm das Einschlafen anschließend ziemlich schwer gefallen.
Aus seiner Sicht verhält sie sich mit einem Mal, viel zu unvorsichtig und naiv ihm gegenüber. Wie kann sie dieses, im Scherz gesprochene, Angebot nur annehmen und sich neben ihn legen. So „dicht“ neben ihn legen? Und dazu sieht sie auch noch so unverschämt niedlich und lieblich aus, wenn sie so ruhig neben ihm schläft.
Als er heute Morgen aufgewacht ist, hat sie sich wieder eng gegen seine Seite geschmiegt und ganz leise gewimmert. Ein zittern ging währenddessen über ihren Körper und die Gänsehaut auf ihren Armen und Schultern, signalisierten ihm, dass ihr kalt sein musste. Kurzerhand hat er ihr, seine Decke übergelegt und hat sich dann von ihrer Seite weggestohlen. Wohlbedacht sie nicht zu wecken, hat er sich leise erhoben und ist bei Lilys Blick auf ihm, erneut in eine kurze Starre gefallen. Mit einer unwirschen Geste und einem Finger ermahnend vor seinem Mund hat er Lily, der ihn schon wieder so seltsam angegrinst hat, angefunkelt und sich aufgemacht um Wasser für den Kaffee zu holen.
„Ich hoffe du hast den Rest der Nacht wenigstens gut geschlafen“, merkt Levy an und holt ihn wieder aus seinen Gedanken. „Ja! Hab geschlafen wie ein Stein!“, schießt es aus Gajeel hervor, der bei Lilys eindeutigem Grinsen leicht nervös wird. „Daher wirkt er auch so zufrieden…“, liegt Lily auf der Zunge, aber er verkneift sich diesen zweideutigen Kommentar lieber, als Gajeels Seitenblick ihn trifft. „Wir sollten uns beeilen, sonst ist der Zug weg!“, beginnt Gajeel im nächsten Moment wieder zu hetzen und beschleunigt seine Schritte, während Levy nur ein angestrengtes Seufzen entkomme. Aus irgendeinem Grund, erweckt Gajeel nicht gerade einen ausgeschlafenen Eindruck auf sie, auch wenn er das Gegenteil behauptet.
In Magnolia angekommen, trennen sich ihre Wege. Mit der Vereinbarung sich am Nachmittag in der Gilden-Bibliothek zu treffen, geht jeder von ihnen nach Hause um sich von der Mission zu erholen und für den neuen, halben, Trainingstag zu rüsten. Da sie am Tag etwas gefordert waren, haben sie beschlossen es heute etwas ruhiger angehen zu lassen. Sogar Gajeel entscheidet sich dafür, heute sein Solo-Training sein zu lassen um Schlaf nachzuholen, der ihm in der letzten Nacht versagt blieb.
Während sich Gajeel in seinem Apartment noch den ein oder anderen, zweideutigen und frechen, Kommentar von Lily anhören kann, hat sich Levy sofort in ihren Räumen in Fairy Hills, ins Badezimmer begeben. Nach einer langen und ausgiebigen Dusche, fühlt sie sich auch gleich viel besser und ausgeschlafen. Sie ist wieder voller Elan und Motivation, um sich an die Bücher zu setzen und zu lernen. Denn das ist ihr Ziel des heutigen Tages und als sie die Gilde betritt, bietet sich ihr ein Anblick den sie sich immer wünschen würde, wenn er doch nur nicht so abwegig wäre.
Jet, Gajeel und Droy sitzen, Barhocker an Barhocker, nebeneinander an der Theke und scheinen sich zu unterhalten. Aus der Ferne hat es fast den Anschein, als wären sie Freunde. Dass es sich um ein freundschaftliches Gespräch handelt, wagt sie allerdings zu bezweifeln, was sie leise seufzen lässt.
„Also, was wollt ihr zwei Gestalten von mir?“, kommt es von Gajeel ruhig, während er die Zeitung zuschlägt und Lily hinschiebt, der gerade genüsslich in eine Kiwi beißt. Schon eine ganze Zeit lang, hat er hier gesessen und auf Levy gewartet. Die Zeit hat er sich inzwischen mit einem Getränk und der Zeitung, in der ohnehin kaum was Interessantes zu lesen war, vertrieben.
Vor ein paar Augenblicken haben sich dann Jet und Droy zu ihm gesetzt. Seitdem er mit Lily die Gilde betreten hat, haben sie ihm schon ein Loch in den Rücken gestarrt und nun haben sie sich endlich her getraut. Wortlos haben sie die Barhocker zu seinen Seiten hervor gezogen und sich einfach gesetzt. Jeder hat sich noch etwas bei Mirajane bestellt und so haben sie ruhig ausgeharrt, bis sie die Bestellung vor sich stehen hatten.
„Hoffentlich machen die sich das nicht zur Gewohnheit…“, denkt er sich genervt und nimmt einen Schluck aus seinem Krug. Gajeel weiß nur zu genau, was sie von ihm wollen und so sieht er sich gezwungen, dieses leidige Gespräch, wohl oder übel, einfach anzufangen und hinter sich zu bringen. Levy ist noch nicht da und das ist wohl auch ein Grund, warum ihre beiden Verehrer ihn jetzt noch aufsuchen. Sie wollen nicht dass ihr Augenstern etwas davon mitbekommt und direkt bei ihr nachzufragen steht gar nicht erst zur Debatte.
Gajeel hasst es, so belagert zu werden. Aber noch viel mehr hasst er es, sich rechtfertigen zu müssen. Besonders wenn es so an den Haaren herbei gezogen ist, wie in diesem Fall. Nie im Leben könnte er sie anrühren. Von der Sache mit ihrem ersten Kennen lernen damals mal abgesehen, sind sie vollkommen verschieden. Nein, sie würden nicht zusammenpassen, das weiß er genau.
So unterschiedlich wie ihre Ansichten sind, würden sie nur streiten. Zudem ist sie zu zart besaitet und die Unschuld selbst. Er bezweifelt, dass er sich so weit anpassen könnte um zu ihr zu passen. Aber von all den Fakten, die eine Beziehung von ihnen einfach unmöglich machen mal abgesehen, macht es ziemlichen Spaß die Beiden auflaufen zu lassen.
„Wie war die Mission?“, beginnt Droy und nippt an seinem Glas. „Erfolgreich…“, antwortet Gajeel knapp und wundert sich nicht mal über dieses vorgetäuschte Interesse. „Ist das alles?“, hakt Jet nach, der sichtlich nervös wirkt. „Ja... nein, es war langweilig… aber erfolgreich…“, grinst der Befragte in sich hinein und beschließt das Spiel ein wenig mit zu spielen, ehe die Befragung auf das „wo und wie“ sie wohl übernachtet haben, hinauslaufen würde.
„Und Levy? Wie hat sie sich geschlagen?“, wird Droy etwas genauer in seinen Fragen. „Hoffentlich war es nicht zu anstrengend… immerhin ging's um diese gefürchtete Räuberbande…“, macht Jet seine Gedanken mehr für sich selbst laut. „Pah… von wegen gefürchtete Räuberbande…“, gluckst Gajeel spottend auf. „Sobald die ein Höschen sehen kippen sie aus den Latschen… aber ja, Levy hat uns damit zum Sieg verholfen“, erzählt Gajeel beiläufig aber sichtlich amüsiert, während er die Tatsachen ein wenig verdreht.
„Höschen?!“, fährt Jet auf und wird, genauso wie Droy, rot um die Nase. „Was zum Henker habt ihr gemacht?!“, braust Droy auf und seinem Gesichtsausdruck zufolge, stellt er sich gerade bildlich vor, wie Levy in unschuldiger Pose ihren Rock anhebt. „W… wo ist Levy jetzt eigentlich?“, erkundigt sich Jet sofort nach ihrem Verbleib. „Die liegt vermutlich noch im Bett und erholt sich… wir hatten eine wilde Nacht“, erklärt der Dragon Slayer und seine Stimme könnte nicht trockener klingen.
Lily verschluckt sich dadurch an seinem letzten Stück Kiwi und linst leise seufzend und tadelnd zu Gajeel hinüber. „Er kann es einfach nicht lassen…“, denkt er sich schmunzelnd und macht sich währenddessen auf alles Mögliche gefasst.
„Ei…eine wilde Nacht?!“, fährt Jet mit entgleistem Gesicht auf, ehe er in eine seltsame Starre fällt. Droys Gesichtsausdruck spricht Bände als er in ziemlich lebhafte Gedanken, in denen Levy in einem großen Bett und auf einem zerzausten Gajeel rum springt, abschweift. Die Tatsache, dass es scheinbar nur ein paar Worte bedarf, um die Beiden alles Mögliche glauben zu lassen, lässt Gajeel in sich hinein grinsen. Er hat doch gewusst dass es Spaß machen würde.
„Stellt euch nicht blöd… ihr zwei wisst doch wohl am besten wie wild Levy im Bett ist!“, setzt Gajeel noch eines drauf und kassiert von Lilys Ellenbogen einen Stoß gegen seinen Oberarm. „Übertreibs nicht...“, sagt ihm der eindringliche Blick, mit dem der Exceed ihn ansieht. „Ach… die verkraften das schon“, soll Gajeels Grinsen seinem Partner signalisieren, ehe dieser nur genervt seufzt und sich wieder seiner Kiwi zuwendet.
„Was?! Wir?! Nein, das ist so nicht…“, beginnt Droy zu stammeln und versucht diese anzüglichen Szenen in seinem Kopf zu vertreiben. „I…ist ja nicht so… dass sie uns ranlässt…“, stammelt der Pflanzenmagier immer noch und wird immer röter im Gesicht, während Jets Kopf vor blanker Wut aufglüht. „D… Diese Sau hat sie…?!“, tobt hinter seiner Stirn und im nächsten Moment springt er von seinem Stuhl auf, worauf Gajeel ihn perplex ansieht und Droy durch seine Aktion in eine erneute Starre fällt.
„Du mieses Schwein! Ich dachte du würdest sie nicht anrühren! Hast du dein Versprechen vergessen?!“, wettert Jet in einer Lautstärke los, dass die ganze Gilde etwas davon hat. „Was für ein Versprechen?“, hakt Gajeel nach und tut unwissend, während er auf das typische Geräusch von Levys Schuhen auf dem Dielenboden aufmerksam wird. „Außerdem hat sie angefangen…“, fügt er unnötiger Weise hinzu und denkt daran wie sie ihm mit ihrem Ellenbogen eins übergezogen hat. „Was?! Sie hat…?!“, stammelt Droy dazwischen denn Jet scheint Gajeels letzte Aussage vor lauter Wut gar nicht gehört zu haben. „Du blöder Hund! Ich wusste dass auf dein Wort kein…!“, will Jet weiter wettern, doch da kommt plötzlich ein großer Schatten über ihn.
„Yo Leute! Alles fit im Schritt?!“, ruft Bixlow zum Gruß und bringt Jet damit aus dem Konzept, während er sich zwischen ihm und Gajeel an die Theke drängt. „Seit Gestern Abend ja…“, antwortet der Dragon Slayer amüsiert, dem diese Ansage von Bixlow genau richtig kommt. „Sei verflucht!“, wettert Jet wild gestikulierend in Gajeels Richtung und erntet nur Bixlows verwirrten Blick. „Du solltest dringend mal ausspannen… wirkst ziemlich nervös…“, kommentiert der Seith-Magier und linst wissend grinsend zu Gajeel. „Sag ich auch schon die ganze Zeit“, fügt der Langhaarige grinsend hinzu, ehe er sich von seinem Platz erhebt.
„Wenn ihr keine Fragen mehr habt, dann geh ich jetzt… die Pflicht ruft“, lässt er verlauten und verabschiedet sich von Lily, ehe er auf Levy zusteuert, die in ein paar Metern Entfernung stehen geblieben war. Ihr hochroter Kopf und wie verkrampft sie ihre Bücher an sich drückt, beweisen dass sie wohl einiges von dem Gespräch mitbekommen hat. Ganz zum Leidwesen von Jet und Droy, die sie nun verzweifelt ansehen und sofort angeschossen kommen.
„Levy! Geht es dir gut? Wie war die Mission? War es schwer? Alles noch heil?“, beginnen die Beiden sie durcheinander zu löchern und Levy weiß gar nicht, wem sie zuerst antworten soll.
„Genug jetzt, haut ab!“, erhebt Gajeel seine Stimme und wehrt Jet und Droy somit ab, während sich seine Hände auf Levys Schultern legen. „Seht ihr? Es ist noch alles dran!“, wendet er Levy, die nicht weiß wie ihr geschieht, kurz zur Seite und richtet sie Richtung Gilden-Bibliothek hin aus. „Hey…“, will sie protestieren, wird aber gar nicht gehört. „Und jetzt zieht Leine! Sie braucht ihre Ruhe oder wollt ihr dass sie durch die Prüfung rasselt?!“, weist Gajeel die Beiden zurrecht und erntet erst verblüffte, dann zerknirschte Blicke.
„Wer glaubst du bist du, dass du das bestimmen kannst?“, funkelt Jet zu dem Größeren nach oben. „Ich bin ihr Partner du Pfeife! Es ist meine Pflicht für Ruhe zu sorgen also bleibt fern von ihr, kapiert?!“, verweist Gajeel die Beiden auf ihren Platz und streut dabei auch noch Salz in die Wunde. „Gajeel… lass doch gut sein…“, versucht sich Levy gehör zu verschaffen, doch ihre Versuche bleiben erfolglos.
„Pah… von wegen Partner… du hast dich ihr schlicht und einfach aufgedrängt…“, knurrt Jet seinem Gegenüber, mit vor der Brust verschränkten Armen, entgegen. Droy hebt nur beschwichtigend seine Arme und hält sich ab sofort aus dem Thema raus. Es liegt auf der Hand, dass sie mit einem von ihnen Beiden gar keine Chance hätte.
„Es war ihre Entscheidung…“, weist Gajeel darauf hin und nach seiner Stimmlage zu Urteilen, wäre es nur eine Frage der Zeit bis er ihnen die Zunge mit einem lauten „Ätsch“ rausstrecken würde. „Das wird mir zu viel hier…“, seufzt Levy und rollt überfordert mit den Augen, ehe Gajeel sie loslässt und sie ihren Weg zur Bibliothek fortsetzen kann. „Warte Levy… ich komme mit und helfe dir!“, bietet Jet sich an, unterbricht den funkelnden Blickkontakt mit Gajeel und will ihr folgen, als er plötzlich eine große Hand auf seiner Schulter hat.
Bixlow steht plötzlich zwischen ihm und Droy und zieht sie an sich heran. „Ich mache euch einen Vorschlag!“, beginnt er geheimnisvoll. „Wir fechten die Angelegenheit im Spielkeller aus und der Gewinner darf unseren Prüflingen in der Bibliothek zur Hand gehen…“, unterbreitet er ihnen eben besagten Vorschlag und ein wissendes Grinsen tritt in Gajeels Züge.
Aus dem Augenwinkel bemerkt der Dragon Slayer, Fried, der scheinbar auch in der Bibliothek etwas zu tun hat. Jeder hier scheint zu wissen, dass die Beiden männlichen Mitglieder von Team Shadow Gear, dort keine große Hilfe sein werden.
Jet und Droy schauen einander erst kritisch und unschlüssig an, nicken dann aber und stimmten zu. „Wunderbar!“, ruft Bixlow begeistert aus, während er sich mit Jet und Droy, denen er seine Arme um die Schultern gelegt hat, umdreht. „Gajeel, du siehst in der Bibliothek nach dem Rechten?“, wendet er seinen Blick kurz zu dem Dragon Slayer hinüber. „Kannst dich auf mich verlassen“, antwortet der Angesprochen mit seinem typischen Grinsen, ehe er sich auch in Richtung Bibliothek aufmacht. „Und viel Spaß…“, hängt er seinen Worten noch an und Bixlow grinst nur darauf, ehe er seine Babys anruft ihm zu folgen und bei Mirajane eine Bestellung, über ein ganzes Tablett mit Schnapsgläsern, aufgibt. Gajeel weiß, von Jet und Droy werden sie bis frühestens morgen Mittag nichts mehr zu sehen bekommen.
In der Bibliothek angekommen, legt Levy ihre Schultertasche seufzend auf den Tisch und versucht das soeben erlebte aus ihren Gedanken zu verscheuchen. Sie hat nicht die Zeit dazu sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Aus ihrem Blickwinkel übertreiben es Jet und Droy mit ihrer Sorge um sie. Immerhin kann sie auf sich selbst aufpassen und davon abgesehen, hätte sie bei Gajeel nicht mal einen Grund dazu sich zu wehren. Da ist nichts, und da wird vermutlich auch nie etwas sein. Levy weiß dass Gajeel kein Interesse an ihr hat. Im Vergleich zu ihm, ist sie viel zu schwach. Die Script-Magierin ist der Meinung dass wohl nur eine starke Frau, Gajeel imponieren kann. Eine Frau mit der er kämpfen und trainieren könnte. Sie ist eindeutig nicht unter diesen „starken“ Frauen zu listen, nach denen er Ausschau halten könnte.
Daher wird sie auch aus seinem Verhalten nicht schlau. Sie will gar nicht wissen, welche Lügenmärchen er ihnen heute, im Bezug auf die letzte Nacht, aufgetischt hat. Jet und Droy haben jedenfalls einen ziemlich entsetzten und verzweifelten Eindruck auf sie gemacht. Sie waren wie erstarrt und sie schienen sogar den Atem anzuhalten, ehe Jet über Gajeel hinweggezetert hat.
Warum macht es ihm nur so großen Spaß, Jet und Droy mit derart zweideutigen und anzüglichen Lügen über sie Beide, auf die Palme zu bringen? Gut, Gajeel weiß, so wie alle anderen auch, dass Jet und Droy schon ewig hinter ihr her sind, aber warum bedient er sich immer nur dieses Schemas um die Zwei zu ärgern? Ausgerechnet sie und er? Wo es etwas abwegigeres gar nicht geben könnte? Und ihre beiden Teamkollegen gehen ihm jedes Mal von neuem auf den Leim. Haben sie etwa wirklich einen Grund solche Angst zu haben? Gibt es etwas, das sie nicht weiß? Was übersieht sie bloß?
Levys Wangen färben sich rot, als ihre Gedanken an die letzte Nacht abschweifen. Gajeel hat zwar genörgelt und war ziemlich genervt, weil sie ihm mit ihrer Angst keine Ruhe gelassen hat. Aber im Endeffekt hat er sich doch aufgerafft und hat sie begleitet, ihr sogar angeboten näher zu rutschen, auch wenn er es nicht ganz so ernst gemeint hat. Das sie sich dann doch zu ihm rüber gelegt hat, war eher eine Trotzreaktion ihrerseits. Sie hat sich vorgenommen ihm schon noch zu zeigen was sie drauf hat und dass sie auch für so manche Überraschung sorgen kann. Er sollte ruhig merken was er davon hat, sie so von oben herab zu behandeln.
Zugegeben, es war ihr doch etwas mulmig zumute, als sie sich neben ihn gebettet hat. Zum Glück hat sie aber schnell eingeschlafen und so konnte er sie gar nicht erst wieder wegscheuchen. Aus irgendeinem Grund, hat sie sich richtig sicher und ja… sogar wohl, neben ihm gefühlt. Vielleicht war auch das der Grund dafür, dass sie so gut geschlafen hat und nicht mal bemerkt hat, dass sie ihm im Schlaf eine verpasst hat. Nur einmal war sie in der Nacht aufgewacht und als sich Levy jetzt daran erinnert, beginnt ihr Herz laut und heftig zu schlagen.
Sie hat mit einem mal schwer Luft bekommen und ein ungewohntes Gewicht lag über ihren Arm. Als sie ihre Augen leicht öffnete, sah sie genau in Gajeels Hemdausschnitt und ihr wurde klar, dass er sie an seine Brust gedrückt hielt. Dieses Gewicht über ihr, war Gajeels Arm mit dem er sie fest hielt. Panik war in ihr hoch gekrochen und sie hatte versucht sich aus seinem Griff zu befreien, indem sie sich von ihm wegzudrücken versuchte. Aber ihr Aufbegehren lies Gajeel nur etwas Unverständliches dahinmurmeln, ehe er seinen Griff nur noch fester um sie schloss und sie noch näher an sich drückte. Levy kam sich vor wie ein Stofftier, so hielt er sie umklammert. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und ihr Gesicht war bestimmt leuchtend rot denn ihr war heiß. Sehr heiß sogar und sie hatte mit dem Gedanken gespielt ihn zu wecken damit er sie loslassen konnte. Als sie ihren Blick jedoch hob um ihm ins Gesicht zu sehen, stockte sie und ihr Widerstand fiel wie eine Mauer.
Sie blickte in dieses kantige Gesicht, welches sie bis jetzt nur grimmig und ernst dreinschauen gesehen hat. In dem Moment allerdings, war es voll entspannt und eine seltsame Ruhe und Frieden lag in seinen Zügen. Die Augenlieder ruhten völlig entspannt und sein Mund war leicht geöffnet, weshalb sie seine Atemgeräusche besser hören konnte. Diese Reihe von Piercings, die seinen Augenbrauen ersetzen, ruhten vollkommen entspannt und nicht etwa zur Nase hin nach unten gezogen um noch grimmiger zu wirken. Dieses schwarze, dichte Haar, lag wirr und zerzaust. So manche Strähne fiel ihm ins Gesicht und Levy war versucht die eine oder andere Strähne zurrecht zu streichen. Und sie hatte es getan, was Gajeel wieder ein leises murmeln, gefolgt von einem fast schon wohlig klingenden Seufzen, abrang
„Wie sind die bloß fest gemacht?“, hatte sich die Blauhaarige gefragt, als ihr Blick auf seine Piercings am Kinn fiel. Sie konnte sich nicht bremsen und hat eines davon berührt. Nur ganz sachte hat ihr Finger darüber gestrichen in der Hoffnung sie könnte herausfinden, wie dieses kleine Stück Metal nur dort haften blieb. Doch ehe sie weiter forschen konnte, blinzelte Gajeel kurz auf und Levys Hand zog sich blitzschnell zurück. Eine ganze Weile starrte sie ihn mit weit aufgerissenen Augen und knallrotem Kopf an. Gajeel starrte aus schmalen und schlaftrunkenen Augen zurück, es schien als würde er durch sie hindurch blicken. „Pfirsich… will… einen… Pfirsich…“, murmelte er und im nächsten Moment schlossen sich seine Augen wieder und er begann tief und ruhig zu atmen.
Levys Herz klopfte ihr bis zum Hals. Gajeel hat sie zwar scheinbar nicht bemerkt, aber dass er einen Pfirsich erwähnt, lässt sie schlussfolgern dass er wohl ihr Duschgel von heute Morgen meinen konnte. Dabei müsste der Duft der morgendlichen Dusche, durch den ganzen Tag und das Bad im Onsen, schon längst verflogen sein. Erst da wurde sie sich wieder bewusst, dass sie doch neben einem Dragon Slayer zur Ruhe gebettet war. Seine Sinne sind um so vieles schärfer als die eines normalen Menschen. Umso mehr hatte es sie nun gewundert, dass er auf ihre Bewegungen und Berührungen zuvor, nicht reagiert hatte. Ein warmes Gefühl hatte sich in Levys Bauch eingenistet. Konnte es etwa möglich sein, dass der sonst so distanzierte Magier ein Fünkchen Vertrauen in ihr gefasst hat? Es musste einfach so sein, wie sonst könnte er so Seelenruhig neben ihr schlafen?
Dieses warme Kribbeln, ein Gefühl als ob tausende von Schmetterlingen in ihrem Bauch umherschwirren würden, stellt sich wieder bei Levy ein, als sie sich an die vergangene Nacht erinnert. Mit verklärtem Blick und ziemlich roten Wangen starrt sie auf die Bücher, die sie soeben auf den Tisch gelegt hat. Sie muss sich eingestehen dass ihre Gefühle, Gajeel gegenüber, nicht normal sind. Jedenfalls nicht so normal, wie man sie einem Kameraden oder Freund gegenüber empfindet.
„Levy, ist dir nicht wohl?“, reißt Frieds Stimme sie nun aus ihren Gedanken und ihr Kopf fliegt zu ihm hoch. Er steht auf der anderen Seite des Tisches, wo er gerade ein paar Bücher abgelegt hat und schaut sie besorgt an. „Äh… ähm… doch, doch…alles bestens!“, beginnt die zierliche Script-Magierin stammelnd, während sie versucht dieses neue Gefühl nieder zu kämpfen. „Du bist ganz rot im Gesicht… hast du Fieber?“, grollt Gajeels Stimme mit einem mal hinter ihr und lässt sie zusammenfahren. Seine Hand legt sich von hinten auf ihre Stirn, während er sich mit der anderen die Eigene befühlt.
„Z… zu nah…!“, tobt es in Levy, die bei dieser Art von Nähe nur noch röter wird. Sie hat das Gefühl, ihr Herz würde gleich herausspringen, so hämmert es gegen ihren Brustkorb. „Werd bloß nicht krank, sonst kannst du die Prüfung vergessen…“, meint der Dragon Slayer nebenbei und nimmt seine Hand, mit dem Ergebnis dass ihre Temperatur normal ist, wieder weg. „Äh… ja“, antworte Levy vollkommen durcheinander, ehe sie mit zackigen Bewegungen einen Stapel Bücher aufnimmt und hinter einem Regal verschwindet, um sie weg zu räumen und Abstand zu gewinnen.
Es hat eine ganze Zeit lang gedauert, bis Levy sich wieder unter Kontrolle hatte. Sie hat die Bücher absichtlich langsam ins Regal zurück geräumt um Zeit zu gewinnen. Mit dem auswählen der neuen Bücher die sie heute noch brauchen würde, konnte sie sich allerdings leicht von ihren vorigen Gedanken ablenken und war gleich wieder bei der Sache. Nicht mal Fried, der hin und wieder an ihr vorbei ging um selbst Material zusammen zu tragen, hat sie wirklich bemerkt. Nur ab und wann, wich sie ihm aus um nicht auf ihrem Weg, mit ihm zusammen zu stoßen.
Mit einem großen Stapel Bücher auf dem Arm, macht sie sich also auf den Weg zurück zum Tisch und läuft direkt in Gajeel hinein, der eigentlich nie weit von ihr entfernt war. „Gib her“, fordert er sie auf und nimmt ihr einfach den Stapel Bücher ab, ehe er sich umwendet und alles nach vorne zum Tisch bringt. Levys Wangen waren schlagartig wieder rot geworden und erst nach einigen Atemzügen, kann sie ihren Blick von seinem breiten Rücken losreißen.
Ihr Herz pocht laut und wild in ihrer Brust, während sich ihre Hand davor verkrampft. In den ganzen vergangenen Tagen, in denen sie nun schon gemeinsam Trainieren und er sie hier in die Bibliothek begleitet, verhält sich Gajeel so aufmerksam und fast schon fürsorglich dass es beinahe schon gruselig zu werden beginnt. Für Levy ist es etwas ungewohnt, aber sie muss sagen dass ihr dieser Charakterzug an ihm sehr gut gefällt.
„Ist das alles?“, hört sie nun seine Stimme zu ihr rufen, ehe sie sich mit einem leisen „Ja“ auch nach vorne kommt. „Danke…“, kommt es von ihr leise, während sie schüchtern zu ihm auflinst und sich die Bücher besieht und auf den Tisch sortiert. Gajeel nickt nur darauf, ehe er sich von ihr entfernt und sich auf einen Stuhl setzt.
„Ähm… hast du… nichts zu erledigen… oder zu trainieren? Ich komm hier allein klar, du musst also nicht…“, spricht Levy ihn unsicher an, wird aber von ihm unterbrochen. „Störe ich dich?“, Gajeels Tonlage ist bei seinen Worten undefinierbar. Es klingt einerseits nüchtern und kalt, andererseits schon fast sanft und wieder so „fürsorglich“, dass es Levy einen Schauder über den Rücken jagt. „N…nein… ich… ich will nur nicht dass du dich langweilst“, weist sie ihn darauf hin und dabei ist sie wirklich der Meinung dass er hier nicht richtig ausgelastet wäre.
„Ich weiß mich zu beschäftigen…“, antwortet Gajeel nur darauf und greift nach einem Buch das er sich zuvor selbst aus den Regalreihen rausgesucht hat. Levys Augenbrauen wandern dabei nach oben, als sie erkennt dass es sich um einen Roman handelt. „Hat er jetzt wirklich vor… zu lesen?“, denkt sie sich im Geheimen überrascht, antwortet aber nur mit einem „Ok“ auf seine Aussage, ehe sie sich endlich ihren Büchern, ihren Notizen und ihren Recherchen über die neue Technik die sie erlernen will, zuwendet.
Eigentlich sollte es sie nicht wundern, immerhin hat er das schon am ersten Tag in der Bibliothek gemacht. Er hat in den Büchern geblättert, mit denen sie fertig war, hielt so manches Mal eines davon verkehrt herum, weil er die Schrift nicht lesen konnte. Es kam nicht selten vor, dass er sie etwas über ihre Magie und ihre Techniken gefragt hat und Levy hatte das Gefühl, dass es ihn wirklich interessieren würde. Und das tat er auch.
Er will so viel wie möglich über sie und ihre Magie wissen. Wie sonst sollte man denn ein Team bilden und gemeinsam Kämpfen? Es ist Pflicht, oder schon fast Lebensnotwendig, so viel wie möglich über seinen Kameraden zu wissen. So beginnt Gajeel also wieder, sie über den Rand der Bücher hinweg, zu beobachten.
Ihre Gestiken und Mimiken, wenn etwas in ihren Büchern steht das sich mit ihren Notizen widerspricht und umgekehrt. Dieses seufzende und enttäuschte Ächzen, wenn sie wieder irgendwo von vorne anfangen muss. Es ist amüsant sie zu beobachten. Und ihre Stimme, wenn sie etwas in sich hinein murmelt oder sich selbst etwas laut vorliest, empfindet er sonderbar angenehm. Ihre Stimme ist klar und rein, kann energisch klingen oder auch ganz ruhig und sanft. Es ist beruhigend ihr zuzuhören, da ist es sogar egal ob er versteht was sie da überhaupt sagt.
Ein lauter Knall lässt Levy und Fried auf ihrem Platz in die Höhe fahren. Als sie sich zu Gajeel umwenden, der sich in der letzten halben Stunde nicht von seinem Platz wegbewegt und scheinbar gelesen hat, müssen sie schmunzeln. „Au… verdammt…“, murrt Gajeel halblaut in sich hinein, während er sich aufrichtet und sich an die Stirn fasst. Er ist doch tatsächlich beim lesen und beobachten eingenickt und das hatte zur Folge, dass er mit dem Kopf einfach auf die Tischplatte geknallt ist.
„A… alles ok?“, dringt nun diese angenehme und zu beruhigende Stimme, wegen der er wohl überhaupt eingeschlafen ist, durch seine verschlafenen Sinne. „Ja…“, grummelt der Dragon Slayer verschlafen, während er sich energisch erhebt und zur Treppe stampft. „Ich hol Kaffee… will sonst noch jemand was?“, wendet er sich kurz zu den Beiden anderen um. „Ja bitte…“, kommt es von Levy, deren Wangen wieder leicht gerötet sind und Fried antwortet mit einem kühlen: „Für mich bitte Tee“.
Gähnend und sich verlegen am Hinterkopf kratzend, erklimmt Gajeel die Treppe und lässt die Tür etwas zu laut ins Schloss fallen. So was ist ihm noch nie passiert! Und dann auch noch ausgerechnet vor ihr! Aber Moment, seit wann macht er sich darüber Gedanken, was sie von ihm halten könnte? „Daran ist nur die letzte Nacht schuld….“, murrt Gajeel in sich hinein und schiebt es auf den Schlafentzug, während er sich nach vor an die Theke schleppt und seine Bestellung bei Mirajane aufgibt.
Levy und Fried, die nur ahnen was jetzt in Gajeels Kopf vorgeht, schmunzeln einander wissend zu, ehe ihre Gesichter entgleisen. Grund dafür ist die deutliche Druckstelle und Schramme in der Tischplatte. „Das… nenne ich einen harten Schädel…“, kommentiert Fried und besieht sich die Stelle etwas genauer, ob sie vielleicht nicht vorher schon da war. „Aber wen wundert’s? Er ist scheinbar rundherum aus Eisen“, hängt er seinen Worten an und wendet sich wieder seinem Tun zu.
Levy muss bei dieser Aussage leise aufkichern, ehe sie im nächsten Moment stutzt. Ein seichtes Lächeln spielt um ihre Lippen, als sie die Erkenntnis nun zum vermehrten mal trifft. „Ja… Außenrum ist er aus Eisen… aber innen drin… ist er ganz anders…“, denkt sich Levy in Geheimen und etwas sanftes schleicht sich in ihre Züge, während ihr wieder ganz warm ums Herz wird. Wieder stutzt sie, als sie sich ihrer Gedanken bewusst wird. Mit einem leichten Rotschimmer um die Nase, und diesem warmen Gefühl in ihrem Herzen, versucht sie, sich wieder auf ihre Bücher und Notizen zu konzentrieren.
Levy ist wie immer hoch konzentriert, wälzt die Bücher und notiert sich verschiedenes auf ein paar Zettel die über den gesamten Tisch verstreut liegen. Sie hat nicht mal bemerkt dass Fried schon vor längerem gegangen ist, so ist sie in ihre Arbeit vertieft. Mit einer beiläufigen Bewegung streicht sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während ihr Blick bereits das nächste Buch anvisiert, das sie sich zur Hand nehmen will.
„Woah!“, hallt Gajeels verwunderter Aufschrei durch die Bibliothek und lässt Levy auf ihrem Stuhl vor Schreck in die Höhe fahren. Ihr Blick fliegt suchend und wirr in der Bibliothek umher, ehe sie den Dragon Slayer inmitten des Raumes im Schneidersitz auf dem Boden vorfindet.
Er hält ein Buch, mit beiden Armen weit von sich gestreckt und starrt mit großen kreisförmig geweiteten Augen darauf. Der kleine Magiekreis der sich zwischen Levys Magischer Brille, die auf Gajeels Nasenrücken sitzt, und dem Buch gebildet hat, leuchtet kurz auf und die Blätter des Buches beginnen sich noch schneller, wie von Geisterhand umzublättern. „Ach du Scheiße!“, entfährt es Gajeel, während er versucht das Buch noch ein Stück mehr von sich weg zu bringen.
Levy muss bei dem Anblick schmunzeln, ehe sie ihren Platz am Tisch verlässt und auf ihn zukommt. „Das kommt davon wenn man mit Dingen rumspielt mit denen man sich nicht auskennt…“, spricht sie ihn lächelnd an, worauf Gajeels Blick zu ihr herumfährt. Sein Anblick allein schon, wie er perplex durch die Gläser dieser roten Brille blickt, lässt sie erneut auflachen.
„Was? Oh… äh… ja. Tut mir Leid…“, stammelt Gajeel überfordert, während er um seine Fassung ringt. Im selben Moment nimmt er die Brille ab und hält sie Levy hin. Immerhin hat er zuvor keine Erlaubnis von ihr bekommen sie überhaupt auszuprobieren und wie es aussieht, scheint es sie zu stören. Nicht, dass er sie nicht gefragt hätte. Aber nach dem dritten Anlauf sie zu fragen hat er es aufgegeben, weil sie ihn vor lauter Konzentration nicht mal im Ansatz gehört hat. So hat er es einfach ausprobiert und dieses Erlebnis war überwältigend und beängstigend zugleich. Für einen kurzen Moment hatte er doch glatt das Gefühl nicht mehr zu wissen wo oben und unten ist.
„Nein nein… schon gut, solange du mir gut drauf aufpasst“, hat Levy gelächelt und sich zu ihm runter gehockt. „Wenn es dich interessiert… kann ich dir ja zeigen wie man sie benutzt“, bietet sie ihm an und Gajeels Blick wird um eines irritierter. Er zögert, fühlt sich fast etwas von diesem Angebot überrumpelt. „Interessieren schon… aber du solltest dich lieber aufs lernen konzentrieren“, antwortet er schlussendlich und Levy lächelt ihn strahlend an. „Kein Problem, es dauert nicht lange es dir zu erklären, es ist eigentlich ganz leicht wenn man weiß wie…“, bei diesen Worten, ergreift sie die Brille und bringt sich etwas mehr vor ihn hin. Gajeel ist versucht, zurück zu weichen als sie ihm mit dem Ding nahe kommt und sie ihm die Brille einfach aufsetzt. „Wichtig ist, dass du dich genau auf die Mitte konzentrierst…“, erklärt sie und hält ihren Finger an Gajeels Nasenrücken, woraufhin er zusammen schielt. „Aha…“, gibt er nur von sich und schaut sie mit erhobenen Augenbrauen über den Rand der Brille hinweg an. „Konzentrier dich!“, ermahnt sie ihn kurz und erhebt sich um ein anderes Buch zu holen.
„Am besten fangen wir mit einem Buch an, in dem nicht so viel Text ist…“, redet sie vor sich hin ehe sie zielstrebig auf ein Regal zugeht und ein paar Bücher heraus zieht. Im nächsten Moment kniet sie wieder vor ihm und schlägt ein Buch auf in dem fast nur Bilder zu sehen sind. „Ist das ein Bilderbuch?“, kommt es von Gajeel fragend und mit einem leicht zerknirschen Unterton. „Ja, aber glaub mir, zum lernen ist das genau das Richtige…“, antwortet Levy lächelnd und erklärt ihm die nächsten Schritte wie man die Brille richtig einsetzt. Dass man sich eigentlich nur darauf konzentrieren muss den Blick in der Mitte zu halten und sich nur vorstellen muss wie man die Seiten umblättert, während man das Geschriebene mithilfe der Magie die diesem Gegenstand anhaftet, direkt ins Gedächtnis gelinkt bekommt.
„Wow…“, entkommt es dem sichtlich verblüfften Schwarzhaarigen, während er das Buch von Levy entgegen nimmt. „Das ist schon ganz gut…“, erkennt sie zufrieden. „Am besten fängst du langsam an und steigerst die Geschwindigkeit nur langsam… dann ist es leichter“, erklärt sie ihm noch und nach ein paar weiteren Korrekturen und Hinweisen hat Gajeel es so weit kapiert dass Levy ihn sich selbst überlässt.
Mit einem zufriedenen Lächeln und einem etwas verklärten Blick, den sie ihm über ihre Schulter zurück wirft, geht sie zurück zu ihrem Tisch und sortiert ihre Bücher, die sie dort liegen hat. Sie hat zwar bemerkt dass er deutliches Interesse an ihrer Magie zeigt, aber dass er auch soweit geht ihre Brille auszuprobieren hätte sie nun nicht erwartet.
„… Krass!“, entkommt es Gajeel wieder als er ein anderes Buch in die Hand nimmt und darin zu lesen beginnt. Die Seiten fliegen nur so hin und her und so langsam scheint sich das Tempo bereits wieder ungewollt zu erhöhen. „Konzentrier dich…“, weist Levy ihn darauf hin, worauf sein Blick sich hebt und er sie wieder über den Rand der Brille hinweg mit diesem funkelnden Blick ansieht. „Ja… ok…“, kommt nur von ihm, während er seinen nächsten Versuch startet.
So beobachtet Levy ihn noch eine ganze Weile, in denen er immer wieder überrascht aufruft, kurz seine Augen schließt und von vorne anfängt. Nach ein paar weiteren Versuchen scheint es endlich problemlos zu klappen und die Seiten blättern sich in einer stetigen und gleich bleibenden Geschwindigkeit um, während Gajeel mit offenem Mund davor sitzt und sich nur auf das Lesen konzentriert. „Sehr gut…“, kommentiert Levy, über die Leistung es ihm beigebracht zu haben, zufrieden. „Wirklich?“, hakt Gajeel nach und sie meint seine Stimme hätte selten so begeistert geklungen wie gerade eben. Wenn sie so darüber nachdenkt, erweckt er fast den Anschein eines Kindes das eine schwierige Aufgabe gemeistert hat.
„Ja wirklich…“, antwortet die Script-Magierin ihm mild lächelnd. „Gihi… ich kann lesen!“, kommt es von Gajeel, dessen Grinsen nicht wie ein Grinsen wirkt. Nein, für Levy hat es eher den Anschein eines aufrichtigen und erfreuten Lächelns. Wieder spürt sie diese Wärme in sich aufkeimen, spürt wie sie in ihre Wangen steigt. Eilig und in der Hoffnung dass er es nicht bemerkt hat, senkt Levy ihren Blick wieder auf ihre Bücher hinab.
Gajeel linst kurz über das Buch und den Rand der Brille zu ihr auf. Wieder muss er erkennen wie unglaublich sie ist. Er kann dank ihr nun zwar dieses Magische Objekt benutzen, aber von der Geschwindigkeit in der sie sie benutzt ist er noch weit entfernt. Er muss sich erneut bewusst werden, dass sie um so vieles klüger ist als er. Zu gerne würde er wissen, was sie weiß. Mit ein bisschen davon wäre er schon zufrieden.
Als Levy ihre Zettel sortiert, fällt ihr nun auch der kleine gelbe Notizzettel auf, der nicht von ihr stammt. Es ist Frieds Handschrift, die sie darauf entziffert und sie erstarrt in der Bewegung als sie die paar Wörter darauf liest. „Fehler im Code, überprüfe Zeile Nummer 7“, steht darauf geschrieben und in Levy kriecht ein beklommenes Gefühl hoch. Ihr Herz beginnt zu flattern und ihre Hände zittern, als sie den Zettel einfach zurück auf den Tisch fallen lässt. Ihr Blick ist starr und geweitet auf die Notizblätter mit ihrem Code gerichtet, in dem Fried bereits am Anfang einen Fehler entdeckt hat.
Levy hat nicht mal bemerkt, dass er sich ihre Notizen überhaupt angesehen hat. Genauso wenig wie sie eben bemerkt hat, dass er die Bibliothek verlassen hat, oder dass Gajeel sie wegen ihrer Brille gefragt hat. Sie hat schon immer gewusst dass sie, wenn sie sich konzentriert, ihre Umgebung vollkommen ausblenden kann. Doch im Moment, scheint diese Eigenart immer heftiger zu werden.
Der Grund dafür ist wohl die bevorstehende Prüfung… die sie so nie schaffen wird! „Wie… wie soll ich da durch kommen? Ich… ich hab nicht den Hauch einer Chance!“, tobt es hinter ihrer Stirn, während sie sich fahrig über die Stirn wischt. Ausgerechnet Fried, gegen den sie womöglich in der Prüfung antreten muss, zeigt ihr nun schon zum zweiten Mal ihre Fehler auf. Sie ist von seinem Level noch Meilen entfernt wie es scheint.
„Ich… ich muss den ganzen Code überarbeiten…“, denkt sie auf und beginnt in ihren Notizen zu wühlen. Der Fehler ist in Zeile Sieben und da sie ihn nun kennt, erscheint er ihr einleuchtend. Fakt ist allerdings, dass sie den gesamten Code neu berechnen und schreiben muss! Die Arbeite eines ganzen Nachmittags ist zu Nichte gemacht! „Wie soll ich das nur schaffen?!“, so langsam kommt Panik in ihr hoch. Panik und Zeitdruck. Sie schnappt sich ihre Tasche und wühlt energisch darin, ehe sie ihr kaputtes Notizbuch herauszieht. Hastig zieht sie ihr Haarband, das sie am Abend zuvor darum gewickelt hat um es beieinander zu halten, herunter. Allerdings rutscht ihr dabei der geschundene Einband aus den Händen und mit einem leisen Aufschrei ihrerseits, fällt alles zu Boden und verstreut sich auf dem dunklen Dielenboden der Bibliothek. „Oh nein…“, es ist nur ein Keuchen auf ihren Lippen, während ihre Augen über das Chaos blicken.
Gajeel ist dieser Tumult hinter dem großen Tisch nicht entgangen und nach der nächsten Zeile, hebt er wieder seinen Blick aus dem Buch um nachzusehen was passiert ist. Levys Hände legen sich an ihre Wangen, während sie immer noch auf den Zettelberg auf dem Boden starrt. Der helle lederne Einband irgendwo inmitten dieses Chaos bringt das Fass zum überlaufen. „M…meine Eltern… sie… werden sich im Grab umdrehen…“, denkt sie sich im Geheimen und ihre Lippen beginnen zu beben. „Ich schaff das niemals!“, beginnt es in ihr zu toben und dieses typische brennen erreicht ihre Nase. Dieses brennen das sich einstellt, ehe sich aufkommende Tränen in ihren Augen sammeln. „Ich… ich bin ein Versager…“, flüstert Levy mehr für sich selbst und schluchzt leise und unterdrückt auf, ehe sie ihr Gesicht in ihren Händen verbirgt.
Gajeel fällt dabei das Buch aus den Händen, während die Brille ihm ein Stück seine Nase hinab rutscht. „Hey…hey!“, entfährt es ihm, während er vom Boden aufspringt und mit weiten Schritten beim Tisch ist. „W… was ist denn jetzt los?“, kommt es von ihm überfordert, während er sich auf dem Tisch abstützt und sich zu ihr hinüber lehnt. „Ach… ach nichts“, schluchzt Levy in sich hinein, während sie versucht ein lauteres Schluchzen zu unterdrücken. „Sieht mir nicht nach nichts aus…“, kommentiert er nur, während seine linke Augenbraue nervös zu zucken beginnt.
Jetzt wo er vor ihr steht, wird Levy auch wieder bewusst dass sie nicht nur ihre Eltern durch ihr Versagen enttäuscht, sondern auch Gajeel. Er hat sich in den letzten Tagen wirklich bemüht und für sie eingesetzt. Und dabei hat ihn noch nicht mal jemand dazu gezwungen, er ist von sich aus auf sie zugegangen. Die zierliche Script-Magierin hatte schon von Anfang an Bedenken und nun scheinen sich ihre Befürchtungen zu bewahrheiten. „Es…es ist alles Zeitverschwendung…“, schluchzt sie und versucht nun energischer ihre Tränen zu unterdrücken. „Ich hab es einfach nicht drauf…“, hängt sie ihren Worten an und beginnt sich die Augen zu reiben.
„So ein Schwachsinn!“, schimpft Gajeel los und schaut sie ernst durch die Brille hindurch an. Levy zuckt unter seiner strengen Stimme sichtlich zusammen und linst unsicher zu ihm hinüber. Im selben Moment beginnt sich ein Magiekreis vor ihm zu bilden und so schiebt er das magische Objekt mit einer raschen Bewegung nach oben, hinauf in seinen Haaransatz. Levy kann sich bei seinem Anblick ein seichtes Lächeln, das durch ihre aufgelöste Stimmung nicht wie ein Lächeln erkennbar ist, nicht verkneifen. Auf Gajeels irritiertes „Mh?“, antwortet sie lediglich mit einem zittrigen „D… du siehst ungewohnt aus…“, ehe sie wieder ihre Augen reibt, doch sie vermag nicht sich zu beruhigen.
„Hey…“, kommt es diesmal etwas ruhiger, aber immer noch deutlich überfordert, von Gajeel dessen ernster Ausdruck wie weggefegt scheint. „H…hör auf zu heulen ja?!“, hängt er seinen Worten an und geht nun um den Tisch herum. Levy erschaudert beim Klang seiner so selten sanften Stimme und atmet einmal tief durch, ehe sie es schafft zu ihm aufzublicken als er vor ihr stehen bleibt. „Ich… ich bin nicht so gut im trösten…“, erklärt er und senkt seinen Blick zu Boden. Aus irgendeinem Grund schafft er es nie, ihr ins Gesicht zu sehen, wenn er von seinen Gefühlen spricht.
„Außerdem hab ich mich neulich wohl deutlich genug ausgedrückt?“, kommt es von ihm leicht zerknirscht, während er sich auf die Knie begibt und anfängt das Chaos zusammen zu fassen. „Ich will nicht noch mal hören wie du dich runtersetzt!“, diesmal ist seine Stimme barsch und eindringlich, während er zu ihr aufschaut und ihr in die Augen blickt. Mit diesen roten und funkelnden Augen, die sich fest in den ihren festsaugen. Levys Lippen pressen sich zu einem blutleeren Strich zusammen, als seine Worte sie erreichen und sich neue Tränen in ihren Augen sammeln.
„Du bist so klug… ich bin sicher, manche beneiden dich darum…“, redet Gajeel einfach weiter und angelt nach ein paar Zetteln, die unter den Tisch gerutscht waren. Und wie Sicher er sich seiner Worte ist. Er selbst würde gerne, auch wenn es nur ein Bisschen davon wäre, über ihr Wissen verfügen. „Reicht es dir nicht wenn ich an dich glaube?“, grummelt er immer noch vor sich hin und erstarrt in der Bewegung als er den frischen Geruch von salzigen Tränen bemerkt. „Hey! Hab ich nicht gesagt du sollst endlich aufhören zu…?!“, fährt er zu Levy herum und sieht sich seinem Spiegelbild in ihren Augen gegenüber.
„Danke Gajeel…“, antwortet sie auf seine Worte, während noch Tränen in ihren Augenwinkeln funkeln. Das Lächeln das sie ihm allerdings schenkt, lässt ihn innerlich erstarren. Es ist so strahlend und hell wie die Sonne. Wie ein Licht, das in tief in seinem Inneren trifft und einnimmt. „Danke dass du an mich glaubst…“, flüstert sie und im nächsten Moment schlingt sie einfach ihre Arme um seinen Nacken und schmiegt sich für ein paar Sekunden an ihn an.
Sie weiß nicht wie, aber irgendwie schafft dieser rüpelhafte und unsensible Dragon Slayer ihr doch immer wieder Mut zu machen. Auf seine ganz eigene Art und Weise. Gajeel ist unterdessen zur Salzsäule erstarrt. Seine Augen sind perplex geweitet und sein Gesicht wird zunehmend rot. Noch nie ist er umarmt worden, fällt ihm ein. Und dass sich Levys kleiner, aber doch genau passender, Busen an seinen Oberkörper drückt, entschärft die Situation nicht gerade.
„Ich verspreche, dass ich mir von jetzt an mehr Mühe geben werde…“, erklingt Levys Stimme, während sie sich von ihm wegdrückt und sich scheinbar selbst erst bewusst wird, was sie getan hat. Sie weiß nicht genau was sie dazu veranlasst hat, ihn einfach so zu umarmen, zumal sie doch ahnt dass er das vermutlich gar nicht mag. Sie hat lediglich das Bedürfnis nach Nähe verspürt und als Dankeschön für seine ungeschickten, aber doch netten Worte hat sie ihn eben einfach umarmt. Nun starrt sie ihm, mit rapide rot werdenden Wangen, wobei bald ihr ganzes Gesicht rot zu glühen beginnt, ins Gesicht und bringt sich um einen tick schneller auf Abstand.
„Ähm… also… ich… ich hol mal die Bücher die ich für den Code brauche…“, stammelt sie verlegen. Ungeschickt fasst sie ein paar ihrer Notizblätter zusammen und lässt sie auf den Tisch fallen, ehe sie mit zackigen Schritten um die nächste Regalecke verschwindet um die Bücher, die sie zu Anfang weggeräumt haben, wieder hervor zu sortieren.
Gajeel bleibt, ein paar Atemzüge wie erstarrt am Boden hocken. Erst das knirschende Geräusch der Notizzettel, die sich in seiner verkrampften Faust befinden, erlöst ihn aus seinem Bann. Mit einem Satz ist er auf den Beinen und legt die zerknüllten Zettel ebenfalls auf den Tisch neben sich.
Und da ist es wieder… dieses Herzrasen, das ihn seit ein paar Tagen schon vermehrt heimgesucht hat. Allerdings hat er nun die Bestätigung dass es nicht, wie er zuerst gedacht hat, mit seiner Kondition zusammen hängt. Es hätte ihn auch gewundert, immerhin ist er so fit wie noch nie. Er will doch für sie in der Prüfung sein Bestes geben, da muss er so fit wie möglich sein! Aber warum ist er in ihrer Nähe nur so unrund, fast unausgeglichen? Wie gelingt es ihr, ihn nur derart aus der Fassung zu bringen? Ihr Verhalten ist doch sonst so vorhersehbar, warum lässt er sich von ihr also nur so verwirren? Warum zum Henker hat sie ihn vorhin umarmt?!
„Es ist Levy… also mal nicht herum spinnen ja?!“, ermahnt er sich in Gedanken. Immerhin umarmt sie jeden irgendwann mal, eben weil sie Levy ist. Erst vor kurzem hat er sie beobachtet wie sie Jet und danach Droy umarmt hat. Es hat also rein gar nichts zu bedeuten! Das Einzige das ihm im Moment auffällt ist, dass ihm die Tatsache dass sie ihren Fanclub andauernd umarmen kann, noch nie so sehr gestört hat wie jetzt. Zugegeben, es hatte sich ungewohnt, aber immerhin nicht schlecht angefühlt. Wenn er genau darüber nachdenkt, hat es sich sogar gut angefühlt.
„Tz…“, entfährt es ihm, während er den Rest der Zettel aufsammelt und versucht dieses heftige Klopfen in seiner Brust zu beruhigen und diese zweideutigen Gedanken die vollkommen fehl am Platz sind, zu verscheuchen. In sich hinein knirschend und sich immer wieder ermahnend, dass das vorhin nichts zu bedeuten hat, sammelt er den Rest von dem Chaos auf, ehe er auf die Treppe zustampft. „Ich hol dir einen Tee!“, ruft er zu Levy nach hinten und seine Stimme klingt dabei wieder gewohnt distanziert aber immer noch zerknirscht. „Der wird sie beruhigen… hoffentlich…“, denkt er sich dazu und geht die Treppe nach oben. Levy antwortet ihm erst nach ein paar Atemzügen und mit deutlich zittriger Stimme, mit einem knappen: „Ja… Danke…“
Im Schankraum der Gilde angekommen, gerät Gajeel vom Regen in die Traufe. Ehe er weiß wie ihm geschieht, kommt Jet förmlich heran geflogen und springt ihm mit geweiteten Armen entgegen. Gajeel läuft es Eiskalt den Rücken hinunter, als sich die Arme des Rotblonden Magiers um ihn schließen und dieser sich einfach an ihn klammert.
„Was soll der Scheiß?!“, brüllt Gajeel entsetzt auf und taumelt, durch die Wucht von Jets Aufprall, einen Ausfallschritt zurück. „Zieh Leine!“, hängt er dem ziemlich von der Rolle an und patscht einfach seine Hand in Jets Gesicht, ehe er ihn versucht beiseite zu schieben.
„Meine große Liebe….“, erklingt mit einem mal Jets Stimme wimmernd und herzzerreißend. „Wie bitte?!“, fährt der Dragon Slayer auf und ist erneut zur Salzsäule erstarrt. Nun ist es heute bereits das zweite Mal das er ungefragt umarmt wird. Im Vergleich zu vorhin ist es ihm jetzt allerdings ziemlich zuwider und ein weiterer kalter Schauer zieht sich über seinen Körper.
„Levy… sie ist meine große Liebe…“, schluchzt Jet nun auf, löst seine Umklammerung und packt Gajeel an der Schulter. „Versprich mir dass du gut auf sie aufpasst!“, fordert er mit seltsam leeren Blick, während ihm Bäche von Tränen die Wangen hinunter laufen.
„Was haben sie dir denn gegeben?!“, kommt es von Gajeel abfällig, der sein Gesicht von Jet abwendet um von seiner Alkoholfahne nicht so direkt getroffen zu werden. „Das gleiche wie dir neulich…“, erklingt Bixlows Stimme, der einen Arm unter Droys Schulter hat, damit er nicht zu Boden fällt.
„Versprich es!“, lallt Jet und stellt sich auf die Zehenspitzen, um Gajeel noch eindringlicher in die Augen zu sehen. Dieser versucht dabei sein Gesicht nur noch weiter von ihm weg zu bringen. „Wah… nimm ihn weg!“, es klingt beinahe wie ein verzweifelter Hilferuf, während Gajeel in Bixlows Richtung schaut und ernsthaft Hilfe von ihm erhofft. „Versprich es!“, fordert Jet und seine Stimme beginnt sich bereits zu überschlagen. „Versprich es ihm einfach, oder soll ich den hier auch noch loslassen?“, redet Bixlow nun seinerseits auf den Dragon Slayer, der ziemlich überfordert wirkt, ein um dem ein Ende zu bereiten. „V…sprich…sch…“, kommt aus Droys Mund, der gerade mal so einen Arm heben und damit auf Gajeel zeigen kann. „Himmel, bloß nicht!“, tobt Gajeel in Bixlows Richtung ehe er mit einer Hand den Gestank den Jet ihm entgegen haucht, weg wedelt.
„Ich versprech dir was du willst, nur hau endlich ab verdammt!“, ruft Gajeel aus, dem das Ganze hier nun endgültig zu Kopf steigt. Mit der nächsten Bewegung schüttelt er Jet von sich ab, der einfach zu Boden geht und dort liegen bleibt. Der Langhaarige erschaudert noch einige Male, während er endlich an die Theke geht und dort einen Tee für Levy, und ein Bier für sich selbst anfordert.
„Ich bring die Zwei wohl besser nach Hause…“, macht Bixlow noch mal auf sich aufmerksam, während er mit Lilys Hilfe, Jet auf die Beine bringt. „Ich begleite dich besser…“, bietet der Exceed seine Hilfe an und der Maskierte nimmt sie dankend entgegen. „Gibst du bitte Fried bescheid?“, wendet sich der große Magier noch mal an Gajeel, der immer noch deutlich blass im Gesicht ist. „Der ist schon lange gegangen…“, antwortet er tonlos und hält sich nahezu an seinem Bierkrug fest. „Mh… ach so… na dann…“, kommt es darauf von Bixlow wenig interessiert, ehe er mit Droy, Jet und Lily im Schlepptau die Gilde verlässt.
Mirajane hat das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtet und kann sich ein schmunzeln nicht verkneifen. Sie ist beruhigt zu sehen, wie Gajeel sich in den letzten Tagen zusammen reißt. Sie weiß doch wie gerne er sich mit den anderen prügelt und sie rechnet es ihm hoch an, dass er sich an ihre Abmachung hält. Levy scheint ihm jedenfalls etwas zu bedeuten, sonst würde er sich nicht so ins Zeug legen. Mirajane meint deutliche Veränderungen an ihm zu bemerken. Jedenfalls ist er seit geraumer Zeit oft guter Laune, die sich meistens darin bemerkbar macht dass er Jet und Droy provoziert. Und er hat eine ganz eigene, Fürsorgliche Ader, hat sie bemerkt. Levy scheint ihm gut zu tun.
Levy hat währenddessen, sämtliche Bücher die sie für ihren Code braucht, wieder her geräumt und schlichtet sie gerade von einem Stapel auf den anderen. Anschließend wendet sie sich mit einem tiefen Seufzen dem Haufen Papier zu, der nun auf dem Tisch liegt. All ihre Notizen sind durcheinander und es wird wohl einige Zeit dauern die zu sortieren und neu aufzuschreiben. So macht sie sich gleich ans Werk und stellt einen Karton bereit, in den sie die Zettel wirft die sie nicht mehr braucht.
Zwischen all den Zetteln, kommt ihr dann auch der Einband ihres kaputten Notizbuches unter und ihr Griff verkrampft sich darum. Wieder erscheint jener Tag damals, vor ihrem Geistigen Auge und das Gefühl, dass es erst Gestern gewesen wäre, keimt in ihr auf. Sie hat sich so mit ihrem ersten eigenen Notizbuch damals gefreut. Sie hat es gehütet wie ihren Augapfel, aufgehoben für einen besonderen Anlass. Nun liegt das Papier, das darin gebunden war, verstreut auf dem Tisch und Teilweise bereits im Karton den sie später zum Müll bringen wird.
Nur der Einband ist ihr geblieben und er ist leider so kaputt dass er wohl nicht zu reparieren ist. Kurz spielt sie mit dem Gedanken den Einband aufzuheben, der Erinnerung willen. Doch noch im selben Moment lässt sie von dem Gedanken ab. Der Einband würde nur irgendwo herumliegen und verstauben. Wenn sie ihn dann irgendwann wieder in die Finger bekommt, würde sie sich wieder daran erinnern wie leid es ihr um ihr Wertvolles Notizbuch tat, als es kaputt ging. Da sie immer davon absieht in der Vergangenheit zu leben, fasst sie schweren Herzens einen Entschluss.
Gajeel läuft es immer noch kalt den Rücken hinunter, wenn er an Jets Überfall von vorhin denkt. Mit geekelter Miene, betritt er die Bibliothek, geht die Treppe hinunter und steuert den Tisch an um Levys Tee dort abzustellen. Schon von oben, ist ihm der salzige Geruch ihrer Tränen in die Nase gestiegen. „Heult die etwa schon wieder?“, war ihm in dem Moment durch den Kopf gegangen, doch als er sie dann am Tisch hat stehen sehen, hat er gewusst weshalb. Sie unterdrückt ein leises schluchzen und wischt sich tapfer die aufkommenden Tränen weg, ehe sie den hellen Einband noch einmal kurz an ihre Brust drückt. Ein letztes Mal, sieht sie es sich an und streicht zärtlich mit den Fingern über das feine Leder. Ein tiefes und leidiges Seufzen quält sich aus ihrer Kehle, ehe sie den Einband einfach in den Karton fallen lässt und sich eilig wieder ihren anderen Notizen zuwendet.
„Dein Tee…“, mit diesen Worten, stellt Gajeel ihr die Tasse hin und besieht sich ihre Leistung, die sie während seiner Abwesenheit vollbracht hat. „Danke…“, antwortet sie und schaut nur kurz zu ihm auf, ehe sie mit leicht roten Wangen ihren Blick wieder auf ihr Tun senkt. „Ein ziemlicher Saustall…“, kommentiert der Dragon Slayer und stemmt seufzend die Arme in die Hüften. „Ja, kann man so sagen“, pflichtet Levy ihm bei und wirft wieder ein paar Zettel in den Karton.
„Was ist damit?“, kommt es nun von Gajeel interessiert, der ein paar der Zettel aus dem Karton besieht. „Die kommen auf den Müll…“, antwortet Levy knappt. Bei den Zetteln handelt es sich um Notizen zu jenem Code den sie ohnehin falsch berechnet hat. Wenn sie an die Arbeit denkt die ihr deswegen nun noch bevor steht, wird ihr ganz schummrig zumute. „Das auch?“, hakt Gajeel nach und zieht den Einband wieder aus dem Karton hervor, hebt ihn an damit Levy ihn sehen kann.
Levy zuckt sichtlich zusammen und linst das Stück Leder vorsichtig an. „Ja“, antwortet sie knapp, aber mit deutlichem drucksen in der Stimme. „Bist du sicher dass du das wegwerfen willst?“, will Gajeel sicher gehen und besieht sich den Einband etwas genauer. Seiner Meinung nach, sieht er doch gar nicht so schlimm aus. „Soweit ich weiß ist das doch ein Erbstück oder so?“, hängt er seinen Worten fragend an.
„Ja… so etwas Ähnliches…“, bestätigt Levy leise. „Ich habe es von meinen Eltern zum Geburtstag bekommen…“, beginnt sie zu erzählen. „Es war damals… der letzter Geburtstag den wir zusammen gefeiert haben“, hängt sie dem an und hält bei der erneuten Erinnerung kurz in ihrem Tun inne. „Der Letzte?“, linst Gajeel mit erhobener Augenbraue zu ihr. „Meine Eltern sind kurz danach gestorben… und ich kam zu Fairy Tail…“, endet Levy in ihrer Erzählung und wirft wieder ein paar Zettel in den Karton.
„Tut mir leid“, kommt es von Gajeel darauf leise, auch wenn er nicht gut darin ist wenn es darum geht mit so einer heiklen Situation umzugehen. „Schon gut… es ist lange her, damals war ich noch ein Kind… aber ab und zu… vermisse ich sie ganz schön…“, lächelt Levy mild, ehe sie nun doch nach dem Einband, den Gajeel bis jetzt in der Hand gehalten hat, greift und ihn sich noch mal besieht.
„Sie haben immer alles für mich getan und nur das Beste für mich gewollt… leider war ich nicht mal fähig dieses Andenken in ehren zu halten…“, erklärt sie und ihr Lächeln wird wehmütig, ihre Züge traurig. Mit einem weiteren seufzen, wirft sie den Einband wieder in den Karton und sie bleibt bei der Entscheidung ihn weg zu werfen.
Gajeel mustert sie unterdessen genau. Er hat schon gehört, dass jedes Mitglied von Fairy Tail eine eigene, oft auch tragische Vergangenheit hat. Einen eigenen Grund oder ein bestimmtes Ziel, warum er der Gilde beigetreten ist. Dass Levy bereits als Kind ihre Eltern verloren hat und sich sozusagen alleine durchkämpfen musste, hätte er nicht gedacht. In Fairy Tail hat sie so etwas wie eine neue Familie gefunden, in der sie zu der starken jungen Frau heranwachsen konnte, die jetzt neben ihm steht.
Das Geräusch der sich öffnenden Tür, holt ihn aus seinen Gedanken und auch Levy wendet ihren Blick zur Treppe. Mirajane kommt mit einem großen Tablett herein und tritt die Stufen hinunter. „Bitte schön… euer Essen“, hat sie wie immer gelächelt und das Tablett auf einem der seitlichen Tische abgestellt. „Danke… aber… ich hab doch noch gar nicht bestellt“, kommt es von Levy verwundert und fragend zugleich. „Bedank dich da mal bei deinem fürsorglichen Partner“, lächelt Mirajane als Antwort und zwinkert in Gajeels Richtung der sichtlich unter ihrer Bezeichnung zusammenfährt.
„Najaaa… also… wie war das neulich?“, stammelt Gajeel sichtlich verlegen, findet aber gleich seine Fassung zurück. „Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper?“, wiederholt er Levys Worte von ihrem ersten Trainingstag und punktet dabei seinen Zeigefinger auf ihren Kopf. Levy schaut perplex zu ihm auf, ehe sie ihn sanft anlächelt. „Stimmt genau“, gibt sie darauf zurück und legt das Papier in ihren Händen nieder. Eine Pause ist jetzt genau das was sie braucht.
Als sich Levy an den Tisch und vor ihr, herrlich duftendes Essen, setzt linst sie doch etwas verwundert zu Gajeel, der es ihr gleich tut. Beim letzten Mal ist er zum Essen nach oben in den Schankraum gegangen, weil er beim Essen immer seine Ruhe will. Heute allerdings lässt er sich schräg gegenüber auf einen Stuhl fallen und hat schon ein Stück Eisen im Mundwinkel. Levy ist zwar verwundert aber insgeheim freut sie sich, was ihr ein heimliches Lächeln auf die Lippen zaubert.
Immer wieder linst sie von ihrem Essen zu ihm hinüber und versucht hinter diese ernste Miene, mit der er sein Essen vertilgt, zu blicken. Aber seine Züge verraten ihr wie immer nicht das kleinste Bisschen von seinen Gedanken.
„Was ist? Willst du mal kosten?“, spricht Gajeel sie, nachdem er ihren Blick nun schon zum vermehrten mal auf sich spürt, grinsend an. „Äh…ähm… also… ich würde schon zu gerne wissen wie Eisen schmeckt… aber ich würde mir wohl die Zähne daran ausbeißen“, hat sie ihm lächelnd geantwortet und ihren Blick verlegen auf ihr Essen gesenkt. „Das kannst du nicht wissen bevor du es nicht versucht hast“, grinst der Eisen Dragon Slayer als Antwort und lässt wieder eine Schraube in seinem Mund verschwinden.
„Dann… würdest du auch andere Elemente zu essen versuchen… so wie Natsu?“, fällt Levy auf seine Aussage sofort ein. Gajeel legt nachdenklich seinen Kopf schräg und setzt sich ernsthaft mit dem Gedanken auseinander. „Nein… es ist abartig!“, kommt er zu dem Schluss und sortiert ein paar der Nägel auf seinem Teller aus. Aus irgendeinem Grund, schmeckt ihm das Eisen heute nicht so wie sonst. Aber das ist ihm schon heute Mittag aufgefallen, als er sich bei sich zuhause einen kleinen Snack genehmigt hat.
Seitdem er dieses reine Stück Eisen, das Levy mit ihrer Magie erscheinen hat lassen, in Händen hielt und den Geschmack davon auf seiner Zunge hatte, ist alles andere im Vergleich dazu „Schrott“. Es schmeckt viel zu bitter und der Geschmack erinnert oft an Rost, den er nicht ausstehen kann. Zu gerne würde er etwas von ihrem Eisen kosten. Auch wenn es nur ein kleines Häppchen wäre, er wäre damit zufrieden. Er hat sogar schon mit dem Gedanken gespielt sie zu fragen, aber das hat er gleich wieder verworfen. Mit seiner Aktion gestern, die ihn heute noch zum schmunzeln bringt, hat er es sich bei ihr wohl damit verscherzt.
„Abartig? Für Natsu scheint es normal zu sein…“, lenkt Levy seine Aufmerksamkeit wieder auf sich und er verschluckt sich fast an einem kleinen Eisenstück. „Der ist ja auch nicht ganz normal…“, antwortet Gajeel darauf trocken und trifft ihren Blick.
Für ein paar Sekunden halten sie den Blickkontakt aufrecht. Sehen in den Augen des jeweils anderen nur sich selbst. „Da hast du vermutlich recht“, antwortet die Blauhaarige ihm lächelnd darauf, was er nur mit einem grinsen quittiert. Mit einem seltsam zufriedenen Ausdruck auf ihren Gesichtern, essen sie schweigend weiter und genießen die Ruhe in der Bibliothek.
Zugegeben, es war zu Anfang für ihn ungewohnt. Aber Gajeel muss sich eingestehen dass er ihre Anwesenheit als durchaus angenehm empfindet. Eigentlich zieht er es vor, sich oben im Schankraum in eine einsame Ecke zu verziehen damit er seine Ruhe hat. Er hasst nichts mehr, als wenn er beim Essen gestört wird. In den letzten Tagen hat er jedoch zu schätzen gelernt, wie es ist „gemeinsam“ zu essen und Levy ist einfach perfekt dafür. Sie redet nicht in einer Tour wie die anderen und selbst wenn sie redet, hat es einen fast schon beruhigenden Nebeneffekt. Ihre Stimme allein schon, empfindet er wie eine mollig warme Decke die sein oft aufbrausendes Gemüt zügeln könnte.
Stillschweigend beenden sie ihr Essen und Levy bringt die leeren Teller samt Tablett wieder nach oben in die Küche. Anschließend sortiert sie ihre Notizen fertig und stürzt sich auf ihren Code, während Gajeel den Karton mit dem Müll weg bringt. Nach seiner Rückkehr, verabschiedet er sich gleich für kurze Zeit. Ihm ist eingefallen, dass er vor der Abreise noch etwas erledigen muss und da er Levy bei ihrem Code ohnehin keine Hilfe ist, macht er sich gleich auf den Weg. Levy bleibt alleine zurück und kann sich voll und ganz auf die Überarbeitung ihres Codes konzentrieren.
Es ist mitten in der Nacht und Gajeel findet keinen Schlaf. So liegt er auf seiner Couch im Wohnzimmer und hat bis vor ein paar Minuten noch im Buch über Maschinenbau gelesen. Nun liegt es aufgeschlagen, mit den Seiten nach unten, auf seiner Brust, während sein Handgelenk seine Augen verdeckt.
Er hat versucht sich mit dem Lesen von der Prüfung abzulenken. Doch schon nach wenigen Zeilen ist er mit seinen Gedanken wieder bei der Insel und ihren gemeinsamen Gegnern angelangt.
Gray und Loki sind aus seiner Sicht kein Problem. Cana und Lucy schon gar nicht. Selbst wenn sie auf Juvia und Lisanna treffen, rechnet er sich hohe Chancen aus. Er hat keine Ahnung wie die Jüngste der Strauß Geschwister mit ihrer Magie umgeht, aber die von Juvia ist ihm bekannt. Das einzige Problem hierbei sind Juvias harten Attacken, aber die gilt es nur abzublocken damit Levy sie irgendwie ausschalten kann.
Elfman und Evergreen scheinen da schon die etwas härteren Gegner zu sein. Elfman dabei allerdings weniger, denn seine Angriffskraft ist seiner unterlegen. Die größere Gefahr geht von dieser selbsternannten Fee aus, die in der Lage wäre sie gleich alle Beide in Stein zu verwandeln.
Bixlow zu besiegen stellt er sich ebenfalls etwas kompliziert und zudem auch anstrengend vor. Seine „Babys“ sind einfach Nervtötend und zu allem Überfluss hat der Maskenträger auch noch herausgefunden wie er in die Enge zu treiben ist. Um Fried macht er sich allerdings am meisten Gedanken. Er hat Null Ahnung von Runen und dergleichen. Levy ist was Fried angeht, also fast auf sich allein gestellt. Gajeel hofft dass sie nicht unbedingt auf den grünhaarigen Schwertschwinger treffen.
An eine Konfrontation mit Erza, der Bardame und Gildarts, will er noch gar nicht denken. Dort müssten sie einfach nur alles geben was sie haben und bis zum Schluss durchhalten. Gajeel rechnet damit, dass sie irgendwann im verlauf der Prüfung, ganz bestimmt auf einen der Drei treffen werden. Dieses Zusammentreffen ist scheinbar unumgänglich. Nur wer einen S-Rang-Magier besiegt, kann selbst zu einem werden, so seine Logik.
Und was Salamander angeht, auf diese Konfrontation würde er sich freuen. Nichts täte er lieber, als ihm eine rein zu hauen und ihn auf seinen Platz zu verweisen. Aber es geht in erster Linie nicht um ihn, sondern um Levy. Er „muss“ sie durch die Prüfung bringen. Das Ziel hat er sich gesetzt und er würde alles tun, um es auch zu erreichen. Sie strengt sich so an und auch er würde sein Bestes für sie geben. Sofort schiebt sich ihm dieses Bild vom frühen Abend wieder vor sein geistiges Auge.
Nachdem er seine Wege erledigt hatte, war Gajeel wieder zurück in die Gilde und die Bibliothek gegangen. Er hat gedacht, dass sie vielleicht noch irgendwo Hilfe braucht und sei es auch nur dass ein paar Bücher wieder an ihren Standort gebracht werden müssten. Als er durch die Tür der Bibliothek trat, musste er bei ihrem Anblick seicht lächelnd den Kopf schütteln.
Die zierliche Magierin ist doch tatsächlich mit dem Gesicht auf einem aufgeschlagenen Buch eingeschlafen. Sie hat sogar den Federkiel noch in der Hand und die Tinte daran, saugt sich langsam aber stetig ins darunter liegende Papier. So leise wie möglich, nähert er sich ihr und nimmt ihr ganz vorsichtig den Federkiel aus der Hand, damit sie nicht am Ende ihre ganzen Notizen wieder neu schreiben muss.
„Typisch…“, flüstert er in sich hinein und stutz als ihre leisen Atemgeräusche an sein Ohr dringen. Es ist fast genau so wie in der letzten Nacht. Er hat sie ebenfalls gehört, ihren Atem und ihren Herzschlag. Obwohl er bei letzterem nicht wusste ob es nicht doch sein eigener war. Und, er hat sie gespürt. Nah bei sich, ihre Wärme, als sie sich mitten in der Nacht plötzlich an ihn geklammert hatte.
Gajeel gibt dem Drang nach und berührt dieses weiche Haar, das ihn gestern Nacht einige Male im Gesicht oder am Hals gekitzelt hatte. Es ist wie flüssige Seide zwischen seinen Fingern, als er ihr eine der langen Strähnen aus dem Gesicht und hinter die Schulter streicht. Dieser süßliche Duft, nach Sonnengereiften Pfirsichen veranlasst ihn dazu, sich zu ihr runter zu bücken und ihren Duft tief in sich einzuatmen.
Mit geweiteten Augen, wird ihm bewusst was er da tut und so weicht er hastig von ihr zurück. Über sich selbst verwirrt und mit geballten Fäusten, starrt er eine ganze Zeit lang auf ihren Rücken und diesen schlanken Nacken. Dieses ungewohnte und neue Gefühl kriecht wieder in ihm hoch und lässt ihn in sich hinein knirschen. „D…das ist verrückt!“, ermahnt er sich in Gedanken und löst sich ruckartig von seinem Standort. Er lässt Levy schlafen und hinterlässt ihr eine kurze Notiz, ehe er die Bibliothek und die Gilde verlässt.
„Was ist das nur?“, fragt er sich jetzt und wischt sich fahrig übers Gesicht, starrt an die Decke über ihm. Was sind das für Gefühle die ihn heimsuchen? Was ist das für eine Unsicherheit in ihrer Nähe? Warum… ist sie nur so interessant? Warum hat sie keine Angst vor ihm? Gut, einerseits ist er froh darüber, aber andererseits kann er es immer noch nicht ganz verstehen warum das so ist. Und vor allem, was sind das für Blicke mit denen sie ihn ansieht und beobachtet? Geht es ihr am Ende ähnlich? Welchen Grund hat es, dass sie sich so normal ihm gegenüber verhält? So normal, wie sonst kaum jemand in dieser Gilde?
„Kannst du nicht schlafen?“, dringt Lilys müde Stimme nun zu ihm durch und lässt ihn zusammenschrecken. Mit geweiteten Augen starrt er unter seiner Hand in Lilys Richtung, der im Türrahmen steht. „Nicht wirklich…“, antwortet Gajeel knapp und lässt seinen Handrücken wieder über seinen Augen liegen. „Die Prüfung… nehme ich an?“, vermutet der Exceed und nimmt mit einem Satz auf dem freien Lederstuhl platz. Es wundert ihn immer noch, dass Gajeel sich da so reinsteigert und das wo es noch nicht mal seine eigene Prüfung ist.
„Das auch…“, stimmt der Dragon Slayer nur zu und bleibt regungslos liegen. „Mh… wo wir grade dabei sind…du hast mir jetzt immer noch nicht gesagt warum du das überhaupt machst…“, beginnt Lily nach zu bohren und ein wissendes Grinsen schleicht sich in seine Züge.
„Ich hab dir das schon zu genüge erklärt“, murmelt Gajeel und gähnt kurz auf. „Den wahren Grund meine ich…“, kommt es wieder von Lily, der als antwort nur ein tonloses: „Lass mich in Ruhe“ von seinem Partner erntet. „Du maaagst sie…“, rollt Lily mit der Zunge, während er seine Arme vor der Brust verschränkt.
„Das stimmt nicht!“, begehrt Gajeel auf und hängt ein: „Und hör auf Salamanders Katze nach zu äffen!“, an. „Interessant…du legst dich also für jemanden ins Zeug, den du gar nicht ausstehen kannst“, beginnt der dunkle Exceed laut zu überlegen. „Das hab ich SO nicht gesagt!“, nun funkelt er Lily unter seiner Hand hervor an. „Und wie meinst du es dann?“, Lily denkt nicht im Traum daran jetzt Kleinbei zu geben.
„Ich… find sie ok. Sie ist ganz nett…“, erklärt Gajeel nun und hofft dass sein Partner damit zufrieden gestellt ist. „Sie ist zu nett…“, denkt er sich allerdings im Geheimen und ein wehmütiges Gefühl verdrängt diese süße Erinnerung, einer schlafenden Levy über ihren Büchern.
„Mh… also doch, ich wusste es!“, lacht Lily erfreut über seine richtige Vermutung auf. „Das ist SO nicht!!“, grollt Gajeel und richtet sich in eine halb sitzende Position auf. „Wie dann? Ich finde ihr passt gut zusammen, ihr…“, beginnt der Exceed zu schwärmen, wobei sein Gesichtsausdruck dem von Mirajane schon etwas ähnlich sieht.
„Tun wir nicht! Sie würde sich nie mit einem Typen wie mir einlassen! Das passt nicht zu ihr!“, unterbricht Gajeel ihn und deutet mit der geballten Faust in Lilys Richtung. „Mh…“, macht Lily und fixiert Gajeel mit seinem Blick. „Aber DU würdest dich mit IHR einlassen wollen?“, dreht der Exceed den Spieß nun um und bringt Gajeels Gesicht damit zur Entgleisung, während sich ein deutlicher Rot-Ton um seine Nase bildet.
„Lass mich einfach in Ruhe!“, knirscht Gajeel zwischen seine Zähne und schleudert Lily ein Couchkissen ins Gesicht, ehe er sich von ihm wegdreht und sich auf der Couch lang streckt. „Du wirst dir den Nacken verrenken wenn du hier schläfst…“, weist Lily ihn aufmerksamer weise drauf hin, während er das Kissen von sich wegdrückt. „Mir egal! Zieh leine, ich will schlafen!“, knurrt der Dragon Slayer als Antwort, was Lily nur ein Grinsen entlockt. „Und er mag sie doch…“, denkt er sich im Geheimen, während er sich von seinem Stuhl erhebt, Gajeel noch süße Träume wünscht und wieder in sein Zimmer geht.
Müde schlägt Levy ihre Augen auf und realisiert, dass sie über ihren Büchern eingeschlafen ist. An ihren Finger, da sie ihre Arme unter sich verschränkt und ihre Hände an ihren Oberarmen ruhen hat, spürt sie etwas Weiches. Als sie es näher befühlt erkennt sie, dass es sich um eine Decke handelt. Die Decke, die sie am Anfang der Woche, Gajeel überlegen wollte.
Leicht erschrocken, fährt sie auf ihrem Stuhl in die Höhe und schaut hektisch auf die Uhr an der Wand. Es ist schon nach 21:00 Uhr, was also bedeutet dass sie fast eine ganze Stunde geschlafen hat. Nur kurz kommt Panik in ihr auf, doch ein Blick auf ihre Notizen erinnert sie wieder daran, dass sie mit ihrer Arbeit schon fast fertig ist. Wenn sie jetzt fleißig weiter schreibt, wird sie es heute noch schaffen den Code fertig zu stellen.
Ihr Blick schweift müde und zerschlagen durch die Bibliothek. Sie ist allein, stellt sie fest. Levy vermutet dass Gajeel heute wohl nicht mehr herkommen wird. Das Dumme ist nur, dass sie den morgigen Tag nicht besprochen haben aber sie nimmt einfach mal an ihn wieder hier in der Gilde zum Frühstück zu treffen.
Mit einem leisen Seufzen nimmt sie die Decke von ihren Schultern und legt sie über die Stuhllehne um frei Arbeiten zu können. Als sie zu ihrem Federkiel greift, wird sie auf den gelben Zettel aufmerksam der gleich daneben auf einem Buch liegt. Zögernd, da sie vermutet, schon wieder einen Fehlerhinweis von Fried vor sich zu haben, greift sie nach dem Zettelchen und zieht ihn zu sich heran.
„Morgen früh am Südtor!“, steht darauf in groben Schriftzügen. „PS: Übernimm dich nicht!“, steht etwas kleiner darunter, mit einem etwas verwackelten, streng dreinblickenden Smiley daneben. „Das ist also… seine Handschrift?“, denkt sich Levy, während ein gerührtes Lächeln ihre Lippen verlässt. Schon wieder macht er sich Sorgen um sie und dieses Smiley ist dermaßen niedlich dass Levy sofort an ihn denken muss.
Mit einem deutlichen Rotschimmer um die Nase, will sie sich nun endlich ihren Schriften zuwenden, doch da fällt ihr noch etwas anderes ins Auge. Es ist das Buch neben ihr, auf dem der Notizzettel gelegen hat. Es ist kein Buch. Es ist dieser helle Ledereinband den sie heute weg geworfen hat. Allerdings sieht er jetzt ein wenig anders aus. Der Rücken ist an den Kanten mit einer Metallschiene versehen, genau wie die Ecken vorne. Ihr Name ist auf dem Deckel des Einbandes eingebrannt.
Mit zitternder Hand, greift sie danach und hebt es vorsichtig an. Sie kennt die Art der Bindung, welche das neue Papier in dem Notizbuch hält. Es ist die Buchbinderei im Zentrum der Stadt und sie will gar nicht wissen mit welchem Nachdruck, Gajeel den Geschäftsführer dazu gebracht hat das Stück heute noch fertig zu stellen. Sie ahnt, dass sie sich dort vermutlich eine ganze Zeit lang nicht mehr blicken lassen kann und doch strahlt nun ein verliebtes Lächeln in ihrem Gesicht.
Sie blinzelt, da ihr schon wieder die Tränen kommen. Sie weiß nicht was mit ihr los ist! Seit Beginn der Trainingswoche ist sie übersensibel und empfindlich. Es ist wohl die Anspannung und die ganze Aufregung. Nicht zu vergessen diese Gefühle in ihrer Brust, die immer stärker werden, desto netter er zu ihr ist.
Sie schluckt einmal schwer und drückt das neue Notizbuch fest an die Stelle ihres Herzens. Levy nimmt sich auch sein „PS“ zu Herzen, denn im Grunde hat er Recht. Würde sie jetzt weiter arbeiten, wäre sie für ihren letzten Trainingstag morgen nicht fit. So packt sie das Notizbuch sorgsam in ihre Tasche und räumt ihre Sachen auf.
Oben im Schankraum tritt sie noch kurz an die Theke um sich von Mirajane zu verabschieden. „Oh… und danke fürs zudecken!“, ist Levy eingefallen als sie sich schon halb von Mirajane abgewendet hatte. Die Weißhaarige stutz und schaut fragend von ihrem Tun zu ihr auf. „Tut mir leid Levy, ich war seit heute Nachmittag nicht mehr bei dir“, erklärt Mirajane ihr mit einem sanften Lächeln. „Nein?“, erkundigt sich Levy überrascht und sie wagt nicht zu glauben was sie wirklich vermutet. „Nein… außer Gajeel hab ich niemanden zu dir nach unten gelassen“, zwinkert die Take-Over-Magierin, der immer röter werdenden Levy zu. „A…ach so…“, stammelt diese und wird ganz verlegen. „I…ich gehe dann... g… gute Nacht!“, verabschiedet sie sich stammelnd und verlässt mit beschleunigten Schritten die Gilde, ehe sie auf der Straße zu laufen beginnt als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her. Ihr Herz schlägt dabei wie wild und wieder schwirren tausende von Schmetterlingen in ihrem Bauch umher. „D…das ist mir ja einer…“, denkt sie sich verliebt und schlägt den Weg zum Mädchenwohnheim ein.
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