Magie kann ein Fluch sein
Prolog - Das Ende
aller Tage
In den vergangenen Jahren ist es Fairy Tail gelungen, die
drei großen dunklen Gilden der Baram Allianz zu stürzen. Oracion Seis, Grimoire
Heart und - zu guter Letzt - Tartaros. Das gesamte Unterfangen war mit vielen
Kämpfen und Verlusten verbunden. Aber schlussendlich hat Fairy Tail erfolgreich
gesiegt. Ihrem eigentlichen Ziel - dem schwarzen Magier Zeref - stand nichts
mehr im Weg.
Doch der Magier, der vor über 400 gelebt haben soll, war
schwer zu finden und viele Überlieferungen führten ins Nichts oder verliefen
sich in Legenden. Mit gemeinsamer Kraft, vielen Recherchen und Unionen einiger
Magiergilden gelang es ihnen jedoch, ihn aufzuspüren und auch einen Weg zu
finden, wie man diesen Magier, der als Unsterblich galt, vernichten konnte.
Ein noch nie da gewesener Krieg erschütterte das Land, ließ
die Bevölkerung in alle vier Winde fliehen und die Erde erbeben. Kämpfe
begannen mit dem ersten Sonnenstrahl, dauerten bis spät nach Einbruch der Nacht
oder bis zum frühen Morgen. Über Tage und Nächte hinweg… bis man die ultimative
Waffe zündete, um Zeref, der sich im Zentrum dieses Kampfes befand, endgültig
von dieser Welt zu tilgen.
Endlich sollte Frieden herrschen. Ohne seine Existenz.
Die Detonation war so enorm, dass deren Staub und Geröll bis
hinauf in die Atmosphäre gewirbelt wurden. Städte wurden zerstört, ganze
Landstriche ausradiert und von der Landkarte gefegt. Tagelang brannte die Erde
und der dadurch entstandene Rauch machte es schier unmöglich zu atmen. Es war
die größte Katastrophe seit Menschengedenken… ein Inferno aus Feuer, Rauch und
Asche… eine Apokalypse.
Part I - Das Erwachen
Ein Brennen macht sich tief in seiner Kehle bemerkbar und es
ist das erste Zeichen für ihn, dass er überhaupt noch lebt. Begraben unter
Schutt und Gebäudetrümmern, vermag Gajeel nicht sich zu bewegen. Er findet keine
Kraft dazu. Nicht mal das Heben der Augenlider will ihm gelingen. Ein schwaches
Husten quält sich über seine Lippen, ehe er einfach liegen bleibt. Es schmerzt…
überall. Sein gesamter Körper fühlt sich an wie eine einzige riesige Wunde. Das
Blut pocht ihm in den Ohren. Er meint, sein Kopf müsste ihm zerspringen. Kurz
flackert der Gedanke, wie es den anderen wohl geht, was aus ihnen geworden ist,
in seinem Geist auf. Doch dieser Gedanke ist flüchtig und verblasst augenblicklich.
Wohltuende Dunkelheit legt sich erneut über ihn.
Regen setzt ein. Das Prasseln der dicken und schweren
Tropfen ist wie lauter Donner auf den Trümmern, die über ihm liegen. Es schlägt
auf Holz, Metall und schlussendlich auch auf seinen Körper. Jeder einzelne
Tropfen schmerzt, als wären es Messerstiche. Ein Zeichen für Gajeel, dass er
wirklich schwer verwundet sein muss. Zeitgleich lindert das Wasser seine Schmerzen
und es ist nahezu wohltuend, in dieser Lache aus Regenwasser zu liegen.
Verbrannter Geruch steigt ihm in die Nase. Verbranntes Holz,
Haare und Fleisch… kein angenehmer Geruch. Am liebsten würde er sich übergeben,
aber selbst dazu findet er keine Kraft.
So bleibt er liegen in dieser Lache aus Regenwasser und dem
Blut, das von seinem Körper herabrinnt. Es ist schmerzhaft, zugleich erleichternd.
Nur nach längerem gelingt es ihm, seine Augen einen Spalt weit zu öffnen. Alles
was er sieht, ist Dunkelheit. Ein Gemisch aus Grau und Schwarztönen. Das Wasser
unter ihm ist schmutzig und nicht mal die Regentropfen erscheinen sauber, als
sie auf die Holzbalken in seiner Nähe aufschlagen. Sie sind grau und sie
stinken nach Asche und nasser Erde.
Es wird ihm zu mühsam, so schließt er seine Augen wieder.
Kurz startet er den Versuch, sich zu erinnern, was passiert ist. Aber sein
Geist ist wirr und müde. Sein Körper schreit nach Ruhe und Erholung. So driftet
er wieder dahin und lässt sich in diese wohlige Dunkelheit fallen. Im Grunde
ist er froh… es ist ruhig, angenehm und warm. Wenn es nach ihm ginge, könnte es
auf ewig so bleiben…
Irgendwann hörte der Regen auf, aber Gajeel hatte das nicht
bemerkt. Es ist wieder ein Brennen in seiner Kehle, das seine verbliebenen
Überlebensgeister weckt und ihn dazu zwingt, aus diesem tiefen Schlaf
aufzuwachen.
Sein Körper schmerzt noch immer und seine Haut spannt. Er
weiß noch immer nicht, was genau passiert ist, aber er hat das Gefühl, als wäre
sein Geist um einiges klarer. Ruhig bleibt er liegen und versucht sich auf
seine Sinne zu konzentrieren. Mit geschlossenen Augen versucht er seine Atmung
zuerst zu regulieren. Tief und ruhig zu atmen.
Laut den Geräuschen um ihn herum ist er allein. Es ist
niemand da - also auch kein Feind. Es gibt also keinen Grund, hektisch zu
werden und so schnell wie möglich auf die Beine zu kommen. Er würde es ohnehin
nicht schaffen, das spürt er genau. Also alles der Reihe nach und mit
Konzentration.
Er versucht seine Finger zu bewegen und es gelingt ihm. Aber
auch hierbei hat er das Gefühl, als würde die Haut zwischen seinen Fingern wie
vertrocknet spannen. Die Glieder schmerzen ihm sowieso, daran würde er sich
gewöhnen müssen. Als er versucht seine Beine zu bewegen, scheitert er. Er spürt
aber nicht, dass er irgendwo eingeklemmt wäre. Es ist wohl zu früh. Daher
konzentriert er sich auf etwas anderes.
Er dreht seinen Kopf ein wenig, um sein Gesicht etwas vom
Boden wegzubekommen. Er liegt mit der Brust nach unten aber mit der Hüfte
seitlich, wie er anhand der nun aufkommenden Schmerzen feststellt. Es gelingt
ihm auch seine Augen kurz zu öffnen und alles was er sieht, ist braune,
verkohlte Erde unter ihm. Die kleinen, runden Ausbuchtungen in der Erde, die
überall vor ihm verteilt sind, stammen von dem Ascheregen. Die Ränder sind
schwarz von der Asche, die mit dem Regen zur Erde gefallen ist und es riecht
auch danach. Es ist nach wie vor ein beißender, unangenehmer Geruch. Der Geruch
von verbranntem Fleisch und Haar ist ein wenig abgeschwächt und die Luft, die
er atmet, ist so heiß, dass sie in seinen Lungen brennt.
Müde schließt er die Augen wieder und versucht in sich zu
gehen. Er versucht zu rekonstruieren, was passiert ist. Das Einzige, was er
weiß, ist, dass er mit den anderen gekämpft hat und dass eine enorme Explosion
alles enden ließ.
Gleißendes Licht hatte ihn geblendet und beim bloßen
Gedanken daran, beginnen seine Augen zu tränen, spülen Sandpartikel aus seinen
geschlossenen Lidern. Er versucht sich zu erinnern, wer alles bei ihm war. Was
geschehen war… die letzten Sekunden vor der Detonation…
Salamander und die Elite der Gilde kämpften an der Front,
während er mit Wendy und dem Rest im Hintergrund blieb und ihnen den Rücken
deckte. Soviel weiß er noch. Zur Rechten hatten sich die Strauß-Geschwister und
Cana verteilt, um ihren Widersachern zu strotzen. Links, in weiterer Entfernung,
waren die Raijinshuu und Luxus zugange. Ein paar andere waren ebenfalls dort.
Ein Zucken geht durch seinen Körper, als er realisiert, dass er nicht weiß, wo
Lily abgeblieben war.
Im Getümmel des Kampfes hatte er ihn aus den Augen verloren.
Nun erinnert er sich an die Frage, die er jemandem gestellt hatte. „Wo ist
Lily?!“, hatte er Jet aus Team Shadow Gear zugerufen und dieser hatte nur
gemeint, dass er es nicht wüsste. „Er ist bestimmt in Ordnung!“, hatte ihm
diese beruhigende Stimme zugerufen, die zu jener Person gehörte, die seit Beginn
des Kampfes nie weit von ihm entfernt war.
„Levy…“, durchfährt es ihn und sein Herz hämmert hart gegen
seinen Brustkorb. Er meint dadurch sogar die Unebenheiten der Erde unter sich
zu spüren. „Wo ist sie?! Ich muss zu ihr! Sie kann nicht weit sein… Ich muss
wissen, ob sie in Ordnung ist!“, die Gedanken erschlagen seinen Geist und was
ihn umfängt ist erneute Dunkelheit und Ohnmacht, die ihn in die Tiefe zieht.
Gajeel weiß nicht, wie lange er geschlafen hat. Als er
diesmal erwacht, sind die Schmerzen geringer, aber durchaus noch stark
vorhanden. Die Luft ist trocken und heiß, so kommt sie ihm jedenfalls vor. Auch
der Grund, auf dem er liegt, hat sich verändert. Diese vom Wasser vollgesogene,
verkohlte Erde ist trocken und wirkt sandig. Die Umgebung ist heiß und seine
Haut prickelt und zieht, als hätte er einen Sonnenbrand.
Auf alle Fälle hat er die Kraft, sich etwas mehr zu bewegen.
Seit seinem letzten Wachzustand müssen zwei oder drei Tage vergangen sein.
Seine Kehle ist trocken und er ist dehydriert. Er braucht unbedingt Wasser,
sonst würde er wirklich noch sterben. In den letzten Tagen war er vermehrt kurz
wach, konnte aber keinen klaren Gedanken fassen. Er spürte nur den Schmerz, den
der erneute Regen auf seinem Körper auslöste und er hegte nur einen Gedanken:
„Wenn das sterben ist… dann sollte es schneller gehen.“
Jetzt weiß er, dass er es überlebt hat. Er weiß nicht wie,
aber er hat überlebt und so wie es aussieht, würde er auch weiter überleben.
Wenn er denn bald etwas trinken könnte. Aber auch ein Stück Metall würde helfen,
um etwas Kraft zu gewinnen.
Mühsam versucht er sich zu bewegen und nach ein paar
Anläufen gelingt es ihm tatsächlich, sich auf den Rücken zu drehen. Nun blickt
er in dem zerfallenen Gebäude nach oben und erkennt, dass davon nur Trümmer
übrig sind. Das Dach ist weg und soweit er sehen kann, sind es nur die
verkohlten Balken über ihm, die es nicht so schwer erwischt hat.
Ihm fällt auch der Nagel ins Blickfeld, der in dem einen
Balken über ihm steckt und so wie die Kräfte es ihm erlauben, greift er danach.
Sein Fokus schwenkt von dem Nagel auf seine Hand, als sie sich nach oben
streckt. Nun weiß er zumindest, warum die Haut an dieser Hand so spannt. Es
zieht sich eine riesige Brandwunde über seine Hand und den gesamten Arm, soweit
er jedenfalls sehen kann. Sie ist fast verheilt, aber noch deutlich zu sehen.
Es scheint, als wäre die gesamte Haut daran heruntergebrannt worden. Er muss
wirklich schwer verletzt gewesen sein, aber jetzt darüber nachzudenken, bringt
ihn nicht weiter.
Er ergreift den Nagel und muss doch ein wenig Kraft
aufwenden, um ihn aus dem bröckelnden Holz zu bekommen. Gierig lässt er ihn in
seinem Mund verschwinden und er hat das Gefühl von Weihnachten und Ostern
zugleich. Es erscheint ihm eine Ewigkeit her zu sein, dass er etwas gegessen
hat und nun spürt er den Hunger nur noch deutlicher. Er hatte das Gefühl,
Hunger zu haben, noch nie gemocht…
Eine Weile bleibt er nach diesem Mahl liegen und sammelt
seine Kräfte. Konzentriert sich darauf, wie sein Körper das Eisen des Nagels
aufnimmt und an die richtigen Stellen transportiert. Er reguliert seine Atmung
und klärt seine Gedanken. Er muss nach wie vor langsam vorgehen und eines nach
dem anderen anfangen. Er wird nicht auf die Beine kommen, wenn er jetzt anfängt,
zu viel über das „Warum“ und „Wieso“ nachzudenken. Oder darüber was genau
passiert ist, oder wo die anderen sind. Ob es ihnen gut geht. Er muss zuerst
auf sich selbst achten und endlich hier hochkommen.
Mit gefasstem Willen und Appell an seine körperliche Kraft,
die nach und nach zurückkehrt, beginnt er Trümmer von seinem Körper zu stoßen.
Ein einziger Balken liegt noch über seinem linken Bein, als er es schafft sich
aufzusetzen. Mit Aufbietung seiner verbliebenen Kraft schiebt er ihn hinunter
und lässt ihn polternd neben sich fallen. Sein Bein schmerzt und Erschöpfung
macht sich breit. „Nicht aufgeben…“, ruft er sich selbst an und stützt sich mit
den Ellenbogen ab. Unter Anstrengung und verhaltenen Schmerzenslauten hievt er
sich so an die Überreste einer Wand in den Schatten. Mit dem Rücken lehnt er
sich dort an die herrlich kühlen Steine und schließt augenblicklich seine
Augen.
Seit Tagen war diese Aktion sein größter Erfolg. Er hat
gegessen, auch wenn es nur ein einziger Nagel war und er hat sich aus den
Trümmern befreit. Nun muss er sich wieder ausruhen. An dieser zerfallenen Mauer
und den Brettern, die ein wenig Schatten und Zuflucht vor dem Regen spenden.
Aus irgendeinem Grund meint er, dass es hier der sicherste Ort im Moment ist. Gajeel
dämmert in einen leichten Schlaf weg. Er lässt das Geschehene einfach hinter
sich und hofft aus diesem „Nickerchen“ neue Kraft zu schöpfen.
Part II - Iron
Dragon´s Scales
Seit Gajeels Triumph über die Balken unter denen er gefangen
war, sind vermutlich zwei Nächte ins Land gezogen. Genau vermag er es nicht zu sagen.
Sein Körper und Geist sind so erschöpft, dass er sich jede Minute Schlaf nimmt,
die er braucht.
Im Moment regnet es bereits wieder und dieses Mal lauscht
der Magier dem Trommeln der Wassertropfen aus einem wasserdichten Unterschlupf.
Der Regen - dieses stetige und ruhige Trommeln - hat etwas Beruhigendes an sich,
wie Gajeel meint. Er reinigt die Luft und die Erde. Von dem Gestank der
verkohlten Gegenstände ist kaum noch etwas vorhanden. Auch der beißende Geruch
des verbrannten Fleisches und der leichten Verwesung flacht allmählich ab. Oder
Gajeel hat sich an diese Gerüche bereits gewöhnt.
Bis jetzt konnte er seine Gedanken noch davon abhalten, sich
zu fragen, was diese Gerüche verursacht. Er ist zu sehr damit beschäftigt,
wieder auf die Beine zu kommen. Denn das ist ihm, seitdem er in diesem
Unterschlupf auf allen Vieren angekommen ist, noch nicht gelungen. Aber er
spürt, dass der Moment nahe ist. Vielleicht schon in dieser Nacht.
In seinen wachen Momenten hatte er es immer häufiger
geschafft, sich etwas mehr zu bewegen. Er fühlt seine Beine wieder und seine
Arme funktionieren einwandfrei. Nur die Schmerzen und dieses spannende Gefühl
an seiner Haut sind noch da.
Gerade im Moment streckt er sich nach einem weiteren
Metallteil, das an einem Stück Holz befestigt ist. Es ist ein Scharnier einer
Tür, die nicht mehr als solche zu erkennen ist. Im Grunde ist es ihm egal,
Hauptsache es handelt sich um Eisen, das zwischen seine Kiefer und in seinen
Stoffwechsel gelangt. Wenn er Eisen zu sich nehmen kann, ist es auch nicht so
wichtig, Wasser zu trinken, da sich sein Körper alles aus dem Eisen holt und an
die richtigen Stellen transportiert.
Das hat ihn bis jetzt am Leben erhalten. An Wasser ist er, bis
auf ein paar Regentropfen, die er einfach mit dem Mund aus der Luft aufgefangen
hat, nicht gekommen. Wenn er so darüber nachdenkt, ist er dem Tot wohl gerade
mal so von der Schippe gesprungen. Eine andere Erklärung für so einen langen
Heilungsprozess seines Körpers, kann er sich nicht vorstellen. Wieder kommt die
Frage in ihm auf, was passiert ist.
Mit umständlichen Bewegungen schafft er es, sich etwas
aufrechter hinzusetzen. Mit angestrengtem Keuchen lehnt er mit dem Rücken an
den paar Mauerziegeln. Es ging dieses Mal schon leichter, muss er feststellen.
Es ist wirklich an der Zeit, endlich auf die Füße zu kommen und sich umzusehen.
Gajeel wundert sich, das in all den Tagen, die er nicht mehr zählen kann, kein
Einziger hier vorbei gekommen ist. Nicht mal Tiere… oder Raubtiere. Der Geruch
des Todes müsste zumindest Aasfresser angelockt haben. Aber er hat die
Gegenwart eines solchen Tieres - oder überhaupt von irgendjemandem – nicht wahrgenommen.
Ein Seufzen quält sich aus seiner staubtrockenen Kehle. Kurz
fragt er sich, was mit den anderen ist. Es wundert ihn, dass man ihn nicht
suchen kommt… dass überhaupt keine Menschenseele hier vorbeikommt. Oder hat die
Explosion ihn so weit von den anderen weggeschleudert?
„Die… Explosion…“, spricht er aus und er erschrickt fast
selbst von seiner eigenen, kratzigen Stimme. Ein seltsamer Nebel steigt vor
seinen Augen auf, die Sicht verschwimmt und sein Kopf ruckt nach unten.
„Nein…“, ein Hauch auf seinen Lippen, mit dem er sich davon abhält, wieder
einzuschlafen. Er muss endlich wach bleiben und sein Gehirn vollständig
aktivieren. Gajeel muss endlich wissen, was los ist!
Müde hebt er seinen Kopf an. Er kommt ihm so unendlich
schwer vor. Sein Blick fällt auf seine Beine, die er gerade von sich gestreckt
hat. Sie sind nackt… so wie der Rest seines Körpers. Er hat damit gerechnet,
dass der Großteil seiner Kleidung zerfetzt ist. Immerhin gehen die meisten der
harten Kämpfe so aus. Aber dass er komplett nackt ist, hat er bis jetzt noch
nicht registriert. Darum war ihm zeitweise wohl ein wenig kühl?
Nur Teile seiner Stiefel und ein paar Fetzen an seiner Hüfte
zeugen noch von Schuhwerk und Kleidung. Die einzigen Dinge, die nicht
verschwunden sind, sind pechschwarz verkohlt und aus Metall. Die eisernen
Reifen an seinen Handschuhen, die immer seine Handgelenke zierten. Der mit
Nieten geschlagene Kragen oder das Armloch, welches noch um seinen Arm hängt.
Langsam hebt er seinen Blick. Etwas weiter von sich weg, auf dem Weg zu der
Stelle, wo er unter den Trümmern festgesessen hatte, macht er etwas Glänzendes
im Nass des Regens aus. Es handelt sich dabei um die Schnalle seines Gürtels.
Ein Keuchen entkommt ihm, ehe er benommen auf seinem
Sitzplatz zurücksackt und wieder auf seinen Körper starrt. Was ist nur passiert,
damit alles andere verschwunden ist und nur Metallteile zurückgeblieben sind?!
Gajeel schluckt und leckt sich kurz über seine aufgesprungenen Lippen. Er
betrachtet seine Wunden an Armen und Beinen… am gesamten Körper. Kratzer, fleischige
Brandwunden und viele offene Verletzungen… keine blauen Flecken… Wie konnte das
sein?
Er beginnt angestrengt nachzudenken. Er versucht sich daran
zu erinnern, was in den letzten Minuten vor der Explosion passiert ist. Ein
stechender Schmerz fährt ihm durch den Kopf und er erinnert sich schlagartig
daran, dass ihn etwas schwer am Kopf getroffen hat. Er muss wohl an
Gedächtnisverlust leiden?
„Ah…“, ein gepresster Schmerzenslaut entkommt ihm, als er
vor seinem geistigen Auge Levy sieht. Sie steht neben ihm und ruft ihm etwas
zu. Das Signal wurde erteilt und sie mussten sich zurückziehen. In wenigen
Sekunden würde hier kein Stein mehr auf dem anderen sein. Er hatte nach ihrer
Hand gegriffen… es kommt ihm vor, als würde er ihre Hand jetzt noch halten. So
fest er kann. Jet und Droy waren mit ihnen auf selber Höhe gelaufen, als ein
gewaltiger Knall ihre Ohren betäubte und das grelle Licht alles um sie herum
einhüllte.
Mit zusammengebissenen Zähnen kämpft Gajeel gegen den
Schmerz an, den er empfindet, während er sich an die letzten Sekunden ihres
Zusammenseins erinnert. Wie ein Film auf Lacrima-Vision läuft das Geschehen vor
seinem inneren Auge ab. Er weiß, er hat, obwohl sein Gehör von der Explosion in
Mitleidenschaft gezogen worden war, noch all die Schreie gehört. Die Zurufe der
anderen aus seiner Gilde und die verzweifelten, kreischenden Laute der
Fliehenden.
Sein Atem geht keuchend bei all den Bildern in seinem Kopf.
Er spürt, wie die Detonation sie erreicht und Levys Hand aus seiner rutscht.
„Nein….Ah…“, es ist ein stummer Schrei, der seinen Mund öffnet und ein weiterer
Schmerz jagt durch seinen Schädel. Mit einer ruckartigen, schmerzenden Bewegung
reißt er die Arme hoch, als würde er sich schützen wollen. Er krallt seine
Hände an seinen Kopf und da stockt ihm der Atem. Seine Augen sind schreckgeweitet.
Sein Atem steht still und jegliche Gedanken und Schmerzen sind aus seinem Kopf
verschwunden.
Er spürt nichts…
Keine struppigen und von Schmutz oder Blut verklebten
Fransen pechschwarzen Haares. Nichts… nur kahle, von Narben und Brandblasen
verkrustete Haut. Haut, die spannt… genau wie der ganze Rest seines Körpers.
Im selben Moment hat er das gleißende Licht der Explosion
direkt vor Augen. Hört Levys Aufschrei, so laut, als würde er nur in seinem
Kopf existieren und dann sind da nur noch Schmerzen.
Unendliche, qualvolle Schmerzen… Schmerzen, die er noch nie
empfunden hatte. Es brennt… an jedem Zentimeter seines Körpers. Die Hitze des
Feuers lässt ihn nicht atmen. Es brennt wie Feuer in seinen Lungen, in seiner
Nase. Es lässt ihm keine Luft, nach der er verzweifelt ringt und es nimmt ihm
die Sicht. Es ist so heiß, dass er die Augen schließen musste, dabei wollte er
sie offen halten, um nach Levy zu suchen.
Nichts, er kann nichts mehr sehen. Es ist alles schwarz und
rot und es tut weh. Zu sehr, um die Schreie zurückzuhalten. Der Geruch von
verbranntem Fleisch und Haar steigt ihm in die Nase und erst später realisiert
er, dass es sein eigenes Fleisch, sein eigenes Haar ist.
Es ist ein Reflex, eine Welle von Magie, an die er nicht mal
annähernd in dem Moment gedacht hatte, als sich etwas in ihm aktiviert. Schier
unendlich waren seine Schmerzen dadurch. Irgendwann, während er von Kopf bis
Fuß in Flammen stand, übermannte ihn eine tiefe Ohnmacht, die ihn endlich
schlafen ließ. Er hoffte in dem Moment, dass es der Tot war.
„Ah…. Nein… NEIN…. AHH…“, sein gequälter Aufschrei hallt
durch die regnerische Nacht, als Gajeel realisiert, was passiert war. Seine
Eisen-Drachen-Schuppen haben ihm das Leben gerettet. Aktiviert durch einen
Reflex, dem absoluten Willen zu Überleben.
Part III - Unter
Kameraden
Im Gildenraum herrscht der übliche Lärmpegel, aber als
Gajeel die Bühne betritt, steigt dieser um das Vielfache an. „Nicht du schon
wieder?!“, hallt Jets Stimme über die pöbelnde Menge. „Das will keiner hören!“,
fügt Macao halblaut hinzu.
Gajeel reagiert davon wie üblich ungerührt und begrüßt sein
Publikum, als wären sie wegen ihm hier. „Dieser Anzug ist wirklich seltsam an
ihm…“, murmelt Levy ihrer Freundin Lucy zu, die darauf nur nickt. Gajeel fragt
sich, was nur alle gegen seinen schicken, weißen Anzug haben? Mit dem Hut wirkt
das Ganze doch absolut modisch. Mit diesem Outfit könnte er sogar Blue Pegasus
beitreten… nein… er könnte ihnen Konkurrenz machen, wenn er wollte!
Nach einsetzen seines eigenen Songs, der wie jedes Mal von
jemandem gewünscht wurde, geht der Trubel erst richtig los.
„Halt´s Maul, Gajeel!“, Wakaba kennt diesmal keine
Zurückhaltung, was wohl an seinem Rückstand in Punkto „Mehr Missionen als
Macao“ liegt. „Verschwinde da!“, wieder ist es Droy, der sich von seinem Platz
erhebt und auf ihn deutet.
„Weiter so, Gajeel-kun!!“, Juvias helle Stimme übertönt die
der anderen und doch ist sie leider in der Minderheit. „Wie kann man so was nur
Gesang nennen?“, tut Gray es ab und wendet sich lieber seinem Getränk zu.
„Grässlich… Happys Schnarchen hört sich besser an!“, wirft Natsu ein, worauf
Happy beleidigt reagiert.
Die Lage eskaliert, als Dinge anfangen durch die Luft zu
fliegen. Krüge, Teller, ganze Stühle und Sonstige wirbeln quer durch die Luft.
Vieles davon landet auf die Bühne, das meiste jedoch trifft den Falschen,
worauf eine Schlägerei um die andere entsteht. Schon bald ist ein gemeinsamer
Kampf im Gildenraum ausgebrochen und kein Stein bleibt mehr auf dem anderen.
Gajeel zieht sein Ding einfach durch und singt seinen eigens
geschriebenen Titel „Best Friend“ weiter. Er mag das Lied… denn damit hatte
damals alles hier angefangen. Hier, in seinem Zuhause, das ihm nun so teuer
war.
„Colorful, colorful… Shubidouba-
Die Splitter der Liebe, Eisen, Metall-
Dou, dou, dou, shalala~
Shubidouba, shalala~
Ich beiße fest in diesen Honig~
Dou, dou, dou, shalala~
Shubidouba, shalala~“
Gajeel lässt sein Lied verklingen und hält seine Augen
geschlossen, um dieser Atmosphäre, diesem Gefühl der tobenden Menge, noch ein wenig
inne zu wohnen. Nahezu andächtig öffnet er seine Augen.
Stille…
Absolute Stille umfängt ihn, während sich ein wunderschöner
Sternenhimmel über ihm erstreckt.
„Tz… früher haben sie mich wenigstens ausgebuht…“, knirscht
er matt in sich hinein und lässt seinen Blick über die Menge vor ihm schweifen.
Die Menge an notdürftig zusammengesuchten Grabsteinen.
Es ist ein paar Tage her, oder sogar etwas mehr als eine
Woche, als Gajeel realisiert und rekonstruiert hatte, was passiert war. Dass er
am lebendigen Leib fast verbrannt wäre, wenn sich nicht seine
Eisen-Drachen-Schuppen von selbst aktiviert hätten.
Oft hat er sich gefragt: „Warum?“ War es einfach ein
instinktiver Schutzmechanismus? Oder eine unbewusste Handlung seiner selbst? Er
weiß es nicht und es spielt auch keine Rolle. Noch im selben Moment hatte er
gewusst, dass auch alle anderen, zumindest die in seiner Nähe, auch durch das
Feuer umgekommen waren. Er hat es gewusst… aber nicht glauben wollen. Unruhige
Nächte und viele schreckliche Träume waren dazu nötig, um ihm die nötigen Bilder
in seine Erinnerung zurückzurufen. Levy und die anderen in seiner Erinnerung am
lebendigen Leib verbrennen zu sehen, war kein schöner Anblick. Es tat so weh…
diese Schmerzen erschienen ihm noch größer als seine Schmerzen, die das Feuer
verursacht hatten. Er hatte geweint, geschrien. So lange, bis er nicht mehr
konnte und kraftlos zu Boden ging.
Tagelang lag er einfach dort in seinem mickrigen
Unterschlupf. Er versuchte nicht mal etwas Eisen in die Finger zu bekommen und
seinen Körper dadurch zu stärken. Er vegetierte einfach so vor sich hin. Gajeel
wartete auf den Tod… aber dieser wollte nicht kommen.
Irgendwann hatte er dann beschlossen, vor seinem Tod noch
etwas Sinnvolles zu tun. Das Einzige, zu dem er in der Lage war. Die Gilde
wieder zu vereinen. Mit diesem Wunsch, der aus tiefstem Herzen kam, kam er auf
die, wenn auch wackligen, Beine.
In der Nähe seines Unterschlupfes fand er eine Falltür, die
in eine Art Keller führte. Bei den Überresten des Gebäudes, in dem er sich
befand, musste es sich um ein normales Haus gehandelt haben. Der Keller war vom
Feuer fast versehrt geblieben. Vergammelte, eingelagerte Lebensmittel
verbreiteten ihren Gestank und ein paar Flaschen Wein waren auch deponiert. In
einer der angekohlten Kisten fand Gajeel ein paar Laken, die nur leicht
angesengt waren.
Er umwickelte seine Füße mit Stoffstücken, die er aus den
Laken riss, als Schutz vor dem heißen Sand. In jener Nacht, als die Erinnerung
ihn heimsuchte, hatte es zum letzten Mal geregnet. Der Sand draußen war glühend
heiß und auf dem Weg zu dieser Falltür hatte er sich schon fast die Fußsohlen
verbrannt. So kam es ihm jedenfalls vor. Seine Wunden sind größtenteils
verheilt, aber seine Haut ist nach dem Brand so empfindlich wie noch nie. Er tut
gut daran, sich vor der aggressiven Sonne zu schützen.
Er wickelt sich ein paar Stoffteile um die Hüften, damit er
nicht völlig nackt rumlaufen muss. Vielleicht hat er ja Glück und er findet wo
anders noch richtige Kleidung? Ein Laken nimmt er als Überwurf her und achtet
darauf, auch seinen kahlen Kopf zu bedecken. Das Letzte, was er im Moment
gebrauchen kann, ist auch noch ein Sonnenstich. In dieser Aufmachung machte er
sich auf den Weg und auf die Suche nach seinen Kameraden.
Auf seinem Weg kam er an einigen Überbleibseln vorbei, die
nur annähernd an Gebäude erinnerten. Alles weitere, das er fand, war Sand.
Keine Menschenseele, nicht mal ein Anzeichen für etwas Lebendiges, traf er auf
seinem Pfad. Es gab nichts. Nur Sand… Düne um Düne… und Trümmer von Mauern,
Dächern oder verbrannte Zäune. An manchen Stellen blubberten schlickartige
Pfützen, die nur so nach Asche stanken. Die Hitze machte alles nur noch
schlimmer, aber Gajeel war mit seinen Laken gut gerüstet. Ein kleiner Beutel
mit Eisen war seine Wegzehrung und diese stockte er unterwegs immer etwas auf.
Hier und da fand er doch auch etwas Nützliches zwischen den Trümmern der
Menschheit und nahm diese mit.
Es dauerte ganze drei Tage, bis er auf den ersten Leichnam
traf. Es war jemand aus seiner Gilde und anhand der Umrisse, welche die Asche
auf dem entstellten Körper hinterließ und des Armbandes, kannte er zwar das
Gesicht das dazu gehörte, aber nicht den Namen. Er hatte nicht alle
Gildenmitglieder beim Namen gekannt, aber dieser Körper hier gehörte dazu.
Somit hatte er schon ein Mitglied gefunden.
Als Gajeel seinen Blick schweifen lässt, beginnt er sich zu
fragen, in welchem Umkreis diese Explosion wohl alles zerstört hat. Es hatte
drei Tage gedauert, bis er die erste Leiche fand. Er schlussfolgert daraus,
dass es ihn selbst bei der Detonation schon weit weggeschleudert haben musste.
Es würde wohl lange dauern, bis er alle aus Fairy Tail gefunden und geborgen
hatte. Seine Befürchtungen sollten sich nur zum Teil bestätigen.
Einen Tag später erreichte er eine Stelle, an dem sich ein
ganzer Klumpen verschmolzener Körper fand. Ihm wurde speiübel bei dem Anblick
und wenn sein verzehrtes Eisen nicht so kostbar für seinen Stoffwechsel wäre,
hätte er sich liebend gern übergeben.
Einige der Körper konnte er nicht mehr identifizieren. Sie
waren durch das Feuer in sich verbogen und das Fleisch war miteinander
verschmolzen, ehe sich alles in Schlick und Asche verkrustete. Ein paar der
Gesichter erkannte er deutlich. Andere wiederum konnte er nur anhand ihrer
nicht geschmolzenen Schmuckstücke oder Teile ihrer Kleidung feststellen. Neben
Gray fand er auch Erza und nicht weit davon die Raijinshuu. Von Juvia war nur
die schmetterlingsförmige Brosche ihres Hutes übrig geblieben. Als
Wassermagierin musste sie wohl einfach verdampft sein.
Eine ganze Sanddüne davon entfernt findet er Lily, den er an
seinem Schwert identifiziert. Es bricht ihm das Herz, ihn wie ein Häufchen
Asche, mit dem Gesicht nach unten, liegen zu sehen, während sein Schwert sich
in seinen Rücken gesenkt hat und mit ihm verschmolzen ist. Lily konnte
scheinbar nicht mal mehr sein Schwert ziehen oder reagieren, ehe die
Schockwelle ihn erfasst hatte.
Gajeel stellt jegliche Gefühle, die bis jetzt in ihm getobt
haben, ab. Er weiß, er würde hier ansonsten noch zu Grunde gehen, in die Knie
brechen und einfach hier neben seinem Partner liegen bleiben und wieder auf den
Tot warten. Er würde seine „Mission“, die er sich selbst auferlegt hat, nicht
zu Ende führen können.
Mit eisiger Miene streichelt er kurz über den Kopf seines
toten Partners und zuckt erschrocken zurück, als die Rinde aus Asche leicht zu
bröckeln beginnt. Er wusste es schon vorher. Die Körper werden zerfallen, wenn
er sie anhebt und für den Transport verpacken würde. In diesem Moment graut es ihm
aber vor der Vorstellung. Dennoch ist es nötig und so kämpft er gegen das
ansteigende Übelgefühl und gegen die Schmerzen tief in sich an.
Er hat auf seinem bisherigen Weg unter anderem auch Säcke
und weitere Laken gefunden. In ihnen wollte er die Überreste verstauen und wenn
es nicht ausreichen sollte, würde er eben noch mal herkommen müssen. Der
Rationalität wegen hat er sich auch dazu entschieden, die Leichen erst auf
seinem Rückweg mitzunehmen, weil es sonst zu anstrengend werden würde. Jene,
die am weitesten entfernt sind, würden als erstes nach „Hause“ kommen.
Er bringt es nicht übers Herz, Lily hier liegen zu lassen
und weiter zu ziehen. Ihn würde er gleich mitnehmen. War er doch der Einzige,
der ihm so nahe stand, dass er ihn verstand und ihn so annahm, wie er war. Der
einzige Partner, den er sich vorstellen konnte und einer der wenigen, denen er
voll und ganz vertraute.
So breitet er ein eigenes Laken für ihn aus und beginnt, den
kleinen Körper Stück für Stück darauf zu rekonstruieren und einzuwickeln. Später
würde er gezwungen sein, ein paar Körper in ein einziges Laken zu packen. Der
geschmolzene Klumpen zuvor würde sich wohl auf zwei Säcke oder mehr verteilen
müssen.
Mit dem Bündel auf seinem Rücken zieht Gajeel weiter und
findet weitere Mitglieder aus Fairy Tail und auch aus anderen Gilden. Die
Mitglieder der anderen Gilden begräbt er an Ort und Stelle. Das Gräberschaufeln
gestaltet sich in diesem Sand als ziemlich einfach. Als Grabstein muss ein
Stein oder ein Stück Holz herhalten, eben etwas, das er gerade finden konnte.
Seitdem er Lily gefunden hat, fühlt er sich wie mechanisch.
Seine Schritte sind schwer aber zielstrebig. Sein Herz ruhig und sein Gemüt
gelassen. Er hat bereits schlimme Bilder gesehen und er weiß, dass er noch
viele dieser Art sehen wird. Leichen in allen möglichen Verrenkungen und Posen,
viele grotesk, manche in normaler Haltung. Total verkohlt, als bloßes
Aschehäufchen oder noch mit genügend verwesendem Fleischanteil, um den Geruch
des Todes zu verbreiten. Die Funde waren schlimm anzusehen.
Am schlimmsten war es für ihn, Team Shadow Gear und somit
Levy zu finden. Jet und Droy sahen ziemlich normal aus, mit ihren zu einem
Schrei weit aufgerissenen Mündern und ausgestreckten Armen. Levy schrie auch…
und es war ihm, als würde er ihre Stimme hören können. Sie lag einfach da,
inmitten von Sand und Trümmern eines Dachstuhls. Ihr halber Körper war bereits
von einer dünnen Sandschicht zugeweht worden. Sie war genauso verbrannt wie Jet
und Droy… genau wie er selbst. Sie musste minutenlang in Flammen gestanden
haben, ehe ihr Gehirn zu schmelzen begann. Ihre einst so schöne Haut bestand
nun aus verkrusteter Asche und ihre Konturen sind ein wenig eingefallen, aber
noch deutlich als „Levy“ zu erkennen.
Gajeel sank neben ihr in die Knie. Warum hatte er ihre Hand
nur nicht etwas fester halten können? Warum musste sie so weit weg von ihm
sterben, während er überlebt hatte?! Ein Schmerz breitet sich in seiner Brust
aus, tiefer als jeder Abgrund, an dem er bis jetzt stand. Unwillig schlingt er
seine Arme um sich und die Mauer fällt. Seine Finger krallen sich schmerzhaft
in seine Oberarme, bis Blut aus den Kratzern quillt. Er verbeißt sich in seiner
Unterlippe und eine schmale Blutspur tropft ihm kurz darauf vom Kinn, während
er sich seinem Schmerz hingibt und hemmungslos seine Trauer hinaus schreit.
So hatte er seine Kameraden einen um den anderen gefunden
und geborgen. Mit Levy, ihren beiden Kameraden, Lily und allen, die er auf
einmal tragen konnte, fing er an. Er trug sie zu seinem Unterschlupf und begrub
sie, jeden in ein eigenes Grab. Er versuchte Grabsteine zu finden, die zu ihnen
passen würden.
Für Lily hatte er einfach dessen Schwert genommen und an
dessen Kopfseite in den Sand gesteckt. Für Levy fand er eine Steinplatte die
aussah wie ein geöffnetes Buch und für Jet und Droy musste ein Balken
herhalten.
So begann er einen Friedhof um seinen Unterschlupf zu bauen
und mit jedem Leichnam, den er hierher brachte, wurde der Kreis größer. Die
„Gilde“ wurde langsam aber stetig zusammengeführt und als er die letzten,
zumindest die, die er gefunden hat, hier vergraben hatte, hat er angefangen,
aus Steinen und Mauerresten eine Art Bühne zu bauen.
Die Bühne war nicht groß, sie glich einem etwas größeren
Sitzplatz mit einem Balken am hinteren Ende. An diesem Balken hatte Gajeel ein
Schild befestigt, in das er das Gildensymbol geritzt hatte. Die Bühne war zu
den Mitgliedern der Gilde ausgerichtet. Es glich fast dem Gildenraum in Fairy
Tail… nur das die Mitglieder alle stumm waren.
Einzig den Master, Natsu und Lucy konnte er nicht finden.
Sie kämpften wie ein paar andere an der Front. Gajeel weiß weder was dort
wirklich passiert ist, noch wo er sie überhaupt suchen sollte. Der Gedanke,
dass ein paar fehlen, bekommt ihm nicht.
„Dou, dou, dou, shalala~
Shubidouba, shalala~“
„Man, seid ihr ein beschissenes Publikum…“, knurrt Gajeel
nach Vollendung seines Liedes, das er zum wiederholten Male gesungen hat. „Was
ist bloß los mit euch?! Ihr seid so leise, so kenn´ ich euch gar nicht! Das ist
nicht wie in Fairy Tail, Mensch!“, schimpft er los und fixiert ein paar der
Grabsteine ihm gegenüber. „Hach… na ja…“, ein tiefes Seufzen kommt theatralisch
über seine Lippen. „Ihr seid ja alle tot… was kann ich da schon noch von euch
erwarten?“, kommt er zum Schluss und lehnt sich an den Balken hinter sich, auf
seiner ganz persönlichen Bühne. „Prost! Ich trink auf euch… ihr Idioten…“, ruft
er aus und murrt Letzteres nur in sich hinein. Die Flasche Wein, die er in
diesem Keller gefunden hat, hebt er kurz zum Gruße an und setzt deren Öffnung
an seinen trockenen Mund. Mit dem Gedanken, dass Cana nun wohl im Jenseits
neidisch auf ihn wäre, lässt er den Wein in großen Schlucken einfach in seine
Kehle rinnen und versucht seinen Kopf auszuschalten.
Diese Stille umfängt ihn und der Sternenhimmel über ihm ist
so schön, dass er bereits kitschig ist. Gajeel wird mit seiner momentanen
Situation nicht fertig. Er verliert die Kontrolle und diese Einsamkeit macht
ihn wahnsinnig.
„Früher… war alles besser…“, denkt er sich und erinnert sich
an die Zeiten bei Phantom Lord. Dort war er allein und hat es gemocht. Vielmehr
hat es ihm nichts ausgemacht. In Fairy Tail fand er ein richtiges Zuhause,
einen Ort, an den er zurückkehren konnte… einen Ort, an dem man ihn empfing,
wenn er zurückkam. Ein Ort, an dem man auf ihn wartete und an dem sich jemand
Sorgen um ihn machte. Ein Ort… an den er gerne zurückging. Der Ort… der ihm nun
fehlte.
Es tut viel mehr weh, so etwas zu verlieren, wenn man es
erst mal gewohnt ist, als so etwas überhaupt nicht zu kennen. „Scheiße…“,
knurrt er und stürzt den Wein einfach nur so hinunter. Er hatte gehofft, dass
es etwas leichter werden würde, wenn er erst alle gefunden und begraben hätte.
Wenn er alle hier vereint hätte. Aber nun ist seine Mission beendet und er weiß
nicht weiter. Was soll er jetzt tun? Einfach hier warten und ausharren? Wie ein
Wächter der Toten? Der Tot kommt bestimmt nicht so schnell zu ihm. Warum musste
er auch, vermutlich als einziger von ihnen, überleben?!
Viele Nächte lang hört man jemanden schreien…
Die Schreie zeugen von großen Schmerzen und großer Qual. Das
Leiden und Weinen erscheint ewig und doch ertönt oft auch Gesang. Ein
schreckliches Lied von Freundschaft und Einsamkeit zugleich. Viel zu oft trifft
der Sänger den falschen Ton in seinem Wahnsinn, den er Nacht für Nacht
verfällt.
Part IV – Wächter der
Toten
Nach einem langen Schlaf und einem wirren Traum wacht Gajeel
auf und blickt in das grelle Licht der Mittagssonne. Er liegt auf dem Rücken,
mit dem Oberkörper am Boden, während seine Beine noch auf der Bühne hängen.
„Mh…“, murrt er und hat Mühe, sich an den Kopf zu fassen und sich die Hand
schützend über die Augen zu halten. In der anderen Hand hält er noch die
Weinflasche, die er in der Nacht zuvor geleert hatte. Oder war es die Nacht
davor?
Er weiß nicht mehr genau. Er hat jegliches Zeitgefühl über
Tag und Nacht verloren. Oder wie viele Tage seit der Fertigstellung der Bühne
vergangen sind. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht er selbst.
Er hat schon, bevor er die Gräber angelegt hat, realisiert,
dass er einsam war. Doch als es vollendet war, hat er darüber hinaus den
Verstand verloren. Seine Gefühle schwappten über, Trauer, Leid, Einsamkeit…
Wut… alles zusammen war es eine tödliche Mischung und er hat die Kontrolle
verloren. Gajeel hat jegliche Zurückhaltung oder Selbstbeherrschung abgelegt
und sich einfach gehen lassen.
Gesungen und sogar getanzt hatte er. Auf dieser kleinen
Bühne unter dem Sternenhimmel mit seinen toten Zuschauern. Er hat sein Leid
ausgelebt und geschrieen. Getobt und Nächte lang sogar geweint. Er war an der
Schwelle des Wahnsinns, als er sich sämtlichen Weinvorrat aus diesem Keller auf
die Bühne stellte und eine Flasche nach der anderen in sich hineingoss. Er
hatte die Hoffnung, dass es danach besser sein könnte Vielleicht könnte er doch
daran einfach sterben? Einfach sterben und alles hinter sich lassen? Nicht mehr
alleine sein? Nicht mehr Tag ein Tag aus auf diese Gräber zu starren und das
Gefühl der Einsamkeit ertragen zu müssen?! Es wäre doch zu schön gewesen.
Gajeel weiß nicht mehr, was er in seinem Vollrausch alles
angestellt hat. Zumindest ist sein notdürftiges Lager ganz schön verwüstet, das
Schild mit dem Gildensymbol liegt verkehrt einige Meter von ihm entfernt im
Sand und er selbst liegt nach wie vor benommen und bewegungsunfähig da. Im
Grunde schmerzt jede Stelle an seinem Leib und es handelt sich dabei nicht um
seine alten Wunden der Explosion. Er fühlt sich, als hätte ihn jemand
verprügelt. Dass er sich selbst in seinem Wahn ein paar verpasst hatte, weiß er
nicht mehr. Ein Seufzen kommt über seine aufgesprungenen Lippen. Wenn er hier
liegen bleibt, wird er noch von der Sonne geröstet. So quält er sich auf und
taumelt in den Schatten seines Unterschlupfes, um sich dort wieder hinzulegen
und seinen Restalkohol auszuschlafen.
Es sollte bis zum nächsten Tag dauern, bis er wieder
einigermaßen klar im Kopf war und eine Frage in seinen Gedanken aufflammte:
„Was soll ich jetzt tun?“
Als erstes hängte er das Schild mit dem Fairy Tail Symbol
wieder an seinen Platz und starrte auf die Gräber vor sich. Er hat seitdem
nicht alle Mitglieder gefunden. Vielleicht sollte er auf die Suche gehen, um
auch die restlichen zu finden? Vielleicht gab es ja wirklich noch irgendwo Überlebende.
Es konnte doch nicht überall so aussehen wie hier? Wie hier und auf der Strecke,
die er gegangen war, um die Leichen seiner Kameraden zu finden. Es konnte nicht
sein. Es wäre zu unwirklich. Zugegeben, die Explosion war enorm, aber es kann
nicht sein, dass wirklich alles
verschwunden ist.
Ein bedrückendes Gefühl kommt in ihm auf und schnürt ihm die
Brust zu. Eigentlich hat er seinen Entschluss schon gefasst, bevor er sich
dessen klar war. Sein Gesichtsausdruck ist sanft und wehmütig, als er durch die
Reihen der Gräber geht. Vor einigen hält er an und vor zwei gewissen bleibt er
lange stehen. Er redet mit den Seelen, die in diesen Gräbern ruhen und ja,
manchmal lächelt er sogar. Es hat beinahe den Anschein, als würde er Abschied
nehmen, so wie er durch die Reihen streift.
„Ich bin bald wieder da… Leute…“, endet er abschließend an
die ganze Gruppe von unterschiedlichen Grabsteinen. Seine Hände sind zu Fäusten
geballt und er unterdrückt ein Schluchzen, als er sich von den Gräben abwendet
und zu seinem Unterschlupf eilt.
Die Sonne steht bereits hoch, als er sich den Beutel mit
Laken und Eisenproviant über die Schulter wirft. Er zieht seine Kapuze etwas
tiefer ins Gesicht, um sich vor dem aufkommenden Wind zu schützen. Ein letzter
Blick auf die Gräber und er setzt sich in Gang. In eine Richtung, in die er
glaubt, noch nicht gegangen zu sein. Er hofft, irgendwo am Horizont Überlebende
zu finden. Irgendwelche… es müssten nicht mal Mitglieder seiner Gilde sein.
Hauptsache lebende, redende und lachende Körper mit Gesichtern und Seelen.
Viele Tage war Gajeel nun schon unterwegs und er hält auf
einer der haushohen Sanddünen inne. Er hebt eine Hand zum Schutz vor der Sonne
über seine Augen und überschaut das weite Land vor sich. Ein Seufzen entweicht
seiner trockenen Kehle. Seit Wochen hat es nicht geregnet und ohne sein Eisen
wäre er schon längst ausgetrocknet. Sein Element ist das einzige in dieser
dürren Welt, das ihn am Leben erhält.
Mit schweren Schritten geht er weiter und hofft, dass er
hinter der nächsten Düne etwas finden würde. Etwas, das nicht aus Sand, Dürre
oder toten Körpern bestand. Doch er wurde wieder enttäuscht. Hinter dieser Düne
erheben sich nur weitere Dünen, obwohl dort eine weite ebene Fläche anschließt.
Aber auch die ist von derselben ausgetrockneten Farbe wie diese Sanddünen oder
die Steppe davor. Es gibt hier draußen absolut nichts.
Sand, Steine, Ruinen und Tote. Es gibt noch nicht mal
Pflanzen. Nur deren Skelette. Büsche ohne Blätter und tote Bäume. An keinem der
Bäume ist nicht mal ein Anzeichen von neuen Trieben zu sehen. Die ganze Welt
scheint tot zu sein. Ihm ist auch noch kein anderes Lebewesen untergekommen.
Keine Menschenseele, nicht mal ein Tier oder Insekt. Nicht mal Spuren im Sand,
welche die Existenz von jemand anderen bestätigen würde. Nichts… absolut
nichts. Nur Sand… und Hitze.
„Verdammt…“, stößt er aus, als er die nächste Düne erklimmt
und wieder nur dasselbe entdeckt. Wind kommt auf und wirbelt Staub auf. Gajeel
bekommt Sand in die Augen und wendet sich in Windrichtung ab. „Scheiße…“,
knirscht er und reibt sich die Augen bis sie tränen. „Warum… tu´ ich mir das
eigentlich an?“, fragt er sich müde und für einen kurzen Moment empfindet er
den Wind fast schon als angenehm kühl auf seinem geschundenen, vernarbten
Körper. Er kitzelt ihm im Haar, das ihm nun endlich anfängt nachzuwachsen. Es
sind zwar bis jetzt nur kurze Stoppel, aber es ist ein Anfang und ein Zeichen
dafür, dass sein Körper sich zum größten Teil wieder regeneriert hat.
Mit gequältem Gesichtsausdruck überschaut er abermals das
weite, tote Gebiet vor und hinter sich. Alles ist zerstört, alles verschwunden.
Jegliches Leben, das je auf dieser Welt existiert hatte, wurde von dessen
Oberfläche getilgt. Nur um einen einzigen schwarzen Magier auszulöschen. Und
dieser Magier musste auch nur deshalb verschwinden, um für Frieden zu Sorgen.
Diesen Frieden hat die Menschheit nun… ein tödlicher
Frieden… eine Welt, in der es weder Mensch noch Tier gibt. Alle sind für dieses
Ziel gestorben. „Na, hoffentlich war es das wert…“, knurrt Gajeel und da wird
er sich zum ersten Mal über eine schreckliche Tatsache bewusst.
Wenn alles Leben ausgelöscht wurde… bedeutet es nun… dass er
der allerletzte Überlebende dieser toten Welt ist?! Der letzte… Mensch?
Gefangen in dieser Welt aus Sand, Ödnis und Einsamkeit?! Eine Welt ohne Leben?
Eine Hölle wie diese?! Ganz allein? Wie ein Wächter? Ein Wächter über ein
Totenreich?
„Nein… das… das will ich nicht…“, kommt es von ihm stockend,
als er sich dieser möglichen Fakten Gegenüber sieht. Er hatte bis jetzt immer
noch gehofft, auf Lebende zu treffen. Aber nach all der Zeit hat er nichts
gefunden. Kurz hatte er sogar die Hoffnung, dass er vielleicht nur im Kreis
gelaufen wäre. Aber diesen Gedanken hatte er sogleich wieder verworfen. Er hat
sich stets an der Sonne und an den Sternen orientiert, um sich nicht zu
verlaufen. Wenn das einer je gut gekonnt hatte, dann er. Er ist tagelang in
eine Richtung gelaufen und hat absolut nichts
gefunden. Die Erkenntnis ist niederschmetternd und Gajeel fühlt sich mit einem
mal so schwer.
Am liebsten würde er sich hier in den Sand werfen und liegen
bleiben. So lange bis der Wind ihn mit Sand zugedeckt hat. Bis er keine Luft
mehr zu atmen hat und sterben würde. Wären all seine Leiden denn dann nicht
vorbei? Gajeel schluckt, als er sich seiner Gedanken bewusst wird.
Unsicher schaut er sich um. Nein… hier ist nicht der
richtige Ort zum Sterben. Nicht hier allein und getrennt von allen anderen.
„Ich… kehre wohl besser um…“, redet er mit sich selbst und ist gewillt es auch
zu tun. Er weiß, er wird in dieser Welt nichts mehr finden, worum es sich lohnt
zu leben. „Mh… das Beste ist wohl… ich gehe endlich nach Hause…“, macht er sich
Mut und tritt den Rückweg an. Er gibt auf und er gibt sich dem Gedanken hin,
sich mit seinen Kameraden schlafen zu legen. Es ist das Beste, das er in diese
Situation noch machen kann… er will so nicht weiterleben. Als einziger
Überlebender. Ein Leben kann lang sein… und unter dieser Einsamkeit
verdreifacht sich die Lebenszeit nur.
Seine Knie sind weich von der Erkenntnis und seinem
Vorhaben, als er die Düne wieder hinab wandert. Seine Schritte kraftlos und
schlürfend. Er schleppt sich nur so von Düne zu Düne und geht sogar noch bis
tief in die Nacht hinein. Noch hat er keinen Gedanken daran verschwendet, sich
zur Nachtruhe zu begeben oder eine Pause einzulegen. Er will einfach nur so
schnell wie möglich zurück zu seiner Gilde und dort den fehlenden Platz
belegen.
Ihn überkommt gerade ein Gähnen, als er mit dem Fuß an etwas
stößt und daran hängen bleibt. Er strauchelt in diesem weichen Sand und kippt
vorne über. Gajeel rudert mit den Armen, aber sein Gleichgewicht ist verloren
und so überschlägt er sich ein paar Mal die Düne hinunter, eher er mit einem
kleinen Sandrutsch in der Mulde liegen bleibt.
Keuchend dreht er sich mühsam auf den Rücken und schaut in
den Nachthimmel hinauf. „Mh… ich könnte auch genauso gut hier liegen bleiben…
der Sand wird mich schon begraben…“, ein wehmütiges aber zugleich wirres
Grinsen huscht bei diesen Gedanken über seine Züge. „Einfach hier
einschlafen…“, hängt er dem an und er wirkt fast zufrieden, als er im Begriff
ist seine Augen einfach zu schließen. Aus dem Augenwinkel bemerkt er plötzlich
ein Leuchten und er stutzt. Was leuchtet schon nachts in dieser toten Welt?
Umständlich setzt er sich auf, um sich das genauer
anzusehen. Er muss zweimal hinsehen, als sein Blick sich auf einen hellblauen
spitzen Kristall fokussiert. Er leuchtet und er strahlt eine geheure Kraft aus.
Es scheint jedenfalls kein Edelstein zu sein. Ächzend kommt Gajeel auf die
Beine und klettert die Düne wieder nach oben. An die Stelle, an der er wegen
dem Kristall gestolpert war.
„Komisch… was macht so was hier?“, denkt er sich und
streicht mit der Hand darüber. Es ist, als würde ein Schlag durch seinen Körper
fahren, so viel Kraft steckt in diesem kristallartigen Stein. „Verdammt...?“,
schaut er fragend auf seine Hand. Es fühlte sich an wie ein kleiner Blitz, aber
es war genauso schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war. „Was ist das
nur?“, kommt es von ihm zerknirscht und mit gerümpfter Nase. Aus irgendeinem
Grund hat dieser Stein sein Interesse geweckt und er kommt nicht drum herum,
etwas Sand daran mit den Händen wegzuschaufeln.
Der Stein musste immerhin größer sein, wenn er sich daran so
stoßen und fallen konnte. Wäre es ein kleines Stück, hätte es nachgegeben. Er gräbt
noch ein Stück weiter und stellt fest, dass sich ein seltsamer Schatten in dem
Stein befindet. Mit dem nächsten Aufleuchten wird aus dem Schatten der Umriss
eines Kopfes und Gajeel beginnt schneller den Sand von dem Stein zu schaufeln.
Je mehr Sand er wegschaufelt, desto mehr rutscht von oben
nach. Kurzerhand packt er mit beiden Händen die schmale Seite des Kristalls und
zieht ihn aus dem Sand. Der Stein hat die Form und Größe eines Sarges und darin
liegt tatsächlich ein Körper. Um ein Haar wäre er mit dem Kristall wieder die
Düne hinunter gestürzt, aber er schafft es gerade noch Halt zu finden und den
Kristall zu stabilisieren. Er harrt an der Stelle aus. „Was… geht hier nur
vor?!“, fragt er sich. Seit wann steckt man Körper von Menschen in solche Särge
oder Kristalle? Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Diese
magische Kraft, die von diesem Kristall ausgeht, entlädt sich jedes Mal, wenn
er aufleuchtet. Das Leuchten wird von Mal zu Mal schwächer, aber es liegt
eindeutig ein menschlicher Körper darin.
Gajeel schluckt. Er empfindet fast so etwas wie „Angst“, die
dünne Staubschicht abzuwischen, die ihm die Sicht verwehrt. Er atmet tief durch.
Was kann er hier schon noch Grausiges finden, nachdem er Berge von Leichen
gefunden und weggeschafft hat? Mit einer langsamen Bewegung streicht er den
Sand und den verbliebenen Staub von dem klaren Kristall und er erstarrt. Mit
geweiteten Augen und offen stehendem Mund starrt er auf die Person darin. Er
ist fassungslos.
„Lucy“, seine Stimme ist tonlos, sein Blick gebrochen. Nach
all der Zeit findet er ein weiteres Gildenmitglied und dazu noch in einem so
guten Zustand. Zugegeben, Lucy ist nicht unversehrt, aber sie sieht besser aus
als alle anderen Leichen, die er bis jetzt gefunden hat.
Sie liegt in diesem Kristall wie in einen Sarg gebettet.
Ihre Arme sind über ihrem Oberkörper gekreuzt und in ihren Händen befinden sich
ihre Schlüssel. Als würde sie gerade ihre Stellargeister damit rufen wollen.
Ihre Kleidung ist zerfetzt und ihr Haar wirr. Ihr Gesicht erscheint fast ruhig
und friedlich. Ein seltsames, zufriedenes Lächeln ziert ihre Lippen, obwohl man
deutliche Tränenspuren an ihren Wangen ausmachen kann.
Gajeel keucht überrascht und erschrocken aus, als er sich
von diesem Schrecken erholt. Was war nur passiert, damit Lucy in einem Kristall
eingeschlossen wird? Oder handelt es sich dabei um eine Art Lacrima? Gajeel
weiß sich keine Erklärung darauf, aber Fakt ist: Er hat ein weiteres Mitglied
der Gilde gefunden. Er hätte nie gedacht, dass es Lucy sein würde. Kurz
überlegt er, ob er nach Natsu suchen soll. Aber er glaubt nicht, dass es
einfach wäre, ihn zu finden. Er könnte ebenfalls irgendwo im Sand vergraben
liegen… wenn überhaupt etwas von ihm übrig ist. Nur eins weiß Gajeel mit
Sicherheit. Wenn Natsu irgendwo zu finden wäre, dann bei Lucy.
Dann fällt ihm etwas ins Auge. Unter Lucys Händen befindet
sich dieser weißgestreifte Stoff. Natsu ging nie ohne seinen Schal irgendwo
hin. Wenn Lucy ihn hat, kann es nur heißen, dass Natsu noch vor ihr
verschwunden sein muss. Gajeel nimmt an, das sein ewiger Konkurrent tot ist.
Vielleicht war er sogar mit für diese Explosion verantwortlich? Zumindest kam
ihm das Feuer, das seinen Körper zerfressen hat, so bekannt und auf gewisse
schaurige Weise vertraut vor. Wenn Gajeel so darüber nachdenkt… er möchte gar
nicht wissen, was wirklich genau passiert ist. Es erscheint ihm auf einmal zu
grausam.
Tief atmet er durch. Er muss erst mal verdauen, dass er Lucy
hier gefunden hat. Auf alle Fälle wirft das einen Teil seines Planes über den
Haufen. Er kann sie nicht hier lassen. Er wird sie zurückbringen und zu den
anderen legen. Mit diesem Ziel vor Augen zieht er den kristallenen Sarg zur
Gänze aus dem Sand und schleift ihn zur Mulde am Fuße der Dünen. Eine handvoll
Nägel soll ihm Kraft geben, um diesen „Sarg“ zurück nach Hause zu tragen. „Tz…
dieses Prinzesschen hat mir schon damals immer nur Ärger gemacht…“, meint er
wehmütig grinsend und er erinnert sich an die Sache damals bei Phantom Lord.
Damals, als er die Mission hatte, sie zu entführen und er sie auch noch
unnötigerweise verprügelt hat. „D…das ist bestimmt die Revanche dafür, was
Lucy?“, presst er durch zusammengebissene Zähne, als er den Sarg anhebt und ein
Ende davon auf seine Schultern auflädt, um ihn besser zu transportieren. „Kann
nur so sein… alle anderen zerfallen zu Staub und du lässt dich extra in
Kristall gießen…“, schnaubt er angestrengt und redet mir ihr, als würde sie ihn
hören können. Das hatte er sich in letzter Zeit mit all den Gräbern angewöhnt.
Zumindest hat er nun einen Grund und die Motivation, schneller zurück zu seinem
Unterschlupf und dem Friedhof zu kommen.
Part V – Magie kann
ein Fluch sein
Viele Tage und viele schweißtreibende Auf- und Abstiege
vergehen, ehe Gajeel endlich mit dem Kristallsarg bei seiner „Gilde“ ankommt. Keuchend
hatte er den Sarg fürs Erste vor der Bühne abgestellt und den anderen erklärt,
wen er mitgebracht hat. Er hat erst realisiert, dass er mit Grabsteinen
spricht, als er an der Stelle war, wo er seine Theorie erklären wollte, wie es
dazu hätte kommen können, dass Lucy sich in einem Kristallsarg befand.
Erschöpft lässt er sich auf der Bühne nieder und starrt auf
seine Kameraden hinab. Er würde Lucy wohl erst am nächsten Tag beisetzen und
sich erst erholen. Obwohl… sie macht nicht wirklich einen toten Eindruck in
ihrem „Sarg“.
„Mh… könnte es sein… dass sie noch lebt?“, das hatte er sich
schon auf dem ganzen Rückweg hierher gefragt. Immer wieder gab dieser Kristall
Energie- und Magiewellen von sich. Daher schlussfolgerte Gajeel, dass es sich
tatsächlich um einen Lacrima handeln könnte. Es wäre also durchaus möglich, dass
Lucy im Inneren noch am Leben sein könnte. Er hat keine Garantie dafür, aber
auszuschließen wäre es nicht. Anderenfalls… sie hat sich nie bewegt oder
gerührt. Nicht mal ihre Augenlider bewegten sich, also träumt sie nicht. Wenn
man träumt, bewegen sich die Augenlider. Das weiß er mit Sicherheit, weil er es
schon mal an Levy beobachtet hatte, als sie gemeinsam auf Mission waren.
Von ihrem Besuch damals in Edolas weiß Gajeel, dass er mit
seinem eisernem Schwert Lacrima zerstören kann. Dennoch ist er unschlüssig, was
er tun soll. Soll er es einfach versuchen und den Kristall zerschlagen, um Lucy
da raus zu holen? Was wenn sie wirklich lebt? Wenn sie tot ist, hätte er damit nichts
gewonnen und eben nur ihre Schönheit damit zerstört. Aber was ist wirklich,
wenn sie lebt? Wenn er auf Nahrungssuche gehen muss, um sie am Leben zu
erhalten? Wenn er sie am Ende gesund pflegen muss? Sie könnte immerhin auch
verletzt sein. Gajeel weiß nicht, was er tun soll.
Von allen, die er finden konnte, musste er ausgerechnet Lucy
finden. Es ist nicht so, dass er sie nicht leiden kann. Er findet sie ganz in
Ordnung, nur heult sie für seinen Geschmack viel zu häufig. Sie spielte sich
oftmals auf, musste schlussendlich aber meistens gerettet werden. Ihre wahre
Kraft hat sie nur selten zum Einsatz gebracht. Davon abgesehen hat er sich auch
bei ihr nie dafür entschuldigt, was er ihr in Phantom Lord Zeiten angetan hat.
Er weiß nicht, ob er damit klar kommt und sie jeden Tag ertragen kann. Mit ihr reden,
mit ihr gemeinsam weiterleben und überleben.
Dazu kommt, dass sie sehr traurig sein würde. Wenn er sie
befreit und sie wirklich noch lebt… wird sie todtraurig sein. Er würde sie
todunglücklich machen. Sie würde erkennen, dass all ihre Freunde tot sind. Dass
die Gilde, die sie so liebt, nicht mehr existiert. Sie würde weinen und daran
zu Grunde gehen. Sie würde mindestens so leiden wie er. Lucy würde das nicht
überstehen. Davon abgesehen müsste sie dann auch nur mit ihm klar kommen.
Gajeel weiß nicht, ob er ihr das wirklich antun will.
Klar… es wäre schön, nicht immer nur die eigene Stimme zu
hören, sich mit jemandem auszutauschen, gemeinsam zu suchen oder zu überlegen,
was man als nächstes tun sollte. Hauptsache nicht alleine sein. Aber mit Lucy…
kann er das nicht. Er erträgt doch schon die bloße Vorstellung nicht. Gajeel
weiß, dass er nicht in der Position ist, um über das Leben anderer zu
entscheiden. Aber in diesem Fall hält er es für besser, sie einfach in ihrem
Kristall zu lassen.
Fest entschlossen springt er von seiner Bühne und kniet sich
neben Lucys Sarg. „D… du schläfst besser weiter…“, spricht er zu ihr und
streicht andächtig über die glatte Oberfläche. „Nimm´s nicht persönlich…“,
seine Stimme beginnt zu zittern. „Aber im Ernst… ich würde zu gern mit dir
tauschen…“, ein Drucksen und ein heftiges Schlucken folgt auf diese Worte. Er
realisiert seinen tiefsten Wunsch und dieses Mal treibt es ihm die Tränen in
die Augen.
„E…es tut mir leid… was ich dir damals getan habe…“,
entkommt ihm und nie im Leben hätte er sich gedacht, dass er das jemals zu
jemanden sagen würde. Nicht mal wenn sein Gegenüber vielleicht tot ist. Da
trifft es ihn wie ein Schlag.
Zu vieles wollte er zu gerne noch sagen. Bei vielen hätte er
sich entschuldigen wollen. Er wollte oft viel netter sein, als er im Endeffekt
dann war und einer Person hätte er zu gerne seine Gefühle gestanden. All das…
kann er nie wieder tun. Seit dieser schrecklichen Explosion. Es ist alles ins
Nichts verschwunden und er ist es leid. Er würde niemals die anderen wissen
lassen können, was er wirklich für sie empfand.
Niemals... in alle Ewigkeit.
Eine Weile kniete er an Lucys Lacrimasarg und hatte sich auf
ihn gestützt. Er weinte wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er schrie sämtliche
Entschuldigungen und Freundschaftswerbungen sowie Liebeserklärungen in die Luft
und er genierte sich nicht. Er weiß… es würde ihn niemand hören. Niemals
wieder.
Erschöpft vom Schreien und Weinen, schreitet er zur Tat, um
seinem Leben ein Ende zu bereiten. Um endlich Frieden und Erlösung zu finden.
Um endlich zu seiner Gilde - seinem Zuhause - zurückzukehren! Es würde endlich
gut werden… er würde endlich kein Leid, keine Trauer mehr empfinden. Keine
Hitze, keinen Hunger. Den letzteren konnte er noch nie leiden. Er wäre endlich
dort, wo er immer sein wollte und wo er sich wohl fühlte. Es würde gut werden…
Aber es wurde nicht gut…
Es ist bei weitem nicht so, als ob ihm der Wille oder der
Mut dazu fehlen würde. Gajeel hat alles versucht. Vor vielen Tagen hatte er
gehofft, mit dem ganzen Wein an einer Alkoholvergiftung zu sterben. Es hatte
nicht funktioniert und es hatte ihn gewundert. Nun versteht er allmählich,
warum es nicht ging. Sein Körper… seine Magie… lässt es nicht zu.
Er hatte schon versucht, sich zu erhängen. Den Pfahl mit dem
Schild, auf dem er selbst das Gildensymbol eingeritzt hatte, empfand er als
schöne Stelle. Gajeel hat noch extra ein paar weitere Holzpfähle und Streben
hinzugefügt, sodass er halten würde. Aus seiner Sicht hätte man dort einen
Ochsen aufhängen können und er hätte es gehalten.
Als er selbst mit dem Strick um seinen Hals von dem
Holzstapel sprang, aktivierte sich seine Magie und wieder waren es Schuppen aus
Eisen, die seine Haut überzogen. Seine Arme und Beine wurden zu Rammböcken und
das Seil riss mit einem Schnalzen entzwei. Verdattert und unwirsch hockte er
inmitten seiner zertrümmerten Bühne und verstand die Welt nicht mehr. Seit wann
machte sich seine Magie selbständig?!
Sein nächster Versuch war eine Klinge aus Metall, die er
sich aus der Hand wachsen ließ. Er führte sie an seinen Hals, um sich die Kehle
aufzuschlitzen. Nach einem ruhigen und tiefen Durchatmen vollzog er den Schnitt
aber genau als die Klinge seinen Hals berührte, verhärtete sich die Stelle zu
Eisen und ließ die Klinge einfach mit ein paar Funken darüber schaben. Gajeel
wurde wütend. So rammte er sich die Klinge an allen möglichen Stellen in seinen
Körper. Die Seiten, den Bauch, die Brust und die Stelle des Herzens. Das
Resultat blieb das gleiche.
„D…das kann doch nicht sein?!“, entfuhr es ihm unwirsch und
mit jedem Misserfolg steigerte sich seine Wut. Er will nicht mehr… er will
endlich schlafen und zurückkehren! Warum lässt man ihn nicht?! Ist das der
Grund, warum er überhaupt noch lebt? Hatte sich damals, als jeder Zentimeter
seines Körpers brannte, seine Magie auch von selbst aktiviert und ihm so das
Leben gerettet?! Ohne sein Zutun? Ohne seinen eigenen Befehl?!
„Verfluchte Scheiße!!“, schreit er auf und beschwört unter
Aufbietung seiner Kraftreserven ein Metsu Ryuu Ougi auf und lässt ein immens
großes Schwert entstehen. Wenn jetzt noch etwas hilft, dann sein Schwert „Tetsu Jin Ken“ Sein Vorhaben ist es, seinen
Körper mit diesem Schwert einfach entzwei zu schneiden. „Gihi… du hast keine Macht
über mich… ich bestimme, wie du zu funktionieren hast!“, ein wildes Funkeln
tritt bei dieser Aussage in seine Augen und im nächsten Moment lässt er seine
Waffe einfach auf sich fallen. In der Hoffnung sich mindestens den Schädel zu
spalten.
Gajeel wird lediglich schwer von dem Gewicht der Waffe
getroffen und zu Boden gedrückt. Mit smaragdfarbigem Leuchten verschwindet
„Tetsu Jin Ken“ und Gajeel bleibt keuchend am Boden liegen. Er versteht es
nicht. Er ist an seiner Grenze und seine Gefühle erdrücken ihn.
„VERFLUCHTE SCHEISSE!! ARRRRRHHH!“, brüllt er seine Wut
hinaus und ist auf den Beinen. „Jeden Scheiß schneide ich damit!!! Verdammt!“,
ruft er aus und lässt sein Schwert erneut erscheinen, teilt die Reste seiner
Bühne entzwei. „Siehst du das?! Hä?! Es gibt nichts, das Tetsuryuuken nicht
zerlegt!“, kommt es stolz von ihm, aber zeitgleich mit deutlicher Wut in seiner
Stimme, die sich förmlich überschlägt.
Ungeduld, Leid und Wut übermannen ihn und treiben ihn in den
Wahnsinn, lassen ihn wüten und seine Schwerter und Waffen in alles möglich
schlagen, sogar in den heißen Sand. „Wozu habe ich diese Magie, wenn ich damit
nicht mal mich selbst zerstören kann?!“, ruft er gen Himmel und verlangt eine
Antwort. „Wozu verdammt?! Metalicana?!!“, Gajeel ruft nach seinem Ziehvater,
denn auf ihn hatte er schon lange eine tiefe und aufgestaute Wut. Er hatte ihn
verlassen… er hatte ihm diese Magie gelehrt… diese Magie… die nun nichts taugt,
wenn er sie für sich braucht! Diese Magie… die sein Leben beschützt, weil
Metalicana ihn so sehr geliebt hat…
„M…meine Magie…“, schluckt Gajeel wie von Sinnen. Er hat
keine Kraft mehr und lässt seine Arme schlaff hängen, während er in die Knie
bricht und in den heißen Sand sinkt. Er war doch immer so stolz auf seine Magie
gewesen… seine Magie… die er von einem Drachen gelernt hatte.
„N… noch nie… habe ich sie…so verflucht wie jetzt…“, seine
Stimme ist von Verzweiflung und Schmerz durchzogen. „S… sie ist ein Fluch…“,
trifft ihn die Erkenntnis und der Schmerz nimmt überhand. „Aah…. M… METALICANA!!
WARUM?! Warum tust du mir das an?!“, schreit er in diese tote Welt hinaus und
ein riesiger Magiekreis bildet sich unter ihm. Gebadet in diesem Schein aus
Smaragd, lösen sich seine Tränen und rollen ihm über die Wangen. Er wütet, er
schreit. Verflucht Metalicana, seine Magie und sich selbst. „Warum lässt du
mich nicht sterben?!“, ruft er hinaus und feuert dabei sämtliche Attacken in
alle vier Winde, um seiner Wut Luft zu machen.
Seine Magie war es, die ihn am Leben erhielt… seine Magie,
die ihn nun nicht sterben lässt und ihm die Erlösung verwehrt. Seine Magie
erscheint wie ein Fluch, die ihn in dieser Einsamkeit halten will. Gajeel fragt
sich, ob das die Strafe für all seine bösen Taten sein soll?
Es dauert schier eine Ewigkeit, bis Gajeels Magie verebbt
und er seine Arme kraftlos sinken lässt. „W…warum…?“, es ist nur ein Hauch auf
seinen Lippen, während er wie weggetreten vor sich in den Sand starrt.
Seine Tränen sind bereits versiegt, als er nur aus dem
Augenwinkel eine Bewegung wahrnimmt. Gleichgültig wendet er seinen Kopf in die
Richtung des Schattens, der sich ihm genähert hat. Es ist eine Gestalt, die
über ihm auf einer Düne steht und zu ihm nach unten blickt.
Ein paar Atemzüge vergehen, bis Gajeel die Person erkennt.
Diese im Wind wehende Kleidung, dieser starre, teilnahmslose Blick und das
schwarze kurze Haar. Die Realität holt ihn zurück und die Erkenntnis trifft ihn
wie ein Schlag. Er fühlt sich wie gelähmt.
„D…das… kann nicht sein…?“, stößt er gepresst hervor und
starrt wieder vor sich. Er hofft sich das nur einzubilden. Er kneift die Augen
zu und wendet sich wieder zu der Stelle um, wo die Gestalt zuvor gestanden hat.
Der Mann kommt langsam auf ihn zu.
„Das… muss ein Traum sein…“, versucht Gajeel sich mit
zitternder Stimme einzureden, während er stur von der Person weg und wieder zu
Boden schaut. Er spürt jegliche Kraft schwinden und muss sich mit den Armen
abstützen. Wenn seine Augen ihm wirklich keinen Streich spielen, dann war alles
umsonst.
Die Kämpfe, die Opfer… die vielen Toten. Diese zerstörte,
leblose Welt. Seine Kameraden wären alle umsonst gestorben?! All ihre Mühen…
waren vergebens?! Nein… das konnte nicht sein?!
„Du bist das also…“, beginnt die klare Stimme zu sprechen,
als die Person neben Gajeel stehen bleibt. „Vor vielen Tagen habe ich deine
Kraft gespürt und begann dich zu suchen…“, erklärt er und der Wind fährt
raschelnd durch seine Kleidung. „Ich hätte nicht gedacht, dass diese
Katastrophe wirklich jemand überlebt hat… es scheint… als wärt ihr Menschen
doch nicht so schwach?“, redet er einfach weiter, aber Gajeel hört ihm nur zur
Hälfte zu.
„Alles umsonst… es… es war alles umsonst?“, wiederholt sich
der Dragon Slayer immer wieder und ein seltsames Grinsen tritt in sein Gesicht.
Ein schallendes Lachen bricht aus ihm hervor, während er sich zu Boden krümmt
und seine Stirn in den Sand drückt. „Wuahahaha! Das… das ist echt gut! Genial!
Wirklich!!“, Gajeel verfällt einem Lachanfall und sein Gegenüber kann ihn
verstehen.
Wehmütig blickt Zeref auf den Magier herab. Er war eins stark,
ist ihm sogar entgegen getreten. Nun ist nur noch ein Häufchen Elend von ihm
übrig, das sterben will. Zu Recht.
Zeref weiß, wie schrecklich diese Einsamkeit sein kann und
dass es kaum jemanden gibt, der sie ertragen kann.
„Ja… es war umsonst…“, bestätigt Zeref Gajeels Aussagen und
er hätte nun nicht mit so einer Reaktion gerechnet. „DU VERDAMMTER BASTARD!!“,
brüllt Gajeel auf, während er schon auf den Beinen ist und Zeref am Kragen
packt. „Warum lebst du noch?!“, fährt er über ihn hinweg, während er ihn
hochhebt und schüttelt. „Du müsstest tot sein! Alle sind gestorben!! ALLE!“,
Gajeels Stimme überschlägt sich, aber Zerefs Miene bleibt gleichgültig auf ihn
gerichtet. „Du… du verfluchter… Mistkerl…“, Gajeels Stimme verflüchtigt sich.
Seine Kraft schwindet und er geht zu Boden, ohne Zeref loszulassen. Der
schwarze Magier kommt dadurch wieder auf seinen Füßen zu stehen, während Gajeel
in die Knie sinkt. „Es… es sind alle weg… nur wegen dir…“, hängt er dem an und
er verkneift sich seine aufkommenden Tränen, indem er seine Zähne fest in seine
Unterlippe verbeißt. Als Gajeels Hände sich von Zerefs Kragen lösen, hat er
bereits einen apathischen Ausdruck im Gesicht. Er verliert seinen Verstand, als
diese Verzweiflung ihn überrollt.
Ein sanftes aber trauriges Lächeln spielt um Zerefs Lippen,
als er die Hand nach Gajeel ausstreckt. „Sch… es ist gut…“, spricht er zu ihm
und streicht ihm kurz über den Kopf. Schwach schlägt Gajeel seine Hand weg und
schaut irritiert zu ihm auf. „Ich verstehe dich… ich kann es spüren… deinen
Schmerz… deine Einsamkeit und deine Trauer… deine Wut…“, beginnt der schwarze
Magier mit einfühlsamen, ruhigen Worten und etwas in Gajeel zerbricht.
Verständnis? Ausgerechnet von ihm? Vom schwärzesten Magier
aller Zeiten? Von dem Mann, der so viel Unheil und Unglück verbreitet hat?
Wegen dem so viele in den Tod gegangen sind und das umsonst?!
„Tz… du hast keine Ahnung…“, entgegnet Gajeel kraftlos und
sackt um eines mehr in sich zusammen. Er weiß nicht mehr, ob er träumt oder
wacht… vielleicht bildet er sich das alles auch nur ein? Sein Blickfeld ist
seltsam getrübt und verschleiert. Dass dicke Tränen aus seinen Augen quellen,
über sein Gesicht rollen und zu Boden fallen, bemerkt er nicht.
„Doch… in gewisser Weise schon… ich kenne diese Einsamkeit
nur zu gut…“, antwortet Zeref und legt wieder seine Hand an Gajeels Kopf. Zeref
weiß wie sich diese Einsamkeit anfühlt und er verflucht sie oftmals. Niemand
sollte diese Schmerzen ertragen müssen so wie er. Daher wird er hier nun Gnade
walten lassen und seinen eigentlichen Plan verwerfen.
Als er die Magie dieses Magiers verspürte, hegte er die
Hoffnung, dass er vielleicht in der Lage wäre, ihn zu töten, ihn auszuschalten.
Ihn von dieser Welt zu tilgen. Natsu, in den er so große Hoffnungen legte,
hatte es nicht geschafft. Zeref hielt die Situation für aussichtslos. Dann
spürte er die Magie eines mächtigen Dragon Slayers und er hatte die Hoffnung,
dass wenn er sich zurückhalten würde, dass es gelingen könnte. Zeref könnte
endlich von dieser schrecklichen Welt verschwinden und ruhen.
Folglich würde Gajeel wieder allein zurückbleiben und er hat
sein Martyrium früh genug erkannt. Die Magie dieses Dragon Slayers hält ihn am
Leben… gegen seinen Willen. Gajeel ist es nicht möglich, Selbstmord zu begehen.
„Magie kann ein Fluch sein, wenn man sich nicht in Acht nimmt…“, entkommt es
Zeref halblaut, denn er hat das schon zu oft miterlebt und mit angesehen.
Niemand weiß das besser als er.
Gajeel steht währenddessen vollkommen neben sich. Er ist
apathisch und redet wirres Zeug. Flüsternd lässt er die vergangenen Tage und
Wochen Revue passieren, während seine Tränen wieder versiegen und dennoch
anfangen zu fließen. Zeref seufzt, denn er muss wieder seine Magie einsetzen
und ein Leben nehmen.
„Gajeel… es ist gut… lass los…“,
spricht er, während seine Hand kurz über Gajeels Kopf streichelt. „Es wird dir
besser gehen… das verspreche ich dir…“, kommt von dem schwarzen Magier
bestimmt, während er Gajeels Kopf etwas anhebt, um in dessen Gesicht zu sehen.
Ein Blick in dessen Augen sagt ihm, dass er den Verstand verloren hat. Gajeels
Augen sind gebrochen, leer und dennoch voller Traurigkeit. Zeref schluckt, zu
gerne würde er den Platz mit ihm tauschen.
„Geh´ zur Ruhe, Dragon Slayer…
finde deinen Weg und sei in Frieden wieder mit deinen Lieben verbunden… lasse
los… du hast nichts falsch gemacht… nichts zu bereuen…“, es klingt wie ein
Gebet, welches Zeref ihm mitgibt, während sich seine Hand auf Gajeels Stirn
legt und ein Zittern durch seinen Körper geht.
Gajeel gibt nur ein Stöhnen von
sich, aber da ist noch etwas und das irritiert Zeref. Ein Lächeln hinter all
diesen Tränen und all dem Leid. Gajeels Lippen formen ein Wort, doch es kommt
kein Ton heraus. Zeref beeilt sich, bereitet ihm einen schnellen Schlaf und
entzieht ihm mit seiner Magie sämtliche Lebenskraft und Energie. Gajeels Augen
werden stumpf, und zum letzten Mal strömt Atemluft durch seine Lungen.
Den dumpfen Aufschlag, als sein
lebloser Körper in den Sand fällt, bemerkt der Dragon Slayer nicht mehr. Es ist
endlich alles vorbei… endlich alles dunkel und wohlig warm. Er ist endlich frei
von diesen schrecklichen Gefühlen.
Zeref steht noch eine Weile vor
dem toten Körper des Dragon Slayers. „Gajeel… deinen Namen werde ich mir
merken…“, spricht er zu ihm hinab und ein wehmütiges Lächeln spielt um seine
Lippen. Er denkt an das Wort, das Gajeel an ihn richtete. Es war ein schlichtes
„Danke“ und es berührt etwas in ihm. Noch nie… hat sich jemand so aufrichtig
bei ihm bedankt. Zeref hat das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Er wendet sich
ab und lässt Gajeels Körper im Sand liegen. Der Wind, würde Sand über ihn wehen
und ihn verschwinden lassen. Er ist vergangen… Ausgelöscht in dieser Welt… und
bereit für eine neue.
„Menschen… sie sind allesamt
erbärmlich… sie tun mir leid…“, seufzt Zeref mitfühlend, doch zugleich
schleicht sich ein düsterer Ausdruck in seine Miene, während er den Schauplatz
verlässt. Es führt ihn zu diesem Friedhof, den der Dragon Slayer angelegt hat.
Vor dem Lacrimasarg, in dem sich die Stellarmagierin befindet, bleibt er
stehen.
„Mh… und was mache ich mit dir?“,
fragt er sich, wendet seinen Blick aber sogleich wieder von ihr ab. Er beäugt
den Friedhof, ehe sein Blick lange am Gildensymbol von Fairy Tail hängen
bleibt.
„Fairy Tail…“, spricht er den Namen der Gilde aus, die ihn
um ein Haar vernichtet hätte. Er hatte so sehr gehofft, das Natsu dazu in der
Lage sein könnte. Nun ist er wieder am Anfang und alles war umsonst. Er würde
erneut in dieser toten und leeren Welt umherstreifen müssen. Ewig… und in
bitterer Einsamkeit. Ein tiefes Seufzen entkommt der Kehle des schwarzen
Magiers. „Mh… und nun? Was mache ich nun?“, fragt er sich und lässt seinen
Blick schweifen. Er ist es leid, diese Stille.
„Ach… ich erschaffe mir einfach eine neue Welt…“, gibt er
mit einem freudigen, von Wahnsinn gezeichneten Lächeln bekannt und vollzieht
ein paar Handbewegungen. Augenblicklich, erscheint ein Magiekreis direkt unter
ihm und eine Schockwelle schlägt peitschend durch die Luft.
Zufrieden lächelt Zeref in den Himmel, als erste
Regentropfen fallen und die Erde wieder fruchtbar machen würden. Die Vegetation
würde von selbst wieder anfangen zu wuchern und bald schon, so nach um die 100
Jahren, würden wieder Tiere und auch Menschen über diese Erde wandeln. Dann ist
Zeref gewillt ein neues Spiel anzufangen, um sich die Zeit in seiner
unsterblichen Ewigkeit zu vertreiben.
Epilog: Das Ende der
Nacht
Monotone Geräusche dringen an sein Gehör und lassen Gajeel
leise murren. Es sind Stimmen, die wie immer in allen Tonlagen und Lautstärken
durch den Raum hallen. Manche sind normal, manche aufgebracht. Es schmerzt in
seinen Ohren und unwirsch kratzt sich der Dragon Slayer am Kopf. Warum konnte
man ihn nicht in Ruhe schlafen lassen?!
„Na sieh´ mal einer an…“, ihre Stimme ist klar, laut und
dabei noch freundlich, als etwas seinen Kopf trifft. Es musste wohl ihre Hand
sein. Als Gajeel die Augen langsam aufschlägt, sieht er Levy vor sich stehen.
Sie hat den einen Arm in die Hüfte gestemmt und wedelt mit einem Zettel in
ihrer anderen.
„Beschwer´ dich nicht!“, fällt sie ihm ins Wort, als er
gerade im Begriff war, sich wirklich darüber aufzuregen warum sie ihn aufweckt.
„Es war deine Idee, so früh aufzubrechen! Also AUFWACHEN!!“, erklärt sie und
bückt sich, um ihm das deutlicher zu machen, ein wenig vor und schreit ihm Letzteres
förmlich ins Gesicht.
„Ah… sei still! Ich bin nicht taub!“, schleudert er ihr
entgegen und hält sich ein Ohr zu. „So nebenbei…“, setzt Gajeel zu einer
forschen Antwort an, er verstummt allerdings, als sein Blick in ihren
Ausschnitt fällt. Als Levy das registriert, färben sich ihre Wangen knallrot
und im nächsten Moment drückt sie ihm das Missionsblatt einfach so ins Gesicht.
„Du bist unmöglich! Blöder Gajeel!“, schimpft sie darauf los und wendet sich
schmollend von ihm ab. „Sieh´ zu, dass du wach wirst… wir wollen gleich los!“,
wendet sie sich mit roten Wangen nochmals zu ihm um und Gajeel ist etwas
überfordert.
„Wohin los?“, fragt er mehr an sich selbst gerichtet und
setzt sich erst mal aufrecht auf seiner Bank hin. Er gähnt herzhaft und streckt
sich ausgiebig, ehe er den Zettel mit der Mission näher in Augenschein nimmt.
Er fühlt sich, als hätte er lange geschlafen und wirr geträumt. Jedenfalls
fühlt er sich noch ganz benebelt und benommen. Das kommt selten bei ihm vor,
außer er träumt schlecht oder hat einen dieser Träume, die Metalicana immer
„Omen“ nannte. Ihm tun auch alle Knochen weh. Er muss in einer unmöglichen
Position hier am Tisch geschlafen haben. Wie kam es überhaupt dazu? Er weiß es
nicht mehr genau, aber das ist nun auch nicht mehr so wichtig. Levy scheint
hoch motiviert zu sein.
„Seit wann gehen wir eigentlich gemeinsam auf Mission?“,
entfährt es ihm, während er den Auftrag und die dazugehörige Karte studiert.
Dann bemerkt er Lily neben sich und erschrickt leicht. „War doch deine Idee…“,
spricht der schwarze Exceed ihn an und Gajeel hebt eine Piercing-Augenbraue.
„Echt?“, hakt er nach, da er nicht weiß, was ihn da geritten hat. „Ja… echt“,
antwortet Lily trocken, ehe er seinen Partner etwas genauer mustert. Gajeel
starrt auf das Papier vor sich, aber es hat nicht den Anschein, als würde er
darin lesen. Irgendwie erscheint er ihm etwas durch den Wind.
Wüsten... enorme Hitze und viele Gräber… ein Holzschild und
der dunkle Schatten eines Mannes mit wehender Kleidung flackert vor Gajeels
innerem Auge auf. Dieser Gedankenfetzen ist so intensiv, sodass es ihm mit
einem mal eiskalt den Rücken runter läuft.
„Sag mal, hast du schlecht geschlafen, oder so? Du bist ganz
bleich im Gesicht… hast du einen Geist gesehen?“, kommt es von Lily besorgt,
als ihm Gajeels nachdenklicher Blick auffällt. „Äh… was?“, entgegnet Gajeel
nur. Er hatte ihm gerade nur zur Hälfte zugehört. „Ob du schlecht geträumt
hast?!“, setzt Lily nach und sein Gefühl sagt ihm, dass irgendwas nicht mit
seinem Partner stimmt.
Gajeel bemerkt plötzlich diese innere Unruhe und als er das
Blatt zurück auf den Tisch legt, fällt ihm auf wie seine Hand zittert.
Unsicherheit macht sich breit. Was hatte er nur wirklich geträumt? Es fühlt
sich seltsam an. So… unwirklich… Es kam
ihm gar nicht vor, als hätte er geschlafen. Er kann sich auch nicht genau daran
erinnern, wie es überhaupt dazu kam, dass er hier in der Gilde an seinem
Stammplatz eingeschlafen war.
„Nein… nicht dass ich wüsste… oder ich hab’s vergessen…“,
antwortet Gajeel und er versucht diese wirren Gedanken zu vertreiben. Er würde
in der Mission nicht voll belastbar sein, wenn er sich über solche
Nichtigkeiten Gedanken machen würde.
„Was ist nun? Bist du soweit?“, es ist wieder Levy, die an
seinen Tisch kommt und sie wirkt ziemlich nervös und aufgeregt. Ihre Kameraden
Jet und Droy warten bereits am Ausgang. „Klar…“, antwortet er und ein seltsames
Grinsen erscheint in seinen Zügen, während er sich erhebt. Levy wird wieder rot
um die Nase. Dieses Grinsen ist nicht normal… nicht so wie sonst. Es gleicht
eher einem Lächeln.
„Auf geht’s! Ich hoffe, du hast schön trainiert, damit wir
diese Mission überhaupt überleben?“, zeigt sich Gajeel plötzlich motiviert und
folgt ihr. Auf selber Höhe klopft er ihr wie so manchmal mit der flachen Hand
auf den Kopf, woraufhin sie ihn empört und beleidigt anfunkelt. „Darauf kannst
du wetten!“, erwidert sie und ballt ihre Hand zur Faust. „Du wirst nicht
schlecht staunen!“, prophezeit sie ihm und Gajeel kontert mit einem: „Na darauf
bin ich gespannt!“, und einem provokanten Lachen. „Du glaubst mir wohl nicht,
wie?“, kommt es von Levy, die ihre Arme vor der Brust verschränkt und aus
schmalen Augen zu ihm aufsieht, lauernd. „Jaja… ist ja schon gut…“, tut er es
amüsiert ab und tätschelt wieder ihren Kopf. „Hör auf damit!“, wehrt sich die
Script-Magierin und umfasst Gajeels Handgelenk, um seine Hand von ihrem Kopf zu
befördern. „Hey… von Händchenhalten stand nichts bei der Mission!“, neckt er
sie und grinst bei ihrer verlegenen Reaktion in sich hinein.
Er spürt es… und er hat es schon lange gewusst. Fairy Tail
ist sein Zuhause geworden. Hier fühlt er sich wohl und nie im Leben würde er
diesen Ort, mit all seinen Leuten, je missen wollen. Sein Leben lang… will er
sie nicht verlieren und er würde alles tun, um sie zu beschützen. Diese
zierliche Magierin, die ihn gerade wieder anschnauzt, ihre Freunde und die
gesamte Gilde. Er würde sterben für sie…
Gajeel läuft es wieder kalt den Rücken runter, als er seine
Gedanken realisiert. Warum kommt ihm das gerade jetzt in den Sinn? Irgendetwas
kommt ihm heute so anders vor als sonst. Irgendwie hat er das Gefühl, etwas
verpasst zu haben. Es ist seltsam und dieses Gefühl ist schleichend und
wuchernd. Jedenfalls lässt es ihm keine Ruhe. Ob es an diesem wirren Traum
liegt, an den er sich nicht mehr wirklich erinnern kann? Warum kommt ihm das
alles so unecht vor? Es kommt ihm vor, als würde er noch träumen. Aber
vermutlich ist er nur noch nicht ganz wach.
Immerhin scheint es ein ganz gewöhnlicher, schöner und
sonniger Tag zu sein, als er aus dem Schatten des Torbogens der Gilde tritt und
Levy und ihrem Team folgt. Tief atmet er diese klare Luft ein und aus
irgendeinem Grund fühlt er sich erleichtert. „Seltsam…ich bin doch sonst nicht
so… gefühlsdusselig…“, denkt er sich fast schon widerstrebend und folgt seinen
Kameraden in ein neues Abenteuer. Ein neues Abenteuer… an einem neuen Tag.
Ende!
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Uff….
Ich sags euch Leute, ich bin mit den Nerven nun völlig am
Ende. Wirklich… ich fühl´ mich wie ein Zombie… Es war „hart“, diese FF zu
schreiben aber ich weiß nicht… sie MUSSTE geschrieben werden. Sie war nicht
„schwer“ zu schreiben. Die meisten Stellen schrieben sich ja wie meistens wie
von selbst… aber voll die Härte… ich hab´ manchmal beim Schreiben nichts
gesehen, weil ich weinen musste! Ich frage mich, warum ich mir so was antu’…
Ich habe auch immer geglaubt, dass ich mit „Love Sick“ schon
eine „hart verdauliche“ Geschichte geschrieben habe, aber DAS HIER… setzt wohl
allem die Krone auf und bitte… ich HOFFE inständig, dass ich so etwas nie
wieder schreiben werde?! Ich habe es jedenfalls nicht vor… Nein… so etwas…
kriegt man, glaube ich, nur einmal zu Stande… oder man wandert in die
Nervenanstalt… °-°
Ich hoffe, ich habe keinen meiner Leser mit diesem
„Schocker“ verschreckt oder gar vergrault. Es wird sicher nur eine Ausnahme und
eine einmalige Sache bleiben. Aber irgendwie dachte ich, wenn ich diese Idee
schon über ein Jahr mit mir rumtrage… muss ich sie fast irgendwo festhalten.
Ich war aber sogar unschlüssig, ob ich sie überhaupt irgendwo online stellen
soll… ich könnte sie ja immerhin auch nur für mich schreiben und unter
Verschluss halten… Dann dachte ich: Vielleicht gibt es unter meinen Lesern doch
auch welche, die diesen Hang zur Tragik, Dramatik und diese Art von „Schocker“
haben…
Und dank meiner ganz besonderen Freunde und meiner
Betaleserin, habe ich sie nun doch veröffentlicht. ^-^
Ich danke euch an dieser Stelle inständig, dass ihr all die
Seiten bis hierher durchgehalten habt! Das ist wirklich großartig von euch. Mir
fiel das Schreiben psychisch schon schwer… wie muss es da dann erst für die
Leser sein, die vorher noch nicht wissen, wie es ausgeht? (was ich ja wusste)
Und Apropos „Ende“: Für den Epilog habe ich mich eigentlich
nur entschieden, weil mir das eigentliche (mein erstes Ende) viel zu
unerträglich war. *heul*
Den Epilog kann man somit wohl auf zwei (oder gar noch mehr)
verschiedene Arten verstehen. Entweder Gajeel hat wirklich nur geträumt oder
aber, er ist durch seinen Tot jetzt in einem Traum gefangen der einfach nur
perfekt ist. Es könnten auch alle wiedergeboren worden sein? Oder sein Traum
könnte eine Zukunftsvision gewesen sein?
Welchen Ausgang ihr hierbei wählt, ist euch selbst
überlassen. So gnädig will ich mit euch sein, wo ich euch nun so mit dieser FF
gequält habe. Mir gefallen beide (oder gar noch mehr) Varianten gleichermaßen
gut und sie sind gleichermaßen tragisch. *schluchz*
Nun denn… vielen, vielen Dank, dass ihr solche Geduld mit
mir habt und so etwas auf euch genommen habt. Die nächste FF wird bestimmt
nicht mal annähernd so tragisch und düster verlaufen. Danke. Ihr seid einfach
die Besten!
Und… bitte liebe Gajeel-Fans! Hasst mich nicht… ich verehre
ihn so sehr wie ihr. Er ist quasi ein Teil meiner Seele… ich weiß nicht, warum
ich ihm das antun musste… *heul*
Liebe Grüße und man liest sich
eure Rave
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Aber nun, wie in der Beschreibung (Vorwort) angekündigt das
„Special“ das ich euch versprochen habe, wenn ihr es bis hierher schafft.
Es ist das erste Mal das ich so eine Aktion starte und ich
würde mich über viel Interesse sehr freuen. Weitere Infos über diese „Mach
mit!“ Aktion findet ihr hier: Mitmach-Aktion zu "Magie kann ein Fluch sein"
Hallo Rave!
AntwortenLöschenWow also diese Fanfic war wirklich mit einer der besten die du je geschrieben hast!
Zwischen durch hab ich zwar nur verschwommen gesehen weil ich einfach flennen musste... aber wirklich ich habe noch nie mit eine Fiktiven Figur so mit gelitten wie in dieser Stunde mit Gajeel.
Du hast großen Respekt von mir, dafür das du so toll schreibst, so ausgfallene Ideen hast und es immer wieder schaffst mich vollkommen zu fesseln.
Vielleicht fällt mir auch noch was zu deiner mitmach Aktion ein? Eine kleine Idee hab ich da schon, hoffentlich kann ich sie mit meinen Zeichenkünsten auch umsetzten...
Liebe Grüße deine Shiranui-