Mittwoch, 24. Dezember 2014

Geliebte Bücher - Hauptkapitel



Geliebte Bücher


Levy hatte Bücher schon immer geliebt. So lange sie sich erinnern konnte, war sie von ihnen umgeben und sie hatte es geliebt…
Schon als Kind hatte sie sich gerne in der Bibliothek ihres Vaters aufgehalten und war durch die Regale gestreift, als wäre sie auf der Suche nach etwas. Auf leisen Sohlen und nahezu andächtig, ging sie die langen Reihen der Bibliothek auf und ab. Ihre Hand streichelte dabei oftmals zart über die Rücken der Bücher die in den Regalen standen.
Das Gefühl der unterschiedlichen Einschläge an ihren Fingerspitzen, jagten ihr oftmals einen leichten Schauder über den Rücken. Sie konnte das Gefühl nicht beschreiben. Von manchen Büchern ging ein seltsames Gefühl aus, besonders von jenen die Schriften der Magie enthielten. Es kitzelte an den Fingerspitzen und die Verlockung war jedes Mal unermesslich groß, eines der alten Bücher von seinem Standplatz zu nehmen und aufzuschlagen.
Aber ihr Vater hatte es ihr verboten. „Magische Bücher sind kein Spielzeug!“, hatte er oft mit strenger, aber zeitgleich besorgter Stimme und erhobenem Zeigefinger zu ihr gesagt.
Levy war jedes Mal enttäuscht darüber gewesen. Zu gerne hätte sie auch nur einen Blick in eines dieser Bücher geworfen. Sie wäre schon damit zufrieden gewesen wenn er ihr persönlich eines gezeigt hätte. Immer wenn sie ihn darum bat, hatte er etwas anderes, Wichtigeres zu tun.
Ihr Vater war Lehrer an einer kleinen Magieschule in der Stadt und hatte somit nicht immer Zeit für sie weil er oft erst spät abends nach Hause kam, wenn sie schon im Bett war. Das Ziel dieser Schule war es Kindern und Jugendlichen, welche Magie von Geburt an in sich trugen, den Umgang damit zu lehren. Ihnen ihre Magie besser verständlich zu machen und bei Zwiespältigkeiten, ihnen eine Orientierungshilfe zu gewährleisten.
Levy selbst wusste nicht ob sie auch Magie beherrschte. Ihr Vater war zwar Magier, aber es wurde nie erwiesen ob Magie von erblicher Natur war. Das kleine Mädchen mit dem blauen Haar, hatte die Magie ihres Vaters geliebt. Wörter sichtbar zu machen, empfand sie als unglaublich schön.
Da ihr verboten war auch nur ein einziges Buch über Magie aufzuschlagen, musste sich Levy auf Märchen und Bilderbücher beschränken. Sie hegte den Gedanken, wie es wohl wäre, wenn man all diese wunderschönen Geschichten für alle sichtbar machen könnte ohne dass jemand ein Buch lesen müsste? Ob das funktionieren würde?
So träumte das kleine Mädchen oft davon, während sie ein Buch las, das die Figuren - Die Helden und Prinzessinnen, die Einhörner und Meerjungfrauen, selbst die Gnome und Drachen – aus den Büchern zum Leben erweckt werden könnten und in der Welt umher wandeln würden.
Es wäre, als würden all diese schönen, romantischen, traurigen oder auch gruseligen Geschichten auf einmal Wirklichkeit werden. Levy stellte sich das so aufregend vor. Mit all den Helden und Prinzessinnen, all den Einhörnern und anderen Fabelwesen… selbst mit den Gnomen und Drachen aus ihren Lieblingsbüchern.
Sie war ein Einzelkind und hatte nicht oft andere Kinder zum Spielen. Für die Schule war sie noch zu jung, aber sie konnte dank ihres Vaters bereits leichte Sätze lesen. So vertrieb sie sich die meiste Zeit mit lesen und nannte die Bibliothek ihr zweites Zimmer oder ihren liebsten Ort auf der ganzen Welt!
In der Bibliothek, mit all den Figuren und Wesen aus den Büchern, fühlte sie sich nicht alleine. Levy meinte manchmal sogar, das sie Stimmen aus den Büchern hören würde. Die Stimmen der Helden und Prinzessinnen. Wie sie sie riefen, dass sie sie doch endlich wieder lesen und ihnen auf diese Weise, leben einhauvhen möge. Zu gerne ging Levy auf die Rufe, die scheinbar ihre Fantasie projizierte, ein und las einige Bücher sogar mehrmals.
Allein schon wenn sie ein Buch aufschlug, drang dieser vertraute und angenehme Geruch des Papiers auf dem all diese wunderschönen Geschichten geschrieben standen in ihre Nase. Sie liebte diesen Geruch und sie verband ihn unmittelbar mit ihrem Vater. Er hatte denselben Geruch. Ihr Vater hatte ihr oft vor dem einschlafen, Geschichten vorgelesen und sie saß dabei immer auf seinem Schoß, oder lag dicht an ihn gekuschelt. Dieser Geruch hat sich ihr so eingeprägt und er umgab sie im gesamten Haus. Am stärksten aber in der Bibliothek, ihrem liebsten Ort der Welt.
Sie liebte Bücher und die Geschichten die darin standen. Zu gerne würde sie sie für andere Sichtbar machen und sie konnte, wollte nicht verstehen warum ihr Vater ihr nicht erlaubte ein Buch über Magie aufzuschlagen. Vielleicht würde sie es doch auch können so wie er? Wenn es möglich war, Wörter sichtbar zu machen, dann musste das doch auch mit Figuren und ganzen Geschichten funktionieren… oder?
Levy war es leid… ihr Vater lehrte in der Schule vielen anderen Kindern Magie anzuwenden. Er unterstütze sie mit dem Eid den er dort geschworen hatte und ihr untersagte er es. Sie quengelte mit all ihrem kindlichen Trotz auf ihn ein und belagerte ihn fast jeden Tag mit ihren Betteleien. Eines Tages sagt er dann zu ihr: „Wenn du etwas älter bist, werde ich dir zeigen wie man Magie benutzt. Sei aber nicht enttäuscht wenn du es nicht kannst.“
Levy freute sich das sie am liebsten geweint hätte. Ihr Vater würde ihr Magie beibringen! Das war der schönste Tag ihres Lebens gewesen. Doch die Zeit verging und auch als Levy ein weiteres Jahr älter wurde, hatte ihr Vater ihr noch kein einziges Buch über Magie auch nur von außen gezeigt. Levys Unmut wuchs und wucherte in ihr. Selbst ihre Mutter hatte immer versucht sie zu vertrösten und ihr zu erklären warum ihr Vater es ihr nicht erlaubte.
Er wäre besorgt hieß es, sie wäre noch zu jung dafür und alle möglichen Ausreden fielen ihr ein. Levy konnte all diese Ausreden nicht mehr hören und eines Tages fragte sie nicht mehr danach. Sie begann zu handeln. Immerhin wollte sie all ihre Freunde aus den Büchern sehen und leibhaftig gegenüber stehen!
Eines Nachts, als alle Lichter im Haus gelöscht waren und alle bereits schliefen, schlich sich das kleine Mädchen aus ihrem Zimmer. Barfuss und im Nachthemd stieg sie die knorrige Treppe nach oben und das Quietschen der schweren Tür, welche in die Bibliothek führte, kam ihr noch nie so laut vor wie in diesem Moment. Sie hatte sogar den Atem angehalten um zu lauschen ob man sie wohl noch nicht bemerkt hatte. Alles ruhig. Alles still… alle schliefen, mit Ausnahme von ihr.
Sie betrat die Bibliothek und zog die schwere Tür hinter sich ins Schloss. Der helle Mond fiel durch das runde Dachfenster und sorgte für genügend Licht sodass Levy den kleinen runden Tisch mit der Öllampe fand. Das Licht der Lampe flackerte auf, als Levy den Docht entzündete und warf viele Schatten auf die Regale. Noch nie kam ihr die Bibliothek so unheimlich vor wie in diesem Moment.
Sie schluckte schwer und das Herz schlug ihr mit einem mal bis zum Hals. Tat sie wirklich das Richtige? Ganz wohl war ihr nicht dabei aber ihre Neugier siegte über ihre kindliche Vernunft. „Es wird schon nichts passieren“, redete sie sich ein und so schritt sie auf das Regal mit den Magiebüchern zu. Die Lampe hob sie höher um die Titel auf den Buchrücken zu lesen, aber sie konnte keinen davon auch nur annähernd entziffern.
Ein frustriertes Schnauben entwich ihrem Mund, als ihre Augen weiter die Buchreihen abtasteten. Ein halblautes Seufzen hallte im Raum wieder ehe sie die Hand ausstreckte und zart mit ihren Fingerspitzen über die Buchrücken streichelte während sie an dem großen Regal entlang ging.
Bei einem Band blieb sie plötzlich stehen. Sie hatte etwas gespürt... etwas Starkes. Ein heftiges Kribbeln – wie tausende von Ameisen – nahm ihre Fingerspitzen ein, welche auf dem Buchrücken ruhten. Levy erschauderte und ihre Augen fixierten sich auf diesen einen Band. Die Schriftzeichen darauf hatte sie noch nie gesehen und doch meinte sie sie zu verstehen. Levy schluckte und zog ihre Hand zurück. Der Titel des Buches, sagte ihr nichts. Es war einfach ein Wort welches sie noch nie gelesen oder auch nur gehört hatte und doch hatte sie das Gefühl, als müsste sie genau dieses Buch auswählen. Sie zögerte und doch legte sie ihre kleinen Finger um den dicken Buchrücken. Sie erkannte dass sie es mit einer Hand nicht mal aus dem Regal bekam und stellte daher die Öllampe auf den Boden. Mit beiden Händen umfasste sie nun den Rücken und zog das schwere Buch aus dem Regal. Bei dem Gewicht hätte sie es beinahe fallen lassen, aber sie hatte es noch früh genug geschafft sich auszubalanzieren und es fester zu packen. Dennoch legte sie es gleich vor sich auf dem Boden ab.
Ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust, als sie sich davor kniete und es noch lange ansah. Das schwere Buch hatte eine normale Größe und war in dunkelbraunes Leder eingefasst. Der Einband war an vielen Stellen schon aufgeraut und deutlich abgeschürft. Es musste ein ziemlich altes Buch sein. Der Titel, der ihr nach wie vor nichts sagte, hielt ihren Blick wieder gefangen. Levy atmete tief durch, denn bald würde es soweit sein. Sie würde zum ersten Mal ein Buch über Magie aufschlagen!
Ihre Hände zitterten, als sie den Buchdeckel anfasst und ihn anhob um es zu öffnen. Es fühlte sich vertraut an und der Geruch des Papiers war derselbe wie bei allen anderen Büchern auch. Levy hatte einen Klos im Hals und sie hatte sogar den Atem angehalten, als sie den Buchdeckel vollends öffnete und auf den Boden legte. Sie hatte mit allem möglichen gerechnet wenn sie ein magisches Buch öffnete aber es geschah – Nichts.
Einfach nichts! Sie hatte sich beim Öffnen eines solchen Buches etwas Unvorstellbares ausgemalt. Lichtfunken oder ein Glitzern. Ein Energieschub oder ein vibrieren des Untergrundes. So wie sie es aus all ihren Märchenbüchern kannte. Aber es passierte nichts und sie war fast ein wenig enttäuscht. Sie fragte sich was hier nun so gefährlich war, als das sie ein magisches Buch nicht mal anfassen durfte?
Unmut und Unverständnis machten sich in ihrem Gemüt breit und so blätterte Levy ein wenig in dem Buch umher. Immerhin konnte doch nichts passieren. Sie blätterte vor und zurück und überall waren die gleichen Schriftzeichen wie auf dem Buchrücken zu finden. Sie hatte sie noch nie gesehen und doch verstand sie sie… Levy war verwirrt und verzückt zugleich. „I… ich… ich kann das lesen?“ entfuhr es ihr flüsternd. „Warum denn?“, fragte sie sich und blätterte weiter.
In dem Buch befanden sich mehr Textstellen als Bilder und trotzdem wurde Levy nicht müde es weiter durchzublättern. Ein gewisser Teil des Buches beschrieb ein paar, ihr unbekannte, Tierarten. Vögel, Insekten und verschiedene Waldbewohner. Sie sahen alle so anders aus als die ihr bekannten Tiere. Sie hatten Ähnlichkeiten mit ihnen aber diese aus dem Buch waren etwas ausgefallener. Sie hatten größere Flügel, spitzere Schnäbel oder längere Zähne und Klauen als ihre fernen Verwandten in den Wäldern der Region.
„Die sind ja hübsch…“ flüsterte sie als sie eine Seite mit bunten Schmetterlingen aufschlug. Nach all den Seiten mit merkwürdigem Getier, waren diese Schmetterlinge eine willkommene Aufheiterung. Sie sahen einigermaßen normal aus, wenn man die ausgefallenen Farben beiseite lies.
In diesem Moment kam in ihr nur eine Frage auf. Ob sie es versuchen sollte? Sie war unschlüssig. Ihr Vater hatte sie sicher nicht umsonst immer ermahnt und ihr den Zugriff auf diese Bücher verboten. Andererseits war bis jetzt nichts Außergewöhnliches passiert. Sie konnte sich auch nicht vorstellen dass diese Schmetterlinge in irgendeiner Art gefährlich sein könnten.
Levy nahm all ihren Mut zusammen und erinnerte sich an die Beschwörungsformel ihres Vaters. Immerhin hatte sie sie oft genug gesehen wenn er ihr etwas vorzauberte. Oft an ihrem Geburtstag oder auch nur zwischendurch zur Aufheiterung. Umso weniger verstand sie warum er nicht wollte das sie auch so eine schöne Magie ausführen konnte wie er.
„S… solid Script…“, es war nur ein Flüstern auf ihren Lippen und ihr Herz begann immer schneller zu schlagen. Sie schluckte abermals, nachdem die Formel auf ihren Lippen erstarb. Plötzlich hatte sie Angst es wirklich zu tun. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und ihre Augen funkelten trotzig. Sie wollte das doch immer schon mal tun! Warum hatte sie auf einmal Angst?! Sie atmete tief durch und nahm all ihren Mut zusammen.
„Solid Script! Butterfly!!“, rief sie aus und sie wartete aufgeregt ab. Es passierte nichts… absolut nichts. Levy sank in sich zusammen und starrte mit Tränen in den Augen auf das Bild der Schmetterlinge. „Warum… warum geht es denn nicht?“, fragte sie sich und begann angestrengt zu überlegen. Die Formel war doch richtig gewesen… vielleicht musste sie nur lauter schreien? Sie entschloss sich, es noch mal zu versuchen. Und sie tat es. Sie versuchte es noch mal… und noch mal… und noch weitere sieben mal. Alle mit demselben Ergebnis.
Tränen glänzten in ihren Augen als sie auf das Buch herab sah, auf welches sie sich bereits mit beiden Händen gestützt hat. Der Gedanke, dass ihr Vater ihr es deshalb immer verboten hatte weil sie es einfach nicht konnte, machte sich in ihr breit. Vielleicht hatte er das gewusst und wollte ihr somit diese Enttäuschung ersparen. Andererseits, hatte er damals zu ihr gesagt dass er es ihr beibringen würde. Er musste also doch Hoffnung gehabt haben das sie es könnte.
Mit Tränen in den Augen und hektischen Bewegungen, blätterte sie wild im Buch umher. „Ich will das können! Ich will es einfach!“, ihr Ehrgeiz nahm zunehmend von ihr Besitz und desto weiter sie in dem Buch voran blätterte, desto deutlicher wurden die Zeichen die darin geschrieben waren. Ihre Augen funkelten vor Begeisterung und ehe sie sich versah begann sie eine kurze Formel von zwei Zeilen zu lesen.
Die Worte waren für Laien kaum zu verstehen und sie selbst wusste nicht was sie da von sich gab. Sie las einfach und es kam ihr so vor als würde sie sich selbst reden hören. Sie verstummte und ihre Stimme war nur noch ein Hallen in der leeren und düsteren Bibliothek. Ihr Blick war immer noch auf den Text fixiert und die Stille ließ eine unheilvolle Kälte an ihr empor kriechen. Levy erzitterte und mit einem Mal spürt sie den leichten Wind. Wind - In einem geschlossenen Zimmer?
Das unsichtbare Element wurde stärker und ließ Levy aufs Neue erzittern. Er spielte mit ihren Haaren und fuhr durch ihre dünnes Nachthemd. Sie schlang die Arme fröstelnd um sich und als sie den Blick senkte, erkannte sie die glühenden eisblauen Linien, welche vom Buch aus auf dem Boden in alle Richtungen strebten. Sie verliefen zu allen Seiten, auch unter ihr hindurch und bildeten einen Kreis. Einen Magie-Zirkel und Levy erschauderte. Sie hatte so etwas schon einmal gesehen. Es war die Konzentration purer Magie und sie trat immer auf bevor eine Magie ihre Wirkung zeigte. „Oh nein… nein…“, sie war zu keinen anderen Worten fähig. Der Anblick der sich ihr bot, verschlug ihr die Sprache und nahm ihr jeglichen Atem.
Filigrane und zugleich kraftvolle Pranken, erhoben sich aus dem hölzernen Fußboden, direkt vor ihr. Direkt aus dem Buch. Ihr Blick fuhr zu dem Bild herum, welches sich neben dem Text befand den sie gerade gelesen hatte. Ein Wesen aus einer Eiswelt. Ähnlich eines Wolfes oder eines Bären, mit spitzen Ohren und einer langen buschigen Rute. Das alleine wäre nicht so schlimm gewesen, aber die langen Krallen und Zähne ließen Levy aufjappsen.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie öffnet den Mund um zu schreien, als sich das Wesen aus dem Buch erhob und sich vor ihr streckte, aber sie bekam keinen Ton heraus. Die Kreatur drehte sich zu ihr und senkte seinen Kopf zu ihr nach unten. Ein rollendes Knurren verließ seinen Rachen als seine glühenden Augen fest in die ihren starrten. Levy gefror das Blut in ihren Adern. Ihr Vater hatte Recht… Magische Bücher sind kein Spielzeug…
Der Wind heulte und mittlerweile schneite es sogar, aber Levy nahm nichts von alledem war. Nichts von dem beißenden Wind in ihrem Haar oder den dicken Schneeflocken auf ihrem Körper. Sie empfand es nicht mal als kalt. Sie wusste nur, sie würde jetzt sterben und sie allein war schuld daran. Sie hatte ihre Nase in Bücher gesteckt und dabei so ein Untier beschworen.
Levy hatte sich schon damit abgefunden und senkte den Blick von der Bestie vor ihr, als die Tür aufflog und die vertraute Stimme ihres Vaters eine Formel um die nächste rief. Sie nahm nicht wahr, wie das Wesen vor ihr verschwand und auch der Wind sich augenblicklich legte. Nur eine dünne Schneeschicht lag am Fußboden und Levy saß wie zuvor, vor diesem Buch und starrte es mit weit aufgerissenen Augen an. Sie wollte etwas sagen, aber sie fand keine Stimme.
Plötzlich erschienen in ihrem Blickfeld Hände, welche das Buch schlossen und sofort von ihr wegräumten. Das Nächste an das sie sich erinnerte waren die Arme ihrer Mutter, die sie fest umschlossen und sie einfach hochhoben. Aus dem Augenwinkel sah sie das Gesicht ihres Vaters der neben ihr herging und anhand seines verzerrten Gesichtes schimpfte er wohl grade mit ihr. Sie hörte es nicht. Levy schloss die Augen und als sie wieder zu sich kam, war sie in ihrem Bett und der nächste Morgen schickte die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster in ihr Zimmer.
Sie brauchte nach ihrem Erwachen ein paar Momente um sich zu erinnern was in der Nacht passiert war. Sie schreckte auf, als sie sich der Geschehnisse bewusst wurde und saß aufrecht im Bett. Sie wollte aus dem Bett stürzen, doch da fiel ihr Blick auf ihre Mutter die auf einem Stuhl neben ihr saß und sie sanft ansah. Sie schlug das Buch zu und stand auf, ehe sie sich zu ihr auf die Bettkante setzte. Sie sagte kein Wort und Levys Versuch etwas zu ihr zu sagen, verhinderte sie schlicht darin indem sie ihren Finger auf ihre Lippen legte. Sie schauten einander nur an und Levy begann unmerklich zu zittern. Sie konnte den Blick, mit dem ihre Mutter sie ansah nicht wirklich deuten. Sie schien erleichtert, einerseits böse auf sie und doch… dieses Lächeln um ihre Lippen und dieses funkeln in ihren Augen ließen sie glauben das sie stolz auf sie war. Sie beide blieben stumm, erst als Levy sich in den Armen ihrer Mutter wieder fand begann sie leise zu weinen. Der Schock hatte sie losgelassen und sie erzählte ihrer Mutter alles. Diese gewöhnliche Frau hörte ihr nur stumm zu und drückte sie fest an sich.
Im laufe des Tages kam auch eine Ärztin vorbei und untersuchte sie gründlich. Levy hatte diese Frau noch nie gesehen und sie erschien ihr etwas merkwürdig. Sie hatte rosa Haare und Levy hatte sie zuerst mit einer guten Fee aus einem ihrer Lieblingsbücher in Verbindung gebraucht. Aber die Frau war so unfreundlich, dass sie nicht mal annähernd an eine gute Fee erinnern konnte.
Ihren Vater, bekam sie den ganzen Tag nicht zu Gesicht und irgendwie war sie ganz froh darüber. Sie wusste dass er ziemlich mit ihr schimpfen würde und das sie ihm erklären musste warum sie das tat. Sie hatte einfach Angst davor. Angst sich zu erklären und Angst erklären zu müssen, wie sie es geschafft hatte dieses Untier zu beschwören. Denn genau das wusste sie nicht mehr. Es machte ihr Angst, nicht zu wissen was in der Nacht geschah.
Erst am späten Abend, bevor Levy sich schlafen legen sollte, kam ihr Vater in ihr Zimmer und setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett. Eine ganze Weile hatte stille geherrscht, ehe er endlich mit seiner Standpauke über sie hereinbrach und Levy alles über sich ergehen lies. Ihre Finger hatten sich fest in die Bettdecke gekrallt und sie kämpfte mit den Tränen. Sie schluckte sie aber tapfer hinunter, immerhin war sie selbst Schuld daran, dass es so gekommen war.
Zum Ende seiner Schimpforgie hin, stand ihr Vater an ihrem Fenster, hatte die Arme verschränkt, während eine Hand an seinem Kinn ruhte. Er dachte nach, das wusste Levy zu sagen. Sie hatte sich kaum für ihre Tat rechtfertigen müssen oder erklären müssen was wirklich passiert ist.
„Du hast Talent mein Schatz…“, brach er plötzlich die Stille und Levy horchte überrascht auf. „Ich wollte das lange Zeit nicht wahrhaben… es tut mir leid“, mit diesen Worten drehte er sich zu ihr um und kam auf ihr Bett zu. „Du bist noch so jung Levy…“, fuhr er fort und setzte sich auf die Bettkante. Seine Hand streckte sich zu ihrem Gesicht, ehe er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht wischte. Heimliche Tränen funkelten in ihren Augen und es traf sein väterliches Herz wie ein schmerzender Pfeil.
Wie konnte er auch nur so lange ihren Wunsch ignorieren? Verdrängen und Totschweigen bis sie es auf eigene Faust und alleine versucht hatte? Er hatte fahrlässig gehandelt. Gestern Nacht, als Levys Leben sogar in Gefahr war, ist ihm das erst klar geworden. Er wollte sie behüten, sie von diesen gefährlichen Dingen fern halten. Aber der Weg den er gewählt hatte war falsch.
Die Welt in der sie leben ist mit Magie gesegnet. Sie kann nützlich und hilfreich sein, aber ebenso gefährlich und todbringend. Wie soll sich seine niedliche kleine Tochter dagegen schützen, wenn sie nicht dagegen vorzugehen weiß?
Das sie Talent hatte, hatte er gestern gesehen… sie hatte eine Formel gelesen die nicht mal er bis heute entziffern konnte. Wie sie das nur geschafft hatte war ihm ein Rätsel. Er hatte gehofft, dass sie noch eine Weile länger das Leben eines normalen Kindes hätte führen können.
„Ich dachte ich hätte mehr Zeit um dir solche Dinge lernen zu müssen…“, schmunzelte er nun amüsiert klingend, aber der Blick mit dem er sie ansah erschien ihr wehmütig. „Ich werde dir Magie beibringen“, verkündete er dann und Levys Augen weiteten sich bis ins unermessliche. Sie glänzten und funkelten und ihre Lippen dehnten sich zu einem weiten und frohen Lachen. „Wirklich Papa? Wirklich? Meinst du das wirklich?“, sprudelte es aus ihr heraus und ihre Wangen färbten sich rot. „Du zeigst es mir?“, sie konnte es nicht fassen dass er es wirklich gesagt hatte.
„Ja Levy…“, antwortete er ihr klar. „Aber nur unter einer Bedingung und das musst du mir versprechen…“, hing er dem an und Levy wurde augenblicklich ernst und aufmerksam. „Keine Alleingänge mehr! Du machst nur was ich dir an Hausarbeit auftrage. Verstanden?“, sein Blick lag fest auf ihr, als er ihr diese Bedingung klar machte und Levy erwiderte seinen Blick nur. Mit entschlossenem Blick und einem breiten Lächeln nickte sie darauf zustimmend und sie konnte es kaum erwarten ihre erste Unterrichtsstunde zu erhalten.
Wie versprochen, führte ihr Vater sie fortan regelmäßig in die Lehren der Magie ein und er war ein strenger Lehrer. Sie durfte nur in seiner Anwesenheit selbst ausprobieren und musste sich ansonsten strickt an die Hausarbeiten halten die er ihr auftrug. Manchmal passierte es jedoch schon dass sie in seiner Abwesenheit in magischen Büchern blätterte, aber so lange sie keine Beschwörungsformel las, konnte nichts passieren. So hatte es ihr jedenfalls ihr Vater erklärt. Das Buch von jener Nacht, aus dem sie dieses Eiswesen beschworen hatte, hatte sie in seiner Bibliothek nicht mehr gefunden. Als sie ihn danach fragte, erklärte er ihr nur dass er es dem Magischen Rat übergeben hatte da es zu gefährlich war. Sie war ein wenig enttäuscht darüber. Sie hätte sich das Buch zu gerne noch mal angesehen. Immerhin war es das Buch, mit dem sie ihre Magie das erste Mal genutzt hatte. Andererseits fand sie es auch zu gewissem Teil beruhigend, dass das Buch nicht mehr hier war.
Schon bald verlor sie den Gedanken daran, denn ihre Aufgaben wurden immer interessanter. Ihr Vater lehrte sie noch besser zu lesen und sie bekam mehr Bücher über Magie vorgelegt, als sie sich hätte je erträumen können. Zu ihrem darauf folgenden Geburtstag schenkte er ihr, ihr erstes Notizbuch in das sie alles schreiben konnte was sie wollte. Sie hatte sich so damit gefreut dass sie es abends sogar mit ins Bett nahm.
Sie war so glücklich wie es jetzt war. Ihr Vater verstand sie endlich und er lehrte ihre Magie. Ihre Mutter, welche keine Magie nutzen konnte, freute sich über jeden Erfolg den Levy machte und ermutigte sie immerzu nicht aufzugeben. Jeder Tag war fortan für sie der schönste in ihrem Leben, so kam es Levy jedenfalls vor.

Eines Tages jedoch, endete das alles…

Das Haus brannte bis auf die Grundmauern nieder und ihre beiden Eltern kamen dabei ums Leben. Levy war in jener Nacht bei einer der wenigen Freundinnen über Nacht um dort deren Geburtstag zu feiern. Als sie nach Hause gebracht wurde, fand sie nur verkohlte Mauerreste und viele Menschen vor, die sich an den Trümmern zu schaffen machten.
Es war alles verbrannt. Das gesamte Haus, alle Bücher… ihre Eltern – Ihr ganzes Leben.
Levys heile Welt brach in nur einer Nacht zusammen und war unwiderruflich verloren. Das einzige das ihr geblieben war, ist die Tasche in der sie ihre paar Sachen für die Übernachtung aufbewahrte und das Notizbuch das sie immer und überall bei sich hatte. Sie stand vor dem Nichts… und es war so unglaublich weit und tief.
Das Waisenhaus der Stadt nahm sie umgehend auf und die Ermittlungen über den Brand liefen auf Hochtouren. Die Ergebnisse spalteten sich. Es war die Rede von einer defekten Öllampe oder von Brandstiftung. Levys Vater sollte vor kurzem auch einen Auftrag angenommen haben, bei dem er auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen war. So mancher hielt einen Anschlag nicht für ausgeschlossen.
Levy hörte bei all den Verhandlungen, bei denen sie als letzte verbliebene McGarden anwesend sein musste, nicht wirklich hin. Nichts von all den Vermutungen oder Sachverhältnissen würde ihr Leben zurück bringen können. Nichts…
Levy sah sich einer Leere gegenüber, die sie mit ihren jungen Jahren einfach nicht durchblicken konnte. Der sie nicht entkommen konnte… nicht mal in ihren Büchern die sie so sehr liebte. Sie ließ alles über sich ergehen und zog sich immer mehr in sich zurück. Sie wollte nichts mehr davon hören oder sehen, nicht mehr damit konfrontiert werden. Sie wollte einfach nur ihre Ruhe. Sie wollte einst eine große Magiern werden, vielleicht auch an der Schule unterrichten an der ihr Vater es getan hatte. Nun sieht sie nichts, wenn sie an die Zukunft denkt.
Eines Tages rief die Vorsitzende des Waisenhauses, sie vom Frühstückstisch in ihr Arbeitszimmer. Das Testament ihres Vaters wurde gefunden und in dem stand welche Wege Levy offen standen und der Name einer Bank auf der er Geld für sie angelegt hatte. Die Vorsitzende wollte ihr das Testament vorlesen, aber Levy verneinte und nahm es so entgegen. Die ältere Frau hinter dem großen Schreibtisch staunte nicht schlecht, das ein so junges Mädchen wie Levy bereits lesen konnte.
„Meine liebste Levy,
wenn du dies hier liest, bin ich weit von dir entfernt. Zumindest mein Körper. In deinem Herzen und deiner Magie werde ich immer da sein und über dir wachen.
Nimm das Geld von besagter Bank und gehe nach Magnolia.
Dort begibst du dich zur Magier-Gilde Fairy Tail.
Sie werden dich aufnehmen, es ist bereits alles geregelt.
Dein, dich liebender Vater“
Levy hatte keine Tränen mehr um sie hierauf zu vergießen. Zu viele Tage lang, hatte sie geweint. Ihr Blick fokussierte sich fest auf das Schreiben. Den letzten Brief den ihr Vater ihr hinterlassen hatte. Seine Schrift war so anders als sonst. So gehetzt und schlampig. Er schien nicht viel Zeit gehabt zu haben. So erklärte sie sich auch die Länge des Schreibens.
„Fairy Tail…“, wiederholte sie und ein leichtes seufzen verließ ihre Lippen. Der Name hatte einen guten Klang und aus irgendeinem Grund tauchte eine Fee mit einem Schwanz vor ihrem geistigen Auge auf. „Haben Feen eigentlich einen Schwanz?“, fragte sie sich im Geheimen und wurde erst dann wieder auf die Frau ihr gegenüber aufmerksam.
„Du musst das nicht tun Levy-chan. Aber du solltest darüber nachdenken…“, hatte sie ihr daraufhin geraten aber Levy hatte sich bereits entschieden. Immerhin musste ihr Vater sich etwas dabei gedacht haben.
Sie würde nach Magnolia gehen und sich diese Gilde ansehen.

In Magnolia angekommen, führte sie ihr erster Weg umgehend zu Fairy Tail. Dort wurde sie mit offenen Armen empfangen und wie aus dem Schreiben ihres Vaters ersichtlich war, sofort aufgenommen. Der Master erschien ihr ein sehr netter alter Mann zu sein, der ihren Schmerz verstand ohne dass sie ihm etwas davon erzählen musste.
Da sie noch ein Kind war, wurde sie direkt in Fairy Hills, dem Mädchenwohnheim von Fairy Tail einquartiert und auch das schien ihr Vater bereits organisiert zu haben. Dort verhielt sie sich in der ersten Zeit sehr zurückhaltend und traute sich nur mit der Zeit mehr von sich zu erzählen und auf andere zuzugehen. Mit Erza, einem rothaarigen Mädchen hatte sie sofort guten Kontakt. Es war aber auch nicht einfach sie loszuwerden. Erza war sehr fürsorglich und Levy hatte in ihr die ältere Schwester gefunden die sie nie hatte. Auch diese beiden Jungen waren immer freundlich zu ihr und halfen ihr sich in der großen Gilde zurrecht zu finden. Die Bibliothek mochte sie von diesem großen Gebäude aber am meisten.
Die gesamte Atmosphäre erinnerte sie an zuhause und gab ihr ein gewohntes, vertrautes Gefühl mit. Die Bibliothek erinnerte sie an die von ihrem Vater und an ihn… an ihre Familie und wie sie nun vom Himmel aus über sie wachen würden. Sie begann sich zunehmend in der Gilde wohl zu fühlen und mit der Zeit erkannte sie, dass sie wie eine große Familie war. Eine Familie, zu der sie nun auch gehörte. Ihr Vater hatte sich etwas dabei gedacht und er hatte ihr wohl wissend diesen Weg vorgeschlagen. Er hatte gewusst, was sie hier erwarten würde und das sie hier ihre Lebensfreude wieder finden würde.
So zogen Jahre ins Land und Levy wurde des Lernens nicht müde. Sie lernte hier so viel, aus Büchern und auch von den anderen Magiern. Sie meinte nun auch zu verstehen, warum ihr Vater es ihr damals immer verboten hatte sich an Magischen Büchern zu vergreifen. Sie konnten mitunter, bei falscher Anwendung, gefährlich sein. Wissen und ein ruhiges Gemüt sind dazu erforderlich um Herr seiner eigenen Magie zu sein und genau das alles konnte Levy sich hier aneignen. Manchmal kam es ihr vor, als wäre es Schicksal gewesen das sie hier landen musste. Sie weiß, dass es so nun gut ist und dass sie am richtigen Ort ist. Sie hätte sich mit der Zeit, kein anderes Leben mehr vorstellen könnten. Hier gehörte sie her, nach Fairy Tail und sie lernte so viel neues hier kennen.
Nicht nur die Magie vermag sie hier zu lernen, sie lernt auch wahre Freunde kennen. Freunde die ihre Interessen teilten oder dieselbe Magie. Gleichgesinnte und meist ist jeder aus einem bestimmten Grund hier gelandet, genau wie sie. Sie sind, jeder einzelne für sich etwas Besonderes und das macht es für Levy zusätzlich interessant hier. Denn wissbegierig war sie schon immer.
Mit den Jahren hatte sie sich selbst einen schönen Bestand an Büchern angelegt. Von Sachbüchern, über Lehrbücher und Bücher über Magie, bis hin zu Romanen jeglicher Art, hatte sie ihre Zimmer in Fairy Hills buchstäblich in eine Bibliothek verwandelt. An sämtlichen Wänden stehen Regale die bis an die Decke reichen und fast jedes Zimmer hatte sie auch noch mit zwei Regalen geteilt um immer noch mehr Platz für Bücher zu haben. Sie liegen in Stapeln, oft bis an die Decke oder liegen über den ganzen Boden verstreut sodass sie kaum noch Platz hat um von A nach B zu gelangen. Selbst unterm Bett und am Fensterbrett hatte sie Bücher verstaut. Die einzigen Orte an dem keine Bücher zu finden waren, waren die kleine Kochnische und das Badezimmer. Des Weiteren finden nur ein Bett, ein Kleiderschrank und ein kleiner Schreibtisch noch in ihren Zimmern platz. Aber mehr brauchte Levy nicht. Ihr Leben hatte sich seit damals um einiges verändert, aber eines war stets gleich geblieben und würde sich nie ändern.
Sie liebte Bücher.



Dicke Tränen rollen über ihre Wangen, zeichnen Linien auf ihr verstaubtes Gesicht. Levy weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist… wie lange sie geweint und geschrien hatte. Dem kratzen in ihrem Hals zu urteilen, war es zu lange und zu laut gewesen. Mittlerweile hat sie aufgehört zu zittern und ein taubes Gefühl macht sich in ihrem Körper breit.
Sie ist müde und erschöpft. Sie fühlt sich erschlagen und jede Faser ihres Körpers beginnt zu schmerzen. Allmählich hört sie auch wieder all die Geräusche um sich. Das Donnern in der Ferne, das Husten und Ächzen der anderen. Nur ihre Tränen wollen nicht stoppen. Sie quellen unaufhörlich aus ihren Augen und verschleiern ihre Sicht. Das zerfledderte Buch, hält sie nach wie vor fest an ihre Brust gedruckt. Bei der Erinnerung an die letzten Stunden, verkrampft sich ihr Griff um eines mehr darum.
Sie hat es gesehen… in seinen Augen… in seinen letzten Momenten. Sie hat alles gesehen. Seinen Wunsch: Weiter zu leben. Bei ihr zu bleiben…
Aber es sollte nicht sein.

Dabei waren sie so weit gekommen. Sie hatten es in all den Wochen und Monaten endlich geschafft den schwarzen Magier Zeref in die Ecke zu treiben und Dingfest zu machen. Der finale Kampf gegen ihn, schritt seinem Höhepunkt und somit seinem Ende entgegen. Dann geschah es…
Mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht, sah Zeref auf seine Gegner herab und rief, für ihrer aller Ohren, unverständliche Magie-Formeln in den Wind. Er nahm ihnen die stärkste Angriffskraft die Fairy Tail zu bieten hatte.
Die Söhne der Drachen.
Levy war von Zerefs Worten gefesselt. Sie hatte verbissen darüber nachgedacht, welche Sprache das sein konnte, die der schwarze Magier angewandt hatte. Dann, nach einer unsichtbaren Magie-Detonation, begann es. Sie war nicht weit von ihm entfernt, als Gajeel nach einem überraschten aufkeuchen in die Knie brach. Sein Gesicht war gezeichnet von Schmerz und der Überraschungseffekt dieses Angriffes ließ ihn leise knurren. Levy löste sich aus ihrer Hocke und stolperte sofort auf ihn zu, warf sich vor ihm auf die Knie.
„Gajeel was ist denn?!“, schrie sie ihn an. „Hast du Schmerzen?!“, eine eigentlich unnötige Frage, während sich ihre Hände auf seine Schultern legen und sie versucht seinen Blick mit dem ihren einzufangen. Gajeels Augen jedoch, heften am Boden unter sich, während sich seine Finger verkrampft ins Erdreich krallen. Ein leiser schmerzenslaut, einem wimmern gleich, verlässt seine zusammengepressten Lippen, ehe er kurz den Blick zu ihr hebt. Die Qual ist ihm buchstäblich in seine roten Augen gemeißelt und Levy erschrickt dadurch. Sie fühlt sich hilflos. Sie weiß nicht was geschieht oder was sie dagegen tun soll.
„Halt durch Gajeel!“, ruft sie ihn an und streckt ihre Hand aus um etwas zu unternehmen, auch wenn es nicht viel sein würde. Sie will lediglich einen Schutzwall um ihn und sich errichten, auch wenn es vielleicht nicht viel helfen würde. „Solid Script…“, ruft sie ihre Formel aus und schrickt zusammen als sie seinen festen Griff an ihrem Handgelenk spürt. Ihre Augen huschen hektisch zu ihm und treffen seinen festen Blick. Ein seichtes Kopfschütteln und der feste Griff an ihrem Handgelenk, lassen ihren Willen brechen.
„Es ist vorbei…“, schreit es in ihr als sie ihm ins Gesicht sieht, denn genau das liest sie darin. An seiner Hand bemerkt sie, dass er aufgehört hat zu zittern, aufgehört hat sich zu wehren. Er hat keine Schmerzen mehr. Überrascht blinzelt sie ihn an, als er aufsteht und sie an ihrer Hand mit in die Höhe zieht. Ihre Knie sind weich und so muss sie sich im ersten Moment an ihn stützen.
Irritiert schaut sie ihn an, als er seine Hand löst und beide Hände an ihre Wangen legt und ihren Blick einfängt. Sie hat das Gefühl, als wolle er sie noch einmal ganz genau ansehen, so fest schaut er ihr in die Augen. Er öffnet seinen Mund um ihr etwas zu sagen, doch er tut es nicht. Ein seltsamer Ausdruck erscheint in seinem Gesicht. Levy hält es für ein Lächeln… ein wehmütiges Lächeln.
Dann spürt sie mit einem mal eine Energie-Welle… einen seltsamen Zug an sich. Ein Windhauch, der in jeder Minute zu einem Sturm heranwachsen könnte. Plötzlich sind da Schatten… überall. In seinem Gesicht, um sie beide herum. Levy blinzelt hektisch, denn sein Körper scheint an Konsistenz zu verlieren, auch wenn sie seine Hände noch ganz deutlich auf ihren Wangen spürt.
„Nein…“, haucht sie aus, doch er lächelt nur darauf. Ein zucken geht durch seine Mimik und sein Blick wird leicht trübe. „Gajeel nein…“, Levy wird lauter und als Antwort nickt er nur darauf. Heiße Tränen, rollen bereits über ihre Wangen, welche Gajeel mit den Daumen zärtlich beiseite wischt. Zögerlich bückt er sich zu ihr hinunter, für Levy hat es den Anschein als würde er sie küssen wollen. Sie sieht den Glanz in seinen Augen ersterben und er hält inne. Ein undefinierbares Lächeln erscheint in seinem Gesicht, ehe er die Augen schließt und sie los lässt.
Erst jetzt fällt Levy auf, das sie bereits vollständig durch ihn hindurch sehen kann und die Schatten, welche ständig um sie herumschweifen, überhand genommen haben. Ein smaragdgrüner Schein hüllt seine Silhouette ein und mit einem letzten wehmütigen Blick in ihre Augen verschwindet er aus dieser Welt.
Ein Tosen, ein Jaulen bricht los und Levy meint das Gebrüll eines mächtigen Drachen zu hören, als sich das Licht aus purem Smaragd und die Schatten zu einem Knäuel vor ihr verbinden. Ein gleißender Lichtkegel schießt empor und blendet sie, sodass sie schützend ihre Arme über ihren Kopf wirft.
Dann ist es still, Totenstill. Nur langsam lässt sie ihre Arme sinken und schaut vor sich. An die Stelle, an der Gajeel gerade noch vor ihr gestanden hatte. Ein schwarzes, zerfleddertes Buch liegt vor ihr. Der Schein Gajeels Magie, funkelt noch an den mit Eisen eingefassten Ecken und dem Namen der auf dem Buch eingeprägt ist. Gajeel.
Levy verschlägt es den Atem, ihr Herz macht einen Aussetzer. Erst nach Sekunden erinnert sie sich daran, dass sie ohne Luft nicht leben kann und saugt diese aufkeuchend in sich ein. Ein Schlag geht durch ihren Körper als sie realisiert was geschehen ist und im Bruchteil eines Wimpernschlags, stürzt sie auf das Buch zu Boden.
Ihre Finger zittern als sie ihre Hände danach ausstreckt. Sie zögert, hat Angst es zu berühren. Ein beben geht durch ihren Körper und ein Schluchzen bahnt sich seinen Weg nach draußen. „Gajeel… warum?“, wimmert sie leise als sie ihre Finger andächtig über das Buch gleiten lässt. „Warum?! Gajeel! NEIN!!!“, ihre Schreie sind herzzerreißend, während sie das Buch ergreift und fest an sich drückt. Schier eine Unendlichkeit, hört man ihr Wehklagen über das Schlachtfeld erklingen.

Immer wieder stellt sie sich die Frage, ob er es insgeheim gewusst hatte. Hatte er gewusst was er war? Auf alle Fälle, beantwortet das nun die Frage warum er und Natsu nicht wussten wann sie geboren waren… oder wo… wie alt sie wirklich waren.
Sie waren beide – Bücher – geschrieben vom Schwarzen Magier Zeref.
Levy hat sich mittlerweile ein wenig gefangen. Nüchterne Taubheit und Müdigkeit übermannen sie schlussendlich. Mit einem leisen Schluchzen auf den Lippen, drückt sie das Buch noch einmal fest an sich, ehe sie es wegnimmt und vor sich auf den Boden legt. Sie atmet stockend aber tief durch. Ohne an irgendein Risiko zu denken, öffnet sie es und blättert ein paar Seiten durch. Der Schock sitzt tief und erneut sammeln sich Tränen in ihren Augen, aber sie kämpft sie tapfer nieder.
„L… Levy-chan…“, es ist das Schluchzen einer vom weinen und schreien brüchigen Stimme. Unweit von ihr, kauert Lucy über einem nicht weniger zermarterten Buch das ebenso einen ihr bekannten Namen trägt. „Ich weiß… Lu-chan… ich weiß…“, Levys Antwort ist ein Flüstern, als sie Gajeels Buch wieder zuschlägt und wieder in die Arme schlingt.
Sie gibt ihren Tränen abermals nach und diese rollen wieder ungehalten über ihre Wangen. Levy überstreckt ihren Nacken und schaut in den Himmel, der sich nach dem Gewitter das nahezu unbemerkt an ihr vorüber gezogen war, wieder klärt. „Lu-chan…“, spricht sie unter Tränen und Lucy horcht auf, ohne sich von dem Buch zu erheben.
„Ich werde lernen, Lu-chan… ich werde lernen es zu lesen…“, Levys Stimme klingt mit einem mal fest und ihr Blick geht entschlossen in den Himmel, ehe sie ihn auf das Buch herab senkt. „Ja… Gajeel… ich werde dich da wieder raus holen… ganz bestimmt… hab nur etwas geduld…“, flüstert sie dem Buch zu, ehe sie es wieder fest an ihre Brust - an ihr Herz - drückt.
Levy würde lernen dieses Buch, geschrieben in der Schrift der Schwarzen Magie, zu lesen und sie würde ihn zurückholen.
Levy liebt Bücher über alles - die Geschichten und Figuren darin - und dieses Buch ist ihr nun fortan das Liebste von allen.

Am Rande des Schlachtfeldes, geht ein schwarzhaariger Mann seinen Weg. Der Wind spielt mit seiner Kleidung und seinem Haar. Sein wirrer Blick, ist matt auf den Weg vor sich gerichtet. Um haaresbreite ist er Fairy Tail nochmals entkommen und musste dafür sogar seine große Hoffnung opfern. Natsu, seine Hoffnung auf Erlösung.
Zerefs Geist ist wirr, er ist hin und her gerissen zwischen seinem düsteren Überlebenswillen und dem Wunsch endlich Frieden zu finden. Der Wind trägt ihm erneut Dinge zu, die ihn böse schmunzeln lassen.
„Versucht es ruhig…“, spricht er mit dem Wind. „Versucht ruhig euer Glück und beschwört sie…“, es klingt beinahe wie Freude, aber auch ebenso bitter. „Sie werden nicht mehr sein… wie ihr sie kanntet…“, ein hinterhältiges Lachen verlässt seinen zu einem bösartigem Grinsen verzogenen Mund, während Zeref seinen Weg fortsetzt.


Ende


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Hach… irgendwie bin ich nun so erleichtert das ich es nach all der Zeit (Mai!) doch noch kann, Wörter zu Sätzen zu verbinden und zu Absätzen… und zu Dialogen und all dem. Im Privaten ging es in den letzten Wochen/Monaten wieder mal drunter und drüber und ich hatte irgendwie keine innere Ruhe um wirklich zu schreiben. Ich hoffe das wird nicht zur Gewohnheit… *drop* Immerhin gibt es noch so viel das ich euch erzählen will.
Und nun kann ich euch meine Theorie endlich verraten. Ich habe diese Theorie schon länger und ja, ich fände sie unglaublich tragisch. Rusky-Boz hat dann auch noch ein so tolles Fanart dazu erstellt, welches ich gleich als Cover verwende und welches mir auch gesagt hat, das ich mit meiner Theorie nicht allein bin.
Natsu und Gajeel sind Bücher Zerefs. Jedenfalls wäre das eine gute Erklärung warum sie kein Alter haben und er Natsu kennt. Na ja… es wird im Original zwar nicht so sein aber mit diesem OS konnte ich es ein wenig verpacken und gleich noch ein Falshback zu Levy einbauen. Denn wie so viele Charaktere aus Fairy Tail, hat man zu Levy auch keine Informationen aus ihrer Vergangenheit und ich finde sowas im Original längst überfällig. *humpf*
Im Bezug auf Bücher war Levy zusätzlich die perfekte Wahl und ja… Levy ohne Gajeel? Nein… ich glaub das schaff ich nicht. ^-^ Irgendwo wird man das Paar wohl immer finden.

In dem Sinne, vielen Dank das ihr wieder mit dabei wart und vielleicht lässt die nächste FF ja nicht so lange auf sich warten wie diese hier. Dank für eure Geduld und eure Treue. ^-^

Eure Rave


2 Kommentare:

  1. Wirklich eine sehr interessante Geschichte ich war von Anfang bis Ende gefesselt ich hoffe auf eine Fortsetzung :)

    Liebe grüße
    Shiranui

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    1. Hallo liebe Shiranui!

      Vielen Dank für deine Worte und es freut mich das du sie interessant fandest. Eine Fortsetzung...? Mal sehen... ^-^ Gut Ding will Weile haben.
      LG, deine Rave

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